Cavani – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 18 Dec 2012 00:37:09 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Auf Wiedersehen, Råsunda https://ballverliebt.eu/2012/11/23/auf-wiedersehen-rasunda/ https://ballverliebt.eu/2012/11/23/auf-wiedersehen-rasunda/#comments Fri, 23 Nov 2012 01:21:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8041 Auf Wiedersehen, Råsunda weiterlesen ]]> Ein dezenter, gelber Kranz mit schwarzen Bändern war es, der vor dem Match am Mittelkreis platziert wurde. „Vila i frid“, stand darauf geschrieben, „Ruhe in Frieden“. Eine Schweigeminute folgte. Dann ein riesiges Feuerwerk und eine gigantische Choreo. Die Bildnisse von sechs Herren in gesetzterem Alter ragten auf dem Oberrang, darunter ein 60 Meter langes Spruchband: „Legenden des Råsunda – für alle Zeit unsterblich“.

Auf dem Unterrang: In großen Lettern „AIK“, dem Heimatverein des altehrwürdigen schwedischen Nationalstadions. Alternierend mit der Zahl 1937. Dem Jahr, in dem die Arena eingeweiht wurde. Jene Arena, für die nun endgültig der letzte Vorhang gefallen ist.

Am Ende gab es ein Pfeifkonzert. Weil Edinson Cavani in Minute 93 seinen Elfmeter sicher in das aus sicher Sicht linke Eck geschoben hatte. Torhüter Turina war in die andere Richtung geflogen. Das 2:1, der Sieg für Napoli in diesem Europa-League-Spiel. Nicht einmal ein verdienter Punkt gegen das B-Team von Napoli war dem Stockholmer Traditionsklub AIK vergönnt, weil Verteidiger Niklas Backman den Torschützen recht plump im eigenen Strafraum umgehackt hätte.

AIK – Napoli 1:2

Es war ein Spiel, an das man sich nicht lange erinnern müsste. Die Gäste aus Italien verzichteten auf Stammspieler wie Cannavaro, De Sanctis, Campagnaro und Maggio; Hamsik, Zuñíga und Inler kamen erst im Laufe des Spiels. Wirklich interessiert schien die Truppe lange eher nicht.

Die Gastgeber traten in einem typisch schwedischen 4-4-2 auf, die Phantasie im Spiel nach vorne war enden wollend, einige der langen Bälle nach vorne dafür nicht. Immerhin, vom Rückstand ließ man sich nicht schocken, ein langer Flankenball von Lundberg fand den Kopf von Daníelsson, das 1:1. Im Gegensatz zum pathetischen Vorlauf ein Spiel von überschaubarer Qualität und eher begrenztem Unterhaltungswert.

Dabei hat dieses Stadion viel erlebt.

„Heja Sverige“ und die Geburtsstunde des Mythos namens Pelé

1958 etwa fand in Schweden die Weltmeisterschaft statt. An diese erinnert man sich in Deutschland eher ungern. Weil sich der amtierende Weltmeister völlig aus dem Konzept bringen ließ. Von Zuschauern, die das Heimteam lautstark mit Sprech-Chören anfeuerten! Eine Unerhörtheit, entfuhr es den Deutschen. Nachdem sie, komplett entnervt von den ständigen „Heja Sverige“-Rufen von den Rängen des Ullevi von Göteborg ihr Semifinale gegen den WM-Gastgeber 1:3 in den Sand gesetzt hatten.

Schweden – Brasilien 2:5 (1:2)

Weltmeister wurde Schweden damals aber nicht. Weil man im Finale im Råsunda mit 2:5 gegen Brasilien verlor. Jenes Team, in dem ein 17-Jähriger aufgeigte, der die Welt erstmals verzückte: Pelé! Sein Tor zum 3:1 nach einer Stunde war die Vorentscheidung, sein 5:2 in der Nachspielzeit war der Schlusspunkt.

Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass Schweden damals nicht zufällig und nicht nur wegen der ungewohnt heißblütigen Zuschauer ins Finale gekommen war. Spielmacher Gunnar Gren war schon ein Jahrzehnt Legionär für Milan und die Fiorentina in Italien; Nils Liedholm war ebenso bei den Rossoneri aktiv und wird dort noch heute als Klub-Legende verehrt. Auch Kurre Hamrin war schon zwei Jahre in Italien, er sollte dort noch weitere 13 Saisonen bleiben. Nacka Sköglund? Seit acht Jahren bei Inter Mailand. Und auch Orvar Bergmark sollte es später noch an den Stiefel verschlagen.

Eine Weltklasse-Truppe also – es sollte 35 Jahre dauern, bis das Trekronor-Team wieder in solche Sphären vorstieß.

Auch bei Heim-EM stark

Und zwar anlässlich der Europameisterschaft 1992 im eigenen Land. Jenes Turnier, das vor allem wegen Überraschungs-Sieger Dänemark in Erinnerung blieb. Für Schweden aber auch ein großer Erfolg war. Dem Halbfinal-Aus im Råsunda gegen Deutschland zum Trotz

Schweden – Deutschland 2:3 (0:1)

In einem Turnier, das von großer spielerischer Vorsicht und noch größerer Langeweile auf dem grünen Rasen geprägt war, ragt dieses Spiel – das wohl größte in der Karriere von Thomas Häßler – heraus. Schweden kämpfte tapfer, aber letztlich war gegen den amtierenden Weltmeister und den kleinen Berliner kein Kraut gewachsen.

Was aber nichts daran änderte, dass diese Mannschaft praktisch in selber Besetzung zwei Jahre später ihren größten Erfolg in der jüngeren Vergangenheit schaffte: Platz drei bei der WM in den Vereinigten Staaten. Mit dem umsichtigen Jonas Thern als Sechser, mit Parma-Stürmerstar Thomas Brolin. Mit Kennet Andersson, der danach ebenso in die Serie A ging. Mit Martin Dahlin, dem dunkelhäutigen Angreifer, der bei Borussia M’gladbach seine größte Zeit hatte. Mit Roland Nilsson, gestählt in Jahren in Englands höchster Liga.

Und natürlich mit Torwart-Dauerbrenner Thomas Ravelli, mit 143 Einsätzen der Rekord-Nationalspieler, der selbst dann noch im Tor stand, als er schon aussah wie Mitte 60.

[VIDEOS: Highlights der ersten Hälfte von Schweden-Deutschland und die der zweiten]

Schweden – Österreich 0:1 (0:1)

Der Anfang vom Ende der starken 90er-Jahre-Generation kam dann aber ebenso im Råsunda. Am 9. Oktober 1996 war es, als sich Andi Herzog im ÖFB-Teamdress durchtankte und das Tor zum 1:0-Endstand herstellte. Für Österreich der Startschuss zur erfolgreichen Qualifikation für die WM in Frankreich, für das Trekronor-Team der entscheidende Rückstand, dem man bis zum 0:1 ein Jahr später in Wien hinterher lief.

Die WM 1998 verpasste man also ebenso wie die Euro96. Schweden hatte aber das Glück, dass mit Henke Larsson, Freddie Ljungberg und später natürlich auch Zlatan Ibrahimovic die nächste starke Generation sofort nach kam. Von 2000 bis 2008 verpasste man kein einziges großes Turnier. Und die wichtigen Heimspiele in der Qualifikation wurde immer im alten Råsunda ausgetragen.

Alt und charmant

Es ist alles ein wenig eng im Råsunda

Dass es sich bei dem im Stadtteil Solna im Westen Stockholms gelegenen Stadion, in das etwas mehr als 30.000 Leute reinpassen, nicht gerade um eine moderne Fußball-Arena handelte, wurde einem an jeder Ecke des Baus klar. Vielleicht noch nicht so sehr an der Haupttribünen-Seite, wo bis vor Kurzem auch der schwedische Verband seinen Hauptsitz hatte. Aber innen drin. Dort ist alles recht beengt, es wirkt alles zuweilen etwas improvisiert. Nicht, dass schon der Putz herunterbröckelt. Aber viel fehlt da wohl nicht mehr.

Nicht am allerneuesten Stand der Technik

Es gab zuletzt eine Vidiwall, die auf dem Dach der recht niedrigen Haupttribüne angebracht war. Ansonsten verbreiteten die Anzeigetafeln eher den Charme aus der elektonischen Gründerzeit. Außerhalb des Stadions (wie am Bild rechts, an der Südtribüne angebracht) oder auch im Stadion selbst, wo eine baugleiche Anzeige bis zuletzt auf der Gegentribüne auf Höhe der Mittellinie angebracht war und die Zuschauer über Spielstand und die abgelaufene Zeit informiert.

Die Vidiwall auf der Haupttribüne ist nicht gerade ein Megatron

Das Råsunda auf europäische Bühne

Es gab eine Zeit, in der man aber auch als solches Mittelklasse-Stadion europäische Endspiele ausrichten konnte. Und während Michael Konsel mit seinem Sieg im Tor des ÖFB-Teams im Oktober 1996 gute Erinnerungen an dieses Stadion haben kann, setzte es für seinen langjährigen Konkurrenten um den Platz zwischen den Team-Pfosten, Franz Wohlfahrt, im Mai 1998 eine bittere Niederlage. Im vorletzten Finale des Europapokals der Pokalsieger.

Chelsea – Stuttgart 1:0 (0:0)

71 Minuten lang hielten die Stuttgarter das 0:0, ehe Chelsea-Spielertrainer (!) Gianluca Vialli sich einen neuen Sturm-Partner einwechselte. Statt Tore André Flo kam also Gianfranco Zola ins Spiel, und kaum eine Minute drin, besorgte der Joker auch schon das 1:0. Der letzte internationale Titel für die Blues, bevor Roman Abramovich den Klub mit seinem Geld erschlug. Und der letzte internationale Titel für die Blues, ehe jener Italo-Schweizer, der im Råsunda neben Raubein Dennis Wise auf Krassimir Balakov aufpasste, als Trainer dieses Klubs 14 Jahre später die Bayern ärgerte.

Die Erinnerung an dieses Spiel verbindet Wohlfahrt übrigens mit einem damals noch recht jungen Trainer am Anfang seiner Trainer-Karriere: Joachim Löw. Der nach dieser Saison, in der er ins Europacup-Finale kam, sich als Bundesliga-Vierter für den Uefa-Cup qualifizierte und erst im Pokal-Halbfinale an den Bayern gescheitert war, entlassen wurde – wegen Erfolglosigkeit.

Eine Weltpremiere für das Råsunda

Norwegen – Deutschland 2:0 (2:0)

Drei Jahre vor dem Europacup-Endspiel gab es für das Stadion von Schwedens Hauptstadt bereits eine absolute Weltpremiere: Als erstes Fußball-Stadion überhaupt wurde das Råsunda zu einer Arena, in der ein WM-Finale der Herren UND eines der Frauen ausgetragen wurde. Im strömenden Regen schlugen sich Fans der im Viertelfinale ausgeschiedenen Gastgeber auf die Seite des Nachbarn aus Norwegen und sie wurden nicht enttäuscht. Zwei recht derbe deutsche Abwehrfehler in der ersten Hälfte ermöglichten Tore von Hege Riise und Mariann Pettersen.

Vier Jahre später wurde die Rose Bowl von Los Angeles zum zweiten Stadion, das WM-Finale von Männern und von Frauen gesehen hat. Bis heute sind das die beiden einzigen Arenen, und mindestens bis 2019 wird das auch so bleiben.

Ein junger Xavi zu Gast

Mit den Erfolgen des schwedischen Nationalteams kamen die Klubs aus der Allsvenskan nur sehr vereinzelt mit. Und noch seltener waren echte internationale Highlights des elffachen Meisters AIK – vier davon wurden im Råsunda gefeiert.

AIK – Barcelona 1:2 (0:0)

1999 schaffte man sogar den Sprung in die Champions League. Und die Begann gleich mit einem Kracher: Der FC Barcelona gab sich die Ehre. Das war jenes Team der Katalanen, in dem Trainer Louis van Gaal zu Beginn der Post-Bosman-Ära so etwas wie ein „Ajax, Version 2.0“ aufbauen wollte. Mit dem selben taktischen Grundgerüst wie zur seiner großen Ajax-Zeit, und zum Teil sogar mit dem selben Personal – die De-Boer-Zwillinge, Jari Litmanen, Patrick Kluivert, auch mit Winston Bogarde.

Und mit einem sehr jungen Xavi, gerade mal 19 Jahre alt. In der Gruppe mit den Katalanen, mit der Fiorentina von Trapattoni um Rui Costa und Batistuta, und mit dem Arsenal von Wenger um Bergkamp und Overmars gab es für das Team des schottischen Trainers Stuart Baxter, wie kaum anders zu erwarten war, nur einen Zähler – ein 0:0 daheim gegen die Italiener.

Vom Tor des bosnischen Stürmers Nebojsa Novakovic, mit dem er AIK gegen das Star-Ensemble aus Barcelona sogar mit 1:0 in Führung brachte, schwärmen Fans des Klubs natürlich bis heute. Dass es durch Gegentore in den Minuten 86 und 93 noch eine 1:2-Niederlage gab – vergeben und vergessen.

Was bleibt, sind Souvenirjäger…

Als der erste Ärger über den verpassten Punkt gegen Napoli verraucht war, setzte auf der vollbesetzten Tribüne recht schnell wieder die Wehmut zurück. Das wissen, dass dieses Europa-League-Spiel gegen Cavani und Co. das allerletzte Spiel an dieser historischen Stätte war. Dass das Råsunda das erste WM-Finalstadion der Geschichte wird, das abgerissen wird und vollkommen von der Bildfläche verschwindet, und nicht „nur“ renoviert wird.

Dass ihnen die Gäste aus Italien nicht einmal die eher zweifelhafte Ehre gelassen haben, wenn schon nicht das letzte Tor geschossen, dann doch zumindest den letzten Ausschluss zu lassen (Salvatore Aronica musste nach einer Notbremse an Mohamed Bangura frühzeitig vom Platz) – geschenkt. Schnell wurde begonnen, sich alles unter den Nagel zu reißen, was nicht niet- und nagelfest war. Naja – eigentlich sogar auch, was niet- und nagelfest war. Schilder, Sitze, braucht ja keiner mehr.

…und der Umzug nach Fan-Voting

Wo es im Jahr 2013 für AIK weitergeht? Ein Verein, der die Rückennummer 1 nicht vergibt, weil diese für die Fans reserviert ist, kann das natürlich nicht entscheiden, ohne die eigenen Anhänger zu fragen. Darum wurde ein Voting veranstaltet: In das neue, hochmoderne 50.000-Zuschauer-Nationalstadion in der Nachbarschaft oder in die ebenfalls brandneue 30.000-Mann-Arena im Süden Stockholms? Das Ergebnis war eindeutig: Die Nationalmannschaft und AIK werden sich auch weiterhin eine gemeinsame Heimstätte haben.

Sich ein Stadion mit dem ungeliebten Rivalen Hammarby zu teilen? Na, das wäre ja wohl auch noch schöner!

(phe)

Alle Bilder: phe

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Nuancen im Mittelfeld bestimmen das Spiel – 1:1 zwischen Napoli und Bayern https://ballverliebt.eu/2011/10/18/nuacen-im-mittelfeld-bestimmen-das-spiel-11-zwischen-napoli-und-bayern/ https://ballverliebt.eu/2011/10/18/nuacen-im-mittelfeld-bestimmen-das-spiel-11-zwischen-napoli-und-bayern/#comments Tue, 18 Oct 2011 21:01:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5956 Nuancen im Mittelfeld bestimmen das Spiel – 1:1 zwischen Napoli und Bayern weiterlesen ]]> „Die beste Italienische Mannschaft“, schwärmte Bayern-Coach Heynckes über Napoli. „Ein Weltklasse-Team“, die Italiener über die Münchner. Dementsprechend war auch das Spiel von großem gegenseitigem Respekt gekennzeichnet, in dem Nuancen im Mittelfeld über die jeweilige Stoßrichtung der Partie entschieden. Und am Ende ein korrektes 1:1 stand.

SSC Napoli - Bayern München 1:1

Das 3-4-2-1 von Napoli ist perfekt auf die Spielweise der Gegner in der Serie A – zwei Stürmer und ein Zehner – angepasst, auf europäischer Ebene kann dieses System aber durchaus Probleme für das eigene Team bedeuten. Das wurde in der Anfangsphase gegen die Bayern klar.

Raumaufteilung mit Löchern

Die Dreierkette stand hinten gegen nur einen Stürmer (Gomez), dafür hatten Zuñíga und Maggio auf den Flanken jeweils zwei Gegenspieler und im Zentrum gab es eine 2-gegen-3-Unterzahl. Das bedeutete, dass Napoli-Coach Walter Mazzarri das Stellungsspiel seiner Mannschaft etwa adaptieren musste. Im Detail sah das so aus, dass Lavezzi und (vor allem) Hamsik aus ihren üblichen Halbpositionen hinter Cavani weiter auf die Flügel ausweichen mussten, um Lahn bzw. Boateng entweder zu beschäftigen oder idealerweise nach innen zu ziehen.

Um den so aufgerissenen Raum hinter Cavani zu schließen, waren mit Gargano und Inler die beiden zentralen Mittelfeldspieler von Napoli gezwungen, deutlich weiter nach vorne aufzurücken als sie das gewohnt sind. Das hatte wiederum zu Folge, dass hinter dem Duo Raum entstand. In genau diesen kam schon in der 2. Minute eine Flanke von Boateng auf Kroos und dieser drückte zur frühen 1:0-Führung für die Bayern ab.

Wirkungsloser Linksaußen Ribéry

Die Gäste schalteten in der Anfangsphase deutlich agiler um als die Italiener und erzeugten so bei Ballgewinn immer wieder gute Aktionen. Auffällig war bei den Bayern aber vor allem die extrem vorgezogene Positionierung von Franck Ribéry auf der linken Seite. Er war weniger ein Mittelfeldspieler, sondern ein Linksaußen mit einigem Drall Richtung Zentrum. Auch das verursachte bei Napoli leichte Verwirrung: Campagnaro wurde so immer wieder aus der Position gezogen, weil Maggio weiter aufgerückt war. Die Bayern konnten daraus aber kein Kapital schlagen.

Schlüsselspieler Campagnaro

Im Laufe der ersten Halbzeit bekam Napoli das Spiel aber immer besser in den Griff. Das lag daran, dass Hugo Campagnaro aus der Dreierkette etwas aufrückte und sich vermehrt um Kroos kümmerte – so war das Missverhältnis in der Zentrale einigermaßen ausgeglichen und vor allem Gökhan Inler hatte nun endgültig die Möglichkeit, mit seiner ihm eigenen Energie seine Mannschaft in der gegnerischen Hälfte festzusetzen.

Damit konnten auch die beiden Wings-Backs der Italiener, vor allem Christian Maggio, ihre offensive Rolle besser gestalten, das wiederum erlaubte Lavezzi und (vor allem) Hamsik, wieder weiter ins Zentrum zu gehen und die Bayern-Viererkette so in der Mitte zusammen zu ziehen. Angesichts des relativ weit aufgerückten Ribéry konnte kurz vor der Pause Maggio einen zielgerichteten Lauf nach vorne starten, Lahm stand zu weit innen und in der Mitte lenkte Badstuber im Zweikampf mit Hamsik Maggios Flanke ins eigene Tor ab. Der verdiente Ausgleich zum 1:1.

Schlüsselspieler Tymoschuk

Für die zweite Halbzeit modifizierte Bayern-Trainer Jupp Heynckes das Spiel seiner Mannschaft etwas: Anatoli Tyomschuk rückte aus seiner relativ tiefen Position nun weiter auf, spielte zuweilen praktisch in der offensiven Kette und sorgte mit Tempo aus der Tiefe für mehr Schwung aus der Zentrale der Bayern. So wurde der Vorteil in der Raumaufteilung, den die Bayern rund um den Mittelkreis hatten, besser genützt.

Außerdem pressten die Bayern nun vor allem nach Ballverlusten in der gegnerischen Hälfte wesentlich energischer auf den Gegner. Dabei verursachten die Münchner aber viele Fouls, sodass der dem Spielverlauf angepasste neue Ansatz nicht wirklich Früchte trug – auch, weil Mario Gomez einen Elfmeter in die Hände von Torhüter De Sanctis schob. Immerhing gelang es so aber, Napoli vom eigenen Tor weg zu halten.

Maue Schlussphase

Die Italiener erkannten die zentrale Rolle, die Tymoschuk bei den Bayern nach der Pause einnahm, nach etwa einer Viertelstunde und übten dann vermehrt Druck auf den Ukrainer aus. Dieser konnte so weder so energisch nach vorne gehen, wie er das zuvor konnte, noch konnte er seine Pässe für die Spieleröffnung passend anbringen. Hinzu kam, dass Ribéry, schon in der ersten Halbzeit nicht besonders stark, weiter nachließ und auch Müller keine Akzente mehr nach vorne setzen konnte.

Wie überhaupt bei beiden Mannschaften ab etwa der 70. Minute die Präzision dramatisch absank und somit auch das Tempo im Spiel und daraus folgend das Niveau. Beide Mannschaften schienen sich mit der korrekten Punkteteilung angefreundet zu haben, keiner ging mehr letztes Risiko. Als Mazzarri zehn Minuten vor Schluss Cavani aus dem Spiel nahm und dafür Mittelfeldspieler Dzemaili brachte, war das ein relativ deutliches Signal.

Fazit: Kein Feuerwerk, aber auch nicht uninteressant

Das Spiel zwischen dem Team der Stunde aus Italien und dem aktuellen Branchenprimus aus Deutschland war vielleicht nicht das Feuerwerk, das sich viele erhofft hatten. Was aber nicht heißt, dass nicht die Nuancen, die vor allem im Mittelfeld zu finden waren und dafür sorgten, dass das Spiel zumindest bis etwa zu 70. Minute mal in die eine Richtung, dann wieder dezent in die andere wogte, durchaus interessant war.

Napoli hatte erst damit zu kämpfen, dass man hinten einen Mann zu viel und im Zentrum einen zu wenig hatte, fand danach durch das Aufrücken von Campagnaro besser zum eigenen Spiel. Die Bayern antworteten mit der höheren Rolle von Tymoschuk, womit ihnen die Anfangsphase der zweiten Hälfte gehörte, ehe sich beide Teams auf das 1:1 einigten.

(phe)

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Durch die Mitte spielt man Napoli nicht aus – Man City so nur 1:1 https://ballverliebt.eu/2011/09/14/durch-die-mitte-spielt-man-napoli-nicht-aus-man-city-so-nur-11/ https://ballverliebt.eu/2011/09/14/durch-die-mitte-spielt-man-napoli-nicht-aus-man-city-so-nur-11/#comments Wed, 14 Sep 2011 21:08:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5747 Durch die Mitte spielt man Napoli nicht aus – Man City so nur 1:1 weiterlesen ]]> Manchester City startete die Saison in nicht zu stoppender Manier – im Duell der Champions-League-Debütanten gegen Napoli gab es den ersten kleinen Dämpfer für die Citizens. Weil es gegen das in Europa kaum verwendete 3-4-2-1 der Italiener an der Konsequenz im Flügelspiel fehlte.

Manchester City - SSC Napoli 1:1

Das Erfolgsgeheimnis von Napoli in der italienischen Meisterschaft beruht auf der Gegensätzlichkeit des eigenen Systems zu jenem der Gegner: Mit einer Dreierkette hinten und zwei Sechsern davor wird die fast ausschließlich über die Mitte kommende Konkurrenz aufgehalten, während die beiden Wing-Backs gegen die in der Serie A ansonsten deutlich unterqualitativ bis gar nicht besetzten Flügel die Angriffe aufgozogen wird und das Dreigestirn mit Hamsik, Lavezzi und Cavani vorne dann für die Tore sorgt.

Wie Mancini das 3-4-2-1 ausspielen will

Das geht auf internationaler Bühne so nicht, was schon in der letztjährigen Europa League klar wurde. Und gegen eine so starke Mannschaft wie Man City ist mit selbst das Spiel aufziehen schon mal gar nichts – so blieb zwar das übliche 3-4-2-1 von Trainer Walter Mazzarri bestehen, es erfüllte aber andere Zwecke als in der Serie A.

Für Man-City-Coach Roberto Mancini bedeutete das in England gar nicht vorkommende System, dass er seine Mannschaft darauf neu einstellen musste. Das machte er, indem er ein nominelles 4-4-2 auf das Feld stellte, das aber nur in den allerseltensten Fällen auch als solches spielte. Vor allem die Tatsache, dass duch die sehr tief stehenden Wing-Backs von Napoli effektiv gegen eine Fünferkette angespielt werden musste, war dabei das Hauptproblem.

Der Plan: Viel über die Außen

Mancini versuchte das zu lösen, indem er vorne mit Dzeko und vor allem Agüero zwei extrem mobile Spitzen hatte, die sich viel bewegten und die Napoli-Dreierkette, die sich oft im Strafraum zusammenzog, auseinander zu reißen versuchten. Noch wichtiger aber waren Pablo Zabaleta und Aleksandar Kolarov.

Die beiden Außenverteidiger mussten extrem viel nach vorne machen, um dafür zu sorgen, dass die Wing-Backs von Napoli beschäftigt waren und wenn möglich einer aus dem Zentrum – entweder aus der Dreierkette oder einer der beiden Sechser Inler und Gargano – nach außen musste, um zu helfen, und so Räume im Zentrum zu öffnen. Allerdings zogen Silva und Nasri oftmals zu früh in die Mitte, um das wirklich konsequent genug zu machen.

Napoli tut sich nach vorne schwer

City sammelte so zwar zwei Drittel Ballebesitz, aber gegen die dicht stehende Abwehr der Italiener kamen sie nur dann durch, wenn es gelang, Napoli herauszulocken oder nach Standardsituationen für Napoli in der Hälfte von City schnell nach vorne zu kommen. Was nicht oft der Fall war – Dzeko verzog gleich zu Beginn nur knapp, Touré holzte den Ball nach einer halben Stunde an die Latte. Ansonsten war das viel Ballbesitz und wenig Chancen.

Napoli kam nur in Ausnahmefällen nach vorne, weil Zuñíga und Maggio wahnsinnig viel mit Defensivaufgaben gebunden waren, und die beiden Sechser sowieso. So fehlte es dem Offensiv-Trio am Nachschub und es gelang nicht allzu oft, sie einzusetzen. Und wenn doch, konnten sie sich nur dann etwas festsetzen, wenn sie es schafften, den Ball so lange zu halten, bis Mannschaftskollegen aufgerückt waren. Oder, wenn Anspiele schnell verarbeitet wurden – so wie in der 17. Minute, als Lavezzi mit dem ersten Angriff der Italiene die Latte traf.

City zu viel durchs Zentrum

Das änderte sich ein wenig nach dem Seitenwechsel. Anstatt noch mehr als vor der Pause zu versuchen, das Spiel breit zu machen und die Fünferkette so in Verlegenheit zu bringen, spielte sich City nun noch mehr in der Mitte fest und erlaubte so den Wing-Backs von Napoli, deutlich mehr als in der ersten Hälfte nach vorne zu rücken. Das hatte naturgemäß zur Folge, dass Kolarov und Zabaleta nicht mehr so viel ins Angriffsspiel eingebunden waren. Was wiederum das Spiel von City noch mehr in die Mitte verlagerte.

Napoli hatte das Geschehen defensiv im Griff, es fehlte im unmittelbaren Zentrum aber an Manpower, um das für sich auszunützen. Darum brachte Mazzarri nach einer Stunde mit Blerim Dzemaili auch seinen zweiten Schweizer (neben Inler) für Lavezzi, der neue Mann stellte sich etwas tiefer als der Argentinier vor ihm – und siehe da, Gargano und Inler taten sich nun viel leichter, den Ball kontrolliert nach vorne zu bringen.

Ein Standard rettet City

City ließ nun neben Flügelspiel und Tempo auch zunehmend die Präzision vermissen, und so nützte Napoli einen leichten Ballverlust zu einem schnellen Konter, den Cavani cool zur 1:0-Führung für die Italiener abschoss. Nicht ganz unverdient, denn in der zweiten Hälfte war der Dritte der letzten Serie-A-Saison deutlich besser im Spiel und konnte auch die Ballbesitz-Statistik annähernd ausgleichen.

Da City die spielerischen Mittel vermissen ließ und nachdem Agüero für den zweiten Lattenschuss der Gastgeber gesorgt hatte, musste wenige Minuten später ein Freistoß herhalten, um den Ausgleich zu erzielen – Kolarov versenkte ihn mit der letzten Aktion, bevor er für Gaël Clichy den Platz verlassen musste. Zudem kam Adam Johnson für den weitgehend unproduktiven Samir Nasri neu in die Partie.

Das erhöhte zwar den Punch über die rechte Seite (Silva war auch links gewechselt) und bereitete die größte Siegchance für City vor (Dzeko verzog knapp), aber Ordnung und Präzision im Spiel nach vorne gingen weiterhin ab. Zudem nützte Napoli das mit geschicktem Positionsspiel im Mittelfeld aus, um nicht mehr wirklich in Gefahr zu kommen, den Punkt zu verlieren.

Fazit: City immer schlampiger, Napoli immer sicherer

Der Plan von Manchester City, durch weit aufrückende Außenverteidiger die Wing-Backs von Napoli zu beschäftigen und so zu versuchen, die Defensive auseinander zu ziehen, war zwar grundsätzlich richtig, wurde aber zu unkonsequent ausgespielt. So hielt Napoli vor der Pause gut dicht und fand nach dem Seitenwechsel, als City immer mehr mit dem Kopf durch die Wand wollte, immer besser ins Spiel.

Daher ist der Punkt, den Napoli aus England mitnimmt, auch verdient. Denn während City im Spielverlauf immer schlampiger wurde, wurden die Italiener immer sicherer und trauten sich spätestens mit der Einwechslung von Dzemaili immer mehr zu. Für Napoli zweifellos ein gewonnener Punkt, für City zwei verlorene – im ersten Pflichtspiel dieser Saison, das die Mannschaft nicht gewinnen konnte.

(phe)

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Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/ https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/#comments Sat, 09 Jul 2011 03:47:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5147 Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben weiterlesen ]]> Eine halbe Stunde lang war Uruguay das spielbestimmende Team. Doch dann schaltete Chile in den Rambazamba-Modus und zerpflügte die Celeste, ließ Suárez, Forlán und Co. aussehen wie die Schulbuben! Es reichte zwar „nur“ zu einem 1:1, aber das Spektakel von Mendoza war eines der absoluten Highlights des Fußballjahres 2011.

Uruguay - Chile 1:1

Ein wenig überraschend war es schon, dass Chiles Teamchef Claudio Borghi gegen das uruguayanische Dreigestirn in der Offensive eine Dreier- statt einer Viererkette brachte – üblicherweise ist Chile eigentlich für systematische Flexibilität, je nach Gegner, bekannt. Überraschend war aber auch, dass auch Oscar Tabárez auf eine Drei-Mann-Abwehr setzte, zumal mit dem international noch sehr unerfahrenen, aber zwei Meter großen 20-jährigen Sebastián Coates von Nacional Montevideo in der Mitte. Kapitän Lugano besetzte die rechte Seite.

So stand dem 3-4-2-1 von Chile (Alexis Sánchez kam deutlich mehr aus der Etappe als zu Beginn des Mexiko-Spiels) ein 3-4-3 der Urus gegenüber. Und Forlán und Co. hatten noch ein weiteres Mittel parat, das Chile auf dem falschen Fuß erwischte: Extrem hohes Pressing. Suárez, Cavani und Forlán pressten mit Macht auf die chilenische Dreierkette, vor allem auf den zentralen Mann Waldo Ponce. Dem fehlte es somit an Zeit und an offenen Anspielstationen, weshalb aus der chilenischen Defensive vermehrt lange Panik-Bälle nach vorne geholzt wurden.

Varianten in den Defensivreihen

Es dauerte eine Zeit lang, bis Chile darauf reagierte. Mit Fortdauer des Spiels orentierte sich dann aber Gary Medel vermehrt Richtung Abwehrkette neben Ponce, was in Drucksituationen – vor allem, wenn Uruguay presste – eine Vierer-Abwehr gegen das offensive Uru-Trio stehen ließ. So taten sich die Chilenen dann etwas leichter.

Bei Uruguay stieß Lugano immer wieder etwas nach vorne, um vor allem die Kreise der etwas zurückgezogen agierenden und ständig rochierenden Jiménez und Sánchez zu stören, die beiden hatten allerdings mehr mit Arévalo und Pérez zu tun. Von den Wing-Backs der Uruguayer war Maxi Pereira rechts der etwas defensivere, er ließ sich im Zweifelsfall etwas zurückfallen und ließ so die Abwehr zu einer Viererkette werden.

Die Duelle auf den Flügeln

Álvaro Pereira machte zwar auch einiges nach hinten, dachte aber grundsätzlich etwas offensiver als sein Namenskollege auf der anderen Seite. Generell waren auch die Duelle auf den Flanken von großem Interesse für das Spiel, weil eben beide Teams mit einer Dreierkette hinten und einem eher eng stehenden Dreigestirn vorne agierten. Das hieß: Beide Mannschaften hatten ihre Flügel jeweils nur mit einem Spieler besetzt.

Die beiden Pereiras waren das eben bei Uruguay, Beausejour und Isla bei den Chilenen. Hier hatte das Duo aus Uruguay deutliche Vorteile: Isla kommt eher von der Außenverteidigerposition und Jean Beausejour ist wohl einer der wenigen Spieler, die nach einem Jahr in der Premier League (Birmingham) schlechter sind als vorher.

Vor allem Alvaro Pereira aber hatte Isla weitgehend im Griff und versuchte immer wieder, sich mit dem Sturmtrio zu verbinden. Das gelang in diesem Spiel deutlich besser als beim eher enttäuschenden 1:1 gegen Peru, weil die Offensivkräfte tiefer standen und weniger nachlässig im Passspiel agierten. Allerdings hatte die tiefere Positionierung zur Folge, dass man meist zumindest vier Chilenen noch zwischen Ball und Tor hatte.

Sánchez tiefer, mehr Kontrolle

Alexis Sánchez hatte gegen Mexiko das halbe Feld beackert, ehe er in einer etwas zurückgezogenen Rolle mit Matí Fernández das Spiel an sich riss. Diesmal begann Sánchez gleich in einer etwas tieferen Position, allerdings stand ihm permanent Diego Pérez auf den Beinen. Erst, als er sich noch weiter zurückfallen ließ, in den engeren Raum zwischen Uru-Mittelfeld und Uru-Sturm, bekam die Celeste Probleme mit ihm.

Zumindest einer der Sechser hatte nun aufzurücken, was dahinter Platz schuf – in erster Linie für Jimenez. Wenn Lugano oder Cáceres rausrückten, hatte aber wiederum Humberto Suazo, „Chupete“ (Schnuller) genannt, Platz. Zumden wurde nun selbst durchaus Pressing insziniert und die drei gefährlichen Stürmer bekamen immer weniger Gelegenheit, selbst mit aggressivem Zum-Mann-Gehen Chile unter Druck zu setzen.

Cavani muss raus

Besser wurde es nach der Pause nicht – im Gegenteil. Weil sich Edinson Cavani am Knie verletzt hatte, musste der Napoli-Stürmer draußen bleiben, und mit dem Wechsel – Álvaro González kam – veränderte Tabárez auch sein System. González ging auf die rechte Mittelfeldseite, Maxi Pereira blieb hinten, dafür blieb auf der linken Seite Álvaro Pereira vorne und Cáceres rückte auf die Flanke. Uruguay spielte nun also ein einem klassischen, flachen 4-4-2, was Chile voll in die Hände spielte.

Denn zwar hatten Isla und Beausejour nun an den Seitenlinien jeweils zwei Gegenspieler, aber jetzt passte das Verhältnis in der Abwehr (3 Chilenen gegen 2 Urus) und im Zentrum hatte Chile ebenso eine Überzahl. Vidal rückte auf, Sánchez konnte sich ausbreiten, und Uruguay hatte kaum noch etwas zu melden. Umso mehr fiel das 1:0 für die Celete aus heiterem Himmel: Álvaro Pereira ging mit nach vorne, der Laufweg von Suárez verwirrte die Abwehr. Ponce wusste nicht, wen er decken sollte, Contreras deckte die Torlinie ab, statt Pereira zu stellen, und schon war Chile hinten.

Mit Valdivia endgültig Rambazamba

Ab etwa der 60. Min.

Weshalb Claudio Borghi nach einer Stunde endgültig auf volle Offensive setzte. Verteidiger Jara ging raus, und mit Valdivia kam ein echte Zehner, der um sich herum de facto fünf offensive Anspielstationen hatte: die beiden Flügel, die beiden hängenden Spitzen und Suazo. Zudem rückte Vidal, der die Position von Jara eingenommen hatte, immer wieder weit auf um das Spiel zu eröffnen.

Uruguay fand gegen den unglaublichen Valdivia überhaupt kein Mittel, weil Arévalo und Pérez jetzt gegen drei Spielen mussten (Sánchez und Jimenez eben noch dazu). Gegen dieses quirlige, spielstarke und schnelle Trio waren die beiden Kanten heillos überfordert.

Und nicht nur die: Auch Lugano und Coates kamen in dieser Phase mit dem schauen nicht hinterher, wen von den vielen Chilenen sie denn nun bewachen sollte. So fand Valdivia, kaum fünf Minuten auf dem Feld, den auf der Seite freien Beausejour, dessen Hereingabe den aus der Etappe kommenden Sánchez, und weil Coates zu weit weg war, war der Ball zum 1:1 ins Netz geflogen.

Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.

Voll unter Druck, also kommt ein Offensiver

Darum musste Tabárez natürlich wieder reagieren, und er tat es auch. Aber nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, mit einem zusätzlichen Verteidiger, nein, der Uru-Teamchef brachte mit Nico Lodeiro einen Offensiven und stellte wieder auf drei Stürmer um, mit Arévalo verließ ein Sechser den Platz. Somit gab Tabárez zwar eine Viertelstunde vor Schluss das Zentrum endgültig auf, wollte aber vorne wieder mehr Druck auf die seit längerem unbehelligte chilenische Defensive auszuüben.

Die kurz zuvor von Borghi um den gelernten Sechser Carlos Carmona verstärkt worden war. Dennoch hatte Chile auch weiterhin alles bombenfest im Griff; spielte Uruguay zwar in der Schlussphase nicht mehr ganz so her wie zwischen 60. und 75. Minute, als das eine Demontage reinsten Wassers war. Chancen auf einen Siegtreffer, der hochverdient gewesen wäre, waren zwar noch da. Aber auch mit dem 1:1 ist Chile auf dem Weg zum Gruppensieg und damit gut im Rennen, Argentinien im Viertelfinale aus dem Weg zu gehen – denn es ist gut möglich, dass es der Zweite mit dem Gastgeber zu tun bekommen wird.

Fazit: Was für ein sensationelles Spiel

Es war nicht nur das bislang mit sehr viel Abstand beste Spiel dieser Copa América sondern mit Sicherheit auch eines der besten Fußballspiele im Jahr 2011 überhaupt. Der enorme Druck, den Uruguay in der ersten halben Stunde ausgeübt hat zeigte, wie dieser chilenischen Mannschaft beizukommen ist. Aber nicht nur für Uruguay oder die Gegner war dieses Spiel als Anschauungsuntericht wichtig.

Nein, vor allem Claudio Borghi hat schon zum zweiten Mal hintereinader gezeigt, dass er mit klugen Umstellungen in der Lage ist, ein Spiel komplett an sich zu reißen und selbst einen so starken Gegner wie den WM-Vierten in der zweiten Halbzeit in alle Einzelteile zu zerlegen. Valdivia geigte nach seiner Einwechslung sofort auf, war trotz zahlloser Fouls nie unter Kontrolle zu bringen und sicherlich der Schlüsselspieler in dieser Partie.

Natürlich weiß Borghi, dass er als Nachfolger des nicht nur in Chile ungemein beliebten Marcelo Bielsa immer mit seinem Vorgänger verglichen wird. Spätestens in dieser zweiten Hälfte aber wurde klar, dass auch in Borghi ein Anhänger des spektakulären Offensivfußballs steckt. Wohl nicht ganz so unvoreingenommen bedingungslos wie „El Loco“, aber wenn es die Situation erfordert, weiß er, was die Mannschaft kann. Und er scheut nicht davor zurück, die Waffe, die sein Team darstellt, auch zu benützen.

Da kann man nur sagen: Bitte mehr davon!

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Es war ein Double-Header in Mendoza. Darum waren die eigentlichen armen Hunde des Abends die Akteure aus Peru und Mexiko. Denn zum einen interessierte sich selbst im Stadion kaum noch jemand für den späten, aber hochverdienten 1:0-Sieg der Peruaner – als das Spiel eine halbe Stunde nach Ende des chilenischen Feuerwerks losging, waren die Ränge halbleer. Und zum anderen KONNTE das Niveau gar nicht mit dem ersten Spiel schritthalten.

Peru - Mexiko 1:0

Mit Sergio Makarián stellte der peruanische Teamchef im Gegensatz zum erstaunlich guten Auftritt gegen Uruguay sein System um: Aus dem 4-1-4-1 wurde gegen die frisierte U23 von Mexiko ein 4-4-1-1. Juan Vargas, der gegen Uruguay nur eine halbe Stunde spielen konnte, war nun fit genug für die Startelf und er agierte versetzt hinter Paolo Guerrero. Ließ sich immer mal wieder ins Mittelfeld fallen, versuchte aber vor allem, in die Schnittstelle zwischen Mier, dem rechten Mann in der mexikanischen Dreierkette, und Wing-Back Aguilar zu kommen. Das gelang im immer wieder ganz gut, aber die Bälle auf Guerrero kamen kaum einmal an.

Ähnlich wie bei Advincula auf der anderen Seite. Anders als Cruzado links ging er im Ballbesitz mit nach vorne, wodurch im Angriffsfall ein schräges 4-3-3 aus der Formation wurde. Die Absicht war klar: Die mexikanische Dreierkette auseinander ziehen. So hatte Peru das Spiel recht sicher im Griff, das allerdings auf einem nach dem Chile-Spiel kurz davor mäßigen Niveau und in einem noch überschaubareren Tempo.

Mexikos Offensive kaum im Spiel

Das Probelm bei den Mexikanern war, dass die drei Offensivspieler kaum ins Spiel eingebunden waren, bzw. das hauptsächlich nur dann waren, wenn sie sich relativ weit fallen ließen. Gerade Aquiño tat das durchaus, dann wiedern blieben Giovani und Marquez-Lugo oft so weit vorne, dass das wenig brachte.

Mexikos Aushilfs-Teamchef Tena änderte nach der Pause das Personal, behob damit aber nicht das Problem: Pacheco kam neu ins Offensiv-Trio, dafür spielte Aquiño nun für den in der Kabine gebliebenen Aguilar den Wing-Back. Weil aber nun der neu besetzte Angriff ebenso hoch stand und die Peruaner den Druck deutlich erhöhten, wurde genau gar nichts besser. Auch, weil Bälle, wenn sie doch mal in die Spitze kamen, viel zu leicht wieder verloren wurden.

Makarián mit den besseren Änderungen

Die klügere Umstellung nahm für die zweite Hälfte Sergio Makarián vor. Er brachte Yotun für den schwachen Advincula, der Neue ging auf die linke Seite, dafür rückte rechts Außenverteidiger Contreras mit Macht nach vorne. War dieser in der Offensive, deckte Sechser Balbín den Rückraum ab. Mit großem Erfolg: Peru machte nun über beide Flanken Druck, standen hinten aber dennoch sicher und mussten sich so kaum Sorgen machen.

Einige Male klopfte vor allem Guerrero an, zweimal rettete nur das Aluminium für die Mexikaner, immer wieder auch Torhüter Michel, ehe zehn Minuten vor Schluss doch noch der längst überfällige Siegtreffer für Peru fiel: Die Abseitsfalle schnappte bei einem Querpass auf den freistehenden Guerrero nicht zu, und das Tor war gefallen. Die Entscheidung.

Fazit: Undankbare Situation, aber Peru behält die Nerven

Hatte Bolivien gegen Costa Rica noch die Nerven weggeworfen, blieben die Peruaner trotz all der Umstände bis zum Schluss ruhig und gesammelt. Weder die Tatsache, dass sich das beim Spiel zuvor noch kochende Stadion immer mehr leerte, noch die Vielzahl an vergebenen Hochkarätern ließ die Peruaner verzweifeln. Sie hielten sich konsequent an ihren in der Halbzeit modifizierten Plan und wurden dafür belohnt.

Enttäuschend war dafür auch der zweite Auftritt der jungen Mexikaner. Ohne wirkliche Inspiration und vor allem ohne echten Plan im Spiel nach vorne schien es von Anfang an nur zwei Optionen zu geben: Entweder sie schaffen ein torloses Remis, oder sie fangen sich doch noch eines. Aber es kam auch von der Bank nichts – es wurden von Luis Fernando Tena nur die Symptome behandelt, aber nicht das Problem behoben.

(phe)

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Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/ https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/#respond Tue, 05 Jul 2011 03:14:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5117 Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders weiterlesen ]]> Des Offensiv-Power-Trios mit Suárez, Forlán und Cavani zum Trotz – auch Uruguay gewann mit dem 1:1 gegen Peru den Auftakt nicht. Viel interessanter war aber der Auftritt von Chile! Denn es war das erste große Spiel nach dem Abgang von „El Loco“ Marcelo Bielsa. Und einiges ist unter Nachfolger Claudio Boghi anders.

Chile - Mexiko 2:1

Unter Marcelo Bielsa war das chilenische Team einer der begeisternden Farbtupfer einer von defensiver Organisation geprägten WM in Südafrika: Bedingungslose Offensive in einem extrem flexiblen 3-4-3 mit konsequentem Flügelspiel. Gerade letzteres hat Alexis Sánchez zum Durchbruch verholfen und nach einer Weltklasse-Saison mit Udinese schlüpft er kommende Saison wohl ins Barcelona-Trikot.

Unter Bielsas Nachfolger Claudio Borghi – „El Loco“ ist im Streit mit dem Verband gegangen – ist zwar das Personal dasselbe wie vor einem Jahr, aber die Spielweise unterscheidet sich schon deutlich. Borghi stellt sein Team in einem 3-4-1-2 auf, in dem vor allem eines keinerlei Rolle spielt: Angriffe über die Flügel. Weil Alexis Sánchez nominell zweiter Stürmer neben Humberto Suazo ist; Isla und Beasejour aber verhältnismäßig tief stehen und somit nicht allzu viel nach vorne bringen.

Was macht Sánchez?

Auffallend war im Spiel gegen die mexinanische Olympia-Auswahl (die von Luis Fernando Tena, dem Co-Trainer von Teamchef De la Torre betreut wird) vor allem die äußerst unklare Rolle von Sánchez. Er ließ sich oft auf den Flügel fallen, weil er dort einfach mehr daheim ist als im Sturmzentrum, oder ging zurück ins Mittelfeld um Vidal und Fernández zu unterstützen. So versuchte Sánchez alles ein bisschen zu machen, und schaffte aber nichts so richtig.

Der zentrale Mann im Spiel nach vorne war aber ganz eindeutig Matí Fernández. Über ihn liefen fast alle Angriffe der geduldig mit viel Ballbesitz auf die Lücke im dichten mexikanischen Abwehrverbund wartenden Chilenen (auch etwas, was es unter Bielsa in der Form nicht gab). Was natürlich zur Folge hatte, dass sich alles sehr auf das Zentrum konzentrierte und die Flügel vernachlässigt wurden.

Trotzdem genug Chancen

Nicht falsch verstehen: Chile war der mexikanischen Olympia-Auswahl dennoch haushoch überlegen und hatte genug Chancen, um schon vor der Pause alles entscheiden zu können. Doch eines hat sich seit der WM nicht geändert: Chile fehlt es einfach ein einem Spieler, der diese Unzahl von Chancen auch verwertet. Genau aus diesem Grund musste das Team in Südafrika auch bis zum Schluss um den Achtelfinal-Einzug zittern.

Und wie es so oft ist: Die mexikanische No-Name-Truppe, in der mit Giovani dos Santos nur ein einziger namhafter Spieler vertreten ist, ging mit der ersten wirklich gelungenen Aktion kurz vor der Pause wie aus heiterem Himmel zum Führungstreffer. Eine weite Flanke von Giovani wurde nicht konsequent genug verteidigt und der aufgerückte Araujo hob die Kugel per Kopfball über Goalie Bravo hinweg ins Tor.

Wechsel bringt Besserung

Auch nach dem Seitenwechsel krankte das chilenische Spiel vor allem am Mangel an Breite. Sánchez tauchte weiterhin überall auf, Isla alleine konnte die rechte Seite nicht ausreichend bedienen, Jean Beasejour links schloss nahtlos seine enttäuschende Saison bei Birmingham an. Erst Borghis Wechsel nach einer Stunde behob einige Schwächen in der Raumaufteilung.

Er nahm den schwachen Beausejour vom Platz, brachte dafür mit Estebán Paredes einen echten Stürmer, der sich neben Suazo gesellte. Dafür ging Sánchez zurück ins zentrale Mittelfeld auf die Position, die zuvor Tausendsassa Vidal eingenommen hatte, Letzterer besetzte ab sofort die linke Seite. Und plötzlich passte es: Sánchez hatte als Spiellenker hinter Fernández endlich eine klare Rolle, vorne gab es nun permanent zwei Anspielstationen, und die linke Seite war gewinnbringend besetzt. Was folgte, war die stärkste Phase der Chilenen.

Ecken drehen das Spiel

Die allerdings zwei Eckbälle brauchten, um das Spiel innerhalb weniger Minuten zu ihren Gunsten zu drehen – erst stocherte Paredes einen Schuss von Contreras über die linke, dann wuchtete Vidal einen Kopfball zum 2:1 in die Maschen. Wenig ließ in der Folge erwarten, dass die jungen Mexikaner noch einmal ins Spiel zurück kommen sollten.

In der Schlussphase machte Borghi aber wiederum etwas, was es unter Bielsa nicht gab: Er nahm mit Matí Fernández seinen Zehner raus und brachte mit Carlos Carmona einen zweiten Sechser neben Medel. Einen Spielstand zu verwalten gehört aber nicht zu den Stärken dieses chilenischen Teams, das in der Schlussphase auch prompt doch noch einmal richtig zittern musste. Doch die Mexikaner konnten ihre zwei Top-Chancen in der Nachspielzeit auch nicht mehr nützen.

Fazit: Chile ohne Bielsa ist eben Chile ohne Bielsa

Die Stärken und Schwächen dieser Mannschaft haben sich in den letzten zwölft Monaten nicht verändert – wie auch, schließlich waren alle elf Spieler aus dieser Partie auch bei der WM in der Stammformation. Geändert hat sich allerdings, wie diese Mannschaft von der Trainerbank aus gelenkt wird: Viel durch die Mitte, kaum Flügelspiel, abwartenderes und ballbesitzorientieres Spiel als unter Bielsa, und vor allem gab es mit Sánchez einen Spieler, bei dem eine Stunde lang nicht klar war, das den nun seine Kernaufgabe sein soll.

Natürlich, diese Mannschaft aus Chile machte von allen zwölf Teilnehmern im ersten Durchgang dennoch den klar besten Eindruck, und wäre die Chancenverwertung nicht ebenso bescheiden wie in Südafrika, wäre die mexikanische De-facto-U21 deutlich höher geschlagen worden. Aber es ist augenscheinlich, dass es „El Loco“ deutlich besser verstand als Nachfolger Borghi, wie die Stärken dieses Kaders am besten zur Geltung kommen.

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Pizarro verletzt, Farfán verletzt, dazu mit Juan Vargas der dritte Star von Peru nur fit genug für die Bank – und das bei jenem Team, das zuletzt das schlechteste in der WM-Quali von Südamerika war, auf der einen Seite. Auf der anderen die lateinamerikanische Verion von Napoli…

Uruguay - Peru 1:1

Denn nicht nur die Farbe, in der Uruguay antritt, ist ebenso in hellblau gehalten wie die bei Napoli. Nein, auch die Spielweise ähnelt jener des Dritten der abgelaufenen Saison in der Serie A, bei dem Edinson Cavani eine sensationelle Saison spielte, durchaus: Hinten sicher stehen, das Zentrum zumachen, und vorne drei tolle Individualisten, die nicht an eine Position gebunden sind, sondern machen können was sie wollen – unterstützt von den Flügelspielern, die für die nötige Breite sorgen sollen.

Bei Uruguay heißen die drei Star-Spieler in der Spitze eben Cavani, Forlán und Suárez, aber ihr Zusammespiel haperte ziemlich. Zwar bekamen die drei vom Gegner viel Platz zwischen den Reihen serviert, in denen sie sich ausbreiten und ihre Positionen wild tauschen konnten, aber ihr Passspiel war nachlässig, ja beinahe überheblich, und es war letztlich doch immer ein peruanisches Bein dazwischen, dass einen allzu lässigen Pass abfangen konnte.

Flügel dicht

Die Peruaner wussten, dass sie es mit der Klasse des Uru-Trios ganz vorne nicht aufnehmen konnten, und konzentrierten sich darauf, es der Celeste so schwer wie möglich zu machen, die drei mit leicht zu verarbeitenden Bällen zu versorgen. So übten Cruzado und Guevara Druck auf Diego Pérez und vor allem Nico Lodeiro aus. Und, noch viel wichtiger: Die Außenstürmer im perunaischen 4-3-3, Advincula und Yotun, standen sehr hoch und beschäfrigten die uruguayanischen Flügel.

So konnten Maxi Pereira und (vor allem) Martín Cáceres nicht für die dringend benötigte Breite sorgen. Das aufs Zentrum reduzierte Angriffsspiel von Uruguay beschränkte sich somit immer mehr auf lange Bälle auf das Angriffs-Trio, am ehesten zog sich Cavani ins Mittelfeld zurück, um sich die Bälle zu holen.

Rückstand schockt Uruguay nicht

Dass diese Marschroute richtig war, wurde spätetestens klar, als nach einem Eckball für Uruguay ein Pass aus der peruanischen Verteidigung den aus der eigenen Hälfte startenden Paolo Guerrero fand, der noch Uru-Goalie Muslera ausspielte und zum 1:0 einschob. Das peruanische Zentrum zog sich daraufhin etwas zurück und machte den Platz für das Angriffstrio der Celeste noch enger.

In der Phase vor der Pause gelang es jedoch Maxi Pereira immer besser dem international unerfahrenen Yotun öfter hinter sich zu lassen und zumindest über seine rechte Seite das Spiel in den Griff zu bekommen. Peru bekam so hinten mehr zu tun, und aus einer Unachtsamkeit heraus konnte Suárez von Forlán kurz vor der Halbzeit doch noch freigespielt werden und das 1:1 erzielen.

Tabarez reagiert, Makarián zieht nach

In den Anfangsminuten des zweiten Spielabschnitts drückte die Celeste auf den Führungstreffer. Forlán ließ sich nun zentral etwas weiter zurückfallen und war so für Lodeiro leichter anzuspielen, zudem rückte die ganze Verteidigungslinie im Ballbesitz deutlich weiter auf als zuvor. Peru hatte damit sichtlich Probleme und alle Hände voll zu tun, um nicht nach dem Ausgleich auch den Rüstand hinnehmen zu müssen.

Perus Teamchef Serio Makarián reagierte nach einer Stunde und brachte seinen letzten verbliebenen Star, Juan Vargas von der Fiorentina, doch noch – Yotun, der mit Pereira immer größere Probleme bekam, verließ das Feld. Zudem kam statt Guevara mit Carlos Lobatón ein neuer Bewacher für Lodeiro. Beide Wechsel zeigten enorme Wirkung: Lodeiro war nun vom wiederum deutlich weiter vorne stehenden Forlán abgeschnitten, und Maxi Pereira stolperte gegen Vargas von einer Verlegenheit in die Nächste

Peru bleibt zielstrebiger

Die Pässe bei Uruguay, vor allem in der Offensive, blieben über die ganze Spielzeit ungenau und ließen eine konstante Angriffsleistung nicht zu. Der Celeste fehlte es an der Kompaktheit und mitunter sah das Team einfach schlecht aufeinander abgestimmt aus; weniger in der Defensive, aber in der Distribution nach vorne und im Aufbau von Angriffen.

Ganz anders die erstaunlichen Peruaner, die in der Schlussphase mit einem Kopfball von Guerrero (natürlich nach Flanke von Vargas) sogar noch die Riesenchance auf den Siegtreffer hatten. Die Roten agierten viel zielstrebiger im Spiel nach vorne und der Punkt, den die für das letztlich kaum noch gefährdete 1:1 mitnahmen, ist hochverdient.

Fazit: Der nächste Underdog mit funktionierendem Plan

Man muss sich die Frage stellen, wie es möglich ist, dass die Mannschaft von Peru in den letzten Jahren ein so jämmerliches Bild abgegeben hat. Mit Pizarro und Farfán fehlen zwei der drei besten Spieler, mit Vargas ist der dritte nur eine halbe Stunde dabei, und dennoch hatte die Mannschaft den WM-Vierten am Rande der Niederlage. Gute Organisation, konsequentes Dichtmachen der gegenrischen Flügel und geradliniges Spiel nach vorne waren die Zutaten zu einer sehr respektablen Leistung.

Aber was war mit Uruguay los? Die Celeste enttäuschte wie schon die Mitfavoriten Brasilien und Argentinien zum Auftakt; das Weltklasse-Angriffstrio konnte seine Gefährlichkeit nur andeuten. Zu wenig Zug zum Tor und vor allem viel zu schlampiges Passspiel machten es der guten peruanischen Defensive nicht allzu schwer, Uruguay bei nur einem Tor zu halten. Auch für das Team von Oscar Tabárez gilt: Das muss noch besser werden!

(phe)

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Napoli ein Spitzenteam? (Noch) nicht. https://ballverliebt.eu/2011/02/24/napoli-ein-spitzenteam-noch-nicht/ https://ballverliebt.eu/2011/02/24/napoli-ein-spitzenteam-noch-nicht/#comments Thu, 24 Feb 2011 22:49:13 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4186 Napoli ein Spitzenteam? (Noch) nicht. weiterlesen ]]> Der Überraschungs-Zweite der Serie A gegen das Team, dass in Spanien um den Titel „Best of the Rest“ kämpft, Teil zwei: Im Hinspiel neutralisierten sich Napoli und Villarreal. Beim 2:1-Sieg der Spanier im Rückspiel zeigte sich vor allem, dass die Italiener zwar ein gutes Team stellen – aber keine Spitzenmannschaft.

Villarreal CF - SSC Napoli 2:1

Walter Mazzarri änderte sein Team gegenüber dem Hinspiel nur auf einzelnen Position, nicht aber seine bewährte Grundformation des 3-4-2-1; wobei die wohl wichtigste Änderung Edinson Cavani betraf: Er saß zunächst auf der Bank und José Ernesto Sosa begann. Bei Villarreal standen bis auf Senna (für ihn rückte Valero ins Team) die selben Spieler in der Startelf wie beim 0:0 im Hinspiel letzte Woche. Was auch hieß: Die Partie verlief auch sehr ähnlich dem von vor sieben Tagen.

Villarreal versuchte sich an der Spielgestaltung, was vom konsequenten und frühen Pressing der Italiener aber erfolgreich gestört. Selbst lief sich der aktuelle Zweite der Serie A aber nach Ballgewinnen praktisch immer in der schnell wieder dicht gestaffelten Abwehr der Spanier fest. Kam Villarreal doch einmal in die Nähe des Napoli-Strafraums, gab es dort ob der systembedingten Unterzahl kein Durchkommen. So war das Tempo des Spiels hoch, genauso die Intesität, aber Torszenen blieben aus.

Eminent wichtig waren im taktischen Duell natürlich vor allem beim Aufeinandertreffen des 4-4-2 von Villarreal mit dem 3-4-2-1 von Napoli die Kämpfe um die Flanken. Hier setzten sich über das Spiel gesehen die Spanier durch: Cani und Gaspar schafften es, dass Dossena zu keinem Zeitpunkt ernsthaft ins Spiel kam. Die linke Seite von Napoli war somit völlig aus dem Spiel.

Die andere Seite beackerte Zuniga mit etwas mehr Erfolg. Er hielt zum einen Cazorla gut ruhig und ging auch immer wieder beherzt nach vorne, konnt aber andererseits nicht verhindern, dass Weltmeister Capdevila oftmals tief in der Napoli-Hälfte auftauchte. Aber wenn bei Napoli was ging, dann über Zunigas Seite.

Logische Folge: Führung aus einem Eckball

So war es beinahe logisch, dass das 1:0 für Napoli aus einer Standardsituation entstand: Eine kurz abgespielte Ecke von rechts, eine Flanke vor das Tor und Hamsík köpft (wenn auch aus schwer abseitsverdächtiger Position) zum 1:0 für die Italiener ein. Was die mitgereisten Fans so heftig bejubelten, dass der Zaun zwischen Tribüne und Platz kollabierte und ein Dutzend Fans aufs Feld purzelten…

Ein Tor, das seine Wirkung nicht verfehlte – denn nun konnte sich Napoli etwas zurück ziehen und Villarreal etwas defensiver erwarten; schließlich brauchten die Hausherren nun schon zwei Tore. Angesichts der Tatsache, dass Zuniga und Dossena sich nun also normale Außenverteidiger verhalten konnten und die Seiten defensiv gut zumachten, standen dann immer noch drei Innenverteidiger und zwei defensive Mittelfeldspieler zur Verfüngung, die Villarreal auch noch umkurven musste. Kein Wunder, dass die Angriffsversuche der Spanier immer hilfloser wurden und das Tempo alsbald komplett aus ihrem Spiel wich. Napoli hatte alles fest im Griff, und als Lavezzi aus einem Konter ganz alleine auf Keeper Diego Lopez zulief, hätte es schon die Vorentscheidung sein müssen – aber der Villarreal-Goalie parierte (27.).

Zwei Fehler, zwei Gegentore

Es sah bei Napoli alles bombensicher aus, aber dann passte in der 42. Minute für einmal doch die Zuordnung nicht: Cribari grätschte daneben, ein schneller Steilpass vor das Tor, und Nilmar setzte sich gegen den zurückgeeilten Hamsik (!) durch – der Ausgleich. Und ehe es sich die Italiener versahen, lagen sie noch vor dem Pausenpfiff sogar im Rückstand: Ballverlust in der Vorwärtsbewegung, schneller Ball auf Giuseppe Rossi, und dessen Schuss wird für Napoli-Schlussmann Morgan de Sanctis unhaltbar abgefälscht.

Den doppelten Nackenschlag konnte Napoli nicht so ohne Weiteres verarbeiten, wie die Anfangsphase der zweiten Hälfte deutlich zeigte. Es häuften sich nun die Fehlpässe, die Abwehr (die mit Cannavaro und Aronica ja gleich ohne zwei Stammverteidiger spielte) begann zu schwimmen. Zudem war das Spiel der Italiener weiterhin sehr eindimensional rechtslastig.

Mit Cavani kommt Schwung, aber auch Planlosigkeit

In der 53. Minute brachte Mazzarri dann mit Edinson Cavani seinen Superstar in der Spitze statt des unauffälligen Sosa. Mit dem Uruguayer kam zwar sofort Schwung in das Spiel der Italiener: Cavani hatte sofort die erste Kopfball-Chance (55.), traf den Pfosten (66.) und setzte einen Fallrückzieher über das Tor (72.).

Doch in gleichem Maße wich das durchdachten Spiel der ersten Hälfte immer mehr einem eher planlosen Angriffsspiel nach dem Motto „Gib den Ball einem der drei da vorne, die werden schon was draus machen“. Natürlich kann man einen wie Cavani nie ganz ausschalten, aber Villarreal machte einen guten Job, das so gefährliche Angriffstrio Cavani/Lavezzi/Hamsik (die 33 von Napolis 41 Serie-A-Toren erzielt haben) aus der unmittelbaren Gefahrenzone fern zu halten.

Daran änderte sich auch nichts, als Mazzarri zehn Minuten vor Schluss Innenverteidiger Cribari vom Platz nahm und mir Mascara einen weiteren Stürmer brachte. Im Gegenteil – Villarreal hatte im Konter sogar noch diverse Chancen, mit einem dritten Tor das Spiel zu entscheiden.

Fazit: Der kühlere Kopf gewinnt

Eigentlich hatte Napoli ja den besseren Matchplan: Frühes Pressing, hinten gut zumachen, vorne auf die individuelle Klasse bauen. So hatten die Italiener Villarreal in der ersten halben Stunde voll im Griff. Nach der Führung aber ließen sie die Zügel zu schnell schleifen und die Spanier nützten zwei Fehler gnadenlos aus. Nach der Pause fehlte es Napoli an der Ruhe, wieder zum eigenen Spiel zurück zu kehren und die Spanier brachten den Sieg über die Zeit.

Im größeren Kontext sagt dieses Spiel mehr über Napoli aus, als über Villarreal. Die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass es beim Zweiten der Serie A noch an der Klasse fehlt, gegen einen qualitiativ wirklich guten Gegner Rückschläge zu verarbeiten und die Ruhe zu bewahren, wenn es darauf ankommt. Das unterscheidet eine gute Mannschaft von einem Spitzenteam – und letzteres ist Napoli dann doch (noch) nicht.

(phe)

Lest auch die Analyse des Hinspiels auf ballverliebt

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