Chile – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 10 Jul 2018 21:47:46 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Südamerika bei der WM 2018: Zu wenig echte Weltklasse https://ballverliebt.eu/2018/07/10/wm-2018-suedamerika-brasilien-argentinien-uruguay-kolumbien-peru/ https://ballverliebt.eu/2018/07/10/wm-2018-suedamerika-brasilien-argentinien-uruguay-kolumbien-peru/#comments Tue, 10 Jul 2018 08:42:33 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15004 Südamerika bei der WM 2018: Zu wenig echte Weltklasse weiterlesen ]]> Zum vierten Mal hintereinander kommt der Weltmeister nicht aus Südamerika – Rekord. Schon im Viertelfinale war für den letzten des Conmebol-Quintetts Endstation – erstmals seit 2006. Brasilien muss sich einerseits ärgern, dass man die sicher größte Chance seit langem nicht genützt zu haben.

Andererseits aber festigte dieses Turnier die Vormachtstellung der Seleção, die bis zum Amtsantritt von Teamchef Tite vor zwei Jahren geraume Zeit nicht gegeben war. Argentinien ist am Ende, Kolumbien stecken geblieben, Chile nicht einmal qualifziert. So heißt der erste Verfolger am Kontinent derzeit Uruguay.

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LINK-TIPP: Südamerika bei der WM 2014

Brasilien: Ausgewogen und stark genug – eigentlich

2006 war Brasilien zu statisch, 2010 zu vorsichtig, 2014 mental nicht für die Heim-WM gerüstet (vor allem die längst in China untergetauchten Oscar und Hulk). Diesmal hat eigentlich alles gestimmt. Bis auf die Chancenauswertung im Viertelfinale. Denn obwohl Belgien einen perfekten Plan hatte: Was die Chancen und deren Qualität betrifft, hätte Brasilien dieses Spiel dennoch gewinnen können bzw. müssen.

Es ist argumentierbar, dass dies die beste brasilianische Mannschaft seit dem Titel von 2002 ist. Die Abwehr ist routiniert und lässt praktisch nichts zu, im Tor gibt es zwei Weltklasse-Optionen (neben Alisson noch Éderson von Man City). Im Mittelfeld gibt es die richtige Balance aus Absicherung und Vorwärtsgang, und vorne einen Neymar. Dieser hat seinem Image zwar mit seiner übergroßen Theatralik keinen Gefallen getan, grundsätzlich aber ein gutes Turnier gespielt. Er hat zwei Tore erzielt (darunter das wichtige 1:0 im Achtelfinale gegen Mexiko), ein weiteres augfelegt, hat im Schnitt 4,6 Torschüsse pro Spiel vorbereitet. Gemeinsam mit Coutinho (der aus dem Mittelfeld heraus ähnlich produktiv war, aber weniger Risiko einging – logisch, wenn man seine Position berücksichtigt) bestimmte er den brasilianischen Angriff.

Man kann durchaus hinterfragen, ob Gabriel Jesus (statt Firmino) und Willian (statt Douglas Costa) wirklich die Optimalbesetzungen waren. Fagner ist nur dritte Wahl als Linksverteidiger (hinter den verletzten Dani Alves und Danilo) und das sah man auch. Weil aber auch alle anderen Teams ihre Schwächen hatten, hätte das vollauf zum Titel reichen können. Wenn man nur das Belgien-Spiel überstanden hätte.

Nach den peinlichen Auftritten bei den letzten drei Copa-América-Turnieren (Viertelfinale 2011 und 2015, Vorrunde 2016) hat sich Brasilien unter Tite – der nach dem 2016er-Turnier von Dunga übernommen hat – eindrucksvoll an der Spitze der südamerikanischen Hackordnung zurückgemeldet. Unter dem auch in der Heimat hochgeschätzten Tite, der als Trainer bereit bestätigt wurde, gab es bis zum unglücklichen 1:2 gegen Belgien in 16 Spielen 13 Siege und drei Remis.

Uruguay: Unspektakulär und kaum zu bezwingen

Glücklich, wer als Nationalteam über die Stamm-Innenverteidigung von Atlético Madrid verfügt. Godín und Giménez haben auch im Trikot der Celeste de facto nichts zugelassen, sind ohne Gegentor durch Vorrunde marschiert und sind danach nur von einem Eckball, einem Freistoß und einem Fehler von Keeper Muslera bezwungen.

Glücklich auch, wer Luis Suárez und Edinson Cavani als Stürmer aufbieten kann. Vor allem Cavani zeigte ein großartiges Turnier, war nach vorne stets brandgefährlich und arbeitete stark auch nach hinten. Im Viertelfinale bestätigte sich aber der Eindruck von der Copa Centenario vor zwei Jahren: Es geht nur mit beiden. Damals war nur Cavani dabei (neben ihm versuchten sich Rolán, Stuani und Hernández), Uruguay schied sang- und klanglos in der Vorrunde aus. Diesmal war im Viertelfinale gegen Frankreich ohne den verletzten Cavani nur Suárez dabei, die Offensiv-Power war gleich Null.

Dazwischen hat Óscar Tabárez, mit 71 Jahren der älteste Trainer des Turniers, den fälligen Generationswechsel aber vollzogen. Mit Bentancur (20), Torreira (22) und Nández (22) spielten drei ganz junge Spieler im Mittelfeld, das im Turnierverlauf auch in der Anordnung verändert wurde. Die ersten zwei Matches absolvierte Uruguay im flachen 4-4-2, dann kam Torreira auf die Sechs und Bentancr übernahm die Spitze einer Raute.

Mit dem verdienten Viertelfinale-Einzug etabliert sich Uruguay nach dem zweiten Platz in der Qualifikation weiterhin als zweite Kraft auf dem Kontinent. Dass es nicht für mehr reicht, liegt auch an den ein wenig fehlenden personellen Alternativen. Aber hey, Uruguay hat kaum halb so viele Einwohner wie Österreich.

Argentinien: Der komplette Kollaps

Viel erinnerte an Frankreich 2010. Eine Revolte unter den Spielern, ein entmachteter Trainer, internes Chaos und sportlicher Kollaps. Der Finalist von WM 2014, Copa América 2015 und Copa Centenario 2016 zerfiel in seine Einzelteile.

Man wirkte auch nie wie eine von Jorge Sampaoli – einem Apostel des Offensivspiels, des wütenden Pressings, der ungewöhnlichen Formationen – gecoachtes Team. Lahm und einfallslos in einem 4-2-3-1 beim 1:1 gegen Island. Komplett kollabierend gegen Kroatien in einem nicht funktionierenden 3-4-3, das völlig an Messi vorbei lief. Eine Halbzeit lang gegen Nigiera solide in einem 4-4-2, das danach dem Panikmodus wich. Man kämpfte aneinander vorbei, erzwang aber noch den nötigen Sieg. Im Achtelfinale (im 4-3-3 spielend) stemmte man sich mit Einsatz gegen die Niederlage, aber Frankreich konnte stets einen Gang höher schalten. Das von Sampaoli angekündigte 2-3-3-2 blieb eine Ankündigung.

In vier Spielen war nie erkennbar, was die Spielidee bei Argentinien sein soll, welche Rolle Messi einnehmen soll, wer nun eigentlich die Kommandos gibt. Mascherano geht das Spiel mittlerweile viel zu schnell, Di María war gegen Frankreich sagenhaft schlecht. Die in der durch 30 teilnehmende Klubs katastrophal verwässerten heimischen Liga spielenden Maximiliano Meza und Cristian Pavón haben kein internationales Format. Enzo Pérez ist kaum mehr als ein Mitläufer, Éver Banega spielt gute Pässe, aber ist zu langsam. Und Torhüter von Weltformat hatte Argentinien ohnehin nie.

Eine große Generation ist in Russland mit einem Knall abgetreten. Messi, Mascherano, Higuaín, Di María, Agüero, Banega, Otamendi – für sie alle war dies höchstwahrscheinlich ihre letzte WM. Mehr als zwei, drei Spieler aus dem aktuellen Team werden 2022 nicht mehr dabei sein. Oder muss man sich gar um die Teilnahme für Katar sorgen? Ohne Messi ist Argentinien nur das achtbeste Team in Südamerika. Achtmal trat man in der Quali ohne ihn an, sieben Punkte gab es in diesen Spielen.

Und es kommt auch zu wenig nach. In den letzten fünf U-20-Weltmeisterschaften hat Argentinien nur einmal die Vorrunde überstanden, ist 2015 gegen Österreich ausgeschieden, war zweimal nicht einmal qualifiziert. Die neuen Zentralfiguren in den kommenden Jahren werden wohl Paulo Dybala (der aber teamintern offenbar überhaupt keine Lobby hat) und Giovanni Lo Celso sein. Rundherum gibt es einige Kandidaten – Mauro Icardi von Inter, Manuel Lanzini von West Ham, eventuell Lucas Alario von Leverkusen. Aber längst nicht so viele, dass man automatisch von einem WM-Titelkandidaten sprechen könnte.

Kolumbien: Kein eindeutiges Urteil möglich

Juan Quintero wurde nach vier Jahren wieder ins kolumbianische Team zurückgeholt, spielte eine ansprechende WM. Radamel Falcao, der 2014 verletzt gefehlt hatte, machte endlich sein erstes WM-Tor. Yerry Mina und Davínson Sánchez gaben die Visitenkarte ab, nach dem nahenden Karriereende von Godín das beste Verteidiger-Duo Südamerikas zu werden.

Und doch: Es hing bei Kolumbien zu viel an James Rodríguez. Wenn der von Real zu den Bayern abgeschobene Kreativ-Spieler dabei war, war Kolumbien eine Macht – wie beim 3:0 gegen Polen. Wenn er fehlte, wie beim Achtelfinale gegen England, gibt es zwar immer noch einen Plan B (Dreierkette, um gegnerische Wing-Backs zu beschäftigen) und einen Plan C (Härte, um den Rhythmus und die Nerven des Gegners runterzuziehen). Aber spielerisch ist dann nicht mehr viel los.

Natürlich ist es auch Pech, dass man im ersten Spiel gleich nach fünf Minuten in Unterzahl ist – wiewohl Kolumbien dennoch Gruppensieger wurde. Natürlich ist es Pech, dass der wichtigste Spieler schon nicht fit zum Turnier kommt und sich nach anderthalb Spielen wieder verletzt. Natürlich ist es auch Pech, wenn man im Elfmeterschießen rausfliegt.

Darum sind die Kolumbianer einerseits unter Wert geschlagen worden, weil ein Halbfinal-Einzug genauso möglich gewesen wäre. Und andererseits haben sie auch wieder bekommen, was sie verdienen, wenn am Ende eben doch zu viel mit einem Spieler steht und fällt. Ein eindeutiges Urteil über dieses Turnier ist bei Kolumbien also nicht zu fällen. Aber: Dieses Team ist noch nicht am Ende. In den kommenden vier Jahren wird kaum ein Spieler aus Altersgründen rausfallen.

Peru: Gut, aber es fehlte Durchschlagskraft

Für Peru war es schon das Größte, erstmals seit 36 Jahren überhaupt an einer WM teilnehmen zu können. Mit einem verdienten Sieg gegen Australien im Gepäck ging es nach der Vorrunde wieder nach Hause, wirklich böse ist den Peruanern auch offenbar keiner. Dabei wäre eine Achtelfinal-Teilnahme nicht nur möglich, sondern eigentlich auch verdient gewesen.

Gegen Dänemark scheiterte man im ersten Spiel an der fehlenden internationalen Cleverness, aber keineswegs an einem besseren Gegner. Die sowohl auf einem solidem Defensiv-Block und einem ballbesitzorientierten Kurzpass-Spiel angelegte Strategie sorgte dafür, dass man im Grunde alle drei Spiele über weite Strecken unter Kontrolle hatte. Peru zeigte keinen Hauruck-Fußball, aber es fehlte die Durchschlagskraft.

Das Team hat nicht nur in der Qualifikation, sondern auch nun bei der WM selbst gezeigt, dass eine klare Philosophie und ein guter Teamgeist es ermöglichen, mehr zur erreichen, als eigentlich drin ist. Die Semifinal-Einzüge bei Copa América 2011 und 2015 wurden eher glücklichen Umständen zugeschrieben. Aber spätestens, als man 2016 bei der Centenario Brasilien eliminierte und danach zum WM-Ticket stürmte, zeigte sich echte Substanz. Viele Spieler werden auch noch einige Jahre für Peru spielen können.

Dennoch steht hinter der Nachhaltigkeit der Entwicklung ein Fragezeichen. Die peruanische Liga ist extrem schwach, in der Copa Libertadores – der südamerikanischen Champions Leauge – gewannen Perus Klubs nur 6 der letzten 60 Spiele. Zum fünften Mal in Folge findet 2018 das Achtelfinale ohne peruanische Beteiligung statt. Sogar die Klubs aus Venezuela und Bolivien haben bessere Bilanzen. Das sind keine guten Voraussetzungen, neues Talent an die Spitze heranzuführen.

Wer hat gefehlt?

In erster Linie hat man natürlich Chile vermisst. Der Sieger von Copa América 2015 und Copa Centenario 2016 sowie Finalist des Confed-Cups 2017 wurde hinter Peru nur Sechster in der Eleminatoria Sudamericana.

Zum Verhängnis wurde den Chilenen wohl vor allem die Altersstruktur. Da viele maßgeblichen Spieler praktisch gleich alt waren (und 2007 bei der U-20-WM vor Österreich Dritter wurden), verfügte Chile praktisch ein Jahrzehnt lang über ein extrem eingespieltes Team von gutklassigen Spielern. Nun sind sie allerdings alle gleichzeitig alt geworden. Bravo (35), Valdivia (34), Beausejour (34), Jara (32), Vidal (31), Medel (30), Isla (30), Alexis Sánchez (29): Diese acht Spieler alleine kommen auf 840 Länderspiel-Einsätze.

Marcelo Bielsa hat das Team aufgebaut, Jorge Sampaoli hat es zum Höhepunkt des Copa-Sieges im eigenen Land getrieben, Juan Antonio Pizzi hat mit dem Titel 2016 für das letzte Hurra gesorgt. Jetzt ist es die Aufgabe von Reinaldo Rueda, eine völlig neue Mannschaft zusammen zu stellen. Mit Namen, die man in Europa (noch?) nicht kennt und wohl auch mit einer anderen Spielweise. Rueda, der 2010 mit Honduras und 2014 mit Ecuador bei der WM war, steht eher für staubigen Fußball. Die Zeit der chilenischen Kunst ist vermutlich erst einmal vorbei.

Ein ähnliches Problem, also ein abrupt erzwungener Generationswechsel, macht Paraguay zu schaffen. Das Team, die von 1998 bis 2010 bei jeder WM dabei war (2x Achtelfinale, 1x Viertelfinale), 2004 Olympia-Silber holte und 2011 noch im Finale der Copa América stand, hatte keine Nachfolger. In der Quali für diese WM hatte man zwar bis zum letzten Spieltag eine Chance zur Teilnahme, verschenkte sie aber leichtfertig. Statt Legionären in Spanien, England und Deutschland tummeln sich die Spieler heute vor allem in der eigenen Liga. Der prominenteste Spieler in Europa ist Antonio Sabaría von Betis Sevilla.

Ähnliches gilt auch für Ecuador (WM-Teilnahme 2002, 2006 und 2014), wo die mittelfristige Prognose nicht so gut aussieht. Venezuela (viele Legionäre in Europas zweiten Ligen und in der MLS) hat derzeit ohnehin andere Probleme als Fußball und Bolivien (fast alle Spieler in der eigenen Liga aktiv) ist seit Jahrzehnten irrelevant.

So geht es weiter

Wie auch Asien, Afrika sowie Nord- und Mittelamerika geht es auch in Südamerika 2019 mit der nächsten Kontinentalmeisterschaft weiter. Im kommenden Sommer rittern die zehn Conmebol-Teams um den Titel. Turnusmäßig ist nun Brasilien mit der Austragung dran. In den WM-Arenen von Rio de Janeiro, Sao Paulo, Belo Horizonte, Porto Alegre und Salvador wird gespielt, zum Auffüllen – es wird in drei Vierergruppen gespielt – hat man sich diesmal Japan und Katar eingeladen.

Danach wird umgestellt. Ab 2024 findet die Copa dann stets parallel zur Europameisterschaft statt. Als sportlich wie finanziell hochwertigen Pausenfüller schiebt man 2020 erneut ein gesamt-amerikanisches Turnier ein. Diese Copa Panaméricana wird, wie schon die baugleiche Copa Centenario 2016, in den USA stattfinden.

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Südamerika bei der WM: Zwar wieder kein Titel, aber erneut breiter geworden https://ballverliebt.eu/2014/07/18/zwar-wieder-kein-titel-aber-suedamerika-stellt-sich-immer-noch-breiter-auf/ https://ballverliebt.eu/2014/07/18/zwar-wieder-kein-titel-aber-suedamerika-stellt-sich-immer-noch-breiter-auf/#comments Thu, 17 Jul 2014 22:34:03 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10428 Südamerika bei der WM: Zwar wieder kein Titel, aber erneut breiter geworden weiterlesen ]]> Nur ein Team von außerhalb konnte südamerikanische Teams in der K.o.-Runde besiegen. Eines! Was nur zeigt, wie stark und vor allem mit welcher beeindruckenden Breite die Teams aus Südamerika bei der WM auftrumpften. Mittlerweile sind nicht nur zwei Teams da, die Weltmeister werden können, sondern vier, die von extrem hoher Qualität sind. Und ein Fünfter war vor vier Jahren ja immerhin im Semifinale. In dem das Team des Gastgebers diesmal ja ein historisches Debakel erlitt.

Brasilien: Wo sind die ganzen Samba-Kicker hin?

Als die Seleção vor einem Jahr den Confed-Cup gewann, sah man eine Mannschaft, die nichts besonders innovatives machte, aber eine solide Mischung aus allen Einflüssen war, die es im modernen Fußball so gibt. Keine aufregende, aber eine grundsolide Truppe. Zwölf Monate später gab es den krachenden Einsturz eines Teams, das offenbar alles verlernt hatte, nicht als Mannschaft funktionierte und in dem Teamchef Scolari zu viel und zu lange an „seinen“ Spielern festhielt.

Brasilien
Brasilien: Wenn Fred der beste Mittelstürmer ist, hat die Seleção ein ziemlich massives Problem.

Dabei war eben in der Tat alles weg. Paulinho, der aus dem Mittelfeld den Punch bringen sollte, ist nach einem verlorenen Jahr in Tottenham ein Schatten seiner selbst. Hulk stagniert oder enwickelte sich sogar zurück. Fred ist eine Gemeinheit von einem Mittelstürmer, verglichen mit ihm war Toni Polster ein Dauerläufer.

In keinem Spiel konnte Brasilien wirklich überzeugen. Gegen Kroatien hätte man ohne das Elfer-Geschenk wohl nur 1:1 gespielt, Kamerun war kein Gegner, gegen Chile und Kolumbien wackelte man bedenklich, ehe es gegen Deutschland das 1:7-Desaster im Halbfinale setzte. Die vermutlich beste Leistung konnte man gegen Mexiko abrufen. Bezeichnenderweise gewann Brasilien dieses Spiel nicht.

Das Halbfinale, das in die WM-Geschichte eingehen wird, offenbarte drastisch, wie sehr die Mannschaft von Thiago Silva (der den Laden hinten zusammenhielt) und Neymar lebte. Unter dem Druck des Gewinnen-Müssens warfen die Spieler übermotiviert alle Grundlagen der Taktik über Bord und liefen Deutschland nicht ins Messer, sondern mit Anlauf in ein deutsches Katana.

Die grundsätzliche Frage, die sich Brasilien nach Platz vier bei der Heim-WM (was ja rein als Ergebnis eh nicht so schlecht ist) stellt, ist eine aus brasilianischer Sicht erschreckende: Wie kann es sein, dass es ausgerechnet im Land des Samba-Fußballs, im Land von Pelé, Garrincha, Zico, Romario, Ronaldo und Ronaldinho nur einen einzigen Offensiv-Akteur von Weltformat gibt? Inhaltliche Fehlleistungen und Spiele, in denen alles daneben geht, können immer mal passieren. David Luiz und Thiago Silva sind dennoch Weltklasse-Spieler, Luiz Gustavo trotz allem ein Sechser von internationalem Format. Aber Oscar tauchte völlig unter, Hulk ebenso. Alles hing an Neymar.

Die Seleção ist nicht in einem so tiefen Loch, wie es nun scheint. Der neue Teamchef, wer immer es sein wird, muss aber einen Weg finden, dass nicht alles zusammenklappt, wenn Neymar nicht dabei ist oder einen schlechten Tag hat. Und ganz generell muss sich der Verband etwas einfallen lassen, wie man wieder ein paar ordentliche Offensiv-Spieler und vor allem Mittelstürmer aus dem Zuckerhut zaubert. Denn was den Zug zum Tor angeht, ist man alleine in Südamerika nicht mehr unter den Top-3.

Argentinien: Wo ist die Hilfe für Messi?

Nein, dass die Albicelete prickelnden Offensiv-Fußball gezeigt hätte, könnte man nicht gerade behaupten. Auch, dass Lionel Messi zu jeder Zeit Herr der Lage ist und ein Kapitän, der vorangeht und die Kollegen pusht, wenn’s mal nicht läuft, kann man nicht sagen. Allerdings war der große kleine Mann von Barcelona fast immer zur Stelle, wenn seine Mannschaft mal ein Tor oder zumindest einen Assist von ihm brauchte.

Argentinien
Argentinien: Es lebte mehr von Messi, als bei der Besetzung nötig war. Aber es funktionierte.

Seltsam, aber obwohl die Qualität der Spieler direkt um Messi herum – Higuaín, Lavezzi, Agüero, natürlich Di María – deutlich höher ist als die der Nebenleute von Neymar, steht und fällt auch bei Argentinien alles mit einem Spieler. Die Auftritte des knapp unterlegenen Finalisten waren selten wirklich unterhaltsam und fußten vornehmlich auf einer außergewöhnlich sicheren Defensiv-Abteilung.

Die vom wahren Chef auf dem Feld dirigiert wurde, nämlich von Javier Mascherano. Er hatte mit Biglia einen patenten Adjutanten, hatte mit Garay und Demichelis sichere Hinterleute und Torhüter Romero zeigte ein sehr gutes Turnier, obwohl er bei Monaco nur in internen Trainings-Spielchen Praxis bekam.

Im Grunde spielte Argentinien so, wie Finalisten oft spielen: Hinten wenig anbrennen lassen, vorne im entscheidenden Moment zuschlagen. Wiewohl es Alejandro Sabella, so sehr es ihm an Charisma zu fehlen scheint, gelungen ist, die Gruppe zu vereinen, und sei es nur, um gemeinsam Sabellas Autorität öffentlich in Frage zu stellen. Seinen Grundsatz von „Humilidad y Trabajo“, von Demut und Arbeit, haben aber alle angenommen.

Nach dem überforderten Clown Maradona und dem ahnungslosen Selbstdarsteller Batista hatte Argentinien einen Teamchef gefunden, der sich ausschließlich mit dem sportlichen beschäftigt. Das wurde belohnt, aber um in vier Jahren auch wieder eine gute Rolle zu spielen, muss es gelingen, neue Schlüsselfiguern zu finden. Mascherano ist schon 30, Messi befindet sich seit einem, anderthalb Jahren am absteigenden Ast. Es wird sicherlich noch mehr Verantwortung auf Angel di María zukommen.

Denn Messi wird schon ein wenig mehr Hilfe benötigen, in Zukunft.

Kolumbien: Wäre mit Falcao noch mehr möglich gewesen?

Er war eine Augenweide, dieser James Rodríguez (der, um das ein für allemal festzuhalten, NICHT „dscheims“ heißt, sondern „chames“). Vorbereiter, Vollstrecker, Gegenspieler-Verrückt-Macher, und das alles mit einem Babyface, das das genau Gegenteil der wilden Erscheinung Carlos Valderrama ist. Kolumbien stürmte unaufhaltsam ins Viertelfinale und hatte dort gegen Brasilien zu spät gemerkt, dass man gar keine Angst vor dieser Truppe haben muss.

Kol
Kolumbien: Eine Augenweide. Tolle Spieler, viel Initiative, und das nicht mal in Bestbesetzung

Weshalb sich die Frage stellt: Wäre mit einem fitten Radamel Falcao vielleicht sogar noch mehr möglich gewesen? Denn Teo Gutiérrez zeigte sich als hervorragender Arbeiter, als guter Mitspieler für James und Cuadrado, aber nicht als Vollstrecker. Während hinter im die vermutlich beste offensive Mittelfeld-Reihe des Turniers wirbelte. Dazu verwirrte man die Gegner mit permanenten Rochaden: Da agierte James mal als Sturmspitze, mal links, da ging Jackson Martínez mal ins Zentrum, dazu gab’s mit Armero und Zuñíga zwei forsche Außenverteidiger. Eine Augenweide.

Die Cafeteros bestätigten den Aufwärtstrend, der schon unter Hernán Dário Gomez begonnen wurde und José Néstor Pekerman, an sich ja ein ruhiges Gemüt, formte Kolumbien zu einer ähnlich aufregenden Mannschaft wie seine „Fabelhaften Peker-Boys“ aus Argentinien bei der WM 2006. Und das Schöne ist: Bis auf Kapitän Mario Yepes fällt in näherer Zukunft kein Stammspieler aus Altersgründen aus dem Team.

Kolumbien kann also als Ganzes noch besser werden. Und Falcao ist bald wieder zurück.

Chile: Ist diese Form konservierbar?

Nächsten Sommer findet in Chile die Cópa America statt. Die Roja hat dieses Turnier noch nie gewonnen und nach dem knappen und auch eigentlich nicht verdienten Achtelfinal-Aus gegen Brasilien versprach Arturo Vidal, dass sich das ändern wird. Die Vorzeichen sind gut: Die Mannschaft ist mit einem Schnitt von 26,5 Jahren noch relativ jung, alle haben die komplexen Taktik-Varianten von Teamchef Jorge Sampaoli verinnerlicht, und Vidal selbst war nicht mal voll fit.

Chile
Chile: Das mit Abstand aufregendste, was dieses WM-Turnier zu bieten hatte. Viel zu früh raus.

Und die Chilenen waren, wie schon vor vier Jahren unter Marcelo Bielsa, eine überaus geile Mannschaft. Sampaoli ist ein im positiven Sinne fußballerischer Geistesgestörter, ein Besessener, ein Freak. Und so spielen auch seine Teams. Wie einst das 3-1-4-2-Monster von La U, wie das 2-1-3-4-0-Gebilde, das Australien eine halbe Stunde lang verzweifeln ließ. Wie das Pressing-Ungetüm, das Xabi Alonso so sehr in den Wahnsinn trieb, dass dieser sich nach einer Halbzeit traumatisiert auswechseln ließ.

Und mit Eduardo Vargas hat man nun auch endlich einen Stürmer, der auch mal Tore macht, Alexis Sánchez in Top-Form bringt auch die nötige Direktheit mit. Marcelo Díaz auf der Sechs – neben Mena, Aranguiz und Silva einer von vier Stammkräften, die unter Sampaoli bei La U gespielt haben – ist die personifizierte Balance. Dazu ist Claudio Bravo ein exzellenter Torhüter.

Und wohlgemerkt: Im ganzen Kader gibt es nicht einen einzigen gelernten Innenverteidiger. Keinen.

Chile hat es absolut drauf, auf absehbare Zeit eine bestimmende Kraft in Südamerika und damit auch in der Welt zu werden bzw. zu bleiben. Wenn Pinilla gegen Brasilien in der 120. Minute nicht die Latte, sondern das Tor getroffen hätte, wer weiß, wie weit Chile gekommen wäre.

Eines ist nur klar: Kein Team bei dieser WM ist mit dem nackten Resultat – Aus im Achtelfinale – so massiv unter Wert geschlagen worden wie Chile. Jetzt muss nur noch die Form bis nächstes Jahr konserviert werden.

Uruguay: Wer folgt den alten Herren?

José Maria Giménez erspielte sich schon einen Stammplatz bei den Großen, Stürmer Nico López kommt bei Udinese regelmäßig zum Einsatz, Linksaußen Diego Laxalt bei Serie-A-Absteiger Bologna. Aber sonst? Keiner der Mannschaft aus Uruguay, die vor einem Jahr Vize-Weltmeister bei der U-20-WM wurde, ist auch nur in der Nähe eines Stammplatzes bei einem halbwegs vernünftigen Klub, geschweige denn in der Nähe der Nationalmannschaft. Das wird über kurz oder lang zum Problem werden.

Uruguay
Uruguay: Fast alles hing an Godín und Suárez. Folgt nun der Generationswechsel bei der Celeste?

Denn obwohl man sich alte Willenskraft zeigte und somit England und Italien in 50:50-Spielen nieder ringen konnte, bleibt nach dem WM-Turnier, das mit einer Demontage im Achtelfinale gegen Kolumbien endete, die Erkenntnis: Besser ist Uruguay nicht geworden. Noch mehr als zuletzt schon hängt praktisch alles an Luis Suárez vorne und Diego Godín hinten.

Der Rest ist, bei allem Respekt, braver Durchschnitt und es ist weit und breit niemand in Sicht, der etwa im Mittelfeld das Spiel an sich reißen könnte. Arévalo ist nicht der Typ dafür, Lodeiro ist ein seit Jahren steckengebliebenes Talent, Cavani ist im Trikot von PSG wesentlich gefährlicher.

Und dann wird auch noch der ganze Auftritt überschattet von Suárez ekelhafter Dummheit gegen Italien. Die folgende Sperre heißt, dass Suárez die Copa America nächstes Jahr verpasst. Das wird für Langzeit-Teamchef Tabárez die Nagelprobe werden. Noch ein weiteres Mal mit den alten Recken, aber ohne den besten Spieler versuchen, alles rauszuquetschen, oder im Wissen um die Chancenlosigkeit, um den Titel mitzuspielen, den Umbau starten?

Die Antwort darauf wird gleichzeitig die Antwort auf die Frage sein, ob sich Tabárez, 67 Jahre alt, den Generationswechsel noch antun will.

Ecuador: Wäre die Quali auch ohne Höhenlage gelungen?

Immerhin: Seine drei Tore (also alle, die Ecuador bei dieser WM schoss) brachten Enner Valencia einen Premier-League-Vertrag bei West Ham ein. Sehr viel mehr wird aber nicht bleiben. La Tri verlor zwar nur knapp gegen die Schweiz und rang Frankreich ein verdientes Remis ab, aber dennoch hinterließen die drei Spiele vor allem eines: Verwunderung ob des antiquierten Spielstils der auch nicht mehr ganz jungen Mannschaft.

Ecuador
Ecuador: Mit dem flachen 4-4-2 und Konzentration auf die Flügel war das reichlich antiquiert.

Neben Honduras kam nur noch Ecuador mit einem flachen 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeld-Leuten in einem damit unterbesetzten Zentrum auf, das Spiel nach vorne passierte praktisch ausschließlich über die Flügelspieler Valencia und Montero. Sturmspitze Caicedo fiel in den ersten zwei Spielen nur durch seine Mähne auf, und im dritten nicht mal mehr das, weil er zwischendurch beim Friseur war.

Anders als Enner Valencia. Der Angreifer, der nur durch den plötzlichen Tod von Chicho Benítez vor einem Jahr in die Mannschaft gerutscht war, war beweglich, hatte Übersicht und war auch torgefährlich.

Inhaltlich aber hat sich Ecuador seit der WM 2006, als man mit einem flachen 4-4-2 souverän das Achtelfinale erreichte und dort eher unglücklich England unterlag, keinen Zentimeter weiterentwickelt. Das Team vor acht Jahren war auch individuell echt gut (mit Leuten wie Delgádo, Méndez, dazu Reasco und De la Cruz als AV). Dieses ist eher wieder eines wie 2002, das sich wegen der Höhenlage in den Quali-Heimspielen zur Endrunde gemogelt hat.

Natürlich: Mit Carlos Gruezo von Stuttgart gibt es ein Riesen-Talent im zentralen Mittelfeld. Aber der hat vor drei Jahren noch U-17-WM gespielt. Für eine tragende Rolle bei einer WM der Großen war’s noch ein wenig früh.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2015 in Chile

Die Brasilianer, die viel gutzumachen haben. Die Argentinier mit Messi, der so knapp dran war, aber nun immer noch keinen Nationalteam-Titel gewonnen hat. Der Offensiv-Wirbel der Kolumbianer. Und natürlich die positiv Verrückten von Gastgeber Chile. Nicht zu vergessen Titelverteidiger Uruguay, der zeigen muss, wie er sich selbst neu erfindet.

Die Copa America, die in einem Jahr stattfindet, ist von der Ausgangslage elf Monate davor die wohl spannendste seit Jahrzehnten, weil sie mehr ist als nur das programmierte Finale zwischen Brasilien und Argentinien, sondern  es gleich zwei Teams gibt, die mindestens auf Augenhöhe mit ihnen sind, wenn nicht sogar schon besser. Die Teams des südamerikanischen Kontinents rücken immer weiter zusammen. Eine Entwicklung, die nur gut sein kann.

Fünf der sechs CONMEBOL-Teams überstanden die Vorrunde, und es gab nur ein Team von außerhalb, das K.o.-Spiele gegen das Quintett gewinnen konnte (Deutschland). Anders gesagt: Hätte man sich nicht gegenseitig eliminiert, wäre die kollektive Stärke noch viel augenfälliger geworden. Andererseits hat es nun drei Turniere hintereinander keinen südamerikanischen Weltmeister gegeben – die längste Durststrecke der Geschichte. Weil die beiden Großen im entscheidenden Moment wieder Federn ließen und die Nachrücker halt doch noch nicht ganz so weit sind.

Noch.

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Die ’11-Besten https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/ https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/#comments Wed, 28 Dec 2011 23:02:28 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6279 Die ’11-Besten weiterlesen ]]> Das Jahr 2011 verlässt uns, aber die Erinnerungen an viele tolle Spiele aus den vergangenen zwölf Monaten wird uns natürlich bleiben. Darum gibt’s wie schon letztes Jahr noch mal die besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge dieser elf Spiele aus 2011 ist natürlich willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 11 | Premier League | Chelsea – Liverpool 0:1

Chelsea-Liverpool 0:1

„Das sieht nach einem durchaus tauglichen Konzept aus, was Kenny Dalglish da mit seiner Dreierkette gefunden hat. Und Chelsea? Da könnte das Luxusproblem “Torres und Drogba und Anelka” zu einem tatsächlichen werden. Die Variante mit Drogba und Torres vorne und Anelka als Zehner dahinter war ein totaler Flop.“ – Die einen waren mit King Kenny auf der Bank auf dem Weg nach oben, zum Teil mit unüblichen Aufstellungsvarianten. Die anderen begannen zu erkennen, dass es vielleicht doch keine so einfach war, Torres sinnvoll einzubauen. Er verlor hier sein erstes Spiel im Chelsea-Dress ausgerechnet gegen sein altes Team. Süße Rache, nennt man so etwas wohl.

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Platz 10 | Asien-Cup | Japan – Syrien 2:1

Japan - Syrien 2:1

„In der offensiven Dreierreihe wird rochiert, was das Zeug hält. Da taucht Matsui schon mal auf der ganz anderen Seite auf, Kagawa in der Mitte oder gar als Sturmspitze, Honda mal zurückhängend, mal auf die Seiten, dann wieder ganz vorne. Fàbregas, Nasri, Rosický und Konsorten lassen grüßen. Und vorne macht Ryoichi Maeda, was bei Arsenal einen Robin van Persie ausmacht. Vom Toreschießen mal abgesehen.“ – Was der Italiener Alberto Zaccheroni aus den Japanern gemacht hat, war atemberaubend. Ein Tempo, eine Ballsicherheit eine Dominanz: Man war beim ganzen Asien-Cup, nicht nur im Gruppenspiel gegen Syrien, die mit sehr viel Abstand beste Mannschaft. Und wenn man etwas konsequenter im Ausnützen der Torchancen gewesen wäre, hätte das Arsenal Asiens nicht so sehr um den Titel zittern müssen.

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Platz 9 | Europa League | ZSKA Moskau – FC Porto 0:1

ZSKA Moskau - FC Porto 0:1
„Zwei der interessantesten Trainer Europas: Wunderkind André Villas-Boas vom FC Porto und der etwas schrullige Leonid Slutski von ZSKA Moskau. So unterschiedlich die beiden Trainer der zwei womöglich aufregendsten Mannschaften sind, die sich unter den letzten 16 der diesjährigen Europa League befinden, so ähnlich ist das Leistungsvermögen.“ – Auf dem Weg zum Sieg in der Europa League mit Porto bekam es André Villas-Boas im Achtelfinale mit einem ähnlich tollen Team und einem ganz anderen Trainer-Typen zu tun. Die beiden Mannschaften neutralisierten sich. Und wer weiß, womöglich wäre der Portugiese heute nicht Chelsea-Coach, hätte nicht Fredy Guarín das 1:0-Goldtor erzielt. In einem Spiel, das gezeigt hat, wie ähnlich sich so verschiedene Typen doch sein können.
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Platz 8 | Frauen-WM | USA – Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.

USA - Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.
„Kurioserweiser übernahmen die US-Amerikanerinnnen sofort wieder das Kommando. Mit der ganzen Wut über den harten Strafstoß samt Ausschluss und der überaus kleinlichen Entscheidung, den Elfer wiederholen zu lassen, drückten sie das brasilianische Team nun vor allem über die Flanken nach hinten.“ – Es war beileibe nicht das beste Spiel der Frauen-WM in Deutschland, dieses Viertelfinale. Im Gegenteil: Zwei hypernervöse Teams überboten sich lange in Fehlpässen. Aber die ganze Dramatik, die der Partie durch eine schreckliche Schiedsrichter-Leistung und dem US-Ausgleich in der 122. Minute eigen war, ließ sie doch zum zentralen Spiel des Turniers werden. Ein Spiel, in dem krass benachteiligte US-Girls Brasilien bestraften.
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Platz 7 | Europa League | SV Ried – Brøndby IF 2:0

SV Ried - Brøndby IF 2:0
„Weswegen Brøndby umso mehr schauen musste, über die Flügel nach vorne zu kommen. Damit hatte Ried das Ziel im Grunde erreicht: Die Mitte zwar offenlassen, aber keine Kreativität zulassen, das Spiel des Gegners so auf die Flügel zu verlagern, und dort den numerischen Vorteil ausspielen.“ – Zwar waren die Rieder letztlich die einzige österreichische Mannschaft, die sich nicht für die EL-Gruppenphase qualifizieren konnte, aber dennoch sind die Innviertler der große Gewinner des Jahres 2011. Nicht nur wegen des Cup-Siegs, sondern auch deshalb, weil man dank einer konsequent verfolgten Vereinsphilosophie auch den Abgang der halben Mannschaft verkraften konnte und zum zweiten Mal hintereinander Herbstmeister wurde. Weil sich eben nicht nur Brøndby am Rieder System die Zähne ausbiss.
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Platz 6 | EM-Qualifikation | Frankreich – Bosnien 1:1

Frankreich - Bosnien 1:1
„Was alles in einem irren Tempo geschah, weil der Spielplan der Bosnier in einem Guss funktionierte: Pressing, Ball erobern, blitzschnell umschalten und die freien Räume ausnützen. Die Franzosen wussten in der ersten Viertelstunde überhaupt nicht, wie ihnen geschah.“ – Bosnien ist die wohl beste Nationalmanschaft Europas, die bei der EM nicht dabei sein wird. Denn bevor Dzeko und Co. im Playoff gegen Portugal die Nerven verließen, spielten sie Frankreich komplett her und nur zwei Faktoren rettete den Bleus das Remis und die direkte Qualifikation: Eine Umstellung von Blanc und ein starker Nasri.
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Platz 5 | Deutsche Bundesliga | Bayern München – Borussia Dortmund 1:3

Bayern München - Borussia Dortmund 1:3
„Dortmund verfügt über ein hervorragendes Flügelspiel und nahm Ribéry und Robben ziemlich aus dem Spiel. Die beiden sahen sich, wann immer sie am Ball waren, sofort mit mindestens zwei Gegenspielern konfrontiert; oftmals sogar mit noch mehr. Das, und das für die Borussia so typische aggressive Pressing führte dazu, dass die Bayern nicht zu einem geordneten Spielaufbau kamen.“ – Die Bayern-Kapitel „Van Gaal“ endete als großes Missverständnis. Wirre Aufstellungs-Varianten, die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen und natürlich atmosphärische Störungen führten zum vorzeitigen Ende. Und natürlich die brutale Überlegenheit von Dortmund, die sich vor allem im direkten Duell zeigte. Jürgen Klopp manövrierte seinen Kontrahenten auf jeder Position aus und machte damit im Titelrennen den Deckel drauf.
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Platz 4 | EM-Qualifikation | Aserbaidschan – Österreich 1:4

Aserbaidschan - Österreich 1:4
„Willi Ruttensteiner hatte es angekündigt, und er machte es auch wahr: Der Interims-Teamchef wollte vom ÖFB-Team beim Spiel in Aserbaidschan frühes Pressing sehen, er wollte die Gastgeber unter Druck setzen, sie gar nicht erst zur Entfaltung kommen lassen. Und tatsächlich: Die Spielanlage der Österreicher war gegenüber den letzten Spielen kaum noch wiederzuerkennen.“ – Kaum war Constantini nicht mehr Teamchef, war sofort zu erkennen, was für ein Potential wirklich in der Mannschaft steckt. Ja, es war „nur“ Aserbaidschan, aber jeder Spieler machte den Eindruck, genau zu wissen, welche Aufgabe er genau hat. So machte vor allem die Art und Weise des Spiels beim 4:1 in Baku Freude.
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Platz 3 | La Liga, Copa del Rey, Champions League | Der Clásico-Vierteiler

1:1-Remis, 1:0 n.V. Real, 2:0 Barça, 1:1-Remis
„Real ging viel aggressiver zu Werke als beim 1:1 am Wochenende, störte deutlich früher, presste auf den Gegner und stand teilweise verteufelt hoch – die Mittelfeldreihe machte sich genau dort breit, wo Barcelona eigentlich das eigene Spiel aufziehen wollte. So kamen die Katalanen kaum wirklich dazu und Real war gut im Spiel.“ – Groß war die Vorfreude auf vier Clásicos in nur 17 Tagen, aber nachdem die letzte Schlacht geschlagen war, blieben im Rückspiegel vor allem Härteeinlagen in Erinnerung. Und nach den Titeln in Liga und Champions League ein Punktsieg für Barcelona. Nach den Spielen am 16. April (1:1 in Madrid in der Liga), am 20. April (1:0 n.V. für Real im Cupfinale), am 27. April (2:0 für Barça im CL-Semi-Hinspiel in Madrid) und am 3. Mai (1:1 in Barcelona im CL-Semi-Rückspiel).
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Platz 2 | Copa América | Uruguay – Chile 1:1

Uruguay - Chile 1:1
„Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.“ – Die Copa América wurde zum Triumph für Uruguay, aber eine Mannschaft setzte der Celeste schon in der Gruppe ganz extrem zu: Chile! Jenes Team, dass unter Claudio Borghis Vorgänger Marcelo Bielsa bei der WM für tollen Offensivfußball stand, zeigte in diesem grandiosen Spiel ein Feuerwerk. Das mit Abstand beste Spiel einer eher enttäuschenden Copa. Weil Chile weiterhin ein Team zum Verlieben ist.
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Platz 1 | La Liga | FC Barcelona – Villarreal CF 5:0

FC Barcelona - Villarreal CF 5:0
„Weil es dank des Verzichts auf eine nominelle Abwehr mehr Ballverteiler gibt, weil die Breite dennoch gegeben ist, und weil Messi und Fàbregas jetzt schon zuweilen miteinander harmonieren, als spielten sie schon seit Jahren zusammen. Pep Guardiola ist gerade dabei, die Pyramide mit diesem 3-3-4-ähnlichen System wieder zurückzudrehen. Womit er potentiell ein neues Kapitel der Fußballgeschichte aufschlägt.“ – Im Grunde war es „nur“ ein Liga-Spiel. Aber was Barcelona hier spielte, war ein Blick in eine mögliche Zukunft. Ob es ein Modell für die ganze Fußball-Welt ist oder nur für eine Mannschaft von der Qualität Barças, ist eine andere Frage. Aber Villarreal war tatsächlich nicht die letzte Mannschaft, die dieser Formations-Variante rein gar nichts entgegensetzen konnte. Weil Barcelona damit noch stärker aussieht als vorher.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2011 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2012 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

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Messi kann auch für Argentinien glänzen – 4:1-Erfolg gegen Chile https://ballverliebt.eu/2011/10/08/messi-kann-auch-fur-argentinien-glanzen-41-erfolg-gegen-chile/ https://ballverliebt.eu/2011/10/08/messi-kann-auch-fur-argentinien-glanzen-41-erfolg-gegen-chile/#respond Sat, 08 Oct 2011 01:22:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5892 Messi kann auch für Argentinien glänzen – 4:1-Erfolg gegen Chile weiterlesen ]]> Nach einer vom Niveau her eher mauen, aber sehr ausgeglichenen Copa América geht’s nun in die WM-Quali – und Argentinien versucht mit einem neuen Teamchef, den peinlichen Auftritt bei der Copa vergessen zu machen. Den Chilenen zog man mit starkem Pressing und einem im System funktionierenden Messi den Zahn.

Argentinien - Chile 4:1

Argentiniens neue Teamchef Alejandro Sabella formierte sein Team in einem 4-2-3-1, mit Messi als Zehner hinter Higuain, auf den Flanken waren José Ernesto Sosa und Angel di María aufgestellt. Eines der Hauptprobleme der Argentinier bei der Copa América war die Tatsache, dass man unter Batista nicht nur Messi nicht zum funktionieren brachte, sondern vor allem, dass das Flügelspiel praktisch gar nicht vorhanden war – was das Messi-Problem zu einem guten Teil mit verursacht hat.

Nun ist es so, dass Chile eine Mannschaft ist, die übrlicherweise ganz besonders über die Flügel kommt. Oder besser: Über die Flügel kam, denn unter Claudio Borghi verengte sich das Spiel der Chilenen merklich. Er setzte auf ein 3-1-4-2 mit zwei echten Zehnern in der Mitte (Valdivia und Matí Fernández), die Flügel waren jeweils die weitgehend alleinige Verantwortung von Isla und Beaugejour.

Platz hinter Isla

Das funktioniert üblicherweise recht gut, wenn die Chilenen im Zentrum mit ihrem Pressing und ihrem technisch beschlagenen Tempospiel das Geschehen kontrollieren. Das klappt aber nicht, wenn man den Kampf um die Pressing-Hoheit verliert, aber dennoch weit aufrückt. Genau das passierte vor allem Mauricio Isla in der Anfangsphase erstaunlich oft: Er war zu weit aufgerückt, und Angel di María nützte den freien Platz hinter Isla zu gefährlichen Angriffen.

So wie in der 7. Minute, als bei ein Freistoß der Chilenen in der Mauer landete, blitzschnell umgeschaltet wurde, und Di María den vielen Platz nützte, um mit einem präzisen Pass Higuain zu bedienen – das 1:0 für Argentinien war gefallen. Und nach disem Strickmuster kamen noch einige weitere Angriffe, ehe Gonzalo Jara die Zeichen der Zeit erkannte und sich vermehrt auf den Flügel orientierte.

Kaum ein Weg nach vorne

Chile kam gegen das starke Pressing der Argentinier überhaupt nicht dazu, aus dem Mittelfeld heraus die Spitzen zu bedienen. Der Ball wurde zwar durch schnelle Vertikalpässe schnell über die Mittellinie gebracht, dort ging es dann aber nur noch in die Breite. Banega und Braña machten das Zentrum zu, schalteten Fernández und Valdivia aus und beteiligten sich wie alle anderen fleißig daran, Druck auszuüben.

Hinzu kam, dass Solospitze Higuain ein Arbeitspensum an den Tag legte, das seinesgleichen sucht. Der Stürmer von Real Madrid ließ sich oft nach hinten fallen, um dann entweder mit Tempo auf die wegen der hoch stehenden Wing-Backs recht auseinandergezogene chilenische Dreierkette zu stürmen, oder aber die startenden Messi oder Di María zu bedienen. So wie beim 2:0.

Argentinien bestraft Chiles offensive Anlage…

Chile wurde für den Versuch, positiven Fußball nach vorne zu spielen, von den cleveren Argentiniern brutal bestraft, denn zumindest in der Anfangsphase tat sich die Albicelete schon schwer, das Spiel selbst konstruktiv nach vorne zu tragen. Da kamen Messi und Co. die Räume, die die Chilenen durch ihre offensive Spielweise offenließen, sehr entgegen.

Erstaunlicherweise änderte Claudio Borghi für die zweite Hälfte genau gar nichts; dumm also, dass das Defensivverhalten der ganzen Mannschaft, ganz speziell von Abwehrboss Waldo Ponce, mit „recht nachlässig“ noch sehr wohlwollend beschrieben werden kann. Die chilenische Hintermannschaft stand jender der Argentinier dabei zwar kaum wirklich etwas nach, aber die Argentinier sind einfach kaltschnäuziger im Abschluss. Auch wenn Higuain beim 3:0 nach einer Flanke von Di María (der davor von Messi bedient worden war) wohl im Abseits stand.

…Chile die schwache Gaucho-Abwehr aber nicht

Das größte Problem von Chile ist es schon länger, das war unter Bielsa schon nicht anders, dass die Chancenverwertung deutlich unterdurchschnittlich ist. Daran wäre Chile fast in der WM-Vorrunde gescheitert, daran ist Chile bei der Copa América eigentlich viel zu früh im Viertelfinale gegen Venezuela tatsächlich gescheitert.

Die argentinische Abwehr zeigte sich in diversen Situationen alles andere als sattelfest, aber es braucht schon eine ganz besondere Slapstick-Einlage, um sich tatsächlich ein Gegentor einzufangen. Was aber nichts machts, weil man kurz davor das Geschenk dankend zurück gab und Hinguain sein drittes Tor in diesenm Spiel ermöglichte. Dieses 4:1 machte den Deckel auf die Partie.

Spiel gelaufen

Die Argentinier stellten daraufhin den Nachdruck in ihrem Spiel ein und gewährten Chile mehr Platz und auch mehr Zeit am Ball, man blieb selbst aber durch schnelle Gegenstöße in die weitgehend entblößte Hintermannschaft von Chile immer wieder gefährlich, ja, Argentinien war auch in dieser Phase dem fünften Tor näher als Chile dem zweiten.

Viele wirklich geplante Aktionen brachten die beiden Teams nun nicht mehr so richtig zu Wege, es war eher ein recht wildes Hin und Her ohne größere Strategie dahinter – was wie eine offene Partie aussah, war aber letztlich nur das Lockerlassen der Zügel seitens der Argentinier, die genau wussten, dass das Spiel gewonnen war.

Fazit: Sabella bringt Messi mit Pressing ins Spiel

Der Schlüssel zum Sieg für Argentinien war nicht nur die gute Chancenverwertung gegenüber den vor dem Tor bekannt schlampigen Chilenen, sondern vor allem das gewonnene Pressing-Duell. Messi und Co. ließen Chile kaum Zeit am Ball, ließen sie somit nie ihr gefürchtetes Tempospiel aufziehen und zogen dem Team von Claudio Borghi relativ schnell den Zahn. Ohne Alexis Sánchez fehlt den Chilenen in der Vorwärtsbewegung jeglicher Nachdruck und in der Abwehr machte vor allem der sonst so zuverlässige Waldo Ponce einen erschütternd fahrigen Eindruck.

Nach den Katastrophen Maradona und Batista auf der Position des Teamchefs dürfte Argentinien mit Alejandro Sabella nun endlich einen Mann gefunden haben, der tatsächlich weiß, was er tut, und nicht nur von seinen Meriten als Spieler oder seinem Standing innerhalb des Verbandes profitiert, wie das seine zwei weitgehend sinnbefreiten Vorgänger gemacht haben.

Vor allem das Verwenden des konsequenten Pressing ließ Lionel Messi aufblühen. Das ist genau sein Spiel, das er von Barcelona kennt, und das er auch braucht, um seine Qualitäten voll ausspielen zu können. Das gelang vor allem im Zusammenspiel mit Di María und Higuain wirklich gut.

Sodass dieser 4:1-Sieg ein echter Indikator dafür ist, dass Messi im argentinischen Trikot durchaus funktionieren kann.

(phe)

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Copa, VF 3/4: Chile und Brasilien eliminieren sich selbst https://ballverliebt.eu/2011/07/19/copa-vf-34-chile-und-brasilien-eliminieren-sich-selbst/ https://ballverliebt.eu/2011/07/19/copa-vf-34-chile-und-brasilien-eliminieren-sich-selbst/#comments Tue, 19 Jul 2011 11:25:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5359 Copa, VF 3/4: Chile und Brasilien eliminieren sich selbst weiterlesen ]]> Beobachter hatten nach dem ersten, überraschend verlaufenen Viertelfinal-Tag schon gewitzelt: „Wenn’s normal läuft, gibt’s ein Semifinale Paraguay gegen Venezuela!“ Und siehe da: genau so kam es auch. Weil Brasilien wieder nicht in der Lage war eine wenig aufregende Mannschaft aus Paraguay zu knacken. Und weil Chile gegen Venezuela aus der drückenden Überlegenheit zu wenig machte.

Paraguay - Brasilien 0:0 n.V., 2:0 i.E.

Der Modus macht’s möglich – wie schon in der Gruppenphase treffen Brasilien und Paraguay gleich in der ersten K.o.-Runde aufeinander. Und wieder schaffte es die Seleção nicht, den Außenseiter zu biegen – obwohl Paraguay wie schon gegen Venezuela nicht gerade viel Flair anbieten konnte.

Dafür eine konsequente Defensive. Teamchef Gerardo Martino brachte statt des offensiv etwas stärkeren Nestor Ortigoza im Zentrum Victor Cáceres, der sich explizit um Ganso kümmerte. Auch auf den Flügeln, wo üblicherweise das Spiel der Paraguayer aufgezogen wird, hatten die Spieler vornehmlich defensive Aufgabe – nämlich jene, die Außenverteidiger bzw. die Außenstürmer zu stoppen.

In den alten Trott

Was zur Folge hatte, dass das brasilianische Spiel ziemlich in den alten Trott verfiel: Wenig Breite über die Außenverteidiger, viel Platz zwischen Defensive und Offensive und ein Offensiv-Quartett, dass nicht gut harmonierte, wenn der Ball doch einmal vorne war. Besonders enttäuschend war in dieser Phase Maicon: War er gegen Ecuador noch eine dramtische Verbesserung gegenüber Dani Alves, kam hier wiederum nichts wirklich nennenswertes von ihm.

Andererseits aber zeigte Marcelo Estigarribia, der zwei so tolle Spiele zum Auftakt gemacht hatte, wie schon in seinem letzten Gruppenspiel nach vorne praktisch gar nichts. Auf der anderen Seite ist Vera (der wieder statt Barreto spielte) ohnehin mehr auf der defensiven Seite daheim. So hatte Paraguay das Spiel defensiv zwar gut im Griff und man ließ Brasilien wenig Zeit am Ball und somit kaum Gelegenheit, sich wirklich zu entfalten, aber selbst konnte man auch kaum Torgefahr erzeugen. Ein torloses Remis zur Halbzeit war die logische Folge.

Maicon wacht auf

Nach dem Seitenwechsel sah man endlich wieder mehr von Maicon. Von Estigarribia war nichts zu befürchten, und so traute sich Maicon wieder mehr nach vorne, was dem Spiel seiner Mannschaft extrem gut tat. Brasilien schaffte es nun, den Ball kontrolliert in die gegnersiche Hälfte zu bringen und sich dort festzusetzen. Das war zwar immer noch nicht annähernd so gut wie gegen Ecuador, aber immerhin eine deutliche Verbesserung gegenüber der ersten Halbzeit.

Nach einer Stunde reagierte Martino und brachte mit dem genesene Barreto statt Vera die offensivere Variante auf dem rechten Flügel – wenn schon von Estigarribia auf links nichts kam. Der Effekt allerdings hielt sich eher in Grenzen, weil auch Barreto eher gegen André Santos spielte als umgekehrt. In der zweiten Hälfte zog die Seleção deutlich an der Daumenschraube und hätte auch genug Chancen gehabt, die verdiente Führung zu erzielen. Torhüter Villar hatte etwas dagegen.

Ball kommt nicht in die Spitze

Das Problem bei Paraguay blieb, den Ball in die Spitze zu Valdez und Barrios zu bekommen. Zwar spielte Valdez zumeist in einer eher hängenden Position, letztlich aber doch zu hoch, um aus dem tief stehenden Mittelfeld und von den wirkungslosen Außen bedient zu werden. So nahm Gerardo Martino den in der Luft hängenden Barrios vom Platz und brachte Hernán Pérez, der zentral hinter Valdez ein Mittelding aus Zehner und hängender Spitze gab.

Das nahm zwar Lucas Leiva wiederum etwas aus der Rechnung, sorgte aber nicht dafür, dass Paraguay besser nach vorne spielte. Wirklich geholfen hat auf der anderen Seite auch der Schritt, den bulligen Fred in die Spitze zu stellen und Pato statt des ausgewechselten Neymar (der wiederum haupsächlich durch seine lächerliche Frisur, und nicht durch sein Spiel auffiel) auf den Flügel zu stellen. So ging es in die Verlängerung.

Zwei Mann weniger, gegenseitige Blockade

Dort setzte sich das Spiel – das zudem von einer Peinlichkeit von erbärmlich schlechtem Rasen zusätzlich gehandicapt war – der zweite Halbzeit fort, ehe mit Lucas Leiva und Antolín Alcaraz zwei Spieler aus der Premier League (Liverpool bzw. Wigan) nach einer Rauferei ihre jeweiligen Teams um einen Mann dezimierten. Die gegenseitige Blockade wurde davon allerdings eher verschärft, zumal mit Lucas Silva und Elano (statt Ganso und Pato) bei Brasilien auch eher zentrale Spieler kamen.

Bei Paraguay ging man auf ein 4-4-1, indem Edgar Barreto vom rechtn Mittelfeld nach hinten rückte und von dort Dario Verón auf die frei gewordene Position von Alcaraz in der Zentrale. Paraguay wusste nun endgültig, dass man in diesem Spiel kein Tor mehr erzielen würde und drehte an der Zeit, Brasilien kam auch in der restlichen Spielzeit nicht zum Zug – und so musste es ins Elfmeterschießen gehen

Wo die Brasilianer zum Teil am fürchterlichen Untergrund scheiterten, denn ganze Rasenstücke im mit tonnenweise Sand bearbeiteten Geläuf bei den Strafstößen herausgerissen. Aber während nach Elano (der den Ball gefühlte fünf Meter über das Tor hob) auch Thiago Silva, André Santos und Fred nicht in der Lage waren, sich darauf einzustellen, reagierte Paraguay richtig: Estigarribia und Riveros chipten den Ball nur leicht in die Mitte und verzichteten auf Härte. Was das richtige Rezept war.

Fazit: Aufregend war’s nicht…

War die Verlängerung vom Spiel Argentiniens gegen Urguay noch wegen des Siegeswillens beider Teams durchaus sehenswert, waren das 120 eher mühsame Minuten. Paraguay machte nicht wirklich Anstalten, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und beschränkte sich darauf, eine ohnehin nicht übertrieben gut geölte brasilianische Mannschaft in Schach zu halten.

Der Seleçãao gelang es wieder einmal nicht, für die nötige Breite zu sorgen und auch das Loch zwischen Ramires und dem Offensiv-Quartett ist in weiten Phasen wieder beängstigend groß gewesen. So passt es ins Bild, dass es dieses nicht funktionierende schafft sogar alle vier Elfmeter im Shoot-Out zu verballern.

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Chile war in einem von defensiver Disziplin geprägten Turnier die mit Abstand attraktivste Mannschaft. Doch weil erst Teamchef Borghi die erste Halbzeit verschenkte und dann sein Team ein Füllhorn an Möglichkeiten, reichten Venezuela zwei Freistöße zum äußerst glücklichen 2:1-Sieg…

Venezuela - Chile 2:1

Marcelo Bielsa interpretierte als chilenischer Teamchef sein 3-4-3 immer, es gab bei ihm – egal gegen wen – nur einen Sechser. Dass Claudio Borghi in der Herangehensweise an eine Partie da etwas vorsichtiger zu Werke geht, ist bekannt. Gegen Venezuela hat er es aber ein wenig übertrieben: Mit Carmona und Medel stellte er gleich zwei Sechser auf, und das bei einem Kontrahenten, von dem klar war: Der wird nicht stürmen, sondern tief stehen und abwarten.

Ein verschenkter Mann

So kam es dann auch: Die Venezuelaner spielten in den Gruppenspielen, in denen sie der Außenseiter waren – also gegen Brasilien und Paraguay defensiv und nahmen nur gegen die biederen Ecuadorianer das Heft selbst in die Hand. Chile ist nun alles andere als bieder, und so reihten sich die beiden Viererketten, die Teamchef Farias in gewohnter Besetzung auflaufen ließ, auch dementsprechend tief ein.

Was für das 3-4-1-2 von Borghi bedeutete: Einer seiner beiden Sechser war verschenkt. Mit den beiden Offensiven im venezolanischen Team, diesmal Fedor und Maldonado, wäre die Dreierkette mit nur einem defensiven Mittelfeldspieler ebenso spielend zurecht gekommen. Angesichts der (zumindest) acht gegnerischen Mann zwischen dem Duo Medel/Carmona und dem venezolanischen Tor war es für Chile schwierig, den Ball sinnvoll nach vorne zu bringen.

Flügel ausgeschaltet

Was auch daran lag, dass die gut nach hinten arbeitenden Flügel-Duos bei Venezuela ihren jeweiligen, auf sich alleine gestellten Gegenspieler (Isla bzw. Vidal) gut im Griff hatte. Jimenez im Zentrum kam alleine gegen die vielbeinige Abwehr kaum durch. Womit Chle immer mehr auf lange Bälle zurück griff – für die körperlich eher kleingewachsene Albiroje gegen die Kanten in der venezolanischen Abwehr kein taugliches Mittel.

Der Außenseiter hatte das Spiel defensiv also relativ komfortabel im Griff, kam aber selbst kaum einmal zu echten Gegenstöen. Claudio Bravo im chilenischen Tor sah vor der Pause im Grunde nur einen einzigen Ball auf sein Tor zusegeln – und der war auch prompt drin. Venezuelas Abwehrhüne Vizcarrondo verwertete einen Freistoß zur überraschenden Führung. Eigentlich logisch, dass es nur ein Standard sein konnte.

Mit Valdivia kommt wieder Schwung

Wie schon bei der Weltklasse-Partie gegen Uruguay kam ins chilenische Spiel so richtig Schwung, als Jorge Valdivia in die Partie kam, Teamchef Borghi beließ mit Carmona einen seiner defensiven Mittelfeldspieler in der Kabine. Jiménez wich ging nun nach links und Vidal verstärkte zusätzlich das Zentrum. Die Folge war ähnlicher Rambazamba-Fußball wie gegen Uruguay.

Venezuela hatte nicht im Ansatz die Mittel, sich wirklich des unglaublichen Angriffswirbels zu erwehren, den das Team aus Chile nun über sie hereinbrechen ließ. Lediglich Torhüter Renny Vega verhinderte mit einigen starken Aktionenen den Ausgleich, auch das Torgestänge musste herhalten. Aber wie so oft bei Chile: Der Ertrag stimmte mit dem Gezeigten überhaupt nicht überein. Alleine zwischen Halbzeit und dem letztlich überfälligen Ausgleich von Suazo in Minute 69 hätte man eigentlich vier bis fünf Tore schießen müssen.

So kommt, was kommen musste…

Venezuela hatte also mächtig Glück, dass es mit einem 1:1 in die Schlussphase ging und nicht mit jenem aussichtslosen Rückstand, den man sich aufgrund der zweiten Hälfte eigentlich verdient gehabt hätte. Und die mangelhafte Torausbeute der Chilenen sollte sich rächen – weil zehn Minuten vor Schluss ein zweite Freistoß in den Strafraum flog, Torhüter Bravo nur kurz klären konnte und Cichero zum sensationellen 2:1 verwertete.

Wenn das nicht schon der Todesstoß für Venezuela war – im direkten Gegenzug gab es eine weitere hundertprozentige Torchance – dann war es nach der gelb-roten Karte für Gary Medel endgültig vorbei. In den letzten Minuten verzichtete Chile darauf, die Planstelle auf der Sechs nachzubesetzen. Natürlich, es brauchte den Ausgleich, aber so kam Venezuela in dieser Phase noch zu einigen Kontern. Den Ausgleich fing sich Venezuela nicht mehr – dafür eine unglaublich dämliche rote Karte: Der vorbelastete Tomas Rincón verpasste einem Gegenspieler am Mittelkreis (!) eine Kopfnuss.

So ist Venezuela zwar im Halbfinale. Muss dort aber ohne den wichtigsten Mann im defensiven Mittelfeld auskommen.

Fazit: Eigentlich eine Schande

Dass die Kolumbianer als Favorit gegen Peru geflogen sind, durfte noch mit einem Schulterzucken quittiert werden. Dass die Großmächte Argentinien und Brasilien es im ganzen Turnier kaum gebacken bekamen und letztlich scheiterten, war bis zu einem gewissen Grad folgerichtig.

Aber dass nun die wahrscheinlich beste und mit Sicherheit attraktivste Mannschaft des von defensiver Disziplin geprägten Turniers nun auch die Koffer packen muss, ist eigentlich eine Schande. Chile hat sich das Aus aber selbst zuzuschreiben: Es waren mehr als genug Chancen da, um Venezuela mit einer demütigend hohen Niederlagen aus dem Turnier zu kegeln.

Hatte die letzte große chilenische Mannschaft Ende der 90er-Jahre bis auf ein Weltklasse-Sturmduo (Salas und Zamorano) kaum etwas zu bieten, ist es bei der aktuellen genau umgekehrt: Im Spiel nach vorne ist Chile derzeit das weltweite Nonplusultra. Aber es gibt niemanden, die die Unzahl an Chancen auch in Zählbares ummünzen könnte.

So reichten dem Team aus Venezuela zwei ordinäre Standardsituationen zum überraschenden Semifinal-Einzug.

(phe)

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Copa, Tag 11: Uruguay weiter, auch ohne zugemachten Sack https://ballverliebt.eu/2011/07/13/copa-tag-11-uruguay-weiter-auch-ohne-zugemachten-sack/ https://ballverliebt.eu/2011/07/13/copa-tag-11-uruguay-weiter-auch-ohne-zugemachten-sack/#respond Wed, 13 Jul 2011 09:24:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5201 Copa, Tag 11: Uruguay weiter, auch ohne zugemachten Sack weiterlesen ]]> Auch ohne den angeschlagenen Cavani dominiert Uruguay das Spiel gegen Mexiko nach belieben, dennoch schaut am Ende „nur“ ein knapper 1:0-Sieg heraus. Weil vor allem die Chancenverwertung sehr zu wünschen übrig ließ. Und es so verpasste, schon frühzeitig den Sack zuzumachen.

Uruguay - Mexiko 1:0

Cavani verletzt – aber Uruguay-Teamchef Tabárez ist ja flexibel. So ließ er sein Team im entscheidenden Spiel um den Viertelfinal-Einzug gegen Mexiko mit einem 4-4-2 auflaufen, in dem Forlán etwas hinter der vordersten Spitze Suárez agerte. Álvaro González besetzte, wie schon in der zweiten Hälfte gegen Chile, die rechte Außenbahn, für die linke Seite rutschte Cristián Rodríguez in die Startformation.

Aber auch Luis Fernando Tena wechselte sein System. Statt jenes 3-4-1-2, das er in den ersten beiden Partien spielen ließ, war nun auch die mexikanischen U23 mit einem 4-4-2 unterwegs. Allerdings waren einige Elemente von Dreierkette weiterhin zu erkennen, vor allem in der Vorwärtsbewegung – da hielt sich Mier sehr zurück.

Flügel wenig eingebunden

Was bei Uruguay auffällig war: Obwohl nun, anders als zuvor, beide Flügel de facto doppelt besetzt waren, wurden sie nicht genug eingebunden, um die mexikanische Viererkette hinten wirklich auseinander zu ziehen. Vor allem am rechten Flügel lief das Spiel eher vorbei, von dort kamen kaum Akzente.

Stattdessen wurde versucht, Angriffe eher über Forlán aufzuziehen. Das funktionierte aber nur bedingt, weil die Mexikaner das Zentrum gut dicht machten. Forlán kam kaum einmal an Reyes und Enríquez vorbei, Suárez war bei Reynoso und Araujo zumeist gut aufgehoben – weshalb er mit Fortdauer des Spiels immer mehr selbst auf die Flügel auswich. Er machte dort viel Betrieb, viel erreichen konnte er so aber nicht.

Drei Wege zum Erfolg

So gab es nur drei Wege für die Uruguayer, zum Erfolg zu kommen: Durch schwere Schnitzer in der Abwehr (Forlán, 30.), durch wunderbare Einzelaktionen (Suárez, 36.) – oder durch Standardsituationen. Hier ist Forlán, seines schwachen Jahres bei Atlético Madrid zum Trotz, eine absolute Macht. Und weil die mexikanische Hintermannschaft bei einem seiner Frestöße die Zuordnung nicht einhielt, konnte Álvaro Pereira den Ball zum 1:0 über die Linie stochern (14.).

Die Mexikaner agierten in ihrem neuen System aber dennoch sicherer und forscher als in den ersten beiden Spielen. Den Flügelspielern tat es sichtlich gut, sich nicht alleine um die ganze Flanke kümmern zu müssen. Die Tri stand zwar grundsätzlich schon tief und versuchte, die Räume für Uruguay so eng wie möglich zu machen, gleichzeitig machten die Konter aber einen deutlich energischeren Eindruck als zuletzt.

Verstärkte Dominanz

Nach der Pause verstärkte sich die Dominianz der Urus merklich, auch die Chancen häuften sich. Das lag zum einen daran, dass der Mexikaner Aguilar wegen akuter Gelb-Rot-Gefahr draußen bleiben musste (Aquinho nahm seine Position ein), und zum anderen, dass die Flügelspieler der Uruguayer deutlich höher standen als noch vor der Pause, was ein Eingreifen der mexikanischen Außenverteidiger im Spiel nach vorne verunmöglichte

Zudem wurde der schon vor der Halbzeit starke Suárez endgültig zur dominierenden Figur auf dem Platz. Er deckte die komplette Breite des Spielfelds ab und die Mexikaner fanden kein Mittel dagegen. Zudem stand Uruguay nun gegen die immer seltener werdenden mexikanischen Konter sehr sicher und ließen kaum noch etwas zu – der Abseitstreffer von Márquez-Lugo war die einzige ernsthafte Tormöglichkeit der Mittelamerikaner.

Dass sie dennoch bis zuletzt auf einen Punkt hoffen konnten, lag nur an der äußerst mangelhaften Chancenverwertung der Uruguayaner. Deren Druck sich noch zusätzlich erhöhte, als Nico Lodeiro für Álvaro González kam und sich zentraler orientierte, somit besser mit Forlán und Suárez zusammen spielte. Die Mexikaner kamen erst in der Schlussphase zu etwas Luft. Da war es aber schon längst zu spät und Uruguay war nie in Gefahr, das Spiel tatsächlich zu verlieren

Fazit: Uruguay stark im Spiel und schwach vorm Tor

Natürlich ist es vor allem dank der extrem dominanten zweiten Hälfte ein hochverdienter Sieg für Uruguay. Die sich vor dem Viertelfinale gegen Argentinien aber dennoch dezente Sorgen machen müssen, wenn die Verwertung der Torchancen weiterhin dermaßen mangelhaft ist. Beruhigend dürfte dafür sein, dass die Celeste auch ohne Cavani in der Lage ist, ein Spiel sicher im Griff zu haben.

Das Olympiateam vom Mexiko hingegen konnte auch im dritten Auftritt nicht wirklich überzeugen. Anders als die A-Mannschaft (Goldcup-Sieger) und die U17 (Weltmeister) fehlte es diesem Team massiv an Flair nach vorne – Giovani dos Santos alleine kann eine ansonsten vor allem im Kreativspiel äußerst magere Mannschaft nicht retten. Vor allem, wenn er wirklich nicht gut drauf ist, er wirkte vor allem beim zweiten und dritten Auftritt matt und überspielt. Kein Wunder, war er doch auch beim Goldcup bis zum Schluss dabei…

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Beide Teams waren schon vor Anpfiff fix im Viertelfinale. Und beide Teams nützten die Gelegenheit, viele Stammkräfte zu schonen. Was dem Unterhaltungswert des Spiels ebenso nicht gut tat wie die überaus defensive Spielweise von Peru. Erst nach einem Doppel-Ausschluss drückte Chile aufs Gaspedal.

Chile - Peru 1:0

Wirklichen Drang zum Sieg konnte man schon bei den Aufstellungen bei keinem der beiden Teams erkennen. Bei Chile wurden Alexis Sánchez, Arturo Vidal, Gary Medel, die Spielmacher Fernández und Valdivia, sowie Flügelmann Isla und Torhüter Claudio Bravo geschont.

Und auch in Serio Marariáns Aufstellnug blieb kein Stein auf dem anderen: Sage und Schreibe neun (!!!) Spieler kamen für das letzte Gruppenspiel neu in die Mannschaft. Zu einem großen Teil sicherlich, um nach dem bereits Feststehenden Einzug ins Viertelfinale keine Verletzungen oder Sperren mehr zu riskieren. Wohl aber auch, weil ein zweiter Gruppenplatz nicht erstrebenswert war – denn da wäre es gegen Argentinien gegangen, während als Dritter wahrscheinlich Kolumbien wartet.

Defensive Grundordnung bei Peru

Auch das System hat der peruanische Teamchef auf den Kopf gestellt: Mit Dreierkette hinten, und sehr defensiven Flügelspielern sollten die chilenischen Stürmer Suazo und Paredes, sowie deren Flügel Beausejour und Fierro neutralisiert werden; dazu stand Ballon sehr tief und passt auf Jimenez auf. Das machte es für die ungewohnt zahmen Chilenen sehr schwer, Räume und freie Mitspieler zu finden. Viele lange Bälle waren die Folge.

Zudem machte Peru auch schon auf Höhe der Mittellinie die Räume eng und ließ den Chilenen kaum Zeit am Ball. Das Team von Claudio Borghi machte allerdings keine Anstalten, allzu wild auf Sieg zu spielen. Sie agierten durchaus geduldig und hinten auch recht sicher gegen die (wenigen) peruanischen Angriffe. Doch weite Teile des Spiels spielten sich im Mittelfeld ab, und die erste Hälfte plätscherte eher vor sich hin.

Chile dominiert 10 gegen 10

Das Vorhaben, möglichst ohne Sperren durchzukommen, wurde nach einer Stunde bei beiden Teams vermasselt: Der Chiliene Beausejour und der Peruaner Giancarlo Carmona sahen nach einer Rudelbildung samt Ragnelei beide die rote Karte.

Das Spiel zehn gegen zehn hatte Chile danach deutlich besser im Griff, auch weil Borghi die besseren Spieler von der Bank bringen konnte. Alexis Sánchez und Jorge Valdivia, die wenige Minuten zuvor (für Fierro und Paredes) gekommen waren, teilten sich nun die linke Seite und das Zentrum auf, Estrada übernahm die rechte Seite; Suazo blieb alleine vorne.

Bei Peru wurde ohne Innenverteidiger Carmona hinten auf eine Viererkette umgestellt, dazu musste Chiroque zurückweichen, um gegen Valdivia und Sánchez zu verteidigen. Das bedeutete ein 4-4-1 und hatte die Konsequenz, dass Borghi hinten seine Dreierkette logischerweise auflöste und mit Medel einen neuen Mann für die Spieleröffnung brachte.

Spätes Eigentor belohnt Chilenen

Bis auf einige wenige Konter und Einzelaktionen wurde Peru nicht mehr gefährlich, Chile war dem Siegtreffer wesentlich näher. Vor allem das ständige Rochieren von Valdivia und Sánchez riss immer wieder Löcher in die peruanische Defensive, die ja nun auch um einen Mann dezimiert war.

Dennoch dauerte es bis tief in die Nachspielzeit, bis Chile für die Tempoverschärfung nach dem Doppelausschluss belohnt wurde, und selbst da brauchte es ein Eigentor des eingewechselten Carrillo nach einem Eckball. Aber so oder so – das war der Gruppensieg für die Chilenen.

Fazit: Chile ein verdienter Gruppensieger

Viele Rückschlüsse lässt dieses Spiel nicht zu, weil zu viele Akteure geschont wurde. Ersichtlich wurde aber schon, dass Chile sofort besser ist, wenn ein Alexis Sánchez auf dem Feld ist. In der letzten halben Stunde verdiente sich Chile den Sieg wegen einer konzentrierten Leistung, in der die Handbremse deutlich gelöst worden war. Bei Peru sah man, dass Makarián sich nicht scheut, sein Spiel ganz auf jenes des Gegners abzustimmen, hier war er zufrieden, Chile zu kontrollieren und nicht selbst wirklich auf das Tor zu spielen.

(phe)

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Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/ https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/#comments Sat, 09 Jul 2011 03:47:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5147 Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben weiterlesen ]]> Eine halbe Stunde lang war Uruguay das spielbestimmende Team. Doch dann schaltete Chile in den Rambazamba-Modus und zerpflügte die Celeste, ließ Suárez, Forlán und Co. aussehen wie die Schulbuben! Es reichte zwar „nur“ zu einem 1:1, aber das Spektakel von Mendoza war eines der absoluten Highlights des Fußballjahres 2011.

Uruguay - Chile 1:1

Ein wenig überraschend war es schon, dass Chiles Teamchef Claudio Borghi gegen das uruguayanische Dreigestirn in der Offensive eine Dreier- statt einer Viererkette brachte – üblicherweise ist Chile eigentlich für systematische Flexibilität, je nach Gegner, bekannt. Überraschend war aber auch, dass auch Oscar Tabárez auf eine Drei-Mann-Abwehr setzte, zumal mit dem international noch sehr unerfahrenen, aber zwei Meter großen 20-jährigen Sebastián Coates von Nacional Montevideo in der Mitte. Kapitän Lugano besetzte die rechte Seite.

So stand dem 3-4-2-1 von Chile (Alexis Sánchez kam deutlich mehr aus der Etappe als zu Beginn des Mexiko-Spiels) ein 3-4-3 der Urus gegenüber. Und Forlán und Co. hatten noch ein weiteres Mittel parat, das Chile auf dem falschen Fuß erwischte: Extrem hohes Pressing. Suárez, Cavani und Forlán pressten mit Macht auf die chilenische Dreierkette, vor allem auf den zentralen Mann Waldo Ponce. Dem fehlte es somit an Zeit und an offenen Anspielstationen, weshalb aus der chilenischen Defensive vermehrt lange Panik-Bälle nach vorne geholzt wurden.

Varianten in den Defensivreihen

Es dauerte eine Zeit lang, bis Chile darauf reagierte. Mit Fortdauer des Spiels orentierte sich dann aber Gary Medel vermehrt Richtung Abwehrkette neben Ponce, was in Drucksituationen – vor allem, wenn Uruguay presste – eine Vierer-Abwehr gegen das offensive Uru-Trio stehen ließ. So taten sich die Chilenen dann etwas leichter.

Bei Uruguay stieß Lugano immer wieder etwas nach vorne, um vor allem die Kreise der etwas zurückgezogen agierenden und ständig rochierenden Jiménez und Sánchez zu stören, die beiden hatten allerdings mehr mit Arévalo und Pérez zu tun. Von den Wing-Backs der Uruguayer war Maxi Pereira rechts der etwas defensivere, er ließ sich im Zweifelsfall etwas zurückfallen und ließ so die Abwehr zu einer Viererkette werden.

Die Duelle auf den Flügeln

Álvaro Pereira machte zwar auch einiges nach hinten, dachte aber grundsätzlich etwas offensiver als sein Namenskollege auf der anderen Seite. Generell waren auch die Duelle auf den Flanken von großem Interesse für das Spiel, weil eben beide Teams mit einer Dreierkette hinten und einem eher eng stehenden Dreigestirn vorne agierten. Das hieß: Beide Mannschaften hatten ihre Flügel jeweils nur mit einem Spieler besetzt.

Die beiden Pereiras waren das eben bei Uruguay, Beausejour und Isla bei den Chilenen. Hier hatte das Duo aus Uruguay deutliche Vorteile: Isla kommt eher von der Außenverteidigerposition und Jean Beausejour ist wohl einer der wenigen Spieler, die nach einem Jahr in der Premier League (Birmingham) schlechter sind als vorher.

Vor allem Alvaro Pereira aber hatte Isla weitgehend im Griff und versuchte immer wieder, sich mit dem Sturmtrio zu verbinden. Das gelang in diesem Spiel deutlich besser als beim eher enttäuschenden 1:1 gegen Peru, weil die Offensivkräfte tiefer standen und weniger nachlässig im Passspiel agierten. Allerdings hatte die tiefere Positionierung zur Folge, dass man meist zumindest vier Chilenen noch zwischen Ball und Tor hatte.

Sánchez tiefer, mehr Kontrolle

Alexis Sánchez hatte gegen Mexiko das halbe Feld beackert, ehe er in einer etwas zurückgezogenen Rolle mit Matí Fernández das Spiel an sich riss. Diesmal begann Sánchez gleich in einer etwas tieferen Position, allerdings stand ihm permanent Diego Pérez auf den Beinen. Erst, als er sich noch weiter zurückfallen ließ, in den engeren Raum zwischen Uru-Mittelfeld und Uru-Sturm, bekam die Celeste Probleme mit ihm.

Zumindest einer der Sechser hatte nun aufzurücken, was dahinter Platz schuf – in erster Linie für Jimenez. Wenn Lugano oder Cáceres rausrückten, hatte aber wiederum Humberto Suazo, „Chupete“ (Schnuller) genannt, Platz. Zumden wurde nun selbst durchaus Pressing insziniert und die drei gefährlichen Stürmer bekamen immer weniger Gelegenheit, selbst mit aggressivem Zum-Mann-Gehen Chile unter Druck zu setzen.

Cavani muss raus

Besser wurde es nach der Pause nicht – im Gegenteil. Weil sich Edinson Cavani am Knie verletzt hatte, musste der Napoli-Stürmer draußen bleiben, und mit dem Wechsel – Álvaro González kam – veränderte Tabárez auch sein System. González ging auf die rechte Mittelfeldseite, Maxi Pereira blieb hinten, dafür blieb auf der linken Seite Álvaro Pereira vorne und Cáceres rückte auf die Flanke. Uruguay spielte nun also ein einem klassischen, flachen 4-4-2, was Chile voll in die Hände spielte.

Denn zwar hatten Isla und Beausejour nun an den Seitenlinien jeweils zwei Gegenspieler, aber jetzt passte das Verhältnis in der Abwehr (3 Chilenen gegen 2 Urus) und im Zentrum hatte Chile ebenso eine Überzahl. Vidal rückte auf, Sánchez konnte sich ausbreiten, und Uruguay hatte kaum noch etwas zu melden. Umso mehr fiel das 1:0 für die Celete aus heiterem Himmel: Álvaro Pereira ging mit nach vorne, der Laufweg von Suárez verwirrte die Abwehr. Ponce wusste nicht, wen er decken sollte, Contreras deckte die Torlinie ab, statt Pereira zu stellen, und schon war Chile hinten.

Mit Valdivia endgültig Rambazamba

Ab etwa der 60. Min.

Weshalb Claudio Borghi nach einer Stunde endgültig auf volle Offensive setzte. Verteidiger Jara ging raus, und mit Valdivia kam ein echte Zehner, der um sich herum de facto fünf offensive Anspielstationen hatte: die beiden Flügel, die beiden hängenden Spitzen und Suazo. Zudem rückte Vidal, der die Position von Jara eingenommen hatte, immer wieder weit auf um das Spiel zu eröffnen.

Uruguay fand gegen den unglaublichen Valdivia überhaupt kein Mittel, weil Arévalo und Pérez jetzt gegen drei Spielen mussten (Sánchez und Jimenez eben noch dazu). Gegen dieses quirlige, spielstarke und schnelle Trio waren die beiden Kanten heillos überfordert.

Und nicht nur die: Auch Lugano und Coates kamen in dieser Phase mit dem schauen nicht hinterher, wen von den vielen Chilenen sie denn nun bewachen sollte. So fand Valdivia, kaum fünf Minuten auf dem Feld, den auf der Seite freien Beausejour, dessen Hereingabe den aus der Etappe kommenden Sánchez, und weil Coates zu weit weg war, war der Ball zum 1:1 ins Netz geflogen.

Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.

Voll unter Druck, also kommt ein Offensiver

Darum musste Tabárez natürlich wieder reagieren, und er tat es auch. Aber nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, mit einem zusätzlichen Verteidiger, nein, der Uru-Teamchef brachte mit Nico Lodeiro einen Offensiven und stellte wieder auf drei Stürmer um, mit Arévalo verließ ein Sechser den Platz. Somit gab Tabárez zwar eine Viertelstunde vor Schluss das Zentrum endgültig auf, wollte aber vorne wieder mehr Druck auf die seit längerem unbehelligte chilenische Defensive auszuüben.

Die kurz zuvor von Borghi um den gelernten Sechser Carlos Carmona verstärkt worden war. Dennoch hatte Chile auch weiterhin alles bombenfest im Griff; spielte Uruguay zwar in der Schlussphase nicht mehr ganz so her wie zwischen 60. und 75. Minute, als das eine Demontage reinsten Wassers war. Chancen auf einen Siegtreffer, der hochverdient gewesen wäre, waren zwar noch da. Aber auch mit dem 1:1 ist Chile auf dem Weg zum Gruppensieg und damit gut im Rennen, Argentinien im Viertelfinale aus dem Weg zu gehen – denn es ist gut möglich, dass es der Zweite mit dem Gastgeber zu tun bekommen wird.

Fazit: Was für ein sensationelles Spiel

Es war nicht nur das bislang mit sehr viel Abstand beste Spiel dieser Copa América sondern mit Sicherheit auch eines der besten Fußballspiele im Jahr 2011 überhaupt. Der enorme Druck, den Uruguay in der ersten halben Stunde ausgeübt hat zeigte, wie dieser chilenischen Mannschaft beizukommen ist. Aber nicht nur für Uruguay oder die Gegner war dieses Spiel als Anschauungsuntericht wichtig.

Nein, vor allem Claudio Borghi hat schon zum zweiten Mal hintereinader gezeigt, dass er mit klugen Umstellungen in der Lage ist, ein Spiel komplett an sich zu reißen und selbst einen so starken Gegner wie den WM-Vierten in der zweiten Halbzeit in alle Einzelteile zu zerlegen. Valdivia geigte nach seiner Einwechslung sofort auf, war trotz zahlloser Fouls nie unter Kontrolle zu bringen und sicherlich der Schlüsselspieler in dieser Partie.

Natürlich weiß Borghi, dass er als Nachfolger des nicht nur in Chile ungemein beliebten Marcelo Bielsa immer mit seinem Vorgänger verglichen wird. Spätestens in dieser zweiten Hälfte aber wurde klar, dass auch in Borghi ein Anhänger des spektakulären Offensivfußballs steckt. Wohl nicht ganz so unvoreingenommen bedingungslos wie „El Loco“, aber wenn es die Situation erfordert, weiß er, was die Mannschaft kann. Und er scheut nicht davor zurück, die Waffe, die sein Team darstellt, auch zu benützen.

Da kann man nur sagen: Bitte mehr davon!

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Es war ein Double-Header in Mendoza. Darum waren die eigentlichen armen Hunde des Abends die Akteure aus Peru und Mexiko. Denn zum einen interessierte sich selbst im Stadion kaum noch jemand für den späten, aber hochverdienten 1:0-Sieg der Peruaner – als das Spiel eine halbe Stunde nach Ende des chilenischen Feuerwerks losging, waren die Ränge halbleer. Und zum anderen KONNTE das Niveau gar nicht mit dem ersten Spiel schritthalten.

Peru - Mexiko 1:0

Mit Sergio Makarián stellte der peruanische Teamchef im Gegensatz zum erstaunlich guten Auftritt gegen Uruguay sein System um: Aus dem 4-1-4-1 wurde gegen die frisierte U23 von Mexiko ein 4-4-1-1. Juan Vargas, der gegen Uruguay nur eine halbe Stunde spielen konnte, war nun fit genug für die Startelf und er agierte versetzt hinter Paolo Guerrero. Ließ sich immer mal wieder ins Mittelfeld fallen, versuchte aber vor allem, in die Schnittstelle zwischen Mier, dem rechten Mann in der mexikanischen Dreierkette, und Wing-Back Aguilar zu kommen. Das gelang im immer wieder ganz gut, aber die Bälle auf Guerrero kamen kaum einmal an.

Ähnlich wie bei Advincula auf der anderen Seite. Anders als Cruzado links ging er im Ballbesitz mit nach vorne, wodurch im Angriffsfall ein schräges 4-3-3 aus der Formation wurde. Die Absicht war klar: Die mexikanische Dreierkette auseinander ziehen. So hatte Peru das Spiel recht sicher im Griff, das allerdings auf einem nach dem Chile-Spiel kurz davor mäßigen Niveau und in einem noch überschaubareren Tempo.

Mexikos Offensive kaum im Spiel

Das Probelm bei den Mexikanern war, dass die drei Offensivspieler kaum ins Spiel eingebunden waren, bzw. das hauptsächlich nur dann waren, wenn sie sich relativ weit fallen ließen. Gerade Aquiño tat das durchaus, dann wiedern blieben Giovani und Marquez-Lugo oft so weit vorne, dass das wenig brachte.

Mexikos Aushilfs-Teamchef Tena änderte nach der Pause das Personal, behob damit aber nicht das Problem: Pacheco kam neu ins Offensiv-Trio, dafür spielte Aquiño nun für den in der Kabine gebliebenen Aguilar den Wing-Back. Weil aber nun der neu besetzte Angriff ebenso hoch stand und die Peruaner den Druck deutlich erhöhten, wurde genau gar nichts besser. Auch, weil Bälle, wenn sie doch mal in die Spitze kamen, viel zu leicht wieder verloren wurden.

Makarián mit den besseren Änderungen

Die klügere Umstellung nahm für die zweite Hälfte Sergio Makarián vor. Er brachte Yotun für den schwachen Advincula, der Neue ging auf die linke Seite, dafür rückte rechts Außenverteidiger Contreras mit Macht nach vorne. War dieser in der Offensive, deckte Sechser Balbín den Rückraum ab. Mit großem Erfolg: Peru machte nun über beide Flanken Druck, standen hinten aber dennoch sicher und mussten sich so kaum Sorgen machen.

Einige Male klopfte vor allem Guerrero an, zweimal rettete nur das Aluminium für die Mexikaner, immer wieder auch Torhüter Michel, ehe zehn Minuten vor Schluss doch noch der längst überfällige Siegtreffer für Peru fiel: Die Abseitsfalle schnappte bei einem Querpass auf den freistehenden Guerrero nicht zu, und das Tor war gefallen. Die Entscheidung.

Fazit: Undankbare Situation, aber Peru behält die Nerven

Hatte Bolivien gegen Costa Rica noch die Nerven weggeworfen, blieben die Peruaner trotz all der Umstände bis zum Schluss ruhig und gesammelt. Weder die Tatsache, dass sich das beim Spiel zuvor noch kochende Stadion immer mehr leerte, noch die Vielzahl an vergebenen Hochkarätern ließ die Peruaner verzweifeln. Sie hielten sich konsequent an ihren in der Halbzeit modifizierten Plan und wurden dafür belohnt.

Enttäuschend war dafür auch der zweite Auftritt der jungen Mexikaner. Ohne wirkliche Inspiration und vor allem ohne echten Plan im Spiel nach vorne schien es von Anfang an nur zwei Optionen zu geben: Entweder sie schaffen ein torloses Remis, oder sie fangen sich doch noch eines. Aber es kam auch von der Bank nichts – es wurden von Luis Fernando Tena nur die Symptome behandelt, aber nicht das Problem behoben.

(phe)

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Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/ https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/#respond Tue, 05 Jul 2011 03:14:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5117 Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders weiterlesen ]]> Des Offensiv-Power-Trios mit Suárez, Forlán und Cavani zum Trotz – auch Uruguay gewann mit dem 1:1 gegen Peru den Auftakt nicht. Viel interessanter war aber der Auftritt von Chile! Denn es war das erste große Spiel nach dem Abgang von „El Loco“ Marcelo Bielsa. Und einiges ist unter Nachfolger Claudio Boghi anders.

Chile - Mexiko 2:1

Unter Marcelo Bielsa war das chilenische Team einer der begeisternden Farbtupfer einer von defensiver Organisation geprägten WM in Südafrika: Bedingungslose Offensive in einem extrem flexiblen 3-4-3 mit konsequentem Flügelspiel. Gerade letzteres hat Alexis Sánchez zum Durchbruch verholfen und nach einer Weltklasse-Saison mit Udinese schlüpft er kommende Saison wohl ins Barcelona-Trikot.

Unter Bielsas Nachfolger Claudio Borghi – „El Loco“ ist im Streit mit dem Verband gegangen – ist zwar das Personal dasselbe wie vor einem Jahr, aber die Spielweise unterscheidet sich schon deutlich. Borghi stellt sein Team in einem 3-4-1-2 auf, in dem vor allem eines keinerlei Rolle spielt: Angriffe über die Flügel. Weil Alexis Sánchez nominell zweiter Stürmer neben Humberto Suazo ist; Isla und Beasejour aber verhältnismäßig tief stehen und somit nicht allzu viel nach vorne bringen.

Was macht Sánchez?

Auffallend war im Spiel gegen die mexinanische Olympia-Auswahl (die von Luis Fernando Tena, dem Co-Trainer von Teamchef De la Torre betreut wird) vor allem die äußerst unklare Rolle von Sánchez. Er ließ sich oft auf den Flügel fallen, weil er dort einfach mehr daheim ist als im Sturmzentrum, oder ging zurück ins Mittelfeld um Vidal und Fernández zu unterstützen. So versuchte Sánchez alles ein bisschen zu machen, und schaffte aber nichts so richtig.

Der zentrale Mann im Spiel nach vorne war aber ganz eindeutig Matí Fernández. Über ihn liefen fast alle Angriffe der geduldig mit viel Ballbesitz auf die Lücke im dichten mexikanischen Abwehrverbund wartenden Chilenen (auch etwas, was es unter Bielsa in der Form nicht gab). Was natürlich zur Folge hatte, dass sich alles sehr auf das Zentrum konzentrierte und die Flügel vernachlässigt wurden.

Trotzdem genug Chancen

Nicht falsch verstehen: Chile war der mexikanischen Olympia-Auswahl dennoch haushoch überlegen und hatte genug Chancen, um schon vor der Pause alles entscheiden zu können. Doch eines hat sich seit der WM nicht geändert: Chile fehlt es einfach ein einem Spieler, der diese Unzahl von Chancen auch verwertet. Genau aus diesem Grund musste das Team in Südafrika auch bis zum Schluss um den Achtelfinal-Einzug zittern.

Und wie es so oft ist: Die mexikanische No-Name-Truppe, in der mit Giovani dos Santos nur ein einziger namhafter Spieler vertreten ist, ging mit der ersten wirklich gelungenen Aktion kurz vor der Pause wie aus heiterem Himmel zum Führungstreffer. Eine weite Flanke von Giovani wurde nicht konsequent genug verteidigt und der aufgerückte Araujo hob die Kugel per Kopfball über Goalie Bravo hinweg ins Tor.

Wechsel bringt Besserung

Auch nach dem Seitenwechsel krankte das chilenische Spiel vor allem am Mangel an Breite. Sánchez tauchte weiterhin überall auf, Isla alleine konnte die rechte Seite nicht ausreichend bedienen, Jean Beasejour links schloss nahtlos seine enttäuschende Saison bei Birmingham an. Erst Borghis Wechsel nach einer Stunde behob einige Schwächen in der Raumaufteilung.

Er nahm den schwachen Beausejour vom Platz, brachte dafür mit Estebán Paredes einen echten Stürmer, der sich neben Suazo gesellte. Dafür ging Sánchez zurück ins zentrale Mittelfeld auf die Position, die zuvor Tausendsassa Vidal eingenommen hatte, Letzterer besetzte ab sofort die linke Seite. Und plötzlich passte es: Sánchez hatte als Spiellenker hinter Fernández endlich eine klare Rolle, vorne gab es nun permanent zwei Anspielstationen, und die linke Seite war gewinnbringend besetzt. Was folgte, war die stärkste Phase der Chilenen.

Ecken drehen das Spiel

Die allerdings zwei Eckbälle brauchten, um das Spiel innerhalb weniger Minuten zu ihren Gunsten zu drehen – erst stocherte Paredes einen Schuss von Contreras über die linke, dann wuchtete Vidal einen Kopfball zum 2:1 in die Maschen. Wenig ließ in der Folge erwarten, dass die jungen Mexikaner noch einmal ins Spiel zurück kommen sollten.

In der Schlussphase machte Borghi aber wiederum etwas, was es unter Bielsa nicht gab: Er nahm mit Matí Fernández seinen Zehner raus und brachte mit Carlos Carmona einen zweiten Sechser neben Medel. Einen Spielstand zu verwalten gehört aber nicht zu den Stärken dieses chilenischen Teams, das in der Schlussphase auch prompt doch noch einmal richtig zittern musste. Doch die Mexikaner konnten ihre zwei Top-Chancen in der Nachspielzeit auch nicht mehr nützen.

Fazit: Chile ohne Bielsa ist eben Chile ohne Bielsa

Die Stärken und Schwächen dieser Mannschaft haben sich in den letzten zwölft Monaten nicht verändert – wie auch, schließlich waren alle elf Spieler aus dieser Partie auch bei der WM in der Stammformation. Geändert hat sich allerdings, wie diese Mannschaft von der Trainerbank aus gelenkt wird: Viel durch die Mitte, kaum Flügelspiel, abwartenderes und ballbesitzorientieres Spiel als unter Bielsa, und vor allem gab es mit Sánchez einen Spieler, bei dem eine Stunde lang nicht klar war, das den nun seine Kernaufgabe sein soll.

Natürlich, diese Mannschaft aus Chile machte von allen zwölf Teilnehmern im ersten Durchgang dennoch den klar besten Eindruck, und wäre die Chancenverwertung nicht ebenso bescheiden wie in Südafrika, wäre die mexikanische De-facto-U21 deutlich höher geschlagen worden. Aber es ist augenscheinlich, dass es „El Loco“ deutlich besser verstand als Nachfolger Borghi, wie die Stärken dieses Kaders am besten zur Geltung kommen.

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Pizarro verletzt, Farfán verletzt, dazu mit Juan Vargas der dritte Star von Peru nur fit genug für die Bank – und das bei jenem Team, das zuletzt das schlechteste in der WM-Quali von Südamerika war, auf der einen Seite. Auf der anderen die lateinamerikanische Verion von Napoli…

Uruguay - Peru 1:1

Denn nicht nur die Farbe, in der Uruguay antritt, ist ebenso in hellblau gehalten wie die bei Napoli. Nein, auch die Spielweise ähnelt jener des Dritten der abgelaufenen Saison in der Serie A, bei dem Edinson Cavani eine sensationelle Saison spielte, durchaus: Hinten sicher stehen, das Zentrum zumachen, und vorne drei tolle Individualisten, die nicht an eine Position gebunden sind, sondern machen können was sie wollen – unterstützt von den Flügelspielern, die für die nötige Breite sorgen sollen.

Bei Uruguay heißen die drei Star-Spieler in der Spitze eben Cavani, Forlán und Suárez, aber ihr Zusammespiel haperte ziemlich. Zwar bekamen die drei vom Gegner viel Platz zwischen den Reihen serviert, in denen sie sich ausbreiten und ihre Positionen wild tauschen konnten, aber ihr Passspiel war nachlässig, ja beinahe überheblich, und es war letztlich doch immer ein peruanisches Bein dazwischen, dass einen allzu lässigen Pass abfangen konnte.

Flügel dicht

Die Peruaner wussten, dass sie es mit der Klasse des Uru-Trios ganz vorne nicht aufnehmen konnten, und konzentrierten sich darauf, es der Celeste so schwer wie möglich zu machen, die drei mit leicht zu verarbeitenden Bällen zu versorgen. So übten Cruzado und Guevara Druck auf Diego Pérez und vor allem Nico Lodeiro aus. Und, noch viel wichtiger: Die Außenstürmer im perunaischen 4-3-3, Advincula und Yotun, standen sehr hoch und beschäfrigten die uruguayanischen Flügel.

So konnten Maxi Pereira und (vor allem) Martín Cáceres nicht für die dringend benötigte Breite sorgen. Das aufs Zentrum reduzierte Angriffsspiel von Uruguay beschränkte sich somit immer mehr auf lange Bälle auf das Angriffs-Trio, am ehesten zog sich Cavani ins Mittelfeld zurück, um sich die Bälle zu holen.

Rückstand schockt Uruguay nicht

Dass diese Marschroute richtig war, wurde spätetestens klar, als nach einem Eckball für Uruguay ein Pass aus der peruanischen Verteidigung den aus der eigenen Hälfte startenden Paolo Guerrero fand, der noch Uru-Goalie Muslera ausspielte und zum 1:0 einschob. Das peruanische Zentrum zog sich daraufhin etwas zurück und machte den Platz für das Angriffstrio der Celeste noch enger.

In der Phase vor der Pause gelang es jedoch Maxi Pereira immer besser dem international unerfahrenen Yotun öfter hinter sich zu lassen und zumindest über seine rechte Seite das Spiel in den Griff zu bekommen. Peru bekam so hinten mehr zu tun, und aus einer Unachtsamkeit heraus konnte Suárez von Forlán kurz vor der Halbzeit doch noch freigespielt werden und das 1:1 erzielen.

Tabarez reagiert, Makarián zieht nach

In den Anfangsminuten des zweiten Spielabschnitts drückte die Celeste auf den Führungstreffer. Forlán ließ sich nun zentral etwas weiter zurückfallen und war so für Lodeiro leichter anzuspielen, zudem rückte die ganze Verteidigungslinie im Ballbesitz deutlich weiter auf als zuvor. Peru hatte damit sichtlich Probleme und alle Hände voll zu tun, um nicht nach dem Ausgleich auch den Rüstand hinnehmen zu müssen.

Perus Teamchef Serio Makarián reagierte nach einer Stunde und brachte seinen letzten verbliebenen Star, Juan Vargas von der Fiorentina, doch noch – Yotun, der mit Pereira immer größere Probleme bekam, verließ das Feld. Zudem kam statt Guevara mit Carlos Lobatón ein neuer Bewacher für Lodeiro. Beide Wechsel zeigten enorme Wirkung: Lodeiro war nun vom wiederum deutlich weiter vorne stehenden Forlán abgeschnitten, und Maxi Pereira stolperte gegen Vargas von einer Verlegenheit in die Nächste

Peru bleibt zielstrebiger

Die Pässe bei Uruguay, vor allem in der Offensive, blieben über die ganze Spielzeit ungenau und ließen eine konstante Angriffsleistung nicht zu. Der Celeste fehlte es an der Kompaktheit und mitunter sah das Team einfach schlecht aufeinander abgestimmt aus; weniger in der Defensive, aber in der Distribution nach vorne und im Aufbau von Angriffen.

Ganz anders die erstaunlichen Peruaner, die in der Schlussphase mit einem Kopfball von Guerrero (natürlich nach Flanke von Vargas) sogar noch die Riesenchance auf den Siegtreffer hatten. Die Roten agierten viel zielstrebiger im Spiel nach vorne und der Punkt, den die für das letztlich kaum noch gefährdete 1:1 mitnahmen, ist hochverdient.

Fazit: Der nächste Underdog mit funktionierendem Plan

Man muss sich die Frage stellen, wie es möglich ist, dass die Mannschaft von Peru in den letzten Jahren ein so jämmerliches Bild abgegeben hat. Mit Pizarro und Farfán fehlen zwei der drei besten Spieler, mit Vargas ist der dritte nur eine halbe Stunde dabei, und dennoch hatte die Mannschaft den WM-Vierten am Rande der Niederlage. Gute Organisation, konsequentes Dichtmachen der gegenrischen Flügel und geradliniges Spiel nach vorne waren die Zutaten zu einer sehr respektablen Leistung.

Aber was war mit Uruguay los? Die Celeste enttäuschte wie schon die Mitfavoriten Brasilien und Argentinien zum Auftakt; das Weltklasse-Angriffstrio konnte seine Gefährlichkeit nur andeuten. Zu wenig Zug zum Tor und vor allem viel zu schlampiges Passspiel machten es der guten peruanischen Defensive nicht allzu schwer, Uruguay bei nur einem Tor zu halten. Auch für das Team von Oscar Tabárez gilt: Das muss noch besser werden!

(phe)

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Verunsicherte, Experimentierende und heiße Außenseiter – Vorschau zur Copa America https://ballverliebt.eu/2011/07/01/verunsicherte-experimentierende-und-heise-ausenseiter-vorschau-zur-copa-america/ https://ballverliebt.eu/2011/07/01/verunsicherte-experimentierende-und-heise-ausenseiter-vorschau-zur-copa-america/#comments Fri, 01 Jul 2011 08:08:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5078 Verunsicherte, Experimentierende und heiße Außenseiter – Vorschau zur Copa America weiterlesen ]]> Als ob Gastgeber Argentinien nicht so recht an eine Euphorie geglaubt hat… Die Copa America 2011 sieht nur ein einziges Spiel, das Finale, in Buenos Aires, dafür kommen Provinzstädte wie Jujuy, Salta und San Juan zu Ehren. Sportlich ist der Veranstalter Favorit – aber einer mit Fragezeichen. Das steht aber nicht nur beim argentinischen Team.

Argentinien ist Gastgeber, Argentinien ist der Topfavorit, im Vorfeld wird nur über die Albiceleste berichtet – nur im Land des Veranstalters kommt man nach der beinahe nationalen Katastrophe des River-Abstiegs erst langsam zu sich. Für Teamchef Sergio Batista ist es ein Jahr nach Amtsübernahme eine zwiespältige Situation: Einerseits muss er den ersten Titel seit 1993 holen, andererseits will er schon in Richtung WM 2014 aufbauen und ein wenig experimentieren.

Gruppe A: Eine Barça-Kopie für Messi

Bei der Copa wird es Batista mit einem 4-3-3 versuchen, in dem Messi die falsche Neun gibt, also genau wie bei Barcelona. Nur: Ob ihn Mascherano, Cambiasso und Banega genauso bedienen können wie Xavi, Iniesta und Busquets bei den Katalanen? Nicht das einzige Fragezeichen. Offen ist auch die Frage, wer auf den Flügeln spielt. Batista wollte eigentlich Mega-Talent Pastore als Mann hinter einem höher stehenden Messi aufbauen, auf dem Flügel ist das schmächtige Kerlchen von Palermo eher nicht zu Hause. Tévez hat nicht das beste Verhältnis mit Batista, seit er offen für Madarona Partei ergriffen hatte. Milito und Higuaín sind im Zentrum stärker, Agüero genauso. Lavezzi und Di María düfen sich da größere Hoffnungen machen. Dazu kommt eine Defensive, die große Kopfschmerzen bereitet. Mit dem Duo Burdisso/Milito innen, und Rojo und dem antiken Javier Zanetti auf den Außen ist man hier nicht übertrieben gut besetzt…

Immerhin, in der Gruppe gibt es nur einen nennenswerten Gegner – Kolumbien. Das Team um Porto-Superstürmer Radamel Falcao ist nicht zu unterschätzen, zumal das Team fast schon sprichwörtlich stark in der Defensive steht. Argentiniens Auftaktgegner Bolivien wird wie seit der WM-Teilnahme 1994 eigentlich immer kaum eine Rolle spielen, die Gäste aus Costa Rica füllen auch eher das Feld auf, als dass sie eine wirkliche Chance hätten.

Gruppe B: Menezes testet

Brasiliens Teamchef Mano Menezes ist in einer eher luxuriösen Situation – und dann auch wieder nicht. Für die Seleção sind es die letzten Bewerbsspiele für zwei Jahre, bis zum Confed-Cup 2013. Die nützt Menezes, um kräftig zu experimentieren und viele Junge einzubauen: Neymar und Ganso springen da in erster Linie ins Auge, André Santos und Thiago Silva hinten, Pato vorne. Auch, wenn das in Brasilien keiner offen sagt, aber Menezes muss die Copa nicht gewinnen, und läuft alles normal, wird er sie auch nicht gewinnen. Aber wichtige Erkenntnisse wird er schon mitnehmen.

Paraguay ist bei der WM ins Viertelfinale gekommen, ohne etwas Außergewöhnliches dafür tun zu müssen und ohne annähernd das Potential auszuschöpfen, außerdem ist Erfolgs-Teamchef Gerardo Martino geblieben, sodass von diesem Team einiges zu erwarten ist. Ecuador will nach der verpassten WM wieder Schwung aufnehmen – vor allem über den Flügel von Antonio Valencia. Und von Venezuela soll nach starken Ergebnissen im Nachwuchsbereich in Zukunft einiges zu sehen, aber ob das schon bei dieser Copa etwas wird? Die Gruppengegner sind schon stark…

Gruppe C: Die heißen Geheimtipps

Uruguay und Chile – zwei der ganz großen positiven Überraschungen bei der WM! Und beide rechnen sich gute Chancen aus, den experimentierenden Brasilianern und den verunsicherten Argentiniern den Titel weg zu schnappen. Chile versucht das mit Arturo Vidal und Alexis Sánchez, aber ohne den im Streit mit dem Verband abgewanderten Ex-Teamchef Marcelo Bielsa – Nachfolger Claudio Borghi lässt nicht ganz so spektakulär spielen wie „El Loco“, aber die Chilenen müssen dennoch als möglicher Kandidat auf ein gutes Abschneiden gelten, zumal die Gruppenspiele alle in Andenstädten unweit der chilenischen Grenze stattfinden.

Und der WM-Vierte aus Uruguay ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Bei der Celeste gibt es aber einen signifikaten Unterschied zur Weltmeisterschaft: Nach einem schrecklichen Jahr bei Atlético Madrid ist nicht mehr Diego Forlán der Mann, auf den sich alles konzentriert, sondern Edinson Cavani. Der langhaarigen Superstürmer von Napoli hat eine sensationelle Saison hinter sich und strotzt vor Selbstvertauen, so ist es ihm durchaus zuzutrauen, sein Team weit zu führen.

Degegen wird Peru eher ein Prügelknabe werden: Mit Claudio Pizarro und Jefferson Farfán fallen dem eh schon schlechtesten südamerikanischen Team der letzten Jahre auch noch die besten Spieler verletzt aus. Und Mexiko wird nach dem Sieg beim Gold-Cup eher mit einer B-Truppe daherkommen – etwa ohne Javier Hernández, ohne Salcído, ohne Rafa Márquez, ohne Torrado. Die Tri nimmt das Turnier eher mit, aber nicht so richtig ernst.

Mit dem Match Argentiniens gegen Bolivien geht es also los. Eine vermeintlich leichte Aufgabe zum Start für den Favoriten. Was aber auch die Gefahr birgt, dass bei einer Niederlage der Katzenjammer nach dem River-Abstieg nahtlos verlängert wird…

(phe)

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Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/ https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/#comments Fri, 31 Dec 2010 12:33:01 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3631 Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) weiterlesen ]]> Seit der WM in Südafrika im Sommer analysiert Ballverliebt Spiele regelmäßig – und zum Jahreswechsel gibt’s noch mal die zehn besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge ist willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 10 | Champions League-Quali | Salzburg – Hapoel Tel Aviv 2:3

Salzburg - Hapoel Tel Aviv 2:3

„Zusätzlich zur taktischen Schwäche fiel eine unglaubliche Schwerfälligkeit bei den Salzburger auf. Abseits des Balles wurde herumgetrabt. Weder gab es hartes Pressing, noch eine schnelle Rückwärtsbewegung des Mittelfeld.“ – Konnte nach dem 0:1 auf den Färöern noch argumentiert werden, es wäre bei den Bullen da ja um nichts mehr gegangen, war spätestens nach diesem 2:3 im Hinspiel der letzten CL-Qualirunde gegen Hapoel Tel-Aviv klar: International hatte Salzburg in diesem Herbst nicht viel zu bestellen. Denn wer nicht rennt, krieg eine auf den Deckel.

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Platz 9 | U21-EM-Qualifikation | Österreich – Weißrussland 3:3

Österreich - Weißrussland 3:3

„Nach dem Tor zum 2:3 wussten alle im Stadion: Oje, jetzt wird’s noch einmal eng! Denn dass der Schalter nun nicht mehr umgelegt werden konnte, war schon vorher ersichtlich.“ – Das wohl am besten besetzte U21-Team der ÖFB-Geschichte hatte in Pasching gegen die starken Weißrussen alles im Griff und führte komfortabel mit 3:1, doch nach eher verwirrenden Wechseln von Teamchef Andi Herzog wurde die Partie noch hergegeben und es schaute nur ein Remis heraus. Im kommenden Sommer sind die Weißrussen bei der EM dabei. Österreich nicht. Aber nicht nur das vercoachte 3:3 war ärgerlich.

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Platz 8 | Weltmeisterschaft | Frankreich – Mexiko 0:2

Frankreich - Mexiko 0:2

„Denn die französische Mannschaft implodierte nach der Pause regelrecht. Keinerlei Laufbereitschaft war mehr erkennbar, kein Einsatz für den Mitspieler, kein Aufbäumen, nichts. Aguirre hingegen hatte ein in sich funktionierendes Team geformt.“ – Frankreich bei der WM, das war allerbeste Unterhaltung. Zumindest abseits des Platzes. Denn sportlich war das Team von Raymond Domenech ein einziges Desaster, was sich vor allem beim 0:2 gegen die starken Mexikaner zeigte. Die spielten mit der Équipe Tricolore nämlich Hollywood.

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Platz 7 | Champions League | Tottenham – Inter Mailand 3:1

Tottenham - Inter 3:1

„Schon nach einer halben Stunde zeigte sich bei Inter Ratlosigkeit. Nur einmal musste sich Modric 25 Meter vor dem Tor gegen Eto’o mit einem Foul helfen, ansonsten reichte reichte das Spiel der Schwarzblauen nicht einmal bei Kontern bis in den Strafraum.“ – Ohne Frage, Tottenham ist eine der Mannschaften des Herbstes 2010. Nicht nur die gute Verpflichtung von Rafael van der Vaart, sondern vor allem der Durchbruch von Flügelflitzer Gareth Bale ist dafür verantwortlich. Der Waliser trieb gegen Inter mit Maicon einen der besten Rechtsverteidiger der Welt an den Rande des Wahnsinns. Die Spurs waren das Team mit dem Weltklasse-Momentum.

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Platz 6 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Arentinien 4:0

Deutschland - Argentinien 4:0

„Die Argentinier waren sichtlich beeindruckt von der Power der Deutschen. Es entstand ein riesenhaftes Loch im Mittelfeld, das die Deutschen konsequent ausnützten. Symbolhaft war, wie Burdisso minutenlang seinen Kollegen deutete, sie sollen soch ein wenig weiter zurück kommen, um einen Spielaufbau zu ermöglichen.“ – Für Diego Maradona war es wohl die schlimmste Niederlage seines Fußballerlebens: Argentinien hatte im WM-Viertelfinale gegen die in diesem Spiel überragenden Deutschen nie auch nur den Funken einer Chance. Das blutjunge deutsche Team hingegen deutete an, wozu es fähig sein kann. By deconstructing Diego.

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Platz 5 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Uruguay 3:2

Deutschland - Uruguay 3:2

„Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner.“ – Und nochmal die Deutschen. Aber vor allem: Uruguay! Die Südamerikaner waren die Überraschung bei der WM, das Team des zum besten WM-Spieler gewählten Diego Forlán belegte letztlich den vierten Rang. Nach einem flammenden Plädoyer für die Beibehaltung des kleinen Finales. Denn es war eine sensationelle Partie, geführt mit offenem Visier.

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Platz 4 | EM-Qualifikation | Belgien – Österreich 4:4

Belgien - Österreich 4:4

„Kavlak war laufstark, trickreich, mit dem Blick für den Mitspieler. Er riss das Spiel an sich, war in dieser Phase der klar beste Mann am Platz. Umso unverständlicher, dass er nach 56 Minuten den Platz für Jimmy Hoffer verlassen musste – die reinste Selbstkastration.“ – Wer hätte das gedacht? Das ÖFB-Team kann mit den Secondos in der Offensive tatsächlich einen gepflegten Fußball spielen, wie das beim hochdramatischen 4:4 in Brüssel deutlich wurde. Wenn man sie denn lässt. Denn der Teamchef hatte im einzigen signifikanten Länderspiel des Jahres etwas gegen den Sieg. Denn dann kamen die Wechsel.

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Platz 3 | Deutsche Bundesliga | Mainz – Dortmund 0:2

Mainz - Dortmund 0:2

„Bei Dortmund beteiligten sich wirklich alle Spiele am ganzen Platz am Pressing. So war es in der 26. Minute Außenverteidiger Schmelzer, der durch seine aggressive Bewegung Richtung Bungert dessen Fehlpass provozierte, der zum nicht unverdienten 1:0 durch Mario Götze geführt hat.“ – Die beiden Mannschaften, die den Herbst in der deutschen Bundesliga bestimmt haben, im direkte Duell. Es war ein Festival des konsequenten Pressing, das für beide Teams richtungsweisend war. Denn für Mainz war nach diesem Spiel der Höhenflug beendet, der BVB zog weiter voll durch. Die Mainzer fanden in Dortmund ihren Meister.

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Platz 2 | Weltmeisterschaft | Chile – Spanien 1:2

Chile - Spanien 1:2

„Die Chilenen waren die erste Mannschaft seit Ewigkeiten, welche die Spanier nicht nur mit spielerischen Mitteln kontrolliert, ja beinahe knebelt – und nicht mit extrem disziplinierter Defensive entnervt.“ – Das beste Team der Endrunde in Südafrika gegen das aufregendste, und noch dazu ging es für beide noch um das Weiterkommen: Bei all den spannenden Partien in der K.o.-Phase ging dieses extrem gute und hochinteressante Match in der Erinnerung etwas unter. Letztlich setzten sich die Spanier durch, weil sie kaltschnäuziger waren, dank des Ergebnisses im Parallelspiel kamen beide weiter. Nach einem echten Kracher.

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Platz 1 | Primera Division | Barcelona – Real Madrid 5:0

Barcelona - Real Madrid 5:0

„Barcelona sammelte zwei Drittel Ballbesitz. Was auch deshalb möglich war, weil Real körperlich überhaupt nicht dagegen hielt! In den ersten 30 Minuten gab es ein einziges (!) Foul. Das mit dem Räume eng machen klappte also nicht, physisch hielt Real nicht dagegen, und so verdiente sich Barcelona das 2:0 vollauf. Real war schlicht nicht anwesend.“ – Das wohl meistgehypte Spiel des Herbstes, es war eine einzigartige Machtdemonstration des FC Barcelona. Zu keinem Zeitpunkt hatte das Starensemble aus Madrid auch nur die geringste Chance, es gab schließlich die ärgste Vernichtung seit Generationen. Und für José Mourinho seine schlimmste Demütigung.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2010 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2011 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

(phe/tsc/gpi)

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