brückner – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 14 Jun 2016 08:42:58 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 18 Jahre im Zeitraffer: Wie das ÖFB-Team wurde, was es heute ist https://ballverliebt.eu/2016/06/14/18-jahre-im-zeitraffer-wie-das-oefb-team-wurde-was-es-heute-ist/ https://ballverliebt.eu/2016/06/14/18-jahre-im-zeitraffer-wie-das-oefb-team-wurde-was-es-heute-ist/#comments Tue, 14 Jun 2016 08:30:59 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12606 18 Jahre im Zeitraffer: Wie das ÖFB-Team wurde, was es heute ist weiterlesen ]]> Fünf Trainer versuchten sich vergeblich, zahllose Spieler kamen zum Einsatz, aber das Resultat war immer das gleiche: Österreich verpasst die Qualifikation für die Endrunde. Das war seit der WM 1998 immer so – bis der Bann nun gebrochen wurde. Wir blicken kurz zurück: Das waren die Teams, die die jeweiligen Zwei-Jahres-Zyklen für das ÖFB-Team bestritten haben.

Vorrunde bei der WM 1998

Österreich WM 98
WM 1998 – Ø-Alter 31 Jahre

Das Team von 1998 war das letzte, das sich auf sportlichem Wege für ein großes Turnier qualifiziert hat, als Gruppensieger vor Schottland und Schweden. Der Höhepunkt dieses Teams war das 1:0 in der Qualifikation gegen Schweden – jenes Spiel, das das die Weichen für den Gruppensieg endgültig stellte.

Zur WM selbst schleppte sich das Team eher, als dass es eine wirkliche Euphorie gegeben hätte: Polster stieg mit Köln ab, Herzog lief seiner Form hinterher, die Testspiele waren furchtbar (0:3 gegen die USA, 2:3 gegen Ungarn). Seinen Zenit hatte das Team überschritten und die Spielanlage bei der WM war recht defensiv; gegen Kamerun spielten drei DM hinter Herzog, gegen Chile drei DM und gar kein Herzog davor – in beiden Partien wurde Roman Mählich neben Kühbauer und Pfeifenberger eingesetzt. Beide Partien endeten dank österreichischen Ausgleichs-Toren in der Nachspielzeit 1:1.

Hannes Reinmayr, im Vorfeld der WM deutlich besser in Form als Herzog, kam erst im letzten Spiel gegen Italien von Beginn an ran, der eingewechelste Herzog erzielte das 1:2-Ehrentor per Elfer in der Nachspielzeit.

Quali zur Euro 2000

Österreich EM 2000
Quali für die EM 2000 – Ø-Alter 30 Jahre

Nach der WM waren die Team-Karrieren von Konsel (eher freiwillig) und Polster (eher weniger freiwillig) beendet, Wolfgang Feiersinger spielte nur noch eine Partie.

Eine wirkliche Verjüngung fand aber nicht statt – die neuen Leute Winklhofer, Mayrleb und vor allem Wohlfahrt waren keine echten Jungspunde mehr. Auch am System änderte Herbert Prohaska nichts (auf was auch, es spielte kein Bundesliga-Team anders als mit Libero, Manndecker und Zehner); allenfalls verzichtete er auf eine zweite Spitze zugunsten eines weiteren DM.

Nach drei mühsamen Spielen mit sieben Punkten (gegen Israel, Zypern und San Marino) lief man in Valencia in das längst legendäre 0:9. Otto Baric übernahm, suchte eifrig einen neuen Libero (und probierter etwa Zoki Barisic und Ivica Vastic auf dieser Position aus). Nach dem 0:5 in Tel-Aviv beendete Österreich die Gruppe als Dritter hinter Spanien und Israel und knapp vor Zypern.

Quali zur WM 2002

Österreich WM 02
Quali für die WM 2002 – Ø-Alter 30 Jahre

Für seine erste volle Quali-Kampagne legte sich Baric auf den in Hochform agierenden Routinier Michael Baur von Serienmeister FC Tirol fest, er grub Thomas Flögel aus der schottischen Liga aus und setzte von Beginn an auf den jungen Martin Stranzl, der sich beim deutschen Bundesliga-Mittelständler 1860 München festgespielt hatte. Dafür waren Schöttel, Pfeffer, Mählich und Cerny kein Thema mehr.

Am grundsätzlichen Fußball änderte sich aber nichts: Libero und Manndecker, Andi Herzog als Zehner, zwei Stürmer davor. Die restliche Fußballwelt hatte sich zum großen Teil schon weiter entwickelt, Österreich lebte von Elfer-Killer Wohlfahrt und Andi Herzog in seinem letzten Frühling.

Nach dem der Setzliste gemäßen zweiten Platz hinter Spanien und vor Israel ging es mit einem Haufen von Replacements (Stichwort Israel-Verweigerer) in zwei Playoff-Niederlagen gegen die Türkei.

Quali zur Euro 2004

Österreich EM 04
Quali für die WM 2004 – Ø-Alter 28 Jahre

Hans Krankl übernahm, probierte tonnenweise mehr oder weniger (überwiegend weniger) talentierte Spieler und kündigte großmundig den radikalen Schnitt und die totale Verjüngung des ÖFB-Teams an.

Der radikale Schnitt passierte (nur drei Stammkräfte der letzten Quali überlebten), das mit der Verjüngung war eine oft wiederholte, aber dadurch nur umso dreistere PR-Lüge: Die neuen Fixleiberl-Kicker waren an die bzw. über der 30er-Marke. Krankl stellte auf Viererkette um (wiewohl das ziemlich stocksteif interpretiert wurde), oft mit Roland Kirchler als hängende Spitze.

Herzog war nach einem mäßigen Intermezzo bei Rapid in die MLS zu den L.A. Galaxy gewechselt und kein Thema mehr; anonsten galt: Wenn wir schon verlieren, dann wenigsten mit 28-Jährigen und nicht mit 31-Jährigen. Es wurden die Gesichter getauscht, aber nicht das Prinzip. Es war die verlorene Generation.

In der Quali für die EM 2004 gab es im Grunde nur ein einziges gutes Spiel (das 5:0 gegen Weißrussland), dafür eine Niederlage mit einer besonders untauglichen Leistung in Moldawien. Gegen die Gruppen-Favoriten Tschechien und Holland gab es keinen Punkt und in der Gruppe mit Monster-Rückstand den dritten Platz.

Quali zur WM 2006

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Quali für die WM 2006 – Ø-Alter 28 Jahre

Nach zwei Jahren des personellen Irrlichterns hatte Krankl erkannt, dass es eh nix bringt und holte Kühbauer (längst im biblischen Alter) zurück, setzte verstärkt auf Christian Mayrleb in seinem dritten Frühling und wechselte wild die Torhüter durch. Mit Ivanschitz und Pogatetz durften auch zwei tatsächlich noch eher junge Spieler ran.

Das Team hatte zu dieser Zeit eine deutlich merkbare GAK-Schlagseite (Standfest, Ehmann, Pogatetz, Aufhauser und auch Schranz wurden mit den Grazern 2004 Meister) – was logisch war, da beim anderen Top-Team jener Zeit (der Austria) praktisch keine Österreicher spielten und man Legionäre von nennenswerter Qualität bequem an einer Hand abzählen konnte.

Nach einem erfreulichen 2:2 gegen England zum Auftakt ging in der Folge aber einiges schief – Heimniederlage (trotz ansprechender Leistung) gegen Polen und ein 3:3 in Nordirland ließen Krankls Elf schnell wieder ins Hintertreffen geraten. In Wales gab es einen verdienten Sieg, weil Krankl versehentlich mal was richtig gemacht hatte (Stranzl statt des gesperrten Aufhauser im Mittelfeld), was er vier Tage später gleich wieder rückgängig machte – und Österreich war wieder so planlos aus wie sonst auch. Nach zwei erschütternd ambitionslosen Spielen in Polen (2:3) und Aserbaidschan (0:0) war Krankl Geschichte.

Vorrunde bei der EM 2008

Vorrunde der EM 2006 – Ø-Alter 25 Jahre

Für die Heim-EM 2008 und die beiden Jahre der Vorbereitung durfte Pepi Hickersberger ran und er eliminierte alles, was er für zu alt oder für nicht tauglich oder beides hielt – wenn auch nur nach und nach. Davon abgesehen probierte er jeder Personalie, die nicht bei drei auf den Bäumen war – von Ertl bis Feldhofer, von Atan bis Mörz, von Eder bis Salmutter.

Er setzte in seinem ersten Jahr auf ein 4-4-2 und verlor damit gegen Ungarn und Costa Rica. Er setzte in seinem zweiten Jahr auf ein 4-2-3-1 und holte zumindest Remis gegen Ghana, England und Tunesien. Und erst kurz vor der EM stellte er auf die Dreierkette um, die in zwei der drei EM-Spiele zum Einsatz kam. Dazu baute er die ersten von jenen Burschen ein, die 2007 im Halbfinale der U-20-WM waren – Harnik, Prödl und Hoffer.

Bei der EM selbst startete man gegen Kroatien ultra-feig und erst die Einwechslung von Ümit Korkmaz brachte Schwung. Im zweiten Spiel gegen Polen dominierte Österreich, geriet aber durch ein Abseits-Tor in Rückstand und rettete gerade noch das 1:1. Und gegen die Deutschen hielt man gut mit, aber ein Ballack-Gewaltschuss brachte den deutschen Sieg und das österreichische Aus.

Man hatte sich weder blamiert noch wirklich aufgezeigt.

Quali für die WM 2010

Österreich WM 2010
Quali für die WM 2010 – Ø-Alter 24 Jahre

Der ÖFB schaffte es, als Hickersberger-Nachfolger den Tschechen Karel Brückner aus der geplanten Pension zurück zu holen und er baute erst einmal auf dem EM-Kader auf, brachte zudem die von Hicke ausgebooteten Scharner und Janko zurück. Mit ihnen gab es zum Start gleich mal ein 3:1 gegen Frankreich, danach aber ein peinliches 0:2 in Litauen, ein peinliches 1:1 auf den Färöern und ein bitteres 1:3 daheim gegen Serbien.

Dem ausgebrannten Brückner ließ immer wieder durchklingen, dass er sich eigentlich nicht wirklich für den Job interessiert, hinzu kamen Sprachschwierigkeiten und fehlende Chemie zur Mannschaft, die sich etwas vernachlässigt fühlte. Darum wurde Brückner nach nur einem halben Jahr im Amt entsorgt und durch Didi Constantini ersetzt. Der Tiroler verfrachtete gleich mal Andi Ivanschitz ins Aus, dafür holte er ein paar junge Burschen mit erst einer Handvoll Bundesliga-Einsätzen: Dragovic und Baumgartlinger von der Austria, Pehlivan von Rapid, Jantscher und Beichler von Sturm. Man brachte die Qualifikation mit Anstand zu Ende und landete hinter Frankreich und Serbien auf dem dritten Rang; beim letzten Match im Stade de France durfte auch David Alaba debütieren.

Quali für die EM 2012

Österreich EM 2012
Quali für die EM 2012 – Ø-Alter 27 Jahre

Constantini ekelte in der Folge einige weitere Teamspieler raus, die gerne etwas besser auf Spiele vorbereitet werden wollten und das auch so artikulierten – Garics und Stranzl etwa, auch Manninger hatte von Constantinis Sprunghaftigkeit schnell genug.

In der Quali für die EM 2012 startete man mit einem äußerst glücklichen Erfolg gegen Kasachstan und einem Arbeitssieg gegen Aserbaidschan, es folgte ein turbulentes Remis in Belgien. Mit sieben Punkten aus den ersten drei Spielen wähnte sich der Boulevard schon auf halbem Weg zur EM – aber im verbleibenden Jahr von Constantinis Amtszeit gab es keinen einzigen Sieg in einem Quali-Spiel mehr.

Die Auftritte wurden immer noch planloser, Constantinis Wortmeldungen immer noch pampiger, und nach einem lähmenden Jahr des DiCo’schen Abwehrkampfes gegen das 21. Jahrhundert war seine Zeit als Teamchef endlich abgelaufen. In seinen knapp drei Jahren holte der fünf Siege in Pflichtspielen.

Die übermächtigen Besiegten: Rumänien, Färöer, Litauen, Kasachstan und Aserbaidschan.

Quali für die WM 2014

Österreich WM 2014
Quali für die WM 2014 – Ø-Alter 26 Jahre

Sehr zum Unmut von Alt-Teamspielern von Polster über Krankl bis Prohaska zauberte ÖFB-Sportchef Ruttensteiner danach den Schweizer Marcel Koller aus dem Hut. Unter ihm hatte das chaotische und selten nachvollziehbare Herumgewurstle der DiCo-Zeit ein Ende, dafür hielt nun endlich Bedacht und Seriosität Einzug. Koller legte sich recht schnell auf eine erste Elf fest (die jener von Constantinis Team beim 0:2 daheim gegen Belgien schon frappant ähnelte). Kein Teil des Teams mehr war Paul Scharner, der Koller daraufhin öffentlich die Fähigkeit für den Job absprach.

Personelle Kontinuität und eine stringente Strategie, die auf hohem Pressing und schnellem Umschalten aufgebaut war, wurde immer besser verinnerlicht. In der Qualifikation für die WM in Brasilien forderte man Deutschland, erkämpfte vier Punkte gegen Irland, remisierte daheim gegen Schweden und ließ nur einmal wirklich unnötig Punkte liegen – beim 0:0 in Kasachstan. Natürlich war das Team noch sehr von der Präsenz eines Junuzovic und den Toren von Alaba abhängig, aber es entwickelte sich etwas. Vor allem Marko Arnautovic, von Bremen nach Stoke gewechselt, kam in ruhigeres Fahrwasser. Und Veli Kavlak ersetzte den am Ende der Quali verletzten Baumgartlinger auch recht patent.

Bis zum vorletzen Spiel, jenem in Schweden, bestand eine realistische Chance auf das WM-Playoff, aber in Stockholm waren die Schweden (noch) zu abgezockt. Österreich wurde Dritter und hatte Schlagdistanz zum zweiten Topf hergestellt.

Quali für die EM 2016

Österreich EM 2016
Quali für die EM 2016 – Ø-Alter 28 Jahre

Praktisch unverändert ging Koller, der den Vertrag trotz heftigem Bezirzen des 1. FC Nürnberg und des Schweizer Verbandes verlängerte, in den nächsten Anlauf. Und es wurde immer besser.

Einem okayen 1:1 daheim gegen Schweden folge ein mühsames 2:1 auswärts in Moldawien, aber dann ging’s los mit der Siegesserie: Heim-Erfolge gegen Montenegro (verdient) und Russland (etwas glücklich), danach ein 1:0-Sieg in Moskau und, als Meisterstück, das 4:1 in Stockholm – damit war fix, dass Österreich erstmals nach 18 Jahren wieder auf sportlichem Wege für ein Großereignis qualifiziert war. Und der Sieg in Montenegro nach Rückstand und widrigem Spielverlauf war womöglich sogar der wichtigste – weil er gezeigt hat, dass das Team auch dann einen unbändigen Willen hat und nicht aufsteckt, wenn es nicht läuft und es eigentlich auch um nichts mehr geht.

Nun geht diese seit vier Jahren gewachsene Truppe also in die Europameisterschaft. Gegen Ungarn, Portugal und Island in der Vorrunde, und hoffentlich noch mit dem einen oder anderen Match in der K.o.-Phase.

Und der Aussicht, vielleicht nicht wieder 18 Jahre warten zu müssen, ehe es in eine Endrunde geht. Das wäre übrigens 2034.

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Als Kader-Bekanntgaben in Österreich noch spannend waren https://ballverliebt.eu/2015/09/03/oesterreich-koller-krankl-constantini-vergleich/ https://ballverliebt.eu/2015/09/03/oesterreich-koller-krankl-constantini-vergleich/#comments Thu, 03 Sep 2015 20:55:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11527 Als Kader-Bekanntgaben in Österreich noch spannend waren weiterlesen ]]> Kaderbekanntgaben sind unter ÖFB-Teamchef Marcel Koller zu einem völligen Non-Event geworden. Seit Jahren gibt es keine nennenswerten Überraschungen peronseller Natur, flockige und/oder jenseitige Aussagen des grundseriösen Schweizers gibt es auch so gut wie nie. Das war in der Vergangenheit anders: Da waren die Kader-Bekanntgaben nicht selten unterhaltsamer als das folgende Match. Eine kleine Rückschau.

„Man muss wieder vor uns Zittern“, gab der neue Teamchef zu Protokoll, als er in Eisenstadt seinen ersten Kader präsentierte. Ein Testspiel gegen die Slowakei stand an. Eine neue Ära sollte anbrechen. Drei Mann waren dabei, die noch nie im Kader waren. Vier weitere, die zwar schon mal im Kader waren, aber noch kein Länderspiel absolviert hatten, ebenso. Eine Kader-Bekanntgabe war das, die viel Slapstickhaftes hatte und doch ein Vorgeschmack werden sollte auf das, was in den nächsten Jahren noch so allem kommen sollte.

Es waren aber auch echte Kapazunder von internationalem Format, die Hans Krankl am 21. März 2002 da nominierte. Die 29-jährige Nachwuchshoffnung Thomas Hickersberger von Salzburg, der 25-jährige Thomas Höller von Aufsteiger FC Kärnten und Jürgen Panis, 27, vom FC Tirol. Das waren die drei Teamkader-Debütanten – auch René Aufhauser (25) vom GAK, Ferdinand Feldhofer (22) von Rapid, Goalie Roland Goriupp (30) vom FC Kärnten und Roland Linz (20) von der Austria sollten Europa erzittern lassen.

Didn’t quite work out.

Dafür waren Kader-Bekanntgaben von Krankl immer spannend. In seinem zweiten Spiel ließ er Rolf Landerl debütieren, 26 Jahre und bei Fortuna Sittard unter Vertrag. „Ich werde mir weiter Spieler anschauen, mit denen niemand rechnet“, gab Krankl nach dem 2:6 in Deutschland zu Protokoll – Landerls einzigem Länderspiel. Alleine in seinem ersten Jahr ließ Krankl 18 (!) Spieler debütieren (Durschnitts-Alter: 24 Jahre), in den neun Spielen kamen 39 (!!) verschiedene Spieler zum Einsatz. Dazu kamen arme Teufel wie Robert Golemac und und Helmut Riegler, die nominiert waren, aber nie spielen durften.

Völliges Irrlichtern

Auch in seinen drei weiteren Jahren wurde jede Kader-Bekanntgabe zu einem heiteren Rätselraten, welchen Spieler er denn diesmal aus dem Hut zaubern würde. Da die Ausländer-Quote in der Bundesliga damals bei rund 50 % lag, konnte sich eigentlich jeder Österreicher, der halbwegs regelmäßig zum Einsatz kam, darauf verlassen, früher oder später mal einen Anruf vom Teamchef zu bekommen. „Niemand ist vor Krankl sicher“, unkte die OÖN nach Krankls erstem Jahr. „Man könnte behaupten, dass man Hans Krankl so lange als Teamchef einberufen lässt, bis er einen Weltrekord im Ausprobieren von Spielern aufgestellt hatte“, in seinem dritten.

hanseSeine Nominierungs-PKs waren immer spannend. Einmal trat GAK-Goalie Franz Almer aus dem Team zurück, unmittelbar nachdem er als 31-Jähriger erstmals nominiert worden war („Sie haben mich 10 Jahre ignoriert, jetzt interessiert’s mich auch nimmer“). Alen Orman berief Krankl, „weil ich ihn kenne, da ich ihn als 18-Jährigen bei Gerasdorf trainiert habe“. „Ich werde einen Kader nominieren, über den sich viele wundern werden“, meinte Krankl, ehe er nach anderthalb Jahren Didi Kühbauer (damals 32 Jahre alt) von Zweitligist Mattersburg reaktivierte. Dieser musste danach verletzungsbedingt absagen und noch weitere anderthalb Jahre auf sein Team-Comeback warten.

Der Beste wo gibt

„Wir schlogn Wales zwoamoi“, hatte Krankl im TV-Interview nach dem 3:3 in Nordirland gesagt. „Keiner verlangt von uns, Wales zweimal zu schlagen“, als er drei Monate später den Kader für die beiden Spiele einberief.

Alex Hörtnagl wurde nominiert, einen Tag nachdem er sich einen doppelten Bänderriss zugezogen hatte und gerade operiert wurde. „Es gibt keinen besseren für den Teamchef-Job als mich“, sagte Krankl dennoch (nach einem Test-2:0 über Costa Rica). Und: „Morientes ist um nichts besser als Glieder“ – wohlgemerkt ein paar Wochen, nachdem er Glieder wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht in den Kader aufgenommen hatte. „Ich habe meinen Stamm gefunden“, erklärte er der verdutzten Reporterschar auch einmal – vier Monate später nominierte er die Spieler 49 und 50 in seiner bis dahin zweijährigen Amtszeit.

Hicke und Brückner

Es folgten sachliche und im Ton zuweilen einschläfernde Kader-PKs von Josef Hickersberger, der sich nur selten zu einem Bonmot hinreißen ließ. „Im Gegensatz zu Färöer sind Trinidad und Tobago zwei Inseln, also gleich doppelt gefährlich“, war eines der seltenen Highlights. Ansonsten regierte die Vernunft: „Kavlak und Junuzovic sind nicht dabei, weil ein U-21-Auswärtsspiel in Italien wertvoller ist als zehn Minuten im A-Team auf Malta“, erklärte Hickersberger etwa ganz ohne Pathos.

Vor gefühligen Ausbootungen war aber auch Hicke nicht gefeit: Scharner flog raus, weil er die schlechte Stimmung im Team monierte. Pogatetz, weil er inhaltliche Kritik übte. Prager, weil er sich über eine Auswechslung ärgerte. Linz, weil er zu Larifari-Trainingsleistungen neigt. Linz und Prager wurden nach vier Monaten pardoniert, Pogatetz nach einem Jahr, Scharner gar nicht.

Nachfolger Brückner kommunizierte zunächst nur via Dolmetsch und ließ diesen ausrichten, dass über seine Kader-Entscheidungen keine Fragen beantwortet werden. Überhaupt war der „Weiße Vater“ nicht gerade der Wuchtldrucker der Nation. Kritik an ihm kommentierte er lapidar mit „gehört zum Job“, über den Rücktritt von ÖFB-Präsident Stickler meine er knapp: „Das ist seine Sache, nicht meine.“ Und den Wechsel von Marko Stankovic in die Serie B nach Triest hielt Brückner schlicht für „keine gute Idee“.

Deutschland sollte sich hinterfragen

Es folgte der grummelige und tirolerisch-bärbeißige Constantini „Ich möchte ihn aus der medialen Schusslinie nehmen“, gab er sich bei seiner ersten Nominierungs-PK gegenüber Andreas Ivanschitz väterlich-fürsorglich, nur um nach dem Spiel (einem 2:1 über Rumänien trotz einer ganz schlechten Leistung) zu grinsen: „Damit er und Stranzl wiederkommen, müssen sie die anderen erst mal rausspielen!“

dicoStranzl trat etwas später sauer aus dem Team zurück, Ivanschitz war unter Constantini nie dabei. „Wenn er in Mainz weiter so aufspielt, gehört er ins Team“, sagte der Teamchef im August 2009. „Wer eine Stammplatz-Garantie haben will, den nehm ich ihn nicht mit“, einen Monat später. Ivanschitz‘ Konter („Hab‘ ich nie gefordert, ich bin doch kein Trottel“) quittierte Constantini bei der nächsten Kader-PK mit der nächsten Nicht-Berufung und einem „Das Leben ist halt ungerecht, ich muss nicht alles rechtfertigen“. In weitere Folge kam dann DiCos berühmter Sager, dass sich die deutsche Bundesliga hinterfragen muss, wenn Ivanschitz dort eine gute Figur abgibt.

Gute Gründe

Als der zuvor ausgebootete Alex Manninger seine folgende Nominierung mit dem Team-Rücktritt ablehnte, sagte Constanitini: „Soll ich vor ihm auf die Knie fallen und betteln?“ Als Ivanschitz mit Mainz in Flachau auf Trainingslager war, sprach der Teamchef nicht mit ihm: „Da standen 20 Autogrammjäger um ihn herum.“  „Er ist verrückt“, war dafür die offizielle Begründung dafür, dass Stefan Maierhofer berufen wurde, obwohl er nie beobachtet wurde.

Janko wurde einmal quasi prophylaktisch nicht berufen, weil Constantini nicht wusste, wie es um eine Knieblessur steht: „Ich hab‘ ihn drei, viermal angerufen, aber er hat nicht abgehoben.“ Arnautovic wurde im März 2011 trotz ständiger Espakaden in Bremen berufen: „Bei uns trifft er regelmäßig und liefert gute Leistungen ab. Deshalb ist er dabei.“ Beim nächsten Spiel fehlte Arnautovic im Aufgebot. Constantini: „Um wieder einberufen zu werden, muss er sich normalerweise total ändern.“

Constantini peitschte die Kader-Bekanntgaben üblicherweise in Rekordtempo durch, selten dauerte die PK länger als eine Viertelstunde. Seine pampige und nicht selten grantige Art und Weise, auf Nachfragen zu reagieren, trieb es den Anwesenden bald aus, ihn lange mit Fragen zu traktieren. Und als sich Veit Vinenz Fiala von 90minuten.at bei einer PK erdreistete, ihm eine spezielle Taktik-Frage zu stellen, war „Trottelgate“ die Folge.

Peinlichkeiten sind Vergangenheit

Nach vier Jahren Marcel Koller werden nun diese Kaderbekanntgeban kaum noch wahrgenommen. Und das ist gut so. Sätze wie „Die, die dabei sind, haben sich bewährt und genießen mein Vertrauen“ haben bei Koller in der Tat Hand und Fuß. Großartige Nachfragen sind gar nicht mehr wirklich nötig, weil eh alles eingespielt ist und nicht erklärt werden muss.

Peinliche Laviertänze wie von Constantini vor allem mit Ivanschitz gehören der Vergangenheit an. Krankls erstaunlicher Spagat zwischen absurder Selbstüberschätzung und clownesker Überforderung ebenso. Der Teamchef stellt sich weder mit übergroßem Ego noch mit betonter Griesgrämigkeit selbst in den Mittelpunkt.

Weil er es nicht nötig hat. Er lässt seine Arbeit für sich sprechen. Und die kann sich sehen lassen. Wenn nicht alles mit dem Teufel zugeht, qualifiziert sich Österreich für die EM in Frankreich 2016. An so einem Erfolg waren weder Krankl (wiewohl der auch nicht das Spielermaterial dazu hatte) noch Constantini auch nur nahe dran.

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Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 2: Verweigerer, Irreregulär und Alaba https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-2-verweigerer-irreregular-und-alaba/ https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-2-verweigerer-irreregular-und-alaba/#respond Wed, 09 Oct 2013 02:33:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9607 Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 2: Verweigerer, Irreregulär und Alaba weiterlesen ]]> Am Freitag kommt es zum Showdown: Österreich gastiert in der Friends-Arena von Stockholm, dann geht’s auf die Färöer-Inseln. Die entscheidenden Spiele, ob sich das ÖFB-Team erstmals seit 16 Jahren auf sportlichem Wege für ein Großereignis qualifizieren kann oder nicht. Aus diesem Anlass unser großer Zweiteiler: Österreich im Quali-Endspurt, ein Rückblick auf die letzten 24 Jahre: So lief es für Österreich in den Qualifikationen und so sah es kurz vor Ultimo aus.

Hier nach Teil 1 (1988-1999) nun hier Teil 2: Herzogs Tor in Israel, Krankls Ausraster in Belfast, und die Wiederauferstehung unter Koller.

2001: Ohne neun

Für die Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea kam es zum großen Déjà-vu – schon wieder ging’s gegen Spanien und Israel. Nach einigen mäßigen Testspielen (1:4 in Griechenland, 1:1 gegen Schweden, 1:2 gegen Kroatien) und einem erstaunlichen 5:1 bei Toni Polsters Abschiesspiel gegen den Iran lief die Quali mit einem ziemlich mühsamen 1:0-Sieg in Liechtenstein an. Ehe die Nation im Oktober 2000 mal für zwei Stunden von „Taxi Orange“ zu Österreich gegen Spanien umschaltete und das nicht bereute – das Spiel endete 1:1 und so lange der junge Martin Stranzl bis zu einer Verletzung auf dem Feld war, war Österreich sogar die bessere Mannschaft.

Dennoch: Das ÖFB-Team zu dieser Zeit war im Grunde nichts anderes als Andreas Herzog, Elferkiller Wohlfahrt und noch neun recht beliebig aufstellbare andere. Beim 1:1 gegen Spanien bereitete Herzog ebenso das österreichische Tor per Ecke vor wie beim 1:1 in Bosnien. Beim hart erkämpften 2:1 über Israel schoss Herzog das Siegtor und Wohlfahrt hielt einen Elfmeter, und beim nicht wirklich beeindruckenden 2:0 gegen Liechtenstein bereitete der alternde Spielmacher beide Treffer vor. Das 0:4 in Spanien sieht schlimmer aus als es war: drei Tore fielen erst in der Schlussphase.

Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea
Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea

Vor den letzten beiden Spieltagen lag Österreich punktgleich mit Israel und hatte neben dem Heimspiel gegen Bosnien noch die Reise nach Tel-Aviv am Spielplan stehen. Dabei war es ohne Relevanz, ob das ÖFB-Team gegen Bosnien gewann oder nur Remis spielte, in Israel dürfte so oder so auf keinen Fall verloren werden. Und selbst bei einer Pleite gegen Bosnien hätte man mit einem Sieg in Israel noch alles selbst in der Hand.

Gegen Bosnien war es einmal mehr Herzog, der ein ziemlich schwaches ÖFB-Team rettete, sein Doppelpack sicherte den 2:0-Sieg. Doch das eigentlich am 6. Oktober angesetzte Spiel in Israel wurde zwei Tage vor diesem Termin nach einem ungeklärten Absturz eines russischen Flugzeugs über Israel – Fehlgeleitete Rakete? Terroranschlag? – abgesagt; drei Tage, nach dem neun Spieler von Haus aus die Dienstreise nach Tel-Aviv wegen Sicherheitsbedenken verweigert hatten: Walter Kogler, Roland Kirchler, Robert Ibertsberger, Alfred Hörtnagl, Edi Glieder (alle Tirol), Christian Mayrleb, Martin Hiden (beide Austria), Günther Neukirchner (Sturm) und Didi Kühbauer (Wolfsburg).

Ohne diese neun aber mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe aus Replacements, darunter dem 39-jährigen Teamdebütanten Zeljko Vukovic, ging es mit dreiwöchiger Verspätung nach Israel, wo die Israeli nach einer Stunde durch einen Elfer in Führung gingen, Österreich sich aber nicht hängen ließ und Herzog in der Nachspielzeit einen Freistoß durch eine furchtbar gestellte israelischen Mauer hindurch zum 1:1 versenkte, woraufhin ORF-Kommentator Hans Huber mit Steinen und Orangen beworfen wurde.

Österreich war Gruppenzweiter – bis heute zum letzten Mal – und durfte (oder musste?) im Play-Off gegen die Türkei ran. Kogler, Ibertsberger, Hörtnagl und Neukirchner hatten sich mit der Verweigerungs-Aktion für alle Zeit selbst aus dem ÖFB-Kader eliminiert, alle anderen Israel-Boykottierer zumindest noch für die Türkei-Spiele. Gegen den späteren WM-Dritten standen Herzog und die noch beliebiger als zuvor schon aufgestellten zehn anderen auf verlorenem Posten – 0:1 und 0:5.

2003: Mörderische Gegner, mörderisches Loch

Nach der Demission von Otto Baric war erneut Ivica Osim – der bei Sturm nicht mehr ganz so glücklich war – einer der gehandelten Kandiaten, aber ÖFB-Präsident Mauhart hievte in einer seiner letzten Amtshandlungen Hans Krankl auf die Teamchef-Position. Nach dem Chaos um die Verweigerer, dem unweigerlich näher rückenden Ende von Herzogs Team-Karriere und mit der Qualifikation für die EM 2004 in Portugal vor der Brust versuchte es Krankl vor allem mit Händeauflegen und unübersichtlich vielen verschiedenen Spielern – in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit trugen 48 verschiedene Spieler das ÖFB-Trikot.

Nach durchwachsenen Testspielen (2:0 gegen die Slowakei, 0:0 gegen Kamerun, 2:6 in Deutschland und 2:3 in der Schweiz) und der Ankündigung, dass Österreich in naher Zukunft von ganz Europa um das Sturmduo Roman Wallner/Roland Linz beneidet werden würde, ging’s mit einem von zwei Herzog-Elfmetern gesicherten 2:0 gegen Moldawien los, gefolgt von einem erfreulichen 2:0 in Weißrussland.

So gut der Start war, so mörderisch waren aber die anderen beiden Gegner. Tschechien war gerade auf dem besten Weg dazu, Europas womöglich beste und mit Sicherheit aufregendste Mannschaft zu werden; und Holland hatte nach dem peinlichen Verpassen der WM 2002 auch einiges gutzumachen. Wenig überraschend war Österreich beim 0:3 gegen die Niederlande vor der Winterpause ebenso völlig chancenlos wie beim 0:4 in Prag nach der Winterpause. Der wahre Tiefpunkt sollte aber erst noch kommen, und zwar in Form des Trauerspiels von Tiraspol, der 0:1-Pleite in Moldawien. Chancen auf eine EM-Teilnahme hatte Österreich sowieso nie wirklich, und nun hatte man es auch geschafft, sich standesgemäß zu blamieren. Das 5:0 gegen Weißrussland vier Tage später war da nur ein kleiner Trost. Zumal man beim 1:3 in Rotterdam brav kämpfte, aber außer dem ersten Länderspieltor von Emanuel Pogatetz nichts zu holen war.

Quali für die EM 2004 in Portugal
Quali für die EM 2004 in Portugal

Das Loch, in das Österreich nach dem Ende der „Generation Frankreich“ gefallen war, war ein ganz schön enormes. Dennoch: Selbst wenn der ÖFB zu dieser Zeit ein besseres Team gehabt hätte, gegen die beiden kommenden EM-Halbfinalisten wäre kein Kraut gewachsen gewesen. Auch, wenn man am letzten Spieltag gegen die Tschechen, die schon als Gruppensieger feststanden und daher mit einer B-Elf daherkamen, fast eine Überraschung gegeben hätte. Erst zwei späte tschechische Tore sorgten für das 2:3 aus österreichischer Sicht.

2005: Irre-regulär

Für die Qualifikation zur WM in Deutschland durfte Krankl bleiben, aber für die Heim-EM zwei Jahre später, für die Österreich in der Zwischenzeit den Zuschlag bekommen hatte, verlängerte sich Krankls Vertrag nur, sollte er bei der WM-Endrunde das Achtelfinale erreichen. Eine pure Illusion, Utopie – wiewohl der Weg dorthin zumindest gut anfing.

Nämlich mit einem 2:2 im Heimspiel gegen England, für das man sich vor allem bei David James zu bedanken hatte, und einem 2:0-Pflichtsieg gegen Aserbaischan. Und auch gegen Polen machte man keine schlechte Figur, kassierte aber recht einfache Tore und verlor daheim mit 1:3 – der erste Rückschlag, dem vier Tage später ein weiterer folgen sollte. Und zwar das 3:3 in Nordirland, nach dem Krankl seine legendäre emotionsgeladene Rede im ORF-Studio hielt. Stichwort: „Irre-regulär“.

In jener Rede kündigte Krankl auch an, Wales zweimal zu schlagen. Hierbei hielt er Wort: Einem verdienten 2:0-Sieg in Cardiff folgte ein ziemlich glücklicher 1:0-Sieg über die Waliser in Wien. Damit hatte man die drei Nachzügler klar distanziert, und nach vorne war zumindest noch nicht aller Tage Abend. Der Stand in der Gruppe: England 16, Polen 15, Österreich 11. Hieß: Ein Sieg in Polen, und es ist noch was möglich. In Chorzów machte sich Krankls ultra-defensive Aufstellung mit drei defensiven Mittelfeld-Spielern, ohne Zehner und mit einer Spitze nicht bezahlt: Österreich verlor mit 2:3, die Sache war erledigt und die Luft draußen. Einen beängstigend blutleeren Auftritt beim 0:0 in Aserbaidschan später war Krankl Geschichte.

Quali für die WM 2006 in Deutschland
Quali für die WM 2006 in Deutschland

Für die letzten beiden Spiele, die eigentlich schon die ersten Tests für die zweieinhalb Jahre später anstehende Heim-EM waren, übernahm Willi Ruttensteiner das Team und mit ihm gab es einen erstaunlich strukturierten Auftritt in England. Die Three Lions brauchten den Sieg unbedingt, um Polen noch abzufangen, und sie bekamen ihn – wenn auch nur mühsam und durch ein Elfmeter-Tor mit 1:0. Vier Tage später verabschiedete sich das ÖFB-Team mit einem 2:0 gegen Nordirland von der Gruppe und Emanuel Pogatetz mit einer roten Karte von der Heim-EM, ehe er ein Jahr später von der UEFA pardoniert wurde.

2007: Keine Quali, aber erstaunlich schlechter Fußball

Vor der Europameisterschaft im eigenen Land lief die Qualifikation natürlich ohne Österreich ab. Josef Hickersberger, der 15 Jahre nach Landskrona auf den Teamchef-Posten zurückkehrte, experimentierte viel und nahm dabei sowohl grässliche Leistungen als auch maue Resultate in Kauf. Wie gleich mal ein 0:2 daheim gegen Kanada zum Start, oder ein 2:1 gegen Liechtenstein – bei dem die Liechtensteiner das um eine Klasse bessere Team waren. Auf Malta sorgte ein abgefälschter Freistoß von Ivanschitz mit dem einzigen halbweg ernst zu nehmenden österreichischen Torschuss im ganzen Spiel für ein glückliches 1:1.

Der spielerische Tiefpunkt war im September 2007 erreicht, mit erbärmlichen Darbietungen bei einem Mini-Turnier gegen Japan und Chile, ein maues 1:3 bei EM-Co-Gastgeber Schweiz folgte. Einige Witzbolde in Tirol initiierten sogar eine Petition, dass Österreich bitte nicht teilnehmen muss, um sich die drohende Blamage zu ersparen. Es flackerte lange nur vereinzelt ein wenig Hoffnung durch, wie etwa bei einem anständigen 1:1 gegen Ghana oder einem richtig guten 3:2 gegen die Côte d’Ivoire. Zudem erreichte die U-20 bei der WM in Kanada sensationell das Halbfinale, mit Harnik, Hoffer und Prödl sprangen sogar noch drei aus dieser Truppe auf den EM-Zug. auf.

Erst unmittelbar vor der EM und mit der Umstellung auf eine Dreierkette besserte sich Österreich merklich. Beim 0:3 gegen Deutschland spielte man das DFB-Team trotz der letztlich klaren Niederlage lange her, ebenso die Holländer beim 3:4 – als Österreich zwischenzeitlich aber 3:0 geführt hatte. Bei der EM selbst gab’s ein 0:1 gegen Kroatien (bei dem mehr möglich war), ein 1:1 gegen Polen (bei dem mehr möglich war) und ein 0:1 gegen die Deutschen (die dabei wiederum nicht zu überzeugen wussten). Es war weder ein wirklicher Erfolg, noch eine echte Blamage.

2009: Kurz-Tripp mit dem Weißen Vater

Nach der EM und Hickersbergers Abgang konnte ÖFB-Präsident Stickler den scheidenden tschechischen Teamchef Karel Brückner überreden, Österreich zu übernehmen. Mit dem „Weißen Vater“ gab es gleich mal ein erfreuliches 2:2 in einem Test gegen Italien und zum Start in die Quali für die WM in Südafrika ein wundervolles 3:1 gegen Frankreich. Alle waren happy. Oder, naja, viele.

Erste Verfallserscheinungen gab’s schon vier Tage später in Litauen. In einer an sich klassischen 0:0-Partie trafen die Litauer zweimal, gewannen 2:0. Ein Spiel, das auch durch die erstaunliche Performance von Stefan Maierhofer berühmt wurde. Das de-facto-Aus kam dann schon beim dritten Spiel, bei dem Österreich auf den Färöern trotz heftigen Winds konsequent auf hohe Bälle setzte und nur 1:1 spielte. Vier Tage später gab’s ein 1:3 daheim gegen Serbien und die Quali war schon wieder gelaufen, bevor es überhaupt Winter geworden war.

In diesen Chaos-Herbst 2008 hinein trat dann auch noch Stickler zurück. Sein Nachfolger Leo Windtner legte Brückner alsbald die Pension nahe und Didi Constantini sollte retten, was noch zu retten war – also in erster Linie Gruppenplatz drei. Constantini eliminierte in einer ersten Amtshandlung Kapitän Ivanschitz und ließ ihn demonstrativ bis zum Ende seiner Amtszeit draußen, dafür gab er Jungspunden wie Dragovic und Pehlivan die Chance. Es gab trotz furchtbarer Leistung ein 2:1 gegen Rumänien und trotz einer sehr guten Leistung ein 0:1 in Serbien. Nach der Sommerpause wurden die Färöer locker 3:1 geschlagen und in Rumänien gab es ein 1:1, mit dem der dritte Platz schon recht sicher schien.

Quali für die WM 2010 in Südafrika
Quali für die WM 2010 in Südafrika

Da Frankreich noch ein Heimspiel gegen die Färöer offen hatte (und das dann auch 5:0 gewann), war Platz zwei schon vor den letzten beiden Spielen außer Reichweite. Gegen Litauen wollte Constantini seine Mannschaft partout nicht als Favorit sehen, und so spielte sie letztlich auch – erst ein Elfer-Geschenk brachte den 2:1-Sieg und damit auch rechnerisch Platz drei. Das weitgehend sinnbefreite letzte Spiel in Frankreich nützte Constantini dazu, noch einmal eine ganz besonders abstruse Aufstellungs-Variante an den Start zu bringen und dazu, David Alaba sein Debüt im Nationalteam zu ermöglichen. Frankreich gewann 3:1, aber das Ergebnis war nicht mal zweitrangig.

2011: Lähmend bis zum Ende

Deutschland in der Gruppe, dazu die aufstrebenden Belgier und die immer ganz guten Türken: Österreich hatte keine leichte Gruppe für die Quali zur EM in Polen und der Ukraine bekommen. Dass man aber schon im ersten Spiel daheim gegen Kasachstan bis zur 91. und 93. Minute braucht, um einen nicht wirklich verdienten 2:0-Sieg einzufahren, hatte dann doch keiner geglaubt. Es war aber ein Omen, wie lähmend die Quali verlaufen sollte und wie offensichtlich die Rückschritte waren, die das Team unter dem grummeligen Constantini machte. Gegen Aserbaidschan ging man früh in Front, kam so zu einem unspektakulären 3:0.

Das folgende Spiel in Belgien sollte zum Sinnbild werden: Eine Mannschaft, in der richtig Talent steckt, und ein Teamchef, der damit nicht wirklich schritthalten kann. Am Ende stand ein 4:4, dem eine große Euphorie folgte, und der Euphorie folgte nach dem Jahreswechsel ein 0:2 zuhause gegen die Belgier. Die Konsequenz war, dass sich das ÖFB-Team auch in Istanbul nichts zutraute und mit einer ähnlich mutlosen Performance ebenso 0:2 verlor, was eigentlich schon dem Ende gleichkam. Das letzte Aufbäumen gab’s daheim gegen Deutschland, wo Österreich die sicherlich beste Leistung unter Constantini zeigte, aber in der Nachspielzeit mit 1:2 verlor.

Spätestens da war klar, dass die Quali-Chancen endgültig dahin waren, aber dennoch konnte sich beim ÖFB niemand zu einer Entscheiung pro oder contra Constantini durchringen. Erst nach dem 2:6 in Deutschland und dem 0:0 gegen die Türkei im September machte man dann doch Nägel mit Köpfen: Constantini war weg.

Quali für die EM 2012 in Polen und der Ukraine
Quali für die EM 2012 in Polen und der Ukraine

Wie schon 2005 übernahm auch diesmal Willi Ruttensteiner für die beiden bedeutungslosen letzten Spielen, und beim 4:1 in Aserbaidschan wirkte die Mannschaft wie von einer schweren Last befreit. Damit war Österreich fix auf Rang vier einzementiert und beim 0:0 in Kasachstan ging’s nur noch darum, sich nicht mehr zu verletzen.

2013: Zurück im Bereich der Quali-Chancen

Mit Marcel Koller übernahm danach ein Trainer das Teamchef-Amt, den keiner auf der Rechnung hatte, der sich aber als Goldgriff erwies. Nach einigen verlorenen Jahren verpasste er der talentierten Truppe nach und nach ein zumeist funktionierendes taktisches Grundkonzept. Außerdem hat der Schweizer das Glück, dass erstmals seit Andreas Herzog ein Spieler dem ÖFB-Team wirklich alleine helfen kann und der zur absoluten Weltklasse aufgestiegen ist: David Alaba.

Beim ersten Pflichtspiel unter Koller, dem Auftakt zur Quali für die WM in Brasilien, zeigte Österreich eine der besten Leistungen überhaupt jemals und brachte ein zuweilen ziemlich hilfloses Deutschland zur Verzweiflung. Das typisch österreichische daran: Deutschland gewann dennoch mit 2:1. Das einzige, wenn man so will, Bogey der Qualifikation passierte danach beim 0:0 in Kasachstan, Punkte, die auch beim 4:0 über die Kasachen vier Tage danach nicht auf das Konto zurückzuholen waren, genausowenig wie durch das 6:0-Schützenfest gegen die Färöer nach dem Jahreswechsel.

Alaba hatte schon gegen Kasachstan und die Färöer getroffen, wirklich wichtig war aber erst sein später Ausgleich zum 2:2-Endstand beim Spiel in Irland. Damit blieb Österreich halbwegs im Fahrplan, und beim wichtigen 2:1-Heimsieg gegen Schweden war Alaba natürlich auch wieder voll dabei – er verwandelte den Elfer zur Führung. Beim 0:3 in Deutschland war Österreich chancenlos, umso wichtiger war danach das Heimspiel gegen Irland. Ein Krampfspiel, nicht schön anzusehen, keine gute Leistung von beiden Teams. Und wer sorgte kurz vor Schluss für die Entscheidung? Eh klar, Alaba. Österreich gewann 1:0.

Quali für die WM 2014 in Brasilien
Quali für die WM 2014 in Brasilien

Und hier sind wir nun. Gewinnt Schweden am vorletzten Spieltag gegen Österreich, ist das Trekronor-Team fix zumindest Zweiter. Geht es Remis aus, reicht den Schweden ein Punkt gegen Deutschland am letzten Spieltag. Und gewinnt Österreich, hat das ÖFB-Team alle Trümpfe in der Hand – einen Sieg zum Abschluss auf den Färöer-Inseln bräuchte es dann noch, um sicher zu sein.

Unabhängig davon, ob es klappt oder nicht: Österreich ist erstmals seit zwölf Jahren vor den letzten beiden Spielen wieder voll dabei im Kampf um die Endrunden-Tickets. Das alleine ist schon aller Ehren wert.

(phe)

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Ballverliebt Classics: Färöer II. https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/ https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/#comments Wed, 20 Mar 2013 14:56:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8442 Ballverliebt Classics: Färöer II. weiterlesen ]]> Vom Winde verwehrt: 18 Jahre nach Landskrona versuchte sich wieder ein österreichisches Nationalteam auswärts gegen die Färinger, und wieder war das Resultat eine Blamage. Keine Jahrhundert-Peinlichkeit wie das Spiel im September ’90 zwar, aber in ihrer Entstehung nicht weniger dämlich – und in der Erinnerung auch wegen der „Radio-Übertragung“ von Thomas König (der ORF bekam kein Bildsignal) berüchtigt. Im teils heftigen Sturm auf den Schafsinseln agierte das Team fast ausschließlich mit hohen Bällen. Das 1:1 war letztlich auch der Anfang vom Ende der kurzen Ära Brückner.

Färöer - Österreich 1:1 (0:0)
Färöer – Österreich 1:1 (0:0)

„Du kannst bei so einem Gegner nicht sagen, ‚du musst auf das oder auf das aufpassen‘, wenn die davor 21 Spiele lang ohne Sieg waren!“ – So bilanzierte Herbert Prohaska das Spiel danach. Es hätte vermutlich aber schon gereicht, wenn man der Mannschaft gesagt hätte: „Da hat’s einen ziemlich üblen Wind, vermeidet hohe Bälle um jeden Preis.“

Das Gegenteil war der Fall: Die allzu offensichtliche Vorgabe war, es ausschließlich mit hohen Bällen zu versuchen.

System und Raumaufteilung

In seinem vierten Länderspiel als Teamchef war Karel Brückner erstmals von seinem Hybrid aus 4-1-4-1 und 4-3-3 abgegangen und stellte ein 4-4-2 auf. Gegen den wie erwartet sehr tief stehenden Gegner mit dessen zwei dichten Viererketten standen vorne Leuchtturm Janko und Wusler Hoffer. Der Plan war klar: Janko soll die hohen Bälle annehmen und Hoffer bedienen bzw. diesem den Weg freiblocken.

Die Flügel waren nicht synchron besetzt. Auf der rechten Seite hatte RV Garics durchaus den Vorwärtsgang drin, Vordermann Harnik rückte relativ früh ein und sollte von Garics – zumindest in der Theorie – hinterlaufen werden. Links hingegen war Emanuel Pogatetz deutlich vorsichtiger, wodurch sich mitunter hinten eine De-facto-Dreierkette ergab.

Der Wind fängt die hohen Bälle

Die beiden Viererketten der Färinger fingen rund 30 Meter vor dem eigenen Tor an, den ballführenden Österreicher aggressiv zu doppeln. Nicht aber im Sinne von Pressing, sondern mit ganz erdigen, körperbetonten Zweikämpfen. Dass der slowenische Referee Ceferin das Spiel eher an der langen Leine ließ, kam den Färingern da durchaus zu Pass.

Die Folge war, dass die hohen Bälle von immer weiter hinten in die grobe Richtung von Janko und Hoffer geschlagen wurden. Das Hauptproblem dabei war der Wind: In der ersten Hälfte spielte Österreich mit Rückenwind und dieser fing die Bälle ab einer Höhe von etwa fünf Metern ein. Präzision war dadurch völlig unmöglich, zudem waren die Gastgeber diese Bedingungen natürlich gewöhnt.

Kaum Kombinationsspiel

Von einem Aufbauspiel der Färinger zu sprechen, wäre eine Übertreibung: Die Abschläge von Torhüter Mikkelsen plumpsten, gegenwindbedingt, schon deutlich vor der Mittellinie zu Boden. Versuche, aus dem Mittelfeld die beiden Stürmer Hansen und Holst zu bedienen, scheiterten an der Ungenauigkeit und der Hast, mit der diese Pässe gespielt wurden. Versuche, den Ball mal ein wenig in den eigenen Reihen zu halten, endeten zumeist beim eigenen Torhüter und einem Abschlag, der wiederum Opfer des Windes wurde.

Der die Österreicher aber weiterhin nicht davon abhielt, den Ball in die Höhe zu bringen. Was auch deshalb nötig war, weil es de facto kein Kombinationsspiel ab. Auf den Außenbahnen preschten zwar Garics und Fuchs nach vorne, sie taten das zumeist allerdings ohne einmal mit einem Doppelpass den Gegner auszuspielen.

Dennoch genug gute Chancen

Einen Schönheitspreis hat niemand verlangt, und auch wenn die Herangehensweise mit den langen Bällen kein wirklich taugliches Rezept war, heißt das nicht, dass es nicht dennoch genug Chancen gegeben hätte. So wurde ein Schuss von Hoffer aus spitzem Winkel auf der Linie geklärt (9.), konnte Färöer-Goalie Mikkelsen einen Janko-Kopfball aus kurzer Distanz halten (16.), verpasst Harnik eine Flanke von links nur knapp (18.). Nach einem zu kurzen und zu ungenauen Freistoß der Färinger an der Mittellinie fing Ivanschitz den Ball ab und schickte Janko in den für einmal offenen Rücken der Abwehr, aber auch aus dieser Chance wurde nichts (26.). Und schließlich schob der für den verletzten Harnik eingewechselte Andi Hölzl einen Abpraller nach einem Freistoß am Tor vorbei (32.).

Stranzl etwas unglücklich

Prödl und Stranzl waren in der ersten Hälfte null gefordert – die Gastgeber brachten in der ersten Hälfte nur einen Schuss auf das Gehäuse von Alex Manninger – und vor allem Stranzl machte in der Folge einen eher schläfrigen Eindruck. Eine Minute und 20 Sekunden nach Beginn der zweiten Hälfte rückte er bei einem Angriff der Färinger etwas halbherzig heraus und ließ Bogi Løkin in seinem Rücken entwischen. Der 19-Jährige, der den angeschlagenen Borg auf der rechten Mittelfeld-Seite ersetzte, schob mühelos zum 1:0 ein.

Im direkten Gegenzug machte Stranzl seinen Patzer wieder gut, indem er eine von Arnbjørn Hansen per Kopf verlängerte Ivanschitz-Ecke im Fallen aus kurzer Distanz zum 1:1 über die Linie drückte, aber hinten blieb er weiterhin anfällig – wenige Minuten nach dem Ausgleich ließ er erneut einen Färinger laufen. Diesmal wurde die Schläfrigkeit aber nicht bestraft.

Österreich spielte in dieser zweiten Hälfte nun mit Gegenwind. Das mag auch ein Grund sein, warum nun deutlich weniger schnell nachgerückt wurde. Dadurch wurden auch weniger zweite Bälle erkämpft und es fiel den Färingern zunehmend leichter, gute österreichische Chancen zu verhindern. In der 61. Minute scheiterte Janko aus einem Meter an Goalie Mikkelsen, sonst war nicht viel los. Weshalb Brückner nach 67 Minuten ein ein 3-4-3 umstellte.

Mit dem Kopf durch die Wand

Ab Minute 67
Ab Minute 67

Je länger das Spiel aber dauerte, umso mehr war es geprägt von immer verzweifelteren Einzelaktionen, anstatt sich am Zusammenspiel zu versuchen. Das sah in der Regel so aus, dass einer einen Alleingang startete und die Teamkollegen ihm, ohne sich groß selbst zu bewegen, dabei zusahen.

Nicht selten war ein Spieler in Rot von drei Weißen umringt, aber niemand bot sich zum Helfen an. Die Abstimmung der drei Stürmer vorne passte nicht, daran konnte auch der zehn Minuten vor Schluss für Janko eingewechselte Arnautovic nichts mehr ändern. In Minute 75 zielte Jimmy Hoffer bei einem Torschuss ein wenig zu hoch – es war die einzige echte Tormöglichkeit in der letzten halben Stunde.

Die Färinger brachten das 1:1 ohne wirklich in Gefahr zu kommen über die Zeit. Das zweite Mal, dass man dem ÖFB-Team ein starkes Resultat abtrotzen konnte.

Die Auswirkungen

So blöd es klingt: Rein sportlich hatte der Punktverlust in Tórshavn keine allzu gravierenden Folgen – zu weit war man am Ende ohnehin von der Konkurrenz in der Gruppe entfernt. Viel schlimmer waren aber einerseits die psychischen Folgen einer erneuten Blamage gegen die Färöer-Inseln und die unmittelbar nach dem Spiel einsetzenden Selbstzerfleischung. Dass die Funktionäre schnellstmöglich ausgeflogen wurden, während sich die Spieler die Nacht am Flughafen um die Ohren schlagen mussten – wegen des Windes wurde ein Startverbot verhängt – monierte etwa Marc Janko lautstark und bekam dafür einen ordentlichen Rüffel und viel Häme.

Zermürbt von den medialen Prügeln, der unglücklichen Heimreise und dem Wissen um die Blamage war Österreich vier Tage später im Heimspiel gegen Serbien völlig chancenlos und lag nach 25 Minuten schon 0:3 im Rückstand. Die Hoffnung auf eine WM-Qualifikation war schon nach dem vierten Spiel endgültig dahin, der Schwung aus der eh ganz okay verlaufenen Heim-EM, dem Test-Remis gegen Italien und dem erfreulichen 3:1-Sieg im ersten WM-Quali-Spiel gegen Frankreich war komplett verfolgen.

Teamchef Karel Brückner, der nach der EM und sieben Jahren als tschechischer Teamchef eigentlich in Pension gehen wollte und von ÖFB-Präsident Stickler aus selbiger geholt wurde, war nach dem 0:2 in Litauen schon ein wenig angezählt. Nach dem Doppelspieltag mit dem 1:1 in Tórshavn und dem 1:3 gegen Serbien bildete sich endgültig eine massive Front gegen den Tschechen. Ihm wurde vorgehalten, sich zu wenig in Österreichs Stadien blicken zu lassen, seinen Wohnsitz nicht von Olmütz nach Wien zu verlegen, mitunter die Vornamen der Spieler nicht zu kennen. Kurz: Desinteresse am Teamchef-Posten.

Es folgten eine schlechte Leistung beim 2:4 in einem Freundschaftsspiel gegen Türkei und eine desaströse im Februar 2009 beim 0:2 gegen Schweden, ehe Brückner nach nur sieben Spielen im Amt das Handtuch warf. Der kurz zuvor als Stickler-Nachfolger ins Amt des ÖFB-Präsidenten gekommene Leo Windtner installierte Didi Constantini als neuen Teamchef. Es folgte eine Ära, die gemeinhin, nun ja, nicht so gut davonkommt.

Das Personal

Österreich: Alex Manninger (31, Juventus) – Gyuri Garics (24, Atalanta), Sebastian Prödl (21, Bremen), Martin Stranzl (28, Spartak Moskau), Emanuel Pogatetz (25, Middlesbrough) – Martin Harnik (21, Bremen), Paul Scharner (28, Wigan), Andreas Ivanschitz (24, Panathinaikos), Christian Fuchs (22, Bochum) – Jimmy Hoffer (21, Rapid), Marc Janko (25, Salzburg). Eingewechselt: Andreas Hölzl (23, Sturm Graz), Roman Kienast (24, Helsingborg), Marko Arnautovic (19, Twente). Teamchef: Karel Brückner (Tscheche, 68, seit zwei Monaten).

Färöer: Jakup Mikkelsen (38, Klaksvík) – Jónas Tór Næs (21, Köge/Dänemark), Egil Bø (34, Streymur), Jón Rói Jacobsen (25, Frem Kopenhagen), Jóhan Davidsen (20, Runavík) – Jákup Borg (28, HB Tórshávn), Atli Danielsen (25, Frem Kopenhagen), Mikkjal Thomassen (32, Streymur), Christian Høgni Jacobsen (28, AB Kopenhagen) – Christian Holst (26, Silkeborg/Dänemark), Arnbjørn Hansen (22, Streymur). Eingewechselt: Bogi Løkin (19, Runavík), Frodi Benjaminsen (30, HB Tórshavn), Andrew Fløtum (29, HB Tórshavn). Teamchef: Jógvan Martin Olsen (47, seit drei Jahren).

(phe)

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Euro-Classics 2008 – Die unglaublichen Aufholjäger aus der Türkei https://ballverliebt.eu/2012/06/01/euro-classics-2008-die-unglaublichen-aufholjager-aus-der-turkei/ https://ballverliebt.eu/2012/06/01/euro-classics-2008-die-unglaublichen-aufholjager-aus-der-turkei/#comments Fri, 01 Jun 2012 07:11:30 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7300 Euro-Classics 2008 – Die unglaublichen Aufholjäger aus der Türkei weiterlesen ]]> Innerhalb von 14 Minuten drehten sie das entscheidende Spiel gegen Tschechien um. Machten aus einem 0:2 noch ein 3:2. Und das nur vier Tage, nachdem beim Wasserball-Spiel gegen die Schweizer ebenfalls drei Punkte nach einem Rückstand geholt worden waren. Die wehrhafteste Mannschaft bei der Euro2008 waren fraglos die Türken! Die schon in der Vorrunde ihren Gruppen-Gegnern kräftig die Show stahlen. Also den souveränen Portugiesen, den wackeligen Tschechen und dem Gastgeber aus der Schweiz.

Schweiz – Tschechien 0:1 (0:0)

Schweiz - Tschechien 0:1 (0:0)

Poborský und Nedvěd hatten aufgehört. Tomáš Rosický – verletzt. Milan Baroš – weit entfernt von Bestform. Kurz: Das tschechische Team war offensiv nicht mal annähernd mit jenem vergleichbar, das vier Jahre davor fraglos das beste des Turniers war. Entsprechend bieder kam die Mannschaft von Karel Brückner auch daher.

So konnten die Schweizer das Spiel kontrollieren. Köbi Kuhn, dessen Frau zeitgleich schwer krank im Krankenhaus gelegen war, schickte sein Team in einem 4-4-1-1 aufs Feld. Vorderste Spitze war Alex Frei, Marco Streller ließ sich etwas fallen – so glich sich das Mittelfeld auf ein 3-gegen-3 aus. Jenes der Schweizer war aber ohnehin eher auf Verhindern ausgerichtet, die Akzente nach vorne kamen von den Flügeln – und dort in erster Linie von Lichtsteiner (rechts) und Barnetta (links).

Nach ganz vorne ging bei beiden Teams nicht viel, weil die spielerischen Mittel fehlten. Die Schweizer agierten viel horizontal, während die Tschechen zwar versuchten, vertikal zu agieren, aber durch viele Ungenauigkeiten stockte das Spiel und Jan Koller blieb isoliert. Auch, weil der Zwei-Meter-Hüne viel besser funktioniert, wenn er einen zweiten Stürmer neben sich hat, für den er die Bälle ablegen und Räume freiblocken kann. Weil aber Plašil und Sionko außen blieben und aus dem Mittelfeld keiner nachrückte, hatten Senderos und Müller keine Mühe.

Doch während Brückner Koller nach einer Stunde freiwillig vom Platz nahm, geschah das bei Alex Frei aus ganz anderem Grund: Der Schweizer Kapitän verletzte sich bei einem an sich harmlosen Foul von Grygera so unglücklich das linke Knie, dass nicht nur das Spiel für ihn vorbei war, sondern das ganze Turnier – das Innenband war lädiert. Statt Frei kam für die zweite Hälfte Hakan Yakin, der die Position als hängende Spitze einnahm.

Bei den Tschechen kam Václav Svěrkoš für Koller. Svěrkoš ist ein ganz anderer Spieler als Koller, und sofort begann das tschechische Mittelfeld, den neuen Mann steil und mit Tempo in die Schnittstelle der nicht besonders schnellen Müller und Senderos zu schicken. Es dauerte auch nicht allzu lange, bis diese adjustierte Taktik aufging und Svěrkoš aus genau so einem steilen Anspiel das 1:0 für die Tschechen besorgte.

Köbi Kuhn löste nun seine Abwehrkette auf und warf mit Vonlanthen (statt Lichtsteiner) einen dritten Stürmer in die Schlacht. Nicht, dass die Schweizer nicht noch Chancen zum Ausgleich gehabt hätten, aber fehlendes Tempo und eine gut stehende tschechische Abwehr verhinderten bei allem Ballbesitz in der Schlussphase, dass das 1:1 noch fiel. Die Schweizer waren beim Eröffnungsspiel damit zwar die in sich geschlossenere Mannschaft als die vor allem im Spielaufbau arg zerzaust wirkenden Tschechen, aber verloren wurde die Partie dennoch.

Portugal - Türkei 2:0 (0:0)

Portugal – Türkei 2:0 (0:0)

Portugal war der klare Gruppenfavorit – auch im ersten Turnier nach dem Rücktitt von Luis Figo. Für die Türkei war es dafür der erste Auftritt bei einem Großereignis seit dem dritten Platz bei der WM sechs Jahre davor, danach gab’s die Play-Off-Blamage gegen Lettland und die unglaublichen Entgleisungen im entscheidenden Spiel gegen die Schweiz.

Der türkische Teamchef Fatih Terim setzte auf ein 4-2-2-2 ohne echte Außenspieler im Mittelfeld. Im Zentrum sollten Aurélio und Emre dafür sorgen, dass Deco und Moutinho nicht zur Geltung kommen, die entscheidendere Rolle hatten aber die nominellen Außen-Spieler Tuncay und Kâzım. Die Portugiesen setzten zwar durchaus auf ihre Flügelstürmer Ronaldo und Simão, doch wurden diese eher aus dem Zentrum heraus geschickt, als durch die Außenverteidiger Ferreira und Bosingwa.

Tuncay und Kâzım sollten durch ihre zentrale Positionierung natürlich für eine Überzahl in der Mitte sorgen, wodurch die Portugiesen quasi schon vor der Spieleröffnung gestört werden sollten. Das funktionierte defensiv nicht so schlecht, aber nach vorne ging gar nichts: Tuncay machte einen extrem unkonzentrierten Eindruck und der junge Kâzım war mit Defensiv-Aufgaben ausgelastet. So fehlte das kreative Moment und die Stürmer Nihat und Mevlüt hingen in der Luft.

Terim stellte für die zweite Hälfte auf ein 4-3-3 um. Mevlüt blieb draußen, dafür kam Sabri, dieser spielte an der Spitze eines Mittelfeld-Dreiecks, während Tuncay und Kâzım die Außenbahnen besetzten. Das war ein Wechsel, um selbst mehr Initiative zu bekommen und die portugiesischen AV besser zur beschäftigen, allerdings ging der Schuss etwas nach hinten los. Moutinho und Deco hatten nun Platz zwischen Sabri und den Flügelstürmern, die Portugiesen bekamen die Partie besser in den Griff. Ein Energie-Anfall von Pepe, von dem die türkische Abwehr nicht wusste, wie sie damit umgehen sollten, besorgte nach einer Stunde das 1:0.

Das Mittelfeld war klar in der Hand der Portugiesen, weshalb Terim eine Viertelstunde vor Schluss auf ein 4-4-2 wechselte, diesmal aber ein flaches. Sabri übernahm die RV-Position des ausgewechselten Hamit Altıntop, mit Semih kam wieder ein zweiter Stürmer neben Nihat, und die Risiko-Bereitschaft wurde deutlich nach oben geschraubt. Letztlich war es aber doch kaum mehr als Brechstangen-Fußball mit langen Bällen von hinten in das Gewühl von sechs, sieben Türken, die am gegnerischen Strafraum darauf warteten. Praktisch mit dem Schlusspfiff machte dann auf der anderen Seite, wo nun Platz war, der eingewechselte Meireles mit dem 2:0 den Deckel drauf.

Stand nach dem ersten Spieltag: Portugal 3, Tschechien 3, Schweiz 0, Türkei 0.

Tschechien – Portugal 1:3 (1:1)

Tschechien - Portugal 1:3 (1:1)

Dass beim tschechischen Team die Zeiten vorbei waren, als man die Fußball-Welt noch mit Halli-Galli-Fußball verwöhnte, wurde auch im zweiten Spiel gegen die Portugiesen deutlich. Vor allem in der Zentrale die oberste Devise, Portugal den Spaß am spielen zu nehemen. Matějovský und Polák machten die Räume für Deco und Moutinho eng, mit Galásek gab es noch eine zusätzliche Absicherung. Das hatte zur Folge, dass sich beide portugisischen Spielgestalter recht weit in die eigene Hälfte zurückzogen, um sich der Umklammerung etwas zu lösen.

Pressing spielten die Tschechen keines, sie erwarteten den Gegner in der eigenen Hälfte und gingen dort robust in die Zweikämpfe. Überfordert waren die Tschechen aber, sobald es Portugal schaffte, an der Tempo-Schraube zu ziehen. Beim frühen 1:0 durch Deco war das gut zu sehen.

Selbst brachte man es aber nicht fertig, Geschwindigkeit in die eigenen Aktionen zu bringen: Viele Ungenauigkeiten, viele Fehlpässe (vor allem bei weiten Flankenwechseln) und zu langsames Umschalten ließen das Aufbau-Spiel der Tschechen um nichts besser aussehen als  beim glücklichen Sieg gegen die Schweiz. Der Ausgleich von Sionko nach einer Viertelstunde konnte daher auch nur aus einem Eckball resultieren. Zudem arbeitete Stürmer Baroš, der statt Koller in die Mannschaft kam, zwar viel, aber wie Koller ist auch Baroš kein klassischer Solo-Stürmer.

Was die Portugiesen in diesem Turnier gut machten: Durch unerwartetes Positionsspiel den Gegner aushebeln. Das war bei Pepes Tor zum 1:0 gegen die Türkei so gewesen, und auch in dieser Partie schaffte es Portugal, den Gegner zu überrumpeln. In der 63. Minute Ronaldo und Simão waren in die Mitte gezogen, so klumpten sich auch die tschechischen Verteidiger vor dem eigenen Strafraum zusammen, was für Deco extrem viel Platz auf der rechten Seite bedeutete. Mit dem Spielmacher hatte auf der Flanke keiner gerechnet, Deco flanke, Ronaldo traf zum 2:1.

Nun reagierte Brückner und veränderte die auf Verhindern angelegte Spielweise. Koller kam für Galásek, dazu Vlček für Matějovský – also agierte Tschechien nun ein einem 4-1-3-2. Baroš und Koller vorne, Sionko links, Vlček rechts, Plašil hinter den Spitzen, und Polák als Absicherung. Das war jenes System, mit dem man vier Jahre davor großartigsten Fußball gezeigt hat, und auch in diesem Spiel ging es so gleich wesentlich besser. Die Portugiesen wurden hinten reingedrückt, mit Meira (statt Moutinho) kam ein zusätzlicher Mann für die Absicherung. Die Tschechen hatten zwar kaum klare Torchancen, aber sie drückten auf den Ausgleich und zeigten ihre beste Viertelstunde in diesem Turnier bis dahin. Ehe man in der Nachspielzeit in einen Konter lief und Quaresma das 3:1 für Portugal besorgte.

Schweiz - Türkei 1:2 (1:0)

Schweiz – Türkei 1:2 (1:0)

Gegen Portugal hatten die Türken, zumindest eine Halbzeit lang, kein kreatives Zentrum. Diesen Deal war Teamchef Terim eingegangen, um dafür das portugiesische Kreativ-Team zu bremsen. Ein solches haben die Schweizer nicht, weshalb Terim in dieser Partie mit einem 4-2-3-1 spielen ließ: Nihat als Solo-Spitze, Tuncay zentral dahinter, dafür mit Arda Turan neu auf der linken Seite und Gökdeniz Karadeniz neu auf der rechten.

Das sollte den Türken mehr Optionen in der Spielgestaltung geben, in der Praxis jedoch erwiesen sich die Schweizer in diesem Bereich des Feldes als wesentlich wacher und williger, in den Zweikampf zu gehen. Was umso mehr zum Faktor wurde, als es nach zehn Minuten anfing zu schütten und das Feld innerhalb kürzester Zeit de facto unter Wasser stand. Regulär waren die Verhältnisse nicht einmal annähernd.

Also war im Vorteil, wer sich auf die Gatsch-Wiese von Basel besser einstellte. Die Türken versuchten, lange Bäller von den Schweizern zu verhindern, indem sie ihre Abwehrreihe extrem weit nach vorne schoben um so die Empfänger ins Abseits zu stellen. Das funktionierte bis zur 32. Minute gut, dann aber entwischte Derdiyok, der legte zu Yakin quer – und dieser hatte keine Mühe, den einen Meter vor dem Tor im Wasser stecken gebliebene Kugel über die Linie zu dreschen.

Fatih Terim wusste: Mit Überzahl im Zentrum gewinnt man hier nichts. Also ging er für die zweite Hälfte auf ein 4-4-2, indem er Semih statt Gökdeniz brachte. Spielkultur im Zentrum war nicht gefragt, sondern empfänger für lange Bälle. Das wussten beide Mannschaften, wodurch sich ein recht wildes Spiel entwickelte, vor allem nachdem Semih nach einer Nihat-Flanke den verdienten Ausgleich markiert hatte. In der Folge hatten die Türken leichte Vorteile auf ihrer Seite, weil Arda eine gute Partie absolvierte und auch Tuncay einen deutlich fokussierteren Eindruck machte also noch gegen die Portugiesen.

Der Ball war viel in der Luft, große Klasse hatte die Partie nicht, aber durchaus Unterhaltungswert, weil beide Teams auf Sieg spielten – natürlich der Tatsache geschuldet, dass beide mit null Punkten in die Partie gegangen waren. Und gerade, als sich das 1:1 schon abzeichnete, schlug Arda Turan zu: Mit seinem Tor in der Nachspielzeit besiegelte er den Sieg für die Türken und damit das Aus und den fixen letzten Gruppenplatz für die Schweizer.

Stand vor dem letzten Spieltag: Portugal 6, Tschechien, Türkei 3, Schweiz 0.

Schweiz - Portugal 2:0 (0:0)

Schweiz – Portugal 2:0 (0:0)

Was das Spiel des Gastgebers gegen den Gruppensieger aus Portugal für zu einer für das Turnier komplett irrelevanten werden ließ. Für die Schweizer ging es nur noch darum, doch noch zumindest einen Sieg einzufahren und somit Köbi Kuhn in dessen letzten Länderspiel als Teamchef einen schönen Abschied zu bereiten.

Scolari schonte weiter Teile seiner Einser-Formation, was aufgrund der anderen Spielertypen im Mittelfeld auch eine etwas andere Spielanlage zur Folge hatte. Statt den Gestaltern Deco und Moutinho durften Kämpfer Meireles und der eher auf Sicherung bedachte Veloso spielen, dahinter sicherte mit Fernando Meira ein gelernter Innenverteidiger als Sechser ab.

Das hatte zwar nachteilige Effekte auf die eigene Spielgestaltung, sorgte aber dafür, dass die Schweizer regelmäßig bei ihren Aufbau-Versuchen auf Höhe der Mittellinie hängen blieben. Bei den Portugiesen kam praktisch alles, was gefährlich war, über die beiden schnellen und trickreichen Außenstürmer Nani und Quaresma, aber sie schafften es nicht, den Mittelstürmer zu bedienen. So war Postiga genauso unsichtbar wie Nuno Gomes das zumeist in den ersten zwei Spielen war.

Nach dem Seitenwechsel kamen die Schweizer auf, vor allem, weil Gökhan Inler nun im Mittelfeld deutlich mehr Verantwortung im Spielaufbau übernahm und sich weiter nach vorne orientierte. Zudem belebte der für Vonlanthen gekommene Barnetta die rechte Seite merklich. Scolari wollte das ausgleichen, indem er Moutinho für Veloso brachte, um einen Spielgestalter ins Zentrum zu bekommen und Inler wieder mehr zu binden, doch kaum war der Wechsel vollzogen, traf Yakin nach einem von Derdiyok gut weitergeleiteten langen Ball zum 1:0.

Nun machten die Schweizer das Zentrum dicht uns zwangen den Gegner zu langen Bällen, doch Nani und Quaresma agierten schlampig und ohne den letzten Einsatz; auch der für Postiga gekommene Almeida konnte ohne sinnvolle Zuspiele wenig ausrichten. Und als Meira einige Minute vor Schluss im Strafraum den quirligen Barnetta foulte und Yakin den fälligen Elfmeter zum 2:0 verwertete, war das Spiel entschieden.

Türkei - Tschechien 3:2 (0:1)

Türkei – Tschechien 3:2 (0:1)

Drittes Spiel, dritter Partner für den türkischen Innenvertediger Servet: Gökhan Zan verletzt out, Emre Aşık angeschlagen auf der Bank, so musste Emre Güngör ran. Zudem fehlte auch weiterhin Emre im Mittelfeld – Fatih Terim musste schon ziemlich improvisieren. Und wechselte wieder zurück zum 4-2-2-2 der ersten Partie, wenn dieses auch recht schief daherkam.

Es war ein unglaubliches Spiel, das vor interessanten Aspekten nur so strotzte. Wie Tuncay, der nach der linken Seite (1. Spiel) und der Zentrale (2. Spiel) nun die rechte Seite zugewiesen bekam, aber so dermaßen weit innen spielte, dass er doch eher zentraler Spielgestalter war. Hamit Altıntop hatte die rechte Außenbahn mehr oder weniger alleine über.

Oder wie die Mittelfeld-Zentrale. Waren die beiden Tschechen in der Mitte in den ersten zwei Spielen noch Hauptgründe für den kompletten Ausfall einer sinnvollen Spielgestaltung, agierten sie gegen die Türken ganz anders: Matějovský und Polák schoben, wenn die türkischen Innenverteidiger auf der Suche nach der Spieleröffnung den Ball hatten, vor Aurélio und Topal, verhinderten so einen geordneten türkischen Aufbau.

Oder wie die Rolle von Libor Sionko. Der Rechtsaußen vermied es in den ersten zwei Spielen noch, in den Strafraum zu gehen. Diesmal war er fast standardmäßig dort aufgeboten und machte somit nicht nur die Außenbahn für den endlich frei nach vorne marschierenden Zdeněk Grygera frei, sondern verwirrte auch die türkische Verteidigung. So entstand das 1:0 durch Koller: Flanke von Grygera, im Zentrum stehen Koller UND Sionko, und der Ball war drin.

Die Probleme der Türken waren natürlich auch Trainerfuchs Fatih Terim nicht entgangen, so stellte er auch im dritten Gruppenspiel für die zweite Halbzeit komplett um. Statt des blassen Semih kam Sabri für die zuvor unterbesetzte rechte Seite, Tuncay gab nun endgültig eine hängende Spitze. So gelang es den Türken nicht nur, Jankulovski hinten zu binden, sondern vor allem, die tschechische Viererkette auseinander zu ziehen. Die Tschechen bekamen nun gehörige Probleme: Altıntop und Sabri marschierten extrem viel nach vorne und wurden dabei vom schwachen Plašil kaum gehindert. Auf der anderen Seite narrte der rotzfreche Arda im Verbund mit Hakan Balta die andere tschechische Abwehr-Seite. Der alternde Galásek konnte Tuncay überhaupt nicht verfolgen. Kurz: Der Ausgleich für die Türken lag in der Luft und wäre hochverdient gewesen.

Doch es kam anders. Erst schob Koller nach einem Konter den Ball links am Tor vorbei, und dann verletzte sich mit Emre Güngör der nächste Innenverteidiger – ganz davon abgesehen, dass sogar Servet selbst längst nur noch auf Reserve lief. Und noch ehe Aşık mit seinem Turban als Andenken an das zweite Spiel für Güngör eingewechselt werden konnte, nützten die Tschechen das unverhoffte Loch in der Abwehr aus und Plašil verwertete gegen den Spielverlauf zum 2:0.

Schlussphase

Das nahmen die Türken persönlich. Mit dem offensiven Kâzım statt dem Sechser Topal kam zusätzliche Kreativität ins Spiel. Was allerdings zusehends schwand, war die taktische Ordnung im Spiel der Türkei. Altıntop und Kâzım spielten nun beide eher im rechten Halbfeld als auf der Flanke, diese wetzte nun Sabri quasi alleine auf und ab. Zuweilen unterstützt von Arda, der hin und wieder seine linke Seite verließ. Dennoch war das alles nicht so sehr auf lange Bälle gestützt wie noch beim ersten Spiel gegen die Portugiesen. Und nach dem 1:2 durch Arda eine Viertelstunde vor Schluss war der Schockzustand, der nach dem 0:2 so ein wenig geherrscht hatte, endgültig verfolgen.

Brückner besetzte seine Flügel neu – vor allem die schwer unter Beschuss stehende linke Seite hatte er dabei im Auge. Hier kam Rechtsverteidiger Kadlec statt Plašil, womit nun zwei tief stehende gelernte RV die türkischen Angriffe erwarteten. Keine gute Idee, denn so konnten Sabri, Kâzım und Altıntop noch Tempo aufnehmen, von der Überzahl ganz zu schweigen. Und doch: Aus dem vollen Einsatz ohne die echte Ordnung wäre wohl nichts mehr herausgekommen, hätte nicht Petr Čech eine an sich harmlose Flanke von Altıntop vor die Füße von Nihat fallen lassen – das 2:2 in der 87. Minute. Das hätte bedeutet, dass wegen der Punkt- und Torgleichheit der beiden Teams ein Elfmeterschießen über den Platz im Viertelfinale entschieden hätte.

Hätte. Denn nur 65 Sekunden nach Wiederanpfiff schlief Ujfaluši beim nächsten türkischen Angriff das Abseits auf, erneut war Nihat zur Stelle – das 3:2, das Spiel war innerhalb von 14 Minuten komplett gedreht worden. Aber noch längst nicht aus. Denn in der Nachspielzeit ließ sich der türkische Keeper Volkan Demirel dazu hinreißen, Koller umzustoßen – Rot! Tuncay ging für die verbleibenden zwei Minuten ins Tor, er musste aber nicht mehr eingreifen. Die Türkei wurde für die unglaubliche Aufholjagd mit dem Platz im Viertelfinale belohnt.

Endstand der Gruppe: Portugal 6, Türkei 6, Tschechien 3, Schweiz 3

Die Portugiesen waren ohne gröbere Probleme ins Viertelfinale durchmarschiert, so blieben die Schlagzeilen für die Türken. Was es dieser Mannschaft an Talent fehlte – den ohne Frage war die 2008er-Mannschaft vom Bosporus individuell nicht annähernd so gut besetzt wie jene, die 2002 WM-Dritter geworden war – machte sie mit unbändigem Willen wett. Zudem hatten sie mit Fatih Terim einen Trainer, der jederzeit das System und das Konzept komplett umstellen kann, wenn es der Spielverlauf erfordert. All das wurde letztlich verdient mit dem zweiten Gruppenplatz belohnt.

Die Tschechen zeigten eine gute Halbzeit in drei Partien, das war natürlich zu wenig. Erschreckend bieder war die Mannschaft geworden, ohne Talent zum Spielaufbau, berechenbar und oft ungenau. Und darüber hinaus mit einem letztlich fatalen Hang, nich nach eigenen Toren zurückzuziehen. Und die Schweizer? Mussten, wie Co-Gastgeber Österreich, schon nach der Vorrunde die Segel streichen. Auch, wenn einiges an Pech dabei war – die Frei-Verletzung, das unglückliche 0:1 im Eröffnungsspiel, das Last-Minute-Gegentor beim Wasserball-Spiel gegen die Türken – ist dies letztlich dennoch korrekt. Denn bis auf eine gute Organisation und ein kompaktes Auftreten hatten die Eidgenossen wenig zu bieten. Phantasie im Spiel nach vorne fehlte – das sollte zwei Jahre später bei der WM in Südafrika noch viel deutlicher werden.

Das Turnier ging also ohne die auf dem Spielfeld, nichts für ungut, eher langweiligen Schweizer weiter. Dafür mit den unglaublichen Aufholjägern aus der Türkei. Denn die Comebacks gegen die Schweiz und Tschechien waren nicht ihre letzten in diesem Turnier…

(phe)

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Salzloser Einheitsbrei https://ballverliebt.eu/2009/02/12/salzloser-einheitsbrei/ https://ballverliebt.eu/2009/02/12/salzloser-einheitsbrei/#comments Thu, 12 Feb 2009 11:49:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1229 Salzloser Einheitsbrei weiterlesen ]]> Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: Die Länderspiele unter Brückner werden immer schlechter. Dem starken Italien-Spiel und dem schönen Sieg gegen Frankreich folgten ordentliche bis unglückliche Spiele wie das auf den Färöer und dem gegen die Türkei. Und nun, im neuen Jahr, stellt das Team nach 15 Minuten guten Spiels selbiges ein und versucht nicht einmal mehr, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen.

Österreich - Schweden 0:2 (0:0)
Österreich – Schweden 0:2 (0:0)

Angefangen hatte das Team nämlich gut. Mit Schwung. Mit Elan. Mit Vorwärtsdrang. Das Umschalten von Abwehr auf Angriff klappte schnörkellos, kaum war der Ball in den eigenen Reihen, orientierte sich das komplette Spiel nach vorne – so wie es sein soll. Wirklich zwingende Chancen kamen dabei zwar nicht heraus, aber man hatte die biederen Schweden damit zumindest voll im Griff. Der einzige bei den Blau-Gelben, der in dieser Anfangsphase (also die ersten 20 bis 30 Minuten) den Österreichern etwas Kopfzerbrechen bereitete, war Chippen Wilhelmsson im linken schwedischen Mittelfeld. Mit ihm hatte Andi Hölzl alle Hände voll zu tun. Was nicht für den Grazer spricht: Weder bekam er den Blondschopf in den Griff, noch konnte er irgendwelche Akzente nach vorne setzen. Von einem Sololauf mit anschließender eher unbrauchbarer Flanke mal abgesehen. Zusätzlich bekam es Garics dadurch ebenso oft mit Wilhelmsson zu tun, und auch er konnte dem Flügelflitzer, der sich weder in Italien, noch in England oder Spanien durchsetzen konnte und jetzt in einer Scheich-Liga kickt, nie Einhalt gebieten. Der Atalanta-Legionär, der in der Serie A mittlerweile seinen Stammplatz bombensicher hat, knüpfte damit nahtlos an seine immer wieder sehr enttäuschenden Einsätze im Nationalteam an. Es war daher nur folgerichtig, dass er zur Pause in der Kabine blieb.

Erfreulicher, oder zumindest sicherer als vor allem gegen Serbien und die Türkei, agierte dafür diesmal wieder die Innenverteidigung. Brückner ging Risiko, als er den gerade erst wieder im Training stehenden Sebastian Prödl von Beginn an in der Abwehrzentrale aufbot, Emanuel Pogatetz dafür auf die linke Seite schob. Ein Risiko, dass sich für beide Seiten bezahlt gemacht hat: Prödl spielte, gemessen an Spielpraxis und seinem Nebenmann Stranzl, eine sehr ordentliche Partie. Gut für Brückner, weil damit hinten nicht viel anbrannte. Gut für Prödl, der sich damit sicherlich wieder ein schönes Stück Selbstvertrauen geholt haben dürfte. Schlecht jedoch für Martin Stranzl, der einmal mehr ein Desaster war. Wann immer es in der Defensive gefährlich wurde, war Stranzl nicht unbeteiligt. Schwach im Zweikampf, schlecht im Stellungsspiel, als Führungsfigur unbrauchbar. Als er nach etwas mehr als einer Stunde vom Feld musste, war das fast wie eine Erlösung. Das Innenverteidiger-Duo Prödl/Schiemer ließ dann (gegen eine allerdings längst nicht auf Vollgas spielende schwedische Mannschaft) kaum noch etwas zu.

Generell ist zur Abwehr zu sagen, dass sie von Beginn an deutlich höher stand als zuletzt – etwas, das Pogatetz im Vorfeld in einem Kurier-Interview angesprochen hatte. Dadurch wurde vor allem in der ersten halben Stunde viel vom schwedischen Druck genommen. Sicherlich ein Mitgrund, aus dem die Defensive diesmal weitgehend standhielt. Die Außenverteidiger (Garics und Pogatetz, später eben Ibertsberger statt Garics) trauten sich aber kaum einmal über die Mittellinie. Garics, weil er mit Wilhelmsson gebunden war – und Pogatetz, weil das nicht wirklich in seinem Naturell liegt. Wenn Fuchs im Ernstfall trotz kleinerer Blessuren spielt (also wenn’s um was geht), wäre die logische Konsequenz aus dem in Graz gesehenen, dass Pogatetz statt Stranzl in die Mitte geht und dem mit Selbstvertrauen vollgepumpten Fuchs die linke Seite zu überantworten. Das spielt er in Bochum mit einer Klasse, die man ihm in Mattersburg gar nicht zugetraut hatte.

Scharner hat auch gegen Schweden gezeigt, dass er in der Abwehrkette wohl besser aufgehoben wäre – auf der Position also, die er bei Wigan bekleidet. Da hier allerdings ein Überangebot herrscht, und man wirklich gute defensive Mittelfeldleute in Österreich gleichzeitig schon mit einer sehr guten Lupe suchen muss, wird seine Position im Nationalteam auch weiterhin die des DM bleiben. Als Sechser spielt Scharner seinen Stiefel routiniert herunter, man würde sich aber etwas mehr Esprit und auch etwas mehr Effektivität von ihm wünschen. Also etwas, was man von Jürgen Säumel zum Beispiel sah. Er spielte nicht den klassischen Sechser-Zwilling von Scharner, sondern war vor allem in der ersten Hälfte sehr bemüht, auch (zusammen mit Ivanschitz) die Offensive zu beleben, gab zuweilien den zweiten zentralen offensiven Mittelfeldspieler – ähnlich wie beispielsweise Flo Mader aus der mittleren Dreierreihe bei Ried. Auch, wenn er bei Torino zuletzt kaum zum Einsatz kam: Er hat in Italien deutlich dazugelernt. Dass man ein halbes bis ganzes Jahr braucht, um den Sprung von Österreich in eine Top-Liga wirklich zu vollziehen, haben ja schon andere erfahren müssen. Diese Zeit sollte man auch Säumel zugestehen.

Die nicht vorhandene Spielpraxis war auch Ivanschitz anzumerken. Vor allem, als er nach 20, 30 Minuten in den Feig-Modus umschaltete. Auch, wenn er als Kapitäns-Persönlichkeit weiterhin eher mimosenhaft agiert und auf dem Platz keine echte Führungskraft ausstrahlt – kaum traute er sich nach einer halben Stunde nichts mehr zu, färbte das auf die komplette Mannschaft ab. Am plakativsten war das bei Marko Arnautovic zu sehen: Zu Beginn sehr engagiert, sehr lauffreudig, traute sich viel zu, ging in die Zweikämpfe, mit echtem Offensivgeist. Nach einer halben Stunde: Aus die Maus. War bis zu diesem Zeitpunkt (ob der Hölzl/Garics-Situation) das Spiel zwar zentral- und linkslastig, aber zumindest vom Grundprinzip her nach vorne ausgerichtet, war nun davon gar nichts mehr zu sehen. Alibi-Pässe wie zu schlimmsten Hickersberger-Zeiten waren die Folge.

Was die Schweden nach der Pause nicht nur bemerkt haben, sondern auch ausgenützt. Das ohne einen sich was zutrauenden Ivanschitz weitgehend führungslos bis blind dahinschlingernde Team bot den Schweden nun die Gelegenheit, die sich immer mehr aufmachenden Räume zwischen Abwehr und Mittelfeld zu nützen. Das wunderschöne Tor zum 1:0 durch Rasmus Elm entstand genau so: Unbemerkt vom Mittelfeld, unbehelligt von der Defensive (Pogatetz stand in der Nähe, Stranzl war ganz wo anders) kam Elm zum Schuss. Dass er den Ball trifft wie wahrscheinlich noch nie in seinem Leben: Geschenkt. Das Tor an sich war wunderschön und nach dem Schuss nicht zu verhindern – aber in der Entstehung wäre es das sehr wohl gewesen, und das ist symptomatisch für das österreichische Spiel nach der Pause. Ähnlich ungeschickt die Ausgangslage zum endgültig entscheidenden zweiten schwedischen Treffer: Stranzl denkt zu langsam mit, muss dem schwedischen Stürmer hinterher hecheln, kann ihn gerade noch vor der Strafraumgrenze stoppen. Ein Sinnbild für die bescheidene Leistung von Stranzl – in einem Bewerbsspiel hätte es zumindest Gelb gegeben, drei Minuten später war er endlich aus dem Spiel genommen. Dass Kim Källström den fälligen Freistoß in Weltklasse-Manier über die Mauer unter die Latte versenkte: Wiederum geschenkt. An diesem Freistoßtor gab es nichts, aber auch wirklich gar nichts zu verhindern. So hoch hätte Janko in der Mauer gar nicht springen, so schnell Manninger nicht reagieren können.

Ja, Manninger. Der Juve-Goalie, der ob des immer wieder verletzten/kranken Buffon in der Serie A deutlich mehr zum Spielen kommt, als gedacht, ist in der Form seines Lebens. Was auf sein Tor kommt und irgendwie zu halten ist, hält er auch. Für einen wie Manninger, der seine Leistung vor allem über Selbstsicherheit abrufen kann, ist diese Saison ein Traum, wie er schöner nicht gemalt sein könnte. In dieser Form würde er wohl in so ziemlich jedem Nationalteam dieser Welt die unumstrittene Nummer eins sein. Und noch ein kurzes Wort zu den drei Debütanten des Schweden-Spiels: Christoph Saurer (15 Minuten), Andi Ulmer (13 Minuten) und Mario Kienzl (8 Minuten) durften alle mal hineinschnuppern, wie es so ist, als Nationalspieler. Wirklich etwas bewegen konnten sie in der kurzen Zeit, in der sie zum Einsatz kamen, natürlich auch ob des schon ziemlich zerstörten Spiels der eigenen Mannschaft natürlich nicht mehr. Ob sie in unmittelbarer Zukunft ernsthafte Alternativen zu den aktuellen Stammspielern sein werden, ist allerdings zweifelhaft: Kienzl ist 25 und wird den Sprung ins Ausland kaum mehr schaffen, Ulmer hat mit Fuchs, Pogatetz und Ibertsberger drei Alternativen auf seiner Position vor ihm und muss sich erst einmal in Salzburg durchsetzen, und auf der rechten Seite von Christoph Saurer besteht der Handlungsbedarf erst in der zweiten Reihe (sprich, wenn Korkmaz nicht kann – Hölzl war gegen Schweden nicht auf der Höhe). Dazu muss Saurer schleunigst vom LASK weg, wenn er wirklich was aus sich machen will.

FAZIT: Man merkt Brückner immer mehr an, dass er das Ausmaß des Himmelfahrtskommandos, auf das er sich vor einem halben Jahr eingelassen hat, unterschätzt hat. Die steigende Lustlosigkeit ist ihm deutlich anzusehen. Wie man hört, kennt er nicht mal alle Teamspieler mit Vor- und Nachnamen – und wenn man keinen Draht zur Mannschaft aufbauen kann, hilft das beste taktische Konzept nichts. Das 0:2 gegen Schweden war auf gewisse Weise der bisherige Tiefpunkt der Ära Brückner: Zwar hat die Mannschaft gezeigt, dass sie grundsätzlich könnte, wenn sie wollte, aber über weite Strecken des Spiels war das genau der ungenießbare Einheitsbrei, der entsteht, wenn nicht genug Salz dazugemischt wurde. Sprich: Die Mannschaft spielt, was mit Halbgas möglich ist, und lässt dabei den Willen, den Schwung und auch die notwendige Einstellung vermissen, die notwendig wäre. Denn schließlich war das gestern tatsächlich etwas mehr als „nur“ ein Testspiel. Es war ein Zeichen, dass der Wille, wirklich etwas voran zu bringen, bei einigen Korsettstangen innerhalb der Mannschaft nur so lange gegeben ist, so lange es keine Widerstände der gegnerischen Mannschaft gibt.

Und das ist zu wenig. Auch in einem Testspiel.

(phe)

Aufstellungen

AUT: Manninger – Garic, Stranzl, Prödl, Pogatetz – Hölzl, Scharner, Ivanschitz, Säumel, Arnautovic – Janko
SVE: Isaksson – Johansson, Mellberg, Majstorovic, Edmann – Wilhelmsson, R. Elm, V. Elm, Källström – Berg, Rosenberg

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Sticke weg – und nun? https://ballverliebt.eu/2008/11/08/sticke-weg/ https://ballverliebt.eu/2008/11/08/sticke-weg/#comments Sat, 08 Nov 2008 03:57:23 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1092 Sticke weg – und nun? weiterlesen ]]> Friedlich „Sticke“ Stickler, der viel und nicht ganz zu Unrecht gescholtene ÖFB-Präsident ist gestern „aus beruflichen Gründen“ zurückgetreten. Mittlerweile liegen erste Reaktionen von Herzog, Prohaska und Co. vor. Und: Keiner heuchelt. Kein „Schade, dass er geht“, kein „er hat gute Arbeit geleistet“ oder dergleichen. Das ist zumindest „untypisch“. Unisonso heißt es nur, man nehme seinen Rücktritt zur Kenntnis. „Berufliche Gründe“ lassen freilich auch einigen Interpretationsspielraum. Ich belasse es dabei, Stickler mit dem Engagieren von Karel Brückner die mit Abstand kompetenteste Handlung seiner Ära zu bescheinigen. Und kaum wird einmal etwas richtig gemacht, droht schon ein anderer unterschwellig, es wieder zu ruinieren.

Brückner-Co Kocian meinte lapidar, dass Stickler Brückler schon vor der Bekanntgabe informiert hatte. BuLi-Präsident Pucher „respektiert“ die Entscheidung. Rapid-Boss Edlinger meint, er „wird schon seine Gründe gehabt haben“ und im Grunde halten sich die meisten an einen ähnlichen Tenor.

Nur Kurt Ehrenberger (75, Obmann des Wiener Fußballverbandes) der bis zur Wahl eines Nachfolgers im Januar oder Februar, nun interimistisch nachrückt, äußert sich so:

„Ich werde kein Alibi-Präsident sein, sondern meine Sache ordentlich machen. Eine Garantie, dass Brückner bis zum Ende meiner Amtszeit Teamchef ist, kann ich nicht abgeben.“ (ORF Teletext, 08.11.2008)

Mir schwant, so manchereiner ist unfähig aus der (Sport-)Geschichte zu lernen…

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Analyse & Kommentar: Italien – Österreich 2:2 https://ballverliebt.eu/2008/08/20/analyse-italien-osterreich-22/ https://ballverliebt.eu/2008/08/20/analyse-italien-osterreich-22/#comments Wed, 20 Aug 2008 21:32:27 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=583 Analyse & Kommentar: Italien – Österreich 2:2 weiterlesen ]]> Eine neue Ära hat begonnen. Gegen die Weltmeister aus Italien fand in Nizza Karel Brückners erstes Länderspiel mit der österreichischen Nationalmannschaft statt. Im Vorfeld wurden da natürlich ziemlich große Erwartungen aufgebaut. Wie sich das Ganze dann aber wirklich gestaltet hat, wage ich einmal kurz zu analysieren.

Der tschechische Trainer ließ das ÖFB-Team mit einem ungewohnten 4-1-4-1 auflaufen – mit der Rekordzahl von 10 Legionären.

Ob die Aufstellung bereit Rückschlüsse darüber gibt, was Brückner mit der Mannschaft in Zukunft plant, darf im Moment noch bezweifelt werden. Zum Einen ist mit Ümit Korkmaz ein wichtiger Spieler noch verletzt, der eher in eine andere Formation passen würde, zum anderen kannte Brückner die einzelnen Spieler noch nicht so gut.

Das Spiel war insgesamt nicht besonders gut. Das dürfte der Hitze geschuldet sein, und dass doch einige Spieler auf dem Platz noch nicht richtig oder gar nicht in der Saison drin waren – übrigens nicht nur bei den Italienern.

Trotzdem kamen die Gastgeber zu ein oder anderen Chance. Die aufwändigste Rolle im Österreichischen Spiel kam Paul Schaner zu, der als Vorstopper zwischen den Ketten agierte und alle sich auftuenden Räume schließen sollte. Das erledigte der England-Lgeionär in seinem Comeback ausgezeichnet. Aber die ÖFB-Elf zeigte im horizontalen Verschieben in den Viererketten des Mittelfelds und der Verteidigung so viele Schwierigkeiten, dass das nicht ausreichte. Immer wieder konnten schnelle Seitenwechsel die entscheidende Lücke vor der Verteidigung öffnen.

Freilich ist das auch darauf zurück zu führen, dass es eben ein gänzlich neues System für die Mannschaft war. Insbesondere das Mittelfeld musste sich als Ganzes an neue Rollen gewöhnen. Während Scharner (mit zwei Assists bester Mann am Platz – auch wenn die ORF-Kommentatoren es tunilchst vermieden, das zu sagen) das schnell gelangt, hatten Ivanschitz und Fuchs damit einige Probleme. Die beiden spielten ein grässliches Spiel, fielen mit vielen Fehlern auf und setzten keine Akzente.

Mark Janko mühte sich als alleinige Spitze ordentlich ab, wurde allerdings ziemlich abgeklopft. Sein Tor war das eines Stürmers in toller Form. Etwas glücklich freilich, aber mit dem Mut da aus der Drehung überhaupt draufzuschießen. Die Szene kurz davor war allerdings in meinen Augen kein schlechter Stanglpass von Harnik (der heute bemüht war, aber auch in einem offensiven Vierermittelfeld etwas zu wenig Raum hatte), sondern ein Schritt zu wenig von Janko.

Sein Ersatz Maierhofer konnte nicht überzeugen. Immer wieder musste er von Brückner zum defensiven Mithelfen angefeuert werden. Eine große Chance hat er stümperhaft vergeben (nein, da war kein Foul, sorry Thomas König). Aber man muss ihm wenigstens immerhin zugestehen, dass er weniger Zeit als Janko hatte, um sich zu beweisen.

[ad#bv_test]In der zweiten Hälfte habe ich nach all den Wechseln und Umstellungen ein wenig den Überblick verloren – vor allem aber auch die Lust noch genau zuzusehen. Das Spiel war denkbar unattraktiv, die Aufstellung bei all den Ausfällen für Rückschlüsse längst nicht mehr zukunftsweisend. Einen ganz guten Eindruck hat noch Christoph Leitgeb gemacht, der sich in diesem Jahr aus seiner zeitweiligen Krise anscheinend wieder rausspielen kann.

Dass Manninger sich verletzte (gut gespielt) und Özcan beim Einstand so unglücklich agierte (ansonsten auch gut) war schlussendlich Pech, sonst hätten die Italiener heute noch 120 Minuten lang spielen können und kein Tor geschossen. Alle vier Tore haben also Österreicher geschossen.

Nach dem Spiel ist man irgendwie so klug wie davor: Die besten Leute waren dieselben wie immer. Prödl, Pogatetz, Garics und Scharner. Um eine Pause bettelten Gercaliu, Fuchs und Ivanschitz (der wohl zum letzten Mal Kapitän war).

Insgesamt blieb bei mir der Eindruck, dass Österreich mit einem 4-2-3-1 nach Ümit Kormaz Rückkehr besser bedient wäre. Mit dieser Variante könnten sich die Außenverteidiger besser einschalten und mehr Druck über die Flügel erzeugt werden, während hinten weniger Löcher aufreissen würden.

Kommentar Georg

Wenn ich etwas aus diesem Spiel gelernt habe, dann dass ich nichts gelernt habe. Eine schlüssige Bewertung ließ dieses Spiel mit einer an wichtigen Positionen neu- und umbesetzten Mannschaft gegen wenig motivierte Italiener nicht zu. Das am Ende ein 2:2 steht mag schön sein, verdient ist es nicht. Schon gar nicht, wenn man weiß wie es zustande gekommen ist. Praktisch durchgehend erzeugten die Italiener Druck, schafften aber den finalen Schritt in den Strafraum nicht, oder vergaben ihre Chancen. Im Gegenzug verwertete Österreich dank einem engagierten Pogatetz und einem sonst verloren wirkenden Janko zwei Halbchancen zu Toren. Knapp vor der Pause stand es also 0:2, und keiner wusste so wirklich warum, da es mit dem Spielverlauf absolut gar nichts zu tun hatte.

Ganz speziell das Mittelfeld reagierte zu zögerlich, und in der Abwehr wurde mangelhaft kommuniziert und es fehlte die Organisation. Erschwerend kam dazu, dass einzelne Spieler trotz des für internationale Verhältnisse langsamen Tempos mit ihren Gegnern klar überfordert waren. Das traf z.B. für Fuchs phasenweise, für Gercaliu – der meiner Ansicht nach dringend eine Nationalteampause braucht, bis er sich wieder fängt – über die volle Distanz zu. In Summe gab es das überfällige 1:2 noch vor der Pause, und später den hochverdienten Ausgleich. Dass der Weltmeister von 2006 bei „seinen“ beiden Toren rotweißrote Hilfe benötigte sagt nicht viel aus, spielte doch nicht gerade die A-Formation. Zudem hätte Gilardino den Ball auch ohne Stranzls Intervention im Tor untergebracht. Weh tut da eher der überflüssige Patzer des Debutanten Özcan, dem man es angesichts seiner folgenden Weltklasseparade aber nachsehen kann. Hätte Italien seine Großchancen verwertet – wir hätten mit mindestens 2 Toren Unterschied verloren.

Auch wenn er Janko schon von der taktischen Anlage her vorne ziemlich einsam stehen ließ, rechne ich Brückner durchaus an. dass er ihn und Scharner von Beginn an gebracht hat. Konfus dafür, dass er keine ganze Minute nach Einwechslung von Linz als zweite Sturmspitze die ganze Mannschaft zur Abwehrschlacht nach hinten beorderte.

Hinsichtlich folgender Spiele lassen sich wie gesagt kaum Lehren ziehen. Mit geänderter Formation, neuem Personal und ungewohnter Spielanlage waren keine Wunder zu erwarten. Die werden vermutlich auch in den nächsten 17 Tagen nicht bewirkt werden, doch haben die Kicker dann das eine oder andere Pflichtspiel in ihren Ligen in den Beinen. Ich mag allerdings Brückners Art Interviews zu geben: Eloquent, Lob und Tadel ans Team wohl dosiert, ein bisschen wie der gute Ivica Osim. Auch wenn ich fürs Erste gerne Untertitel dazu hätte.

Frankreich wird, trotz Behalt der Skandalnudel Domenech, heiß auf die WM Quali sein. Die Bleus sind den Fans nach der komplett verpatzten EM einiges schuldig. Es bleibt zu befürchten, dass wir das nachträglich ausbaden werden, ergo rechne ich bestenfalls mit einem Punkt am 6. September. Dafür werden wir nach dem ersten „ernsten“ Match um einiges schlauer sein, hinsichtlich unserer Chancen auf die Endrunde in Südafrika.

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