Boateng – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 02 Jul 2014 11:33:52 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/ https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/#comments Tue, 01 Jul 2014 10:25:22 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10362 Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr weiterlesen ]]> Man würde es ja so gerne sagen. Dass das Klischee vom afrikanischen Fußball, der sich durch amateurhafte und/oder korrupte Funktionäre, vorsintflutliche Strukturen, haarsträubende Fehler und ungesunder Team-Hierarchien selbst aus dem Rennen nimmt, nicht mehr stimmen würde. Das Traurige ist nur: Bei dieser WM haben vier von fünf afrikanischen Teilnehmer wieder ein unerschütterliches Talent dafür gezeigt, sich selbst ins Bein zu schießen. Manche mehr als andere natürlich, und schließlich schafften ja auch erstmals zwei CAF-Teams den Sprung ins Achtelfinale.

Das war aber eher starken Trainern zu verdanken, die ein funktionierendes Team formten und das Chaos im Umfeld abzuschirmen versuchten. Aber keiner generellen Trendwende.

Algerien: Geringer Beinschuss-Faktor

Die rühmliche Ausnahme bildete ausgerechnet jenes Team aus dem afrikansichen Quartett, von dem man sich m Vorfeld am wenigsten erwartet hatte. Weil es sich in der Quali extrem schwer tat und es jenes Team ist, von dem einem die wenigsten Spieler geläufig sind. Aber schon in unserer Abschluss-Analyse nach dem letzten Afrika-Cup sagten wir nach dem algerischen Vorrunden-Aus

„Algerien machte schon ziemlich viel richtig. Ein gutklassiger Kader mit vielen Spielern aus europäischen Top-Ligen, mit Vahid Halilhodzic ein guter Teamchef. Dazu eine aktive Spielanlage und das Bemühen, das Spiel selbst zu gestalten. Aber halt keinen, der die Tore schießt. Bis auf die Stürmerposition hat man einen deutlich besseren Fußball gezeigt hatte als zumindest vier der Viertelfinalisten.“

Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!
Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!

Was soll man sagen: Nun fielen auch die Tore. Obwohl es nicht so gut begann, mit einer für Halilhodzic ungewöhnlich defensiven Herangehensweise gegen Belgien, die am Ende auch bestraft wurde und die ihm heftige Kritik einbrachte. Die algerische Öffentlichkeit verlangte fliegende Fahnen, der Verband entschloss sich nach diesem Spiel, nach der WM nicht mit Halilhodzic weiterzumachen. Der einzige Unruheherd bei den Wüstenfüchsen – und nichts, was es in ähnlicher Form nicht auch außerhalb Afrikas gäbe.

Zumal Algerien dann gegen Südkorea alles auspackte, was man kann. Exzellente Technik, flinke Spieler, eine aktive Spielanlage und erstaunlicherweise auch sehr guter Abschluss. Wie überhaupt es Halilhodzic exzellent verstand, seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner einzustellen. Dazu passte das Teamgefüge, keiner der vermeintlichen Stars scherte aus, jeder stellte sich immer voll und ganz in den Dienst der Mannschaft. Der erstmalige Achtelfinal-Einzug war der verdiente Lohn.

Und auch die Deutschen irritierte man völlig. Man kappte das schnelle Passspiel mit geschickten, kurzen Pressingläufen, zog das funktionierende Konzept eisenhart durch und wurde am Ende nur von einem praktisch nicht zu verteidigenden Geniestreich von André Schürrle geschlagen.

Wie sehr es im Team stimmt und wie gut die Spieler das Erreichte einordnen können, wurde nach dem Achtelfinale klar: Alle herzten ihren scheidenden Teamchef und auch im den Interviews überwog der Stolz über die großartige WM schon der Enttäuschung über das knappe Aus.

Nigeria: Großer Beinschuss-Faktor, aber starker Trainer

Mit Afrikameister Nigeria schaffte es noch ein weiteres CAF-Team über die Gruppenphase hinaus. Ganz ähnlich wie bei Algerien ist auch bei den Super Eagles ein überwiegend junger Kader unterwegs, in dem die Stinkstiefel aussortiert wurden (wie Taye Taiwo) oder erfolgreich ins Teamgefüge integriert (Yobo, Odemwingie). Der Grund dafür, dass das klappte, hat einen Namen: Stephen Keshi.

Denn was hinter den Kulissen passierte, spottete mal wieder jeder Beschreibung. Da boykottierten die Spieler das Training, weil sie die Achtelfinal-Prämien sofort haben wollten – aus alter Erfahrung, weil sie wussten, dass sie der Verband sonst einbehält. Am Ende zahlte der Staatspräsident und die offizielle FIFA-Prämien werden mal wieder in den Kassen der Funktionäre verschwinden. Keshi ist den Verbands-Oberen schon lange ein Dorn im Auge, weil er nicht, so wie andere einheimische Trainer in der Vergangenheit, kuschte – sondern jeden Missstand offen ansprach und anprangerte. Nur der Erfolg bewahrte dem unbequemen Keshi vor seiner Entlassung.

Nigiera:
Nigiera: Junge Truppe, klares Konzept, aber etwas einfallslos in der eigenen Spielgestaltung.

Dass er nun, nach einem schönen Erfolg – und das ist das Erreichen des Achtelfinals in jedem Fall – selbst den Hut nimmt, ist nur konsequent. Wie schon beim Triumph beim Afrika-Cup war die Spielanlage eher reaktiv und fußte auf schnelles Umschalten, gute Versorgung der Flügel und das Spiel aus einer guten Defensive heraus. Das geht, weil Vincent Enyeama (seinen Fehlern im Achtelfinale gegen Frankreich zum Trotz) ein Torhüter auf hohem internationalen Niveau ist und weil der alte Yobo den früh verletzten Godfrey Oboabona umsichtig ersetzte.

Nur gegen den sehr destruktiven Iran, als man gezwungen war, das Spiel selbst zu gestalten, agierte man etwas hilflos.

Aber sonst war das sehr okay. Auch das Fehlen von Stamm-Linksverteidiger Elderson Echiejile fiel nicht so sehr ins Gewicht, weil Juwon Oshaniwa einen guten Job machte. Der einzige, der wirklich abfiel, war John Obi Mikel: Der Mann von Chelsea spielte ein fürchterliches Turnier, produzierte Fehlpässe am laufenden Band, brachte nach vorne überhaupt nichts und war nach hinten zuweilen ein ziemliches Risiko.

Wie die Zukunftsprognose für Nigeria aussieht, hängt davon ab, ob es wieder einen ähnlich starken Charakter auf der Trainerbank geben wird wie Stephen Keshi. Das Talent, in den nächsten Jahren noch einiges zu erreichen, hat der ausgesprochen junge Kader allemal.

Wie man den nigerianischen Verband kennt, wird sich dieser aber davor hüten, wieder einen starken Mann zu installieren, der sich so bedingungslos vor die Mannschaft stellt. Ist schlecht fürs Geschäft.

Côte d’Ivoire: Hauptsächlich sportlicher Beinschuss-Faktor

Mit einem unglaublich dämlichen Elfmeter in der Nachspielzeit der letzten Gruppenpartie verdaddelten die Ivorer ihren sicher scheinenden Platz in der Runde der letzten 16. Was aber eigentlich wieder nur perfekt in die jüngere Geschichte der „Elefanten“ passt. Die fraglos talentierteste Ansammlung von Spielern in der Geschichte des ivorischen Fußballs hat noch immer einen Weg gefunden, grandios zu scheitern.

Côte d'Ivoire:
Côte d’Ivoire: Ausgeglichen ordentlich besetztes Team, aber wieder  bezwang man sich selbst.

Statt seit dem Durchbruch von Didier Drogba, den Touré-Brüdern so um 2004 herum einen Afrika-Titel nach dem anderen einzusacken und bei einer WM mal zumindest ins Viertelfinale zu kommen, stehen nun drei Vorrunden-Ausscheiden und kein einziger Afrika-Titel zu Buche.

Dabei hatte man auch diesmal alles in der eigenen Hand, hätte die nötige Qualität dazu gehabt und auch der Verband ist einer der besonneneren am afrikanischen Kontinent – er hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als man etwa nach dem Viertelfinal-Aus im Afrikacup 2010 Vahid Halilhodzic in einer Panik-Aktion feuerte und Sven-Göran Eriksson, der das Teamgefüge nicht kannte, bei der WM ohne Chance war.

Nein, man hielt gegen die massive Kritik von Fans und Medien nach dem letzten Kontinental-Turnier an Sabri Lamouchi fest und versuchte, Ruhe und Geschlossenheit zu demonstrieren. Durchaus nicht un-erfolgreich. Lamouchi traute sich, den schon deutlich altersmüden Drogba auf die Joker-Rolle zu degradieren, sein „Ersatz“ Bony gab ihm mit zwei Toren in den drei Spielen auch durchaus recht.

Mit Serge Aurier hatte man einen der besseren Rechtsverteidiger im Turnier, mit Barry einen der bessern afrikanischen Torhüter. Auch abseits des Platzes machte man einen durchaus geschlossenen Eindruck. Und trotzdem hat es wieder nicht funktioniert.

Schön langsam gehen einem da die Erklärungen aus.

Ghana: Sehr hoher Beinschuss-Faktor

Vor vier Jahren waren die Black Stars nur eine von Luis Suárez‘ mittlerweile bedenklich vielen unsportlichen Aktionen bzw. einen verwandelten Elfmeter vom Halbfinale entfernt. Schlechter ist die Mannschaft, rein vom Potenzial her, seit dem Turnier in Südafrika nicht geworden. Aber Teamchef James Kwesi Appiah hat genau das, was sein nigerianischer Kollege Keshi geschafft hat, nicht auf die Reihe bekommen: Er verzichtete nicht auf die Stinkstiefel.

Ganz im Gegenteil: Mit der Nominierung des als äußerst schwierig bekannten Kevin-Prince Boateng – der seit der letzten WM ja nie für Ghana gespielt hat – machte sich Appiah ein Fass auf, das meilenweit gegen den Wind nach Fäulnis roch. Eine Entscheidung, die noch seltsamer wird, wenn man bedenkt, dass Appiah den gebürtigen Berliner im ersten Spiel auf die Bank setzte. Ungeschickt. Und zu allem Unglück ging die Partie gegen die USA dann auch noch verloren.

Ghana
Ghana: Gute Mannschaft, interessantes Konzept, aber zwischenmenschliche Problemfälle.

Spätestens da war das Tischtuch zerrissen. Gegen die Deutschen spielte Boateng zwar von Beginn an, wirklich zu funktionieren begann das ghanaische Konzept aber erst, als er wieder ausgewechselt worden war. Vor dem letzten Gruppen-Match gegen Portugal eskalierte der Streit, Boateng und sein Buddy Muntari wurden suspendiert. Und trotz allem Chaos fehlte bis zu zehn Minuten vor Schluss nur ein Tor, um trotz allem das Achtelfinale zu erreichen.

Weil das Konzept und die beteiligten Spieler durchaus gut und interessant waren und von der Raumaufteilung her an jene von Red Bull Salzburg erinnert. Ein Absicherer vor der Abwehr, vier extrem hoch stehende Offensiv-Kräfte und konsequent nach vorne preschende Außenverteidiger. Gegen die USA war man fast 90 Minuten das deutlich dominierende Team, Deutschland hatte man am Rande der Niederlage und gegen Portugal kosteten nur zwei haarsträubende individuelle Fehler den Sieg.

Dumm gelaufen für James Kwesi Appiah. Nicht seine taktischen Entscheidungen kosteten die nächste Runde, sondern seine personellen schon vor dem Turnier. Eine verschenkte Chance.

Kamerun: Extremer Beinschuss-Faktor

Er hat um seine Machtlosigkeit gewusst, das war schnell deutlich. Volker Finke wusste, dass er dem Chaos in seiner Mannschaft, in seinem Verband und im ganzen Umfeld hilflos ausgeliefert war. Seine Körpersprache zeigte während des ganzen, für Kamerun einmal mehr sehr kurzen Turniers die innere Emigration, in die sich Finke zurückgezogen hatte. Er ließ die WM über sich ergehen.

Weil Kamerun wie schon in den letzten Jahren in der Geiselhaft von Samuel Eto’o steckt. Egal, wer Trainer ist, egal, wer die Mitspieler sind: Der Rekordtorjäger bestimmt alles und ist der Hauptgrund dafür, dass die „Unzähmbaren Löwen“ tatsächlich unzähmbar sind – für ihre Trainer. Egal, ob die nun Finke heißen, Clemende, Le Guen, Pfister, Haan oder Schäfer. Niemand bekam die Macht eingeräumt, für professionelle Bedingungen zu sorgen. Das war schon vor Eto’o so und hat sich mit dem Ego-Shooter nur noch verstärkt.

Seit dem Viertelfinal-Einzug 1990 hat Kamerun bei fünf WM-Teilnahmen noch genau ein einziges Spiel gewonnen – 2002 gegen jene verunsicherten Saudis, die ein paar Tage davor 0:8 gegen Deutschland verloren hatten. Bei den letzten beiden Afrika-Meisterschaften war Kamerun nicht mal unter den 16 qualifizierten Teams. Und die WM erreichte man nur, weil Togo keine gelben Karten zusammenzählen konnte.

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Kamerun: Ein Desaster. Undiszipliniert, passiv, unwillig und zerstritten. Der arme Volker Finke.

Und auch auf dem Feld stimmte praktisch gar nichts. Teams von Volker Finke, vor allem jene in Freiburg, waren immer bekannt für eine extrem aktive Spielanlage, für Pressing, für flinke Angriffe und einen guten Teamgeist. All das war bei Kamerun nicht erkennbar.

Gegen Mexiko stand man nur doof in der Gegend herum und übte nicht den geringsten Druck auf den ballführenden Gegner aus. Gegen Kroatien fing man mit dem giftigen Aboubakar statt des verletzten Eto’o vorne zwar vielversprechend an, dafür passte hinten nichts, Song flog mit einer Aktion vom Platz, für die selbst ein Einzeller zu intelligent wäre, und dann gerieten auch noch Benoit Assou-Ekotto und Benjamin Moukandjo aneinander. Gegen Brasilien ging’s nur noch um Schadensbegrenzung.

Kamerun vereinte bei dieser WM (wie auch schon bei der letzten, als man auch alle drei Spiele verlor) alle negativen Klischees über den afrikanischen Fußball. Anzeichen auf Besserung gibt es keine.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Jänner 2015 in Marokko

Erstmals haben zwei afrikanische Teams das Achtelfinale erreicht und zwei weitere hatten realistische Chancen und hätten es beinahe geschafft. Eine umso erstaunlichere Quote, wenn man bedenkt, wie unglaublich niveaulos der letzte Afrikacup von anderthalb Jahren war. Was aber auch nur zeigt: Das sportliche Potenzial für erfolgreiches Abschneidens auf der großen Bühne wäre ja absolut da, aber immer noch verhindern vor allem Unprofessionalität außerhalb des Platzes gute Resultate.

Das Traurige ist: Selbst das ausgesprochen gute Abschneiden von Algerien, das gute von Nigeria und das Potenzial der Ivorer und von Ghana reicht nicht als Versprechen dafür, dass es jetzt auch gut weitergeht. Nigeria wird vermutlich wieder im Chaos versinken, wenn Keshi nicht mehr Teamchef ist. Bei den Ivorern steht ein Generationswechsel an, bei Ghana gibt es zu viele Egomanen und wie Christian Gourcuff bei Algerien das Werk von Vahid Halilhodzic weiterführt, kann auch keiner beurteilen.

Die Gefahr besteht, dass alles wieder in der Dahinwurschtelei versinkt, auch bei jenen Teams, die eigentlich auf einem guten Weg sind. So etwas wie „benefit of the doubt“ gibt es bei den Erfahrungen, die man mit afrikanischen Teams in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, ja leider nicht.

(phe)

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1:3 gegen die Fiorentina: Die Luft für Milan-Coach Allegri wird dünner https://ballverliebt.eu/2012/11/12/13-gegen-die-fiorentina-die-luft-fur-milan-coach-allegri-wird-dunner/ https://ballverliebt.eu/2012/11/12/13-gegen-die-fiorentina-die-luft-fur-milan-coach-allegri-wird-dunner/#comments Mon, 12 Nov 2012 00:14:31 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7996 1:3 gegen die Fiorentina: Die Luft für Milan-Coach Allegri wird dünner weiterlesen ]]> Was ist nur mit dem AC Milan los? In dieser Saison läuft es überhaupt nicht für die Rossoneri, und beim 1:3 gegen die Fiorentina wurde auch recht deutlich, warum. Während man in Florenz wieder zum Europacup anklopft. Ein Höhenflug, der auch mit „Aeroplanino“ Montella auf der Trainerbank zusammen hängt.

AC Milan – AC Fiorentina 1:3

Fünf der elf Liga-Spiele verloren, in der Champions League ist der Einzug ins Achtelfinale auch noch lange nicht geschafft – nach dem Abgang von Zlatan Ibrahimovic und Thiago Silva im Sommer zu PSG erlebt Milan einen Horror-Herbst. Und im Spiel gegen das sich auf dem Weg nach oben befindende Team der Fiorentina zeigte einige Gründe recht deutlich auf.

Milan: Vor allem Außen gibt’s Probleme

Trainer Max Allegri stellte in dieser Saison sein System um. Aus dem typisch italienischen 4-3-1-2 wurde ein 4-2-3-1. Was aber weniger mit Zlatan oder Thiago Silva zu tun hat. Sondern viel eher ein Zugeständnis an die Tatsache sein dürfte, dass Allegri einfach keine Außenverteidiger zur Verfügung hat, die gut sind, die Aufgaben auf den Flanken alleine zu schultern. Abate und Antonini sind das nicht, Constant schon mal gar nicht, und Mattia de Sciglio hat zwar Potenzial, ihm fehlt es mit seinen 20 Jahren (für italienische Verhältnisse also tatsächlich einer aus der Krabbelgruppe) ziemlich an Erfahrung auf höchstem Level.

So teilt er die Aufgaben auf den Außen nun auf jeweils zwei Spieler auf. Das funktioniert aber nicht wirklich, weil es Allegri auch im November noch nicht gelungen ist, eine passende Balance zu finden. Auf der rechten Seite war De Sciglio wirklich bemüht, etwas nach vorne zu machen; der schwache Emauelson war aber keinerlei Hilfe und die geschickte Abwehrarbeit der Fiorentina machte es ihm zusätzlich schwer.

Und auf der linken Seite ist Kevin Constant schlicht und einfach heillos überfordert. Im Positionsspiel – er ließ sich von Cuadrado weit nach vorne ziehen, was es seinen Gegenspielern Ljajic und Aquilani erlaubte, permanent in seinem Rücken die Schnittstelle zwischen Constant und Bonera zu bearbeiten. Im Abwehrverhalten – nicht nur einmal wirkte er überhastet und ließ die Übersicht vermissen, wie bei einem völlig unnötig von ihm verursachten Eckball nach rund einer Viertelstunde oder bei Cassanis Pfostenschuss in der Schlussphase. Und im Spielaufbau – mehr als lange Bälle in die grobe Richtung von Mitspielern war kaum zu sehen.

Mit Montella zurück nach vorn

Die großen Probleme von Milan hingen aber natürlich auch mit der Spielweise der Fiorentina zusammen. Nachdem Cesare Prandelli die Viola vor zwei Jahren verlassen hatte und die Squadra Azzurra übernahm, fiel der Champions-League-Achtelfinalist von 2010 unter Sinisa Mihajlovic fast ins Bodenlose; mit Vincenzo Montella allerdings und einigen interessanten bis aufregenden Spielern ist man nun auf bestem Weg zurück ins internationale Geschäft.

„Aeroplanino“ Montella, mittlerweile 38 Jahre alt und zu seiner aktiven Zeit legendärer Stürmer bei der Roma, holte schon aus Catania mehr heraus, als zu erwarten war, und setzt seinen Lauf nun Fort. Er lässt in einem System spielen, das am Ehesen mit 3-1-4-1-1 zu beschreiben ist. Prunkstück ist das zentrale Mittelfeld, in dem Montella gleich drei potentielle Spielmacher versammelt: David Pizarro agiert als Sechser vor der Dreierkette, Alberto Aquilani flankiert ihn rechts, Borja Valero links. Davor presste Adem Ljajic alles an, was sich bewegte und Altmeister Luca Toni lauert vorne auf die Zuspiele.

Fiorentina: Aufmerksam und mit dezentem Pressing

Der Clou der Fiorentina – die ohne den an einem Muskelfaserriss laborierenden Offensiv-Allrounder Stefan Jovetic auskommen musste – lag darin, dass man gleich in den Anfangsminuten im Mittelfeld extrem aufmerksam agierte, sehr gedankenschnell war und jeden Pass von Milan abfing, der nicht punktgenau ankam. Daraufhin wurde blitzschnell auf Offensive umgeschaltet. Die Folge: Milan konnte nicht noch kein eigenes Spiel aufziehen, sondern war auch noch permanent damit beschäftigt, hinten nichts anbrennen zu lassen. Das gelang nur zehn Minuten, ehe Aquilani nach einer Hereingabe von der rechten Seite (jener von Constant, eh klar) zum 1:0 traf.

Das ganz wilde Dazwischenlaufen wurde danach zwar eingestellt, was aber nicht heißt, dass man Milan einfach gewähren ließ. Es wurde immer noch darauf geachtet, dass der Ballführende wenig Zeit hat und im Mittelfeld bewegten sich zumeist zwei Fiorentina-Spieler frontal auf den Gegenspieler mit dem Ball zu – kein brutales Pressing, aber dezent und wirkungsvoll. So hatte Milan zwar immer die Option, quer zu spielen, aber wollten die Mailänder nach vorne, blieb nur der lange Ball. Mit dem die Fiorentina-Defensive keine Probleme hatten. Vom dämlichen Rempler Roncaglias an Pato mal abgesehen, aber Pato verschoss den fälligen Elfmeter nach einer halben Stunde ohnehin.

Nicht, dass die Fiorentina eine offensive Gala-Vorstellung lieferte oder auch nur ein Aufbauspiel auf höherem internationalen Niveau zeigte. Auch die Violetten begingen diverse billige Fehler im Spiel nach vorne. Aber man konnte sich auf gelegentliche Schlafmützigkeiten in der Milan-Abwehr verlassen. Noch vor der Pause winkten Montolivo und Mexès nach einem Einwurf Valero praktisch zum 2:0 durch.

Nur El Shaarawy zeigt Tatendrang

Das Offensiv-Quartett von Milan war weitgehend abgemeldet, weil sich Montolivo und Ambrosini oft mit den sich geschickt zurück fallen lassenden Ljajic und Toni herumschlagen mussten, sich der vom zentralen Fiorentina-Trio abgeschirmte Boateng schlecht bewegte und Emanuelson gegen die Doppel- und Dreifach-Behandlung von Pasqual, Savic und zuweilen auch Valero einfach überhaupt keinen Stich machte. Einzig El Shaarawy zeigte echten Tatendrang, ging in die Zweikämpfe, hatte Zug zum Tor. Aber einer alleine reicht da natürlich nicht.

So nahm Allegri in der Halbzeit Pato und Emanuelson raus und brachte dafür Pazzini (für ganz vorne) und Bojan Krkic (der auf die Zehn ging, Boateng dafür auf den rechten Flügel). Am Bild des Spiels änderte das aber nichts – Milan war weiterhin vor allem auf lange Bälle angewiesen. Erst ein Geniestreich von Mexès, der nach einem Standard per Ferse den Pfosten traf und Pazzini zum 1:2 abstaubte, brachte Milan Hoffnung.

Ruhe gegen das Ausfransen

Schlussphase

Mit zunehmender Spieldauer zeigte das laufintensive Spiel der Fiorentina zunehmend Wirkung und die Defensiv-Strategie franste zusehens aus. Das ermöglichte es Milan ab etwa der 70. Minute, sich vor dem Strafraum festzusetzen, anstatt wie zuvor zehn, fünfzehn Meter in der gegnerischen Hälfte festgesetzt zu werden. Es ergaben sich Räume im Rücken von Valero und Matías Fernández – Letzterer war für den ausschlussgefährdeten Aqualani gekommen, ließ aber dessen defensive Aufmerksamkeit vermissen.

Das merkten Pizarro und Valero. Diese beiden übernahmen nun das Kommando und verschleppten das Tempo. Dabei kam den beiden ihre unglaubliche Ruhe am Ball zu Gute. Auch El Hamdaoui (statt Ljajic gekommen) ging nicht mehr um jeden Preis Richtung Tor, sondern war vor allem auf Ballkontrolle bedacht.

Allegri packte für die Schlussphase die Brechstange aus – die Kontrolle über das Spiel und das Tempo hatte Milan schnell wieder aus der Hand gegeben, so warf Allegri mit Robinho einen weiteren Offensiven in die Schlacht und hoffte mit einem 4-2-4 noch auf den Lucky Punch. Doch anstatt zum Ausgleich zu kommen, nützte El Hamdaoui die Verletzung von Innenverteidiger Bonera (der schon vor der Pause nach einem Foul an Toni ausgeschlossen werden hätte müssen und sich die letzten zehn Minuten mit einer Zerrung über den Platz schleppte) und versenkte aus seinem Freiraum von der Strafraumgrenze zum 3:1. Das war’s.

Fazit: Milan ist zu Recht weit weg von der Spitze

Es ist kein Zufall, dass Milan nur auf Platz 13 liegt. Das Teamgefüge wirkt komplett off, die Mannschafsteile harmonieren nicht. Manche Spieler legen eine demonstrative Lustlosigkeit an den Tag (Boateng), andere verstecken sich komplett (Emanuelson), die Außenverteidiger genügen höheren Ansprüchen nicht, die fehlende Bewegung in die freien Räume macht einen Aufbau schwierig bis unmöglich.

Das wirklich Bedenkliche aus Sicht von Milan ist, dass all das nur am Rande mit den Abgängen von Zlatan und Thiago Silva zu tun hat. Ja, bei Standards fehlte Thiagos Übersicht, das sah zuweilen erschreckend hilflos aus. Und ja, ohne Zweifel fehlen Ibrahimovic‘ exzellente Laufwege und seine herausragenden Fähigkeiten, was das Halten den Balls angeht, ganz enorm. Aber es kann nicht sein, dass von allen Offensivspielern nur der 20-jährige El Shaarawy nicht lust- und planlos über den Platz schleicht.

Auf der anderen Seite muss hat Vincenzo Montella seiner Fiorentina aber auch die richtige Taktik mit auf den Weg gegeben, um genau diese Schwächen der Milanisti anzubohren und das Spielgeschehen damit zu kontrollieren. Für das erste und vor allem das zweite Tor wurden zwar in erster Linie Abwehrfehler genützt – aber man hielt Milan gut in Schach.

Und wenn man bedenkt, dass die Viola auch noch Stefan Jovetic in der Hinterhand hat, ist der vierte Tabellen-Platz hier auch alles andere als Zufall.

(phe)

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Deutschland rettet sich, Holland nicht https://ballverliebt.eu/2012/06/10/deutschland-rettet-sich-holland-nicht/ https://ballverliebt.eu/2012/06/10/deutschland-rettet-sich-holland-nicht/#comments Sun, 10 Jun 2012 02:36:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7425 Deutschland rettet sich, Holland nicht weiterlesen ]]> Euro 2012 / Tag 2 | Eine schwere Geburt war es, das erste Turnier-Spiel für den Mit-Favoriten aus Deutschland. Selbst hatte man großen Respekt vor den portugiesischen Flügeln, der Gegner machte das Zentrum zu – so gab’s eine recht statische Partie. Die Deutschen retteten den 1:0-Sieg, für Holland ging es nicht so gut aus: Nach dem nicht unverdienten 0:1 gegen Dänemark steht der Vize-Weltmeister schon jetzt mit dem Rücken zur Wand.

Deutschland - Portugal 1:0 (0:0)

Ganz klar: Der gegenseitige Respekt war vorhanden. Nein, mehr als das: Er war riesengroß. Das wurde in der Herangehensweise beider Mannschaften in diesem Spiel klar. So wussten die Portugiesen: Vor allem durch das Zentrum sind diese Deutschen mit den bei Real Madrid extrem gereiften Özil und Khedira, sowie mit Schweinsteiger, brandgefährlich. Das – und die Tatsache, dass es im portugiesischen Kader einfach keinen klassischen Spielgestalter gibt – führte zu einer sehr vorsichtigen Spielanlage.

Wirklich interessant war aber das Spiel über die Flanken. Cristiano Ronaldo (links) und Nani (rechts) zogen sich gegen den Ball sehr weit zurück, sodass bei Portugal ein recht klares 4-1-4-1 entstand. Ziel war es, die beiden nach Ballgewinn schnell steil zu schicken, um vor allem bei Ronaldo die klaren individuellen Vorteile gegenüber Jeroma Boateng zu nützen.

Auch deutsche Flügel vorsichtig

Allerdings wussten natürlich auch die Deutschen, welche Gefahr über Ronaldo und Nani ausgeht. Daher hatte Boateng als Rechtsverteidiger gegen Ronaldo praktisch ausschließlich defensive Aufgaben zu erfüllen und schaltete sich praktisch gar nicht in das Spiel nach vorne ein. Zwar wurde in einige Szenen der Klasseunterschied zum Superstar der Portugiesen schon deutlich, aber Boateng machte grundsätzlich einen sehr soliden Job: Er verzögerte gut, drängte Ronaldo ab und bekam auch gute Unterstützung; vermied es aber, allzu forsch an den Mann zu gehen.

Die sehr konservative Spielweise von Boateng bedeutete, dass Müller vorne ohne seinen Außenverteidiger auskommen musste. Das versuchten die Deutschen auzugleichen, indem Mesut Özil vom Zentrum immer wieder auf den rechten Flügel ging und Müller entweder kurz anspielte, oder es dem Bayern-Spieler ermöglichte, selbst an die Grundlinie oder – noch häufiger – Richtung Strafraum zu ziehen. Coentrão war damit beschäftigt und auch zumeist keine Hilfe für Ronaldo.

Auf der anderen Flanke wusste auch Philipp Lahm um die Stärke von Nani. Daher hielt sich auch der Kapitän der deutschen Mannschaft sehr zurück und beschränkte sich zumeist darauf, den Flügelspieler von Manchester United nicht zur Geltung kommen zu lassen. Auch hier hieß das, dass Lahms Vordermann (Podolski) ohne viel Hilfe von hinten auskommen musste. Podolski nützte das, um recht hoch zu stehen und João Pereira festzunageln, bzw. um zu Gomez in den Strafraum zu ziehen.

Statisches Spiel

Die Folge war ein recht statisches Spiel, in dem die Portugiesen darauf achteten, nichts durch die Mitte zuzulassen und den Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr gering zu halten, um Özil nicht seine große Stärke, die Bewegung zwischen den Linien, zuzugestehen. Und die Deutschen danach trachteten, Ronaldo und Nani unter Kontrolle zu halten, während sie gleichzeitig wussten, dass sie durch das Zentrum nichts zu befürchten hatten.

Torchancen blieben Mangelware; die beste hatte vor der Pause Portugal mit Pepes Lattenpendler nach einem Eckball. Selbst nach dem Seitenwechsel änderte sich am Bild des Spiels wenig: Das Tempo blieb überschaubar, die Vorsicht regierte auf beiden Seiten und kein Team schaffte es, das Defensiv-Konzept des jeweils anderen auszuhebeln.

Deutsche Führung, Varelas Freiräume

Nach etwa einer Stunde allerdings hatten die Deutschen einen Weg gefunden, um in den Rücken der Abwehr zu kommen. Sie hatten sich dafür Bruno Alves und Coentrão zurecht gelegt: Es gelang nun nämlich besser, Alves im Zentrum zu binden, wenn Coentrão sich etwas nach vorne bewegt. Das ermöglichte es Müller, aber auch Özil und dem gegenüber Schweinsteiger deutlich offensiveren Khedira, Flanken Richtung Gomez zu schlagen. Einige Versuche schlugen fehl, aber in der 72. Minute fand eine abgefälschte Flanke den Mittelstürmer, der per Kopf zum 1:0 traf.

Paulo Bento musste nun natürlich alles auf eine Karte setzen und brachte Silvestre Varela für Meireles. Der Mann vom FC Porto ist zwar eher ein Flügelstürmer, agierte nun aber halbrechts offensiv und sorgte so für ein personelles Übergewicht in diesem Spielfeld-Bereich. Weil Lahm weiterhin auf Nani aufpassen musste und Schweinsteiger nach seiner Muskelverletzung offensichtlich die Zweikämpfe noch etwas scheute, hatte der neue Mann viele Freiheiten und nützte diese auch zu einer handvoll richtig guter Tormöglichkeiten.

Die Deutschen brauchten in dieser Phase dringend die Paraden von Torhüter Manuel Neuer, um das Spiel über die Zeit zu bringen. Und Neuer hielt die drei Punkte fest.

Fazit: Daran wird sich Deutschland gewöhnen müssen

Ein nicht besonders spektakuläres Spiel, aber nach der deutschen Führung durchaus spannend und am Ende, als Portugal vehement auf den Ausgleich drängte, sogar dramatisch. Die Partie war vom Vorhaben geprägt, nur ja die Stärken des Gegners zu neutralisieren um in dieser schweren Gruppe nur ja keine vermeidbare Niederlage einzustecken.

Deutschland fand mit den Flanken von der rechten Seite ein wirksames Mittel und schlugen daraus letztlich entscheidend zu. Es war beileibe kein Feuerwerk, aber das DFB-Team wird sich daran gewöhnen müssen, dass sich die Gegner äußerst defensiv verhalten, um Özil und Co. keine Räume zu geben. Da wird für das spielstarke deutsche Team Lösungen finden müssen.

Souveräne Qualifikation, dort Portugal distanziert, und trotzdem traute denen Dänen kaum jemand zu, in dieser Gruppe mehr als eine Statistenrolle zu spielen. Großer Fehler! Denn die Mannschaft von Teamchef Morten Olsen präsentierte sich gegen den Vize-Weltmeister als extrem kompakte Truppe, die defensiv extrem aufmerksam agierte und den Holländern einen ziemlichen Fehlstart verpasste.

Holland - Dänemark 0:1 (0:1)

Dänemark stellte sich zunächst einmal tief auf und erwartete Oranje mit der vordersten Front (Eriksen und Bendtner) etwa auf Höhe der Mittellinie, mit Zimling und/oder Kvist als Unterstützung, wenn es darum ging, auf Van Bommel und De Jong zu pressen. So zwangen die Dänen Holland ein überschaubares Tempo auf. Hinzu kam, dass Mathijsen-Ersatz Ron Vlaar in der Innenverteidigung in der Spieleröffnung komplett unbrauchbar ist und mit Jetro Willems ein international völlig unerfahrender Jungspund stand.

Die Flügelspieler im dänischen Team kamen zunächst kaum zur Geltung. Vor allem Krohn-Dehli machte aber defensiv gemeinsam mit Poulsen gegen Robben grundsätzlich keine so schlechte Figur, indem der half, mit Simon Poulsen gemeinsam Robben permanent doppelten. Was sie allerdings nicht verhindern konnten, waren dessen Pässe auf den sich nach außen orientierenden Van Persie. Hier war Agger zwei, drei Mal etwas unaufmerksam.

Perfekt organisiert

Was vor allem in den ersten rund 20 Minuten des Spiels häufig passierte. Holland kam zu einigen guten Chancen, und die Dänen machten da noch keine wirklich gute Figur im Spiel nach vorne. Krohn-Dehli war sehr defensiv unterwegs, Bendtner wurde kaum ins Spiel gebracht und die wenigen Vorstöße blieben harmlos. Ehe ein Pressball von Simon Poulsen eher zufällig zu Krohn-Dehli kam, dieser in den Strafraum zog und durch die Beine von Stekelenburg zum 1:0 traf.

Mit der Führung wurde die dänische Brust extrem breit. Immer deutlicher wurde nun, wie perfekt diese Mannschaft eingestellt war. Und zwar von vorne bis hinten. Denn nun rückten die Außenvertedigier Jacobsen und Poulsen immer weiter auf und beschäftigten so Robben und Afellay. Das war auch deshalb möglich, weil sich einer aus dem defensiven Mittelfeld – zumeist Niki Zimling – zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Kjær und Agger konnten somit nach außen absichern. Im Zentrum verblieb Kvist, bzw. die etwas einrückenden Rommedahl und Krohn-Dehli.

Holland ratlos

Damit konnte zwar die Geschwindigkeit vor allem von Rommedahl kaum ins Spiel gebracht werden, aber die Raumaufteilung war exzellent und mit den sich gut bewegenden und fleißig pressenden Bendtner und Eriksen vorne hatten die Holländer größte Probleme, das eigene Spiel aufzuziehen. Vor allem die Breite fehlte, weil Van der Wiel (schwach) und Willems (überfordert) sich viel zu wenig trauten und so auf den Flügeln eine permanente Unterzahl herrschte. Die einzige Möglichkeit der Holländer, zu Torchancen zu kommen, war über individuelle Klasse.

Die Niederländer wirkten zunehmend ratlos. Wesley Sneijder veruschte, sich dem gut abgestimmten Zentrum mit Kvist und dem sehr beeindruckenden Zimling zu entgehen, indem er sich vermehrt Richtung linke Außenbahn bewegte. Dort war Rommedahl nicht ganz so viel in die Arbeit nach hinten eingebunden wie Krohn-Dehli auf der anderen. Er brachte auch Bälle in den Strafraum, aber dort machten Kjær und Agger eine sehr starke Partie.

Spielkontrolle ohne hohe Bälle

Sehr beeindruckend war bei den Dänen, wie ruhig und diszipliniert sie agierten, wenn sie holländische Angriffe stoppten und selbst in Ballbesitz kamen. Denn weggedroschen wurde hinten gar nichts – es wurde immer versucht, den Ball ruhig in den eigenen Reihen zu halten, sich gar nicht erst auf Kopfballduelle nach 50m-Befreiungsschlägen einzulassen und so die Kontrolle über das Spiel zu übernehmen.

Vor allem mit der Maßnahme, wie schon bei der WM in Südafrika einen Sechser zwischen die Innenverteidiger zu schieben und so die Flanken zu stärken. Rund 20 Minuten vor Schluss stellte Bondscoach Van Marwijk dann um: Mit Huntelaar (statt Afellay) kam ein echter Strafraumstürmer zu dem extrem weite Wege gehenden Van Persie, Sneijder ging nun ganz auf die linke Seite; dazu kam mit Van der Vaart ein neuer Achter/Zehner für das Zentrum statt De Jong.

Morten Olsen konterte sofort, indem er mit Lasse Schøne einen gegenüber dem ausgewechselten Eriksen etwas defensiveren Spieler für die Sicherung im Zentrum brachte, dazu hielten Jacobsen und Poulsen auf den Außen nun ihre defensiven Positionen ein und die beiden Sechser machten das Zentrum auf einer Höhe dicht. Die Folge: Holland fand auch weiterhin kaum Wege Richtung Andersens Tor. Und wenn, verdaddelten sie die Chancen.

Fazit: Durchaus verdienter dänischer Sieg

„Wir waren das bessere Team“, gab Dänemarks Teamchef Morten Olsen  nach dem Spiel zu Protokoll, und man kann ihm kaum Widersprechen. Die Organisation der Dänen war nahezu perfekt, vor allem Niki Zimling zeigte eine beeindruckende Leistung. Aber auch die Innenverteidigung war sehr aufmerksam, die Außenverteidiger zeigten gute Spielintelligenz und das permanente Anpressen der holländischen Spieleröffnung machte Oranje doch zu schaffen.

Natürlich ist der Vize-Weltmeister individuell deutlich besser besetzt als Dänemark, aber dennoch müssen sie sich neben einigen vergebenen Chancen vorwerfen lassen, einfach keine gute Leistung abgeliefert und keine Strategien entwickelt zu haben, wie man den Rückstand noch zumindest ausgleichen hätte können. Zu viel baute auf Einzelaktionen und dem Vertrauen auf individuelle Klasse auf. Das war zu wenig

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Milans offensive Laufwege zerreißen Arsenal – 4:0 für die Rossoneri https://ballverliebt.eu/2012/02/15/milans-offensive-laufwege-zerreisen-arsenal/ https://ballverliebt.eu/2012/02/15/milans-offensive-laufwege-zerreisen-arsenal/#comments Wed, 15 Feb 2012 22:32:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6732 Milans offensive Laufwege zerreißen Arsenal – 4:0 für die Rossoneri weiterlesen ]]> Nein, Gnade kannte Milan mit der schon die ganze Saison bedenklich wackelnden Arsenal-Abwehr keine. Ibrahimovic, Robinho und Boateng machten die Gunners mit ihrem Räume öffnenden Laufwegen schier wahnsinnig. So lässt nicht nur das Resultat von 4:0 keine Fragen übrig, sondern auch die Art und Weise, wie es zustande kam.

Milan - Arsenal 4:0

Der Zahn der Zeit – ein immer wiederkehrendes Thema bei Milan. Aber auch, wenn es ein glorreicher Sieg wurde – das fortschreitende Alter von Clarence Seedorf wurde in diesem Spiel recht drastisch dargelegt. Schon nach zehn Minuten musste der Holländer verletzt raus, und sein Ersatzmann Urby Emanuelson lieferte deutlich mehr Breite und vor allem deutlich mehr Schub nach vorne.

Pässe in den Strafraum kommen nicht an

Während Sagna und Walcott auf ihrer Angriffsseite zuvor noch permanente Zwei-gegen-Eins-Situationen gegen Antonini herstellen und das Spiel von Arsenal über die rechte Flanke dominierte, drückte Emanuelson durch seine Positionierung weiter an der Seitenlinie Sagna etwas zurück; Kevin-Prince Boateng ließ sich gegen den Ball oft zwischen Van Bommel und Emanuelson fallen, um die Mitte zuzumachen.

Arsenals Pässe im Angriffsdrittel in der ersten Halbzeit: Pässe in den Milan-Strafraum waren mit Masse Ramsch.

Die Folge: Milan kam zwar zunächst durch das gute Pressing von Arsenal kaum dazu, ihre eigenen Angriff aufzuziehen, aber sie zwangen die Gunners dazu, dreißig Meter vor dem Tor gegen eine Mauer anzurennen. Die Mittel von Arsenal waren untauglich – denn die einzige Idee bestand darin, auf die Gelegenheit zum Lochpass zu warten. Davon kam aber kaum einer an, die die Grafik gut zeigt, und Milan kam nie in Gefahr, ein Tor zu kassieren.

Dass die Italiener nach einer Viertelstunde dank eines sehenswerten Drehschusses von Kevin-Prince Boateng in Führung gehen konnten, hat ihnen natürlich ganz enorm geholfen, weil sich Arsenal davon ziemlich aus der Bahn werfen ließ. Aber auf welche Art und Weise Milan die Schwäche Arsenals in der Abwehr angebohrt und letztlich auch ausgenützt habe, war schon beeindruckend.

Weniger Leute, mehr Gefahr

Die Rossoneri hatten zwar, wie das ihrem typisch italienischen 4-3-1-2 und dem weitgehend flügellosen Spiel durch das Zentrum entspricht, oft nur zwei oder drei Spieler vorne, aber dennoch gelang es fast immer, dass bei Ballgewinn sofort eine frei war und es brandgefährlich wurde.

Der Schlüssel dazu waren die ausgezeichneten Laufwege von Ibrahimovic, Robinho und Boateng. Sie verstanden es in so gut wie jeder Aktion, mit Läufen aus dem Zentrum heraus – sei es seit- oder rückwärts – Abwehrspieler aus der ohnehin alles andere als sattelfesten Arsenal-Abwehr herauszuziehen und so Löcher zu schaffen, in die ein Mitspieler stoßen konnte. Was diesen Effekt noch weiter verstärkte war die Tatsache, dass Song und vor allem Arteta viel zu langsam von Offensive auf Defensive umschalteten und unglaublich viel Platz zwischen sich und der Viererkette ließen.

Ein gefundenes Fressen für die flinke und enorm spielintelligente Offensiv-Abteilung von Milan, die sich in der Folge aus den Gunners einen Spaß machte. Wann immer im Mittelfeld ein Ball gewonnen wurde, einer der drei da vorne war immer anspielbereit, ein zweite verwirrte die gegnerische Hintermannschaft, und entweder kam der Pass oder ein dritter Mailänder nützte den sich aufmachenden Raum. Koscielny und Vermaelen waren komplett überfordert, Sagna in der Rückwärtsbewegung nach seiner langen Verletzung weit weg von seiner Bestform. ilan erhöhte kurz vor der Pause auf 2:0 und kurz nach dem Seitenwechsel auf 3:0, womit das Spiel endgültig entschieden war.

Henry ohne Wirkung

Zweite Hälfte

Arsene Wenger brachte in der zweite Hälfte mit Thierry Henry im letzten Spiel seines Kurz-Gastspiels, ehe es für ihn wieder nach New York geht, statt Theo Walcott. Henry ging nun in die Spitze, Van Persie spielte leicht dahinter. Die Wirkung dieses Wechsels verpuffte aber völlig, weil bei Arsenal nach dem dritten Gegentor die schon zuvor einsetzende Schockstarre endgültig verfestigt wurde. Henry sah kaum einen Ball.

Milan machte es sich in der Defensive gemütlich und schaltete weiterhin bei Ballgewinn blitzschnell um und weil die Italiener merkten, dass Arsenal hinten immer noch unsicherer wurde, machten sie sich natürlich einen Spaß daraus, immer wieder Nadelstiche zu setzen. Während Arsenal nur einen einzigen gefährlichen Torschuss zustande brachte – Henry leitete auf Van Persie weiter, dessen Schuss aber von Abbiati stark gehalten wurde – schien ein viertes Tor der Gastgeber jederzeit wahrscheinlicher als ein Anschlusstreffer.

Als Ibrahimovic dann rund zehn Minuten vor Schluss ein eher ungeschicktes als bösartiges Zweikampfverhalten von Djourou dazu nützte, hinzufallen und einen Elfer abzustauben, fiel tatsächlich noch das 4:0. Mit dem vierten Torschuss, wohlgemerkt.

Fazit: Offensive Laufwege entscheiden

Der große Unterschied zwischen diesen beiden Team waren die Laufwege der Offensivkräfte. Während jene der Gunners für die bekannt defensivstarken Mailänder selten einen Überraschungswert hatten und diese sich somit praktisch nie aus der Position ziehen ließen, war die Abwehr von Arsenal mit den schnellen und unvorhersehbaren Laufwegen von Ibrahimovic, Robinho und Boateng völlig überfordert.

Man kann zu dem Verein stehen, wie man will, und muss das Offensiv-Trio von Milan nicht direkt sympathisch finden. Aber was dieses Trio in diesem Spiel gezeigt hat, war schlicht und einfach Weltklasse – auch, wenn es ihnen die Hintermannschaft Arsenals auch nicht übertrieben schwer gemacht hat.

(phe)

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