Bayern – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 28 May 2020 06:00:18 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Bayern schlägt Dortmund – mit Sonderrolle für Innenverteidiger Alaba https://ballverliebt.eu/2020/05/26/dortmund-bayern-alaba-geisterspiel/ https://ballverliebt.eu/2020/05/26/dortmund-bayern-alaba-geisterspiel/#comments Tue, 26 May 2020 20:24:49 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16990 Bayern schlägt Dortmund – mit Sonderrolle für Innenverteidiger Alaba weiterlesen ]]> In einem zumindest in der ersten Hälfte außerordentlich flotten Spiel auf hohem Niveau besiegt Bayern München im leeren Westfalenstadion Borussia Dortmund mit 1:0. Das Match hat gezeigt, dass auch ohne Zuseher hochstehender Fußball möglich ist, dass Dortmund ohne Håland deutlich weniger wert ist – und, dass David Alaba seine Rolle aus der Guardiola-Zeit wiederbelebt und dabei endgültig zu einem zentralen Spieler im Gefüge der Bayern wird.

Borussia Dortmund – Bayern München 0:1 (0:1)

Direkte Dortmunder

Neun Siege aus zehn Spielen, 33 Tore – davon alleine zehn von Erling Håland: Dortmunds Bilanz im Jahr 2020 war praktisch identisch mit jener von Bayern München. So lag der Fokus der Bayern im direkten Duell auch darauf, den Norweger im Sturmzentrum zu isolieren.

Dortmund stellte im Mitteldrittel Überzahl in Ballnähe her und schaltete schnell und direkt um. Die sichtbar einstudierten Laufwege sorgten dafür, dass der stets vertikale erste Pass in den richtigen Kanal gespielt werden konnte. Hazard und Brandt, die Håland flankierten, trugen das Spiel schnell nach vorne (Hazard) bzw. versuchten, durch Horzitonal-Läufe die Übergaben in der Bayern-Defensive zu testen (Brandt).

Schon nach wenigen Sekunden wurde Boateng zu einer Rettungstat auf der Linie gezwungen (gegen Håland) und 15 Minuten lang war die Borussia das aktivere Team.

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Defensivere Dortmunder

Danach zog sich Dortmund spürbar zurück und aus dem nominellen 3-4-3 wurde ein recht klares 5-4-1. Es wurde versucht, die Bayern-Außenspieler Gnabry und Coman zunächst einzuladen, in Richtung Eckfahne zu ziehen, um sie dann neben dem Strafraum zu doppeln und zu isolieren. Das Tempo der Bayern-Angriffe wurde damit entschärft. So waren die Münchner zum Aufbau über das Zentrum gezwungen, wo die Dortmunder ketten aber zumachten.

Es blieben Flanken auf Lewandowski, der vor dem Tor zwei-, dreimal beinahe an den Ball gekommen wäre und zu Chip-Bällen auf Müller, der von der Ende des Zentrums viel auf die Flügel auswich. Das war alles nicht völlig ungefährlich, sorgte aber nur einmal für eine wirklich große Torchance (Piczczek rettet nach Schuss von Gnabry, 14.).

Alabas Beckenbauer-Rolle

Wir erinnern uns: In den Guardiola-Jahren (2013 bis 2016) spielte David Alaba oft als nominell linkes Glied der Dreierkette einen Innenverteidiger, einen Linksverteidiger und einen Sechser/Achter gleichzeitig. Unter dem deutlich pragmatischeren Carlo Ancelotti wurde Alaba wieder ein normaler Linksverteidiger, ebenso unter Niko Kovac, der das Team zwar zum Double führte, es dabei inhaltlich aber deutlich nach hinten entwickelte und der letzten Herbst, als die Effekte davon zu greifen begannen, entlassen wurde.

Als im Herbst so gut wie alle Innenverteidiger verletzt waren, es mit Alphonso Davies aber einen dynamischen, jungen Linksverteidiger gab, rückte Alaba in die Mitte – und unter Hansi Flick ist er nun ein aufrückender Innenverteidiger. Das ist, bis zu einem gewissen Grad, die Wiederentdeckung der Offensiv-Libero-Rolle, wie sie einst Franz Beckenbauer erfunden hat und in der Lothar Matthäus und Matthias Sammer die letzten Jahre ihrer Karrieren verbrachten. Im leeren Stadion war auch zu vernehmen, wie Alaba von hinten das Teamgefüge vor ihm organisierte.

Wenn es die Situation erlaubte, rückte Alaba auch gegen Dortmund aus der Viererkette heraus ins Mittelfeld, um dort als zusätzlicher Spielgestalter den Gegner vor Entscheidungen zu stellen. Da Leon Goretzka in diesen Situationen den Sechserraum absicherte und Rechtsverteidiger Pavard tendenziell tiefer verblieb, konnte neben Alaba auch Linksverteidiger Davies aufrücken, ohne dass die defensive Absicherung allzu große Löcher ließ – und im Zweifel, wie in einer Situation nach rund 30 Minuten, ist der kanadische Teenager so schnell, dass er schnell genug hinten war, um Håland entscheidend zu stören.

Zur Erklätung, hier ein Zitat aus einer Spiegel-Story von Florian Kinast:

Er habe „eine sehr gute Spieleröffnung“, sagt Flick. Schaut man auf die Statistik, wird das verständlicher: Laut transfermarkt.de hat Alaba seit Flicks Amtsübernahme 292 Pässe ins Angriffsdrittel gespielt – mehr als jeder andere Spieler in den fünf europäischen Topligen. Überhaupt spielte Alaba die viertmeisten Pässe aller Spieler und hatte dabei eine Erfolgsquote von 92 Prozent, eine der besten Quoten in der Bundesliga. „Er spricht viel mit uns und schiebt die Kette hoch. Er ist extrem zweikampfstark und gibt uns eine gute Stabilität, weil er nach vorne und offensiv denkt“, sagt Mittelfeldspieler Leon Goretzka über Alaba.

Spielentscheidender Kimmich

Der Heber aus 20 Metern, mit dem Joshua Kimmich kurz vor der Halbzeit das einzige Tor erzielt hat, war kaum zur verteidigen und hat im Spiel mehr verändert als nur den Spielstand. Aber schon davor hielt er die Bayern zusammen, als Dortmund beim Stand von 0:0 auch aus der defensiven Grundordnung heraus in die Offensive gestoßen war.

Denn obwohl auch das Gegenpressing der Bayern im Angriffsdrittel an sich gut funktionierte, hatte Dortmund doch die Qualität, sich daraus zu befreien und mit einem öffnenden – und vor allem sehr genauen – weiten Pass über die Pressing-Welle der Bayern hinweg selbst nach vorne zu kommen. Die unberechenbaren Positionierungen von Brandt waren dabei jedoch nicht ganz so effektiv wie beim 4:0-Sieg vor anderthalb Wochen gegen Schalke, weil Kimmich die Übersicht bewahrte und die Gefahr durch Brandt minderte.

Warten auf Dortmunds Antwort

Brandt bliebt zur Halbzeit in der Kabine und wurde von Jadon Sancho ersetzt, dazu spielte nun Emre Can im Zentrum statt Delaney. Mit Sancho und Hazard waren die Dortmunder Flügel nun beide vertikal unterwegs, dennoch war eine Dortmunder Antwort auf den Rückstand kaum sichtbar. Im Gegenteil, zunächst blieb man dem defensiven 5-4-1 treu und schien darauf zu bauen, die Bayern zu locken und mit dem schnellen Sancho Konter zu fahren.

Die Bayern ließen sich aber nicht locken. Sie kontrollierten den Ball, ohne mit aller Kraft auf ein zweites Tor zu gehen. Somit war Dortmund gezwungen, etwa ab der 55. Minute im Mittelfeld selbst aktiver zu werden, dies geschah vor allem über Emre Can. Dortmund gelang es, das Spiel vermehrt in die Hälfte der Bayern zu verlagern und nachdem ein Håland-Schuss den Ellbogen von Boateng streiften, hätte es einen Elfmeter geben können/müssen.

Ohne Håland keine Strafraumpräsenz

Ansonsten konnte sich Dortmund aber keine Chancen erspielen und nachdem wenige Minuten später der humpelnde Erling Håland aus dem Spiel genommen werden musste, litt die Borussia unter der nun völlig fehlenden Präsenz im Strafraum.

Ab der 72. Minute agierte Thorgan Hazard – 20 Zentimeter kleiner und 20 Kilo leichter als Håland – im Angriffszentrum und er ging gegen die konzentrierte und vor allem immer massivere Bayern-Abwehr völlig unter. Reyna und Sancho orientierten sich zwar nun auch vermehrt in den Strafraum, aber das Problem blieb bestehen. Da Hakimi eine katastrophale Partie spielte und selbst mit simpler Ballkontrolle Probleme hatte und der in den letzten Spielen sehr starke Raphaël Guerreiro bei Pavard abgemeldet war, blieb die Dortmund-Offensive eindimensional.

Gegen die Sechserkette der Bayern, die in der Schlussphase gegen ein 4-2-3-1 (das in der Praxis eher ein Brechstangen-2-4-4 war) verteidigte, fand Dortmund kein Mittel. Die Einwechslungen von Sancho, Reyna und dann auch Götze verpufften.

Fazit: Titel entschieden, Bayern wird Meister

Hansi Flick hat von seinen 18 Bundesliga-Spielen als Bayern-Trainer nun 15 gewonnen und einmal die Punkte geteilt, im Kalenderjahr 2020 wurden bis auf das 0:0 gegen Leipzig sämtliche Spiele gewonnen – das sind 31 von 33 Punkten. Nach dem 1:0-Sieg in Dortmund stehen sechs Spiele vor Saisonschluss sieben Punkte plus Tordifferenz Vorsprung auf die Borussia auf Rang zwei zu Buche.

Das Titelrennen ist zweifellos entschieden.

Schon im November, als Flick Trainer wurde, sah man innerhalb von kürzester Zeit wieder klare Aufbaustrukturen im Bayern-Spiel, wo es in den anderthalb Jahren unter Kovac fast nur die individuelle Qualität des Kaders war, welche die Spiele gewann. Mit der offensiven Rolle von Innenverteidiger Alaba hat Flick nun auch wieder ein gewisses taktisches Alleinstellungsmerkmal bei den Münchnern installiert.

Die seit November wieder gefundene Stärke des FC Bayern ist aber auch als Signal an bzw. als schlechte Nachricht für die Konkurrenz zu verstehen.

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Wer wird Meister, wer steigt ab? Rückrundenstart der deutschen Bundesliga https://ballverliebt.eu/2020/01/17/wer-wird-meister-wer-steigt-ab-rueckrundenstart-der-deutschen-bundesliga/ https://ballverliebt.eu/2020/01/17/wer-wird-meister-wer-steigt-ab-rueckrundenstart-der-deutschen-bundesliga/#respond Fri, 17 Jan 2020 17:04:43 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16661 Wer wird Meister, wer steigt ab? Rückrundenstart der deutschen Bundesliga weiterlesen ]]> Spannung, Titelkampf und viel Spekulation – die Rückrunde der deutschen Bundesliga beginnt. Nach einer ereignisreichen und teilweise überraschenden Hinrunde, gab es sowohl für Mannschaften aus der oberen als auch unteren Tabellenhälfte während der Winterpause in Deutschland viel Gesprächsstoff.

Wer wird am Ende der Saison an der Tabellenspitze stehen? Diese Frage wird nach der erstmaligen Herbstmeisterschaft von RB Leipzig und dem vorläufigen dritten Platz des schwächelnden FC Bayern München immer lauter.

Unter all den Hochs und Tiefs konnte man zu Beginn nicht erkennen, wer sich in den Top-4 in der Tabelle etablieren würde und wer nicht. Sowohl Rekordmeister Bayern als auch Vize-Meister Borussia Dortmund erwischten zwischenzeitlich eine Schwächephase, welche von vergleichsweise kleineren Teams eiskalt ausgenutzt wurde.

Es haben sich zwei eindeutige Gewinner der Hinrunde herauskristallisiert: Leipzig und Mönchengladbach waren in der Lage über die gesamte Hinrunde hinweg konstant ihre Leistung zu erbringen und sicherten sich daher beide mit jeweils elf Siegen die ersten zwei Tabellenplätze. Die Roten Bullen kassierten außerdem lediglich zwei Niederlagen (gegen Schalke und Freiburg) und stehen deshalb mit 37 Punkten und einer beeindruckenden Tordifferenz von 48:20 verdient am ersten Platz.

Rechtzeitig zum Rückrundenstart muss man nun einen Blick auf jene Teams werfen, die sich im Titelkampf weiterhin Chancen ausrechnen können, da es vor allem diese Saison keine eindeutige Angelegenheit ist und auch Experten in der Titelfrage in der Meisterschaft unterschiedlicher Meinung sind.

Die Kandidaten im Überblick:


Borussia Mönchengladbach

Mit der Verpflichtung von Ex-Salzburg-Trainerer Marco Rose und der allgemeinen Neuaufstellung der Mannschaft vergangenen Sommer, legten die Fohlen einen furiosen Start hin. Zu verdanken ist dies vor allem auch den Neuzugängen Marcus Thuram und Breel Embolo, die sich schnell in das System etablieren konnten und somit gemeinsam mit Alassane Pleá für mehr als die Hälfte der Tore der Gladbacher verantwortlich sind.

Taktisch steht vor allem das schnelle Umschaltspiel im Vordergrund. Speziell bei ihrem 2:1-Erfolg gegen den FC Bayern war zu erkennen, dass Gladbach vor allem das Konterspiel nach Ballverlusten des Gegners für sich nutzen möchte.

Ob die Gladbacher ihren Erfolgslauf in der Rückrunde weiterführen können? Oft hat es Gladbach in den vergangenen Jahren an Konstanz gefehlt und wenn man einen Blick auf die Abwehr der Mannschaft wirft, wird deutlich: Diese nicht so gut aufgestellt wie die bisher gut funktionierende Offensive. Meisterchance: 15%

RB Leipzig

Von der Schwächephase zu Beginn der Saison konnte sich RB Leipzig samt neuen Trainer Julian Nagelsmann sehr schnell wieder erholen. Mit 48 erzielten Toren nach 17 Spieltagen stellt das Team momentan die beste Offensive der Liga. Das liegt unter anderem an Stürmer Timo Werner, der sich in seiner bisher besten Form befand (18 Tore in 17 Spielen).

Bei den Sachsen stehen ständiges Gegenpressing und nahezu perfekt ausgeführte Konter im Vordergrund, denn laut Nagelsmann zählt nicht viel Ballbesitz, sondern qualitativ hochwertiger. Auch bei Leipzig stellt sich allerdings die Frage, ob die junge, noch realtiv unerfahrene Mannschaft trotz der – nach Erreichen des Champions-League-Achtelfinals – vorherrschenden Dreifachbelastung dem Druck der Bundesliga standhalten kann. Meisterchance: 30%

Bayern München

Der Rekordmeister steht nach 17 Spieltagen mit 10 Siegen bisher auf Tabellenplatz drei. Damit ist man nach sieben Meistertiteln in Folge nicht zufrieden. Nach der Entlassung von Trainer Niko Kovač nach zehn Runden war mit dem beförderten Co-Trainer Hansi Flick eine positive Trendwende erkennen. Diese hielt allerdings nicht lange an: Neben immer wiederkehrenden Verletzungssorgen (Süle, Hernandez, Martinez, Coman) büßten die Bayedrn mit Niederlagen gegen Leverkusen und Gladbach Boden ein.

Auch die 2:5-Testspiel-Niederlage gegen Nürnberg vergangene Woche zeigt: Es ist eindeutig noch Luft nach oben. Dennoch ist der FC Bayern dafür bekannt, aus Schwächephasen stärker zurückzukehren – Konstanz ist jenes Merkmal der Münchner, das ihnen immer einen Vorteil gegenüber anderen Bundesligakonkurrenten verschafft hat. Die nächste und somit achte Meisterschaft in Folge ist deshalb nach wie vor noch lange nicht in ernstlicher Gefahr. Meisterchance: 35%

Borussia Dortmund

Nach Verkündung der überraschend hoch gesteckten Ziele des BVBs („Wir wollen Meister werden“), waren die Erwartungen an das Team von Lucien Favre sehr groß. Jedoch machten verheerende Defensiv-Fehler in der Defensive und daraus resultierende Rückschläge (wie die 1:3-Niederlage gegen den Aufsteiger Union Berlin) den holprigen Start in die Hinrunde perfekt. Nur acht Siege, aber dafür sechs Unentschieden, damit sind die Schwarzgelben ganz klar nicht zufrieden.

Mit der Verpflichtung von Ex-Salzburger Erling Håland holte man einen jungen, 1.94m großen Mittelstürmer und viele im Umfeld sind der Meinung, dass damit ein Schritt in die richtige Richtung gelungen ist. Die Frage ist jedoch, ob der 19-jährige Norweger direkt einschlagen wird, denn auch er muss sich erst an die deutschen Bundesliga gewöhnen. Außerdem muss weiter intensiv an der Abwehr des BVB geschliffen werden. Meisterchance: 20%

Wer spielt international…

Chancen auf die Europa-League-Plätze dürfen sich wieder einige Teams aus dem oberen Mittelfeld ausrechnen. Schalke 04 konnte sich von der vergangenen Horror-Saison rasch erholen und hat bei gleichbleibender Stabilität einen internationalen Tabellenplatz sicher in der Tasche. Die direkten Konkurrenten Hoffenheim und Leverkusen müssen sich ebenfalls untereinander ausmachen, wer den Platz in der Europa-League-Qualifikation haben möchte.

Nicht zu vergessen ist außerdem der SC Freiburg. Nach einem überraschend guten Start in die Hinrunde mit nunmehr sieben Siegen auf Rang acht steht. Bisher enttäuschend und weit unter dem Potenzial agierend liegt Eintracht Frankfurt mit einer sogar negativen Tordifferenz von 27:29 nur auf Tabellenplatz 13.

…und wer steigt ab?

Wirft man nun einen Blick auf den Relegations- und die Abstiegsplätze, ist noch lange kein Vorentschiedung zu erkennen. Sowohl der 1. FC Köln als auch Fortuna Düsseldorf und Werder Bremen sowie das Tabellenschlusslicht Paderborn liegen knapp beieinander.

Auch Mainz 05 befindet sich nach wie vor in der Gefahrenzone, weshalb schwer vorauszusagen ist, welche Mannschaften es am Ende treffen wird. Für eine weitere Überraschung sorgte bisher auch Aufsteiger Union Berlin, der sich nach Erfolgen gegen Dortmund und Mönchengladbach auf dem 11. Platz in der Tabelle befindet. Aber trotz der 20 erreichten Punkte befinden sich die Abstiegsplätze nach wie vor in Sichtweite.

Da sich eine Reihe an qualitativ hochwertigen Teams hohe Chancen auf den Meisterschaftstitel ausrechnen kann, ist die momentane Spannung an der Tabellenspitze aus Sicht der Beobachter hauptsächlich als positiv zu betrachten. Bei aller Spekulationen müssen dennoch noch 17 Spieltage ausgetragen werden

Genug Zeit, dass sich die Tabellensituation sowohl im oberen als auch im unteren Drittel noch entscheidend verändern kann.


Dieser Artikel stammt aus der Feder unserer Gastautorin Michelle Steiner.

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Guardiola und Tuchel: Zwei Trainer beim Zwiegespräch https://ballverliebt.eu/2015/10/04/guardiola-und-tuchel-zwei-trainer-beim-zwiegespraech/ https://ballverliebt.eu/2015/10/04/guardiola-und-tuchel-zwei-trainer-beim-zwiegespraech/#comments Sun, 04 Oct 2015 20:53:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11673 Guardiola und Tuchel: Zwei Trainer beim Zwiegespräch weiterlesen ]]> Ein lauschiger Abend außerhalb von München. Zwei Tüftler nützen die Gelegenheit, sich zum regen Gedankenaustausch in Sachen Aktion und Antwort zu treffen. Thomas Tuchel, blond, schütter werdender Haaransatz, im schwarz-gelben Trainingsanzug nimmt Platz. Zu ihm gesellt sich der Gastgeber, Pep Guardiola im feinen Zwirn, einstmals schwarzhaarig, nun ein noch schüttererer Haaransatz als sein Gegenüber.

„So“, sagt Pep, der Bayern-Trainer zum Dortmund-Coach, „zeig mal, was du dir ausgedacht hast!“

Erste halbe Stunde
Erste halbe Stunde

Tuchel: „Ich doppel deine Flügelstürmer und leg deinen Sechser an die Kette!“

Dortmund startete das Spiel mit einem 4-3-3, in dem Kagawa als zentraler Spieler in der Offensivreihe agierte, aber nicht als Mittelstürmer. Der Japaner legte im Gegenteil Xabi Alonso, der bei den Bayern auf der Sechs spielte, an die Kette. Links und rechts von ihm versuchten Aubameyang und Mkhitaryan, in die Kanäle zu kommen und die Bayern-Abwehr von der Seite anzugehen. Das klappte gleich schon mal ganz gut, Alaba konnte Mkhitaryan in Minute 3 erst im letzten Moment stoppen – und hatte Glück, dass Referee Fritz einen seiner ganz wenigen Fehler beging: Wenn er die Aktion als Foul ahndet, muss er Alaba vom Platz stellen. Der Österreicher kam mit Gelb davon.

Außerdem stellte Tuchel ein Dreier-Mittelfeld auf, in dem Julian Weigl als zentraler Mann agierte, in dem aber die Halbraumspieler deutlich größere Verantwortung trugen. Gündogan verschob nämlich in der Regel nach außen, um Rechtsverteidiger Sokratis Papastathopoulos gegen den brutal schnellen Douglas Costa zu helfen, Castro links unterstützte Piszczek gegen Götze.

Die Bayern wussten nicht so recht, wie sie mit dieser speziell auf sie abgestimmten Spielanlage der Dortmunder umgehen sollten und sahen sich die Sache mal 20 Minuten an. Die Borussia hatte das Spiel im Griff.

Pep: „Weißt du, was du nicht einkalkuliert hast, Thomas? Lange Bälle und Konter!“

Guardiola ließ sein Team in einem etwas schrägen 3-1-4-2 spielen. Dabei agierte Alaba als linker Mann in der Dreierkette tiefer als Martínez rechts. Boateng orientierte sich aus der zentrale oftmals eher in Richtung Alaba, um ihn gegen den geradlinigen Aubameyang zu unterstützen, während Martínez seinen Gegenspieler Mkhitaryan – eher ein Passgeber – etwas unmittelbarer anging. Zudem hatte Martínez auch Lahm (als rechten Achter) zu Hilfe, der eher defensivere Aufgaben übernahm.

Thiago Alcantara, der linke Achter, positionierte sich höher und spielte deutlich vertikaler als Lahm und war quasi der Verbindungsspieler zwischen Alonso, Douglas Costa und Lewandowski. Rechts ließ sich Müller (als Stürmer) immer wieder etwas fallen und Götze (rechts draußen, nominell) machte, was er am besten kann: Als Balancespieler Räume und Laufwege besetzen, die seine Mitspieler offenlassen, um die Gegner zu beschäftigen.

Dank der präzisen Umsetzung des BVB-Plans kamen die Bayern dabei aber nicht so recht auf einen grünen Zweig. So musste ein 70-Meter-Pass von Boateng in Richtung Müller herhalten, mit dem die Dortmund-Defensive sichtlich nicht gerechnet hatte. Torhüter Bürki verschätzte sich beim Herauslaufen, Müller netzte zum 1:0.

Dortmund antwortete darauf, indem der ganze Mannschaftsverbund etwas nach vorne rückte, um die Bayern noch früher unter Druck zu setzen. Und prompt lief man in einen Konter – Mkhitaryan berührte Alcantara im Strafraum, Elfmeter, Müller zum 2:0.

Tuchel: „Mist. Na gut: Dann teste ich deine Dreierkette jetzt mal mit echten Außenstürmern!“

Der Dortmund-Trainer beorderte daraufhin Castro auf die rechte Außenbahn und installierte so ein 4-2-3-1. Deutlich erkennbar wollte er so die Außenräume neben der Bayern-Dreierkette nützen bzw. diese zum Rausverschieben zwingen, wodurch auf der jeweils anderen Seite Räume für Aubameyang (nun im Zentrum) und die Außenstürmer entstehen sollten.

Es dauerte keine zwei Minuten, da schlief Martínez bei einem Stanglpass von links (eben durch Castro) und Aubameyang drückte den Ball zum 1:2 über die Linie.

Pep: „Soso. Fein, dann halt Viererkette.“

Ab ca. 35. Minute
Ab ca. 35. Minute

Guardiola reagierte prompt und ließ Javi Martínez in die Innenverteidigung neben Boateng spielen und Lahm, der ja zuvor schon bei defensiven Aufgaben mitgeholfen hatte, positionierte sich nun als rechter Verteidiger. Somit entstand bei den Bayern hinten eine recht klare Viererkette und aus dem System wurde ein 4-4-1-1, mit Lewandowski ganz vorne und Müller etwas hinter ihm. Gündogan und Weigl hatten nun zwar einen Spieler weniger bei sich, um vernünftig auf die Bayern-Außenstürmer schieben zu können, durch die höhere Positionierung der Dortmund-Außenstürmer fehlte es ihnen aber ohnehin so ein wenig an der Unterstützung.

Guardiolas Reaktion bedeutete, dass die Umstellung von Tuchel neutralisiert wurde und die Bayern den Gegner nun kontrollierend vom eigenen Tor weghielten. Mit dem 2:1 ging es in die Pause, mit unverändertem Personal ging es in den zweiten Durchgang, und da war es erneut ein 70-Meter-Pass von Boateng, der nach wenigen Sekunden Lewandowski auf die Reise schickte, dieser ließ Bender und Hummels stehen und Bürki vertat sich erneut beim herauslaufen.

20 Sekunden in der zweiten Hälfte gespielt, die Bayern führten 3:1.

Tuchel: „Hrmpf. Meinetwegen, dann bringe ich mehr Tempo auf die Außenbahnen!“

In direkter Folge mussten Castro und Mkhitaryan – beides eher Passgeber als Spieler, die geradlinig den Strafraum attackieren – von den Außenbahnen weichen und für sie kamen Reus und Januzaj. Mit ihnen sollte mehr Tempo und mehr Geradlinigkeit auf die offensiven Außenbahnen der Borussia kommen. Erhoffter Nebeneffekt: Dadurch, dass die Bayern-AV Lahm und Alaba mehr in der Defensive zu tun haben sollten, würden auch die Bayern-Außenstürmer Costa und Götze mehr isoliert.

Pep: „Netter Versuch. Ich flute dann mal das Zentrum mit Ballverteilern und stelle meine Außenstürmer extra hoch!“

Ab ca. 50. Minute
Ab ca. 50. Minute

Guardiola schien zu sagen, muy bien, du willst unsere defensiven Außenräume haben, dann kriegst du sie. Als Reaktion packte Pep einen alten Schachzug wieder aus: Seine Außenverteidiger Alaba und Lahm, beide auch im zentralen Mittelfeld durchaus in ihrer Wohlfühlzone, gingen nicht mehr die Seitenlinien entlang, sondern rückten ein. Somit waren mit Alonso, Lahm und Alaba drei versierte Ballverteiler im defensiven Mittelfeldzentrum, mit Martínez – also einem ebensolchen Spieler – und Long-Ball-Boateng dahinter. Und, ach ja, mit Thiago Alcantara davor.

War es davor so, das Kagawa auf Alonso aufpasste und stattdessen halt Martínez und Boateng die öffnenden Pässe spielten, wussten die Dortmunder nun endgültig nicht mehr, wen sie anpressen sollten – ein kurzer Querpass, und der Ball war beim nächsten potenziellen Spielmacher. Reus und Januzaj konnten die Räume, die sich auf den Seiten boten, zwar durchaus für ihre Dribblings nützen, viel rum kam dabei aber nicht.

Auch, weil nun die Bayern-Außenstürmer Douglas Costa und Götze extra hoch standen und so ihrerseits Januzaj und Reus von der Unterstützung abkoppelten. Müller spielte nun im rechten Halbfeld und sorgte dafür, dass Weigl auch nicht nach Lust und Laune nach vorne preschen konnte. Nach rund einer Stunde ging es dann wieder schnell: Dortmund war aufgerückt, Lahm bediente den rechts im Rücken von Reus startenden Götze (wohl leicht im Abseits), dessen Flanke fand punktgenau Lewandowski, das 4:1.

Tuchel, setzt sich hin, nimmt resignierend einen Schluck: „Ich hab nix mehr.“

War das 3:1 gleich nach Wiederanpfiff der Genickschlag, so wirkte das 4:1 in der 58. Minute natürlich als endgültige Entscheidung. Der ständige Gefahrenherd Lewandowski, der oft durch für Guardiola-Teams ungewohnte lange Bälle vertikal geschickt wurde und die Tempo-Defizite, die Hummels und Bender dem Polen gegenüber haben, verleitete auch Dortmund-Goalie Roman Bürki dazu, immer wieder gewagt aus seinem Tor zu kommen – dabei flog er beim 0:1 und beim 1:3 kräftig daneben, ein weiterer missglückter Ausflug hätte beinahe ein weiteres Gegentor durch Götze zur Folge gehabt.

Dortmund wusste, dass das Spiel verloren war und die Partie beruhigte sich zusehends. Was aber nichts daran änderte, dass Götze noch von einem Zuspiel per Ferse von Douglas Costa und einem Loch in der Dortmund-Abwehr profitierte und sogar zum 5:1 erhöhte.

Pep: „In Ordnung. Es war mir eine Freude!“

Schlussphase
Schlussphase

Um Tuchel gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen zu lassen, brachte Guardiola mit Enforcer Arturo Vidal unmittelbar nach dem 5:1 einen frischen Mann für das Mittelfeld, der im Zweifel auch schon mal kräftiger hinlangen kann. In der Folge (und nach zwei Wechseln) reihten sich die Bayern in einem 4-1-4-1 auf und ließen die Zeit von der Uhr laufen.

Guardiola und Tuchel stehen auf, geben sich die Hand und gehen ihres Weges. „Im März“, gibt Tuchel seinem spanischen Kontrahenten beim Verlassen des Stadions noch mit, „im März sehen wir uns wieder.“ Guardiola grinst. „Gerne“, sagt er, „ich freu‘ mich drauf!“ Wohl wissend, dass die Meisterschaft da vermutlich schon so gut wie entschieden sein könnte.

5:1 gegen den amtierenden Vizemeister. 5:1 gegen den schärfsten Kontrahenten in dieser Saison. Sieben Spiele, sieben Siege, 28:4 Tore. Wer soll diese Bayern stoppen?

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Ballverliebt Classics: Als Rangnick der Bundesliga den Zufall nahm https://ballverliebt.eu/2014/12/24/ballverliebt-classics-als-rangnick-der-bundesliga-den-zufall-nahm/ https://ballverliebt.eu/2014/12/24/ballverliebt-classics-als-rangnick-der-bundesliga-den-zufall-nahm/#comments Wed, 24 Dec 2014 01:19:03 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10750 Ballverliebt Classics: Als Rangnick der Bundesliga den Zufall nahm weiterlesen ]]>

„Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, gehen Sie nach München. Wenn Sie flotten Fußball sehen wollen, kommen Sie zu uns!“

– Ralf Rangnick, 3. Dezember 2008

Es war eines der am meisten gehypten Bundesliga-Spitzenspiele überhaupt. In einer Zeit, bevor Dortmund zum großen Dauerrivalen von Bayern München wurde und sich Bremen als solcher langsam, aber sicher verabschiedete, schickte sich ein Klub an, dem Platzhirschen Paroli zu bieten. Ein Aufsteiger – die TSG 1899 Hoffenheim.

Diese spielte eine überragende Hinrunde und kam am 16. Spieltag als Tabellenführer mit drei Punkten Vorsprung auf die Bayern in die Allianz Arena. Der Höhenflug war kein Zufall, sondern die Folge davon, dass Trainer Ralf Rangnick alles tat, um dem Spiel seiner Mannschaft den solchen zu nehmen. Er gewann letztendlich nichts, war damit aber der endgültige Wegbereiter für den deutschen Schritt in die Fußball-Moderne.

Bayern München - 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)
Bayern München – 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)

„Ich glaube, im Fußball ist […] noch zu viel Zufall, auch bei mit war das so bis vor zwei Jahren. Seitdem habe ich von meinem Expertenteam viel gelernt.“ Das sagte Ralf Rangnick im November 2008 im „kicker“. Er holte sich mit Bernhard Peters einen Hockey-Trainer als Direktor für Sport- und Jugendförderung. Er war derjenige, der Rangnick vom bedingungslosen Vertikalspiel überzeugte. Die Verbindung des als „Fußball-Professors“ bekannten Rangnick und des fußballexternen Peters führte zum Herbst von Hoffenheim.

Die Ausgangslage

Rangnick war im Winter 2005/06 bei Schalke von Manager Assauer abgesägt worden und übernahm ein halbes Jahr später Hoffenheim. Der Klub aus dem Örtchen zwischen Mannheim und Karlsruhe war ein etablierter Drittligist, hatte seine sechste Saison in dieser Spielklasse vor sich. Und einen Geldgeber mit großen Ambitionen – SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp. Hoffenheim stieg 2007 in die zweite Liga auf, startete dort aber nur mäßig und überwinterte als Achter nach 5 Siegen, 7 Remis und 5 Niederlagen mit acht Punkten Rückstand auf den Aufstiegsplatz.

In der Rückrunde setzte das Team das Rangnick’sche Konzept aber beinahe perfekt um, war mit 38 Punkten (12 Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen bei 36:13 Toren) die mit Abstand beste Rückrunden-Mannschaft. Am letzten Spieltag überfuhr man Fürth mit 5:0 und hielt so Mainz (in der letzten Saison unter Jürgen Klopp) und Freiburg auf Distanz, begleitete Luhukays Gladbach und Christoph Daums 1. FC Köln in die Bundesliga.

Der Kader

Hoffenheim ging mit einer unfassbar jungen Mannschaft in die Bundesliga. Das Durchschnitts-Alter der Stamm-Elf betrug 22,2 Jahre, der älteste Spieler war Linksverteidiger Andreas Ibertsberger mit gerade einmal 25 Jahren. Grund dafür war die unübliche Herangehensweise – Rangnick brauchte für seine Vorstellungen Kicker, die absolut offen waren und noch nicht im Trott des „Normalen“ verfangen waren. Nicht unähnlich etwa einem Arsène Wenger, der einst über den damals 23-jährigen Christoph Leitgeb sagte: „Ein talentierter Junge, aber schon viel zu alt für einen Wechsel ins Ausland. Er ist nicht mehr formbar!“ Einen ähnlichen Weg verfolgt Rangnick ja nun auch bei Red Bull. Mit seinem damaligen Co-Trainer Peter Zeidler als Coach beim FC Liefering

Der Kader von Hoffenheim bestand grob gesagt aus zwei Gruppen. Zum einen jene mit jungen, von Rangnick handverlesenen Gescheiterten bei anderen Klubs. Jaissle, Beck und Weis standen bei Stuttgart schon früh am Abstellgleis, Innenverteidiger Marvin Compper hatte bei Gladbach keine Zukunft, Stürmer Vedad Ibisevic saß in Aachen auf der Bank, Linksfuß Salihovic in der zweiten Mannschaft von Hertha BSC fest.

Dazu kamen vier extrem talentierte und blutjunge Legionäre: Demba Ba kam um drei Millionen vom belgischen Mittelständler Mouscron, Chinedu Obasi um fünf Millionen von Lyn Oslo aus Norwegen, Luiz Gustavo wurde von den Corinthians aus São Paulo ausgeliehen (und später um eine Million verpflichtet) – und, der Königstransfer, Carlos Eduardo. Der Brasilianer kam 20-jährig um sieben Millionen von Grêmio Porto Alegre.

Das Konzept gegen den Ball

„Beim Spiel gegen den Ball galt in Deutschland […] der klassische Abzählreim: Der Spieler gegen den und der gegen den“, sagte Rangnick, der von einem Aha-Erlebnis bei einem Testspiel gegen Lobanovskis Dynamo Kiew erzählte: „Egal, wo der Ball war, immer waren drei Gegenspieler zur Stelle!“ Die klassischen Elemente von Zonen-Orientierung und Pressing, die Rangnick seiner Rasselbande in Hoffenheim auch beibrachte.

Hoffenheims Sturmreihe (blau) als Riegel und als lenkendes Element
Hoffenheims Sturmreihe (blau) als Riegel und als lenkendes Element

Dabei hatten auch die drei Stürmer – Vedad Ibisevic zentral, Demba Ba und Chinedu Obasi als ständig rochierende Außenspieler – klare Anweisungen im Spiel gegen den Ball. Das war damals in Deutschland im Grunde bei keinem anderen Team ein Thema. Die Hoffenheim-Stürmer hatten zwei Aufgaben gegen die Spieleröffnung des anderen Teams: Abriegeln und lenken.

Die vorherrschenden Systeme in Deutschland zu dieser Zeit waren das flache 4-4-2 bzw. die Version mit Raute, quasi ein 4-3-1-2. War der Ball bei den gegnerischen Innenverteidigern, rückten Ba, Ibisevic und Obasi eng zusammen und kappten so die Möglichkeit, zu den zwei bzw. drei zentralen Mittelfelspielern zu passen. Die Gegner hatten zwei Möglichkeiten: Entweder langer Hafer, oder der kurze Ball auf den Außenverteidiger.

Sobald der AV den Ball hat, doppeln ihn Hoffenheims Außenstürmer und ein Achter, nehmen ihm Zeit und Anspielstationen
Sobald der AV den Ball hat, wird er gedoppelt und den Anspielstationen beraubt

Sobald der Ball beim Außenverteidiger war, stürzten Hoffenheims Außenstürmer (Ba oder Obasi) und der entsprechende Achter (in der Regel Salihovic bzw. Carlos Eduardo) wie die Bösen auf diesen Spieler hin und nahmen ihm so die Zeit für eine Weiterverarbeitung – und gleichzeitig auch die Anspielstation. Der Weg zum eigenen Sechser war durch das eng zulaufende Hoffenheim-Duo sehr riskant, der Mitspieler auf der Mittelfeld-Flanke durch den in diesen Situationen in der Regel hinten bleibenden Hoffenheim-AV (Beck rechts, Ibertsberger links) abgedeckt.

Der Gegner war in der Falle.

Heute ist das Lenken des gegnerischen Spielaufbaus gängige Praxis und absolut nicht Ungewöhnliches, damals in der taktisch auch international weit von der internationalen Spitze entfernten deutschen Bundesliga aber sehr wohl.

Und wenn der Ball doch mal im defensiven Mittelfeld ankam? Auf dafür hatte Rangnick vorgesorgt. Dort war es die Aufgabe eines Achters und eines Spielelers aus dem Dreier-Sturm, den zentralen Mittelfeldmann mit dem Ball ebenso zu doppeln. In der Tat hatte Rangnick dem Spiel gegen den Ball schon mal ziemlich den Zufall genommen. Das kannte die Konkurrenz nicht, und sie konnte auch nicht damit umgehen.

Das Konzept mit Ball

Die Trainingsfelder in Hoffenheim wurden zuweilen extrem schmal. Fünfzehn Meter, um genau zu sein, aber 90 Meter lang. „Das sieht komisch aus“, gestand Rangnick zwar, aber es erfüllte den Zweck. In diesen Schläuchen nämlich wurde das fast schon bedingungslose Vertikalspiel gedrillt. „Da drin wird mit drei Kontakten gespielt, in der verschärften Version mit zwei Kontakten. Nur flach, und bei Rückpässen nur ein Kontakt. Alles andere wird abgepfiffen“, erklärte der Trainer.

Zweck des ganzen war das Üben des Verhaltens nach Ballgewinn. Dann ging nämlich die Post ab. Rangnick war mit Hoffenheim der erste Trainer, der bewusst, aggressiv und zielgerichtet von den drei Sekunden Unordnung sprach, die man beim Gegner nach dessen Ballverlust ausnützen müsse. Quer- oder gar Rückpässe gab es in diesen Umschaltphasen nicht, nur nach vorne.

Hoffenheim - Hamburg 3:0 (3:0)
Hoffenheim – Hamburg 3:0 (3:0)

Vor allem zu Saisonbeginn lief man mit diesem Konzept in offene Messer (wie beim 2:5 in Leverkusen) oder bekam die Rechnung für eine um 20 Meter an den Mittelkreis zurückverlegte Pressinglinie präsentiert (wie beim 4:5 in Bremen), aber meistens waren die Gegner mit dem Lenk- und Pressingspiel und dem extrem vertikalen Umschalten von Hoffenheim komplett überfordert.

Besonders anschaulich wurde dies am 9. Spieltag gegen den HSV, das wie alle Heimspiele im Herbst im Mannheimer Carl-Benz-Stadion stattfand (die Rhein-Neckar-Arena war noch nicht fertig). Es war dies das Spiel des Ersten Hamburg gegen den Zweiten Hoffenheim. Nach zwölf Minuten führte die TSG 2:0 (eins nach Eckball, eines nachdem Obasi an der Mittellinie Jarolim den Ball abgenommen hatte und schnell umgeschaltet wurde), nach einer halben Stunde 3:0. Sinnbildlich: An der Mittellinie war Petric in einem Zweikampf zu Fall gekommen und hatte dabei den Ball mit der Hand gespielt, Referee Stark pfiff Freistoß für Hoffenheim – und als sich der HSV noch beschwerte, lief vier Sekunden nach dem Freistoß-Pfiff Obasi bereits alleine auf das Hamburger Tor zu und verwertete problemlos.

Der HSV war dermaßen überfordert, dass Coach Martin Jol nur fassungs- und ratlos den Kopf schütteln konnte. Man kam als Tabellenführer zu Hoffenheim und wurde dort verprügelt wie ein Bezirksligist. Als Hoffenheim am 16. Spieltag zu den Bayern fuhr, standen elf Siege, ein Remis und zwei Niederlagen zu Buche. In 15 Partien hatte man 40 Tore erzielt.

Die Bayern

Der amtierende Meister aus München installierte nach dem Abschied des ebenso erfolgreichen wie auch konservativen Ottmar Hitzfeld im Sommer 2008 dessen genaues Gegenteil: Jürgen Klinsmann. Er stellte Buddha-Figuren am Trainingsgelände auf, kam mit vielen ungewöhnlichen Ideen und wollte den Klub schon ein wenig auf links drehen. Er wollte „jeden Spieler besser machen“, wollte aber wohl ein wenig zu viel in zu wenig Zeit und hatte auch personelle Problemchen.

Zum einen, dass Torhüter Oliver Kahn aufgehört hatte. In dessen letzter Saison kassierte er nur 21 Gegentore, neuer Bundesliga-Allzeit-Rekord. Michael Rensing war seit Jahren Kahns Kronprinz, aber die Rolle als Nummer eins war ihm dann deutlich zu groß. Vor allem bei hohen Bällen segelte Rensing regelmäßig vorbei, was die Bayern bei Flanken und Standards ungewöhnlich anfällig machte.

Bayern München - Werder Bremen 2:5 (0:2)
Bayern – Bremen 2:5 (0:2)

Außerdem fehlte Franck Ribery durch eine Verletzung, die er sich bei der EM zugezogen hatte, bis Ende September. Weil es sonst keinen Spieler für die linke Seite gab, stellte er das System auf 3-5-2 um und ließ Philipp Lahm die Außenbahn alleine beackern. Die Dreierkette kassierte ein Tor von Hertha BSC, und je keines beim späteren Absteiger Köln und in der Champions League gegen ein unsagbar schwaches Team von Steaua Bukarest – ehe das Spiel gegen Werder Bremen kam.

Werder deckte die Probleme in der Raumaufteilung schonungslos auf und führte zur Pause schon 2:0, ehe Klinsmann umstellte. Hinten spielte dann eine Viererkette, davor drei zentrale Mittelfeld-Leute, einer rechts und gar keiner mehr links. Die Folge: Noch drei Gegentore bis zur 67. Minute. Und das, obwohl Bremen personell so dünn besetzt war, dass Strafraum-Riegel Sebastian Prödl den Rechtsverteidiger geben musste – und das gar nicht mal so gut machte.

Als Ribery zurückkam, stabilisierte sich das Bayern-Spiel in den Wochen nach dem 2:5-Desaster gegen Bremen und dem folgenden 0:1 in Hannover, aber inhaltlich waren die Bayern kein Enigma. Van Bommel gab in einem 4-4-2 (das danach beständig gespielt wurde) die Schaltzentrale im Zentrum, es wurde mal geschaut, was rechts geht (über Schweinsteiger oder Altintop mit Lell oder Oddo), es wurde mal geschaut, was links geht (über Lahm und Ribery), mit Zé Roberto als kurzer Anspielstation. Vorne war Luca Toni der Fokuspunkt für lange Bälle, er und Klose sorgten mit ihrer individuellen Klasse für Tore.

„Revolutionär“ ist anders, Klinsmann hatte auch keinen Löw mehr zur Seite, aber bis zum Hoffenheim-Spiel wurden 22 von 24 möglichen Punkten geholt und die Champions-League-Gruppenphase gegen Lyon, die Fiorentina und eben Steaua Bukarest überstanden.

Das Gipfeltreffen

„Wir fahren nicht nach München, um uns nur die Bayern-Trikots abzuholen. Wir wollen ihren Skalp“, hatte Rangnick im Vorfeld der Partie gesagt. Schon Wochen vorher begann der mediale Aufbau für das zu erwartende Spitzenduell der beiden dominierenden Klubs in diesem Herbst 2008, Rangnicks beinahe legendäre PK zwei Tage vor dem Spiel – aus dem auch das Zitat vom Anfang dieses Artikels stammt – taten ihr übriges. „Die Bayern-Fans sind bisher nicht damit aufgefallen, ihr Team bedinungslos zu unterstützen, die wollen unterhalten werden“, hatte Rangnick da auch gesagt. Wie auch: „Vielleicht spielen wir in München sogar mit vier Stürmern. Oder wir fangen mit 12 oder gar 13 Leuten an und hoffen, dass es keiner merkt!“

Ein Aufsteiger, der vor dem Gang in die Allianz Arena die Abteilung Attacke fährt – das war neu. Das Stadion war mit 69.000 Zusehern natürlich voll, die Bayern hätten das dreifache an Tickets verkaufen können. Die, die da waren, sahen ein aufregenden und ungemein temporeiches Spiel.

Erste Halbzeit

Bayern München - 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)
Bayern – Hoffenheim 2:1 (0:0)

Hoffenheim hatte ganz offensichtlich Ribery als Haupt-Gefahrenherd ausgemacht, denn Rangnick änderte die Taktik auf dessen Seite ein wenig: Nicht der Außenverteidiger – in diesem Falle Lahm – wurde von Ba und Weis gedoppelt, sondern Ribery von Beck und Weis, sobald der Franzose den Ball hatte. So versuchte man, ihn aus dem Spiel zu isolieren. Das gelang Beck und Weis über weite Strecken auch ganz gut: Ribery war viel unterwegs und hatte auch oft den Ball, konnte aber wenig echte Wirkung entfalten.

Die Gäste hatten Mühe, ihren Dreier-Riegel zwischen den Münchner Reihen aufzuziehen, so gelang das Lenken des gegnerischen Spielaufbaus nicht wie gewohnt. Dafür wurde Van Bommel umso härter an die Kandarre genommen: Dass der Holländer zuweilien zu gewissen Lässikgeiten neigt und nicht der Schnellste ist, war kein Geheimnis, und so wurde Van Bommel immer wieder schon während seiner Ballannahme angegangen. Dreimal alleine in der ersten Halbzeit luchsten ihm im toten Winkel heranbrausende Hoffenheimer den Ball ab. Erwartbare Folge: Schnelles Umschalten.

Das große Glück der Bayern war, dass Lúcio ein grandioses Spiel zeigte. Der Brasilianer antizipierte hervorragend und rückte zeitgerecht aus der Viererkette heraus, um die heranstürmenden Gegner zu stellen oder Passwege geschickt zuzustellen.

Nach vorne brachten die Münchner sehr wenig zu Stande. Ribery wurde gedoppelt, Schweinsteiger versteckte sich nach Kräften, Van Bommel bekam wenig Zeit und die Flanken von Massimo Oddo waren schlecht. Schon von vornherein verlegten sich die Bayern, um dem Pressing und dem Doppeln zu entgehen, auf lange Bälle auf Luca Toni. Dieser war bei Matthias Jaissle allerdings in guten Händen. In den ersten 45 Minuten hatten die Bayern nur eine einzige ernsthafte Torchance.

Hoffenheim hat Bayern am Nasenring

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit ging Hoffenheim, natürlich als Folge eines schnellen Vertikal-Spielzuges, nach einem Doppelpass von Ibisevic mit Weis mit 1:0 in Führung – das bereits 18. Saisontor von Ibisevic am 16. Spieltag. Die Gäste merkten, dass die Bayern wankten und versuchten nachzusetzen: Die Abwehr schob bis in die gegnerische Hälfte hinein, die Pressingwege wurden somit kürzer und damit auch die Phasen bayerischen Ballbesitzes.

Der kecke Aufsteiger hatte die Bayern am Nasenring, weitere Chancen folgten – nach einer Stunde führte Hoffenheim in der Torschuss-Statistik mit 13:4. Die Führung war hochverdient und die Bayern ratlos. Ehe in Minute 60 etwas passierte, mit dem das Gäste-Mittelfeld – im speziellen Tobias Weis – nicht rechnete: Philipp Lahm setzte zu Solo an und zog dabei nach innen. Dort war viel Platz, Weis erkannte die Situation zu spät, löste sich nicht rechtzeitig von Ribery um Lahm zu stellen. Jaissler versuchte zu retten, was zu retten war, aber Lahm zog ab, der Ball wurde von Compper abgefälscht,und landete zum 1:1 im Netz.

Luft aus

Auch in der Folge war Lahm immer mehr die bestimmende Figur auf dem Platz, weil er immer mehr realisierte, welche Freiräume sich im boten. Umso mehr, als den Hoffenheimern nach dem 1:1 zunehmend die Luft ausging. Die intensive Spielweise forderte ihren Tribut und die zweite Luft der Bayern ebenso. Die Abwehr-Kette stand nun sehr tief und die Außenverteidiger rückten kaum noch auf, andererseits franzten die Laufwege der drei Stürmer immer mehr aus.

Van Bommel und Zé Roberto kontrollierten damit trotz numerischer Unterlegenheit im Zentrum das Mittelfeld und sie konnten vor allem Luca Toni immer mehr in Szene setzen. „Jaissle war bei Toni“ sollte aber ein immer wiederkehrender Satz von Sky-Kommentator Marcel Reif werden.

Als Rangnick in Minute 74 den angeschlagenen Obasi runternahm und Salihovic brachte – dieser war etwas überraschend nicht in der Start-Elf gestanden, weil Rangnick auf den defensiv stärkeren Weis gegen Ribery setzte – rückte Carlos Eduardo in die Sturm-Reihe auf. Statt aber den Freistoß-Experten Salihovic selbst ins Spiel einbinden zu können, häuften sich selbige für die Bayern. Ohne nennenswertes Ergebnis aber. So plätscherte das Spiel, gezeichnet von immer mehr schwindenden Kräften, einem 1:1 entgegen.

Ehe Ibertsberger in der Nachspielzeit ein Lapsus unterlief. Rensing hatte in der 92. Minute den Ball nach vorne geschlagen und Zé Roberto die Kugel in den Lauf von Klose verlängert. Ibertsberger will dem einschussbereiten Klose den Ball wegspitzeln, legt ihn dabei aber genau Toni vor – der drückt ab, das 2:1. Die Matchuhr zeigte 90′ +1:23.

Kreuzband und Erfolgsserie riss

Hoffenheim hatte das Spitzenspiel mit 1:2 verloren, die Bayern zogen an Punkten gleich. Eine Woche später sicherte sich der Aufsteiger dennoch den Herbstmeistertitel. Am 14. Jänner aber musste man einen schweren Schlag hinnehmen: Vedad Ibisevic zog sich in einem Testspiel einen Kreuzbandriss zu, fiel für die restliche Saison aus.

Man holte Boubacar Sanogo aus Bremen als Ersatz, aber in der kurzen Zeit fand er nie ins System. Dazu kam etwas Unruhe in den Kader, weil im Winter auch Torhüter Timo Hildebrand verpflichtet wurde, obwohl Daniel Haas eine an sich recht ansprechende Herbstsaison gespielt hatte – in der er Aufstiegs-Goalie Ramazan Özcan verdrängte. Die Egos wuchsen, die Qualität des Zusammenspiels sank. Nicht alle aus der blutjungen Rasselbande schafften es, sich den Erfolg aus dem Herbst nicht zu Kopf steigen zu lassen.

Das erste Rückrundenspiel am 31. Jänner gegen Cottbus wurde 2:0 gewonnen, aber der Spielfluss, die Leichtigkeit und auch die Selbstverständlichkeit aus dem Herbst waren verfolgen. Auch der Umzug ins nun vollendete eigene Stadion bewirkte keinen Schub. Im Gegenteil: Im kompletten Februar, dem kompletten März und dem kompletten April wurde nicht ein einziges Spiel gewonnen. Sieben Remis, fünf Niederlagen, Letzter in der Rückrundentabelle zu diesem Zeitpunkt.

Die Saison endete zwar dank 10 Punkten aus den letzten vier Spielen mit einem Aufwärtstrend, aber dennoch wurde man der erste Herbstmeister der Bundesliga-Geschichte, der am Ende nicht einmal einen Europacup-Platz belegte. Meister wurden die Bayern allerdings auch nicht: Wolfsburg schoss sich mit Dzeko, Grafite und Misimovic zum Titel und Klinsmann wurde noch vor Saisonende entlassen.

Durchhaus

Nie wieder konnte Hoffenheim an die Erfolge des ersten halben Bundesliga-Jahres der Klubgeschichte anschließen. Statt das von A bis Z durchgeplante Konzept weiter zu verfolgen, regierten bald Chaos und Planlosigkeit, ständig wechselnde Trainer und Funktionäre und dadurch ein sinnlos aufgeblähter und maßlos überteuerter Kader.

Genau zwei Jahr nach dem Herbstmeister-Titel sah Rangnick die Felle davonschwimmen – und auch seine vereinsinterne Macht. Die heile Welt bekam schon im Sommer 2010 Risse, als Manager Jan Schindelmeiser die Brocken hinwarf – er und Rangnick waren nicht die besten Freunde. Im Winter 2010/11 wurde dann Sechser Luiz Gustavo gegen Rangnicks Willen zu den Bayern verkauft. Reibereien auch mit Hopp kamen an die Öffentlichkeit, Rangnick trat in der Winterpause zurück und sein Assistent Marco Pezzaiuoli brachte eine mäßige Saison auf einem eher anonymen Mittelfeld-Platz zu Ende – trotz eines interessanten Konzepts.

Auf Pezzaiuoli folgte Holger Stanislawski, ein halbes Jahr später Markus Babbel. Elf Monate später wurde Babbel auf einem Abstiegsplatz liegend entlassen, sein Nachfolger Marco Kurz legte in der Folge einen beträchtlichen Abstand zwischen Hoffenheim und dem Relegationsplatz – allerdings von der falschen Seite. Auch auf dem Manager-Posten wurde Hoffenheim zum Durchhaus: Nach Schindelmeister-Nachfolger Tanner übernahm Trainer Babbel in Personal-Union, ehe Andreas Müller kam und dann auch dieser wieder entlassen wurde.

Erst, als Markus Gisdol im April 2013 das Traineramt übernahm und via Relegation die Klasse hielt und Alexander Rosen als leitender Funktionär im Tagesgeschäft eingesetzt wurde, kehrte wieder Ruhe ein.

Erbe

Hoffenheim ist mittlerweile so ein wenig die graue Maus der Liga und längst nicht mehr der Aufreger, der man im Herbst 2008 vor allem durch die Abhängigkeit von Dietmar Hopp war. Der Durchmarsch unter Rangnick von der dritten Liga zum Bundesliga-Herbstmeister legte aber die endgültige Rutsche für das, was in der Folgezeit eher patschert als „Konzepttrainer“ bezeichnet wurde.

Trainer, die keine großen Spieler waren, aber sich umso mehr mit alternativen Trainingsinhalten und zielgerichteter Lenkung des Spiels beschäftigten, kamen immer mehr in Mode. Jürgen Klopp hatte sich schon einen Namen gemacht, aber etwa ein Thomas Tuchel, Markus Weinzierl, Christian Streich, ein Roger Schmidt oder eben Markus Gisdol profitierten fraglos.

Nur Hoffenheim selbst profitierte irgendwie nicht so recht. Bis heute konnte sich der Klub noch nie für den Europacup qualifizieren.

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Bayern mit offenen Messern zu 7:1 in Rom: „Doppelmühle“ ist ein Hilfsausdruck https://ballverliebt.eu/2014/10/22/doppelmuehle-ist-ein-hilfsausdruck-bayern-mit-offenen-messern-zu-71-rom/ https://ballverliebt.eu/2014/10/22/doppelmuehle-ist-ein-hilfsausdruck-bayern-mit-offenen-messern-zu-71-rom/#comments Tue, 21 Oct 2014 22:17:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10604 Bayern mit offenen Messern zu 7:1 in Rom: „Doppelmühle“ ist ein Hilfsausdruck weiterlesen ]]> Zug in die eine Richtung – es schlägt ein. Zug in die andere Richtung – es schlägt auch ein. Während es bei einer „Doppelmühle“ aber nur zwei Optionen gibt, die den Gegner abwechselnd schwächt, packten die Bayern mit einem total schrägen System gleich einen ganzen Koffer an Messern aus, in die man die Roma laufen ließ. Am Ende stand ein 7:1 als Belohnung für dieses System-Experiment.

Roma-Bayern 1:7 (0:5)
Roma-Bayern 1:7 (0:5)

Als 4-2-3-1 war die Formation der Bayern offiziell angekündigt. War nicht mal in der selben Galaxie mit der Realität. Denn in dieser schickte Guardiola – der ja schon vor drei Jahren ein 3-3-4 auf die Welt (bzw. auf Villarreal) losgelassen hatte – ein Systemgebilde auf den Rasen, das so haargenau auf den Gegner abgestimmt war, dass die Roma machen konnte, was sie wollte, sie lief immer in die zahlreich lauernden offenen Messer.

Die Rolle von Robben

Am Ehesten ist das System der Bayern mit einem 3-4-3 bzw. einem 3-4-2-1 beschrieben, im Angriffsfall wurde es zu einem 2-3-5. Dabei kamen Robben und Bernat als Wing-Backs über die Außenbahnen. Gerade Robben richtete durch seine Positionierung im System enormen Schaden bei der Roma aus. Weil er mit Tempo auf Roma-LV Ashley Cole zugehen konnte, dieser damit heillos überfordert war – bis zu seinem Tor in der 9. Minute war Robben schon dreimal an Cole locker vorbeigegangen – musste der Rest der Mannschaft reagieren.

Hieß: Entweder Yanga-Mbiwa aus der Innenverteidigung oder Nainggolan aus dem zentralen Mittelfeld in Rudi Garcias gewohntem 4-3-3 mussten helfen. Was Lücken riss. Denn Müller (und auch Götze und Lewandowski, der sich tendenziell nach halblinks orientierte) waren im Zentrum da, um in diese Löcher reinzustoßen. Robben hatte so immer mehrere Optionen: Selber gehen, zurück legen, ins Zentrum passen. Alle Wege konnte die Roma gar nicht zustellen.

Asymmetrisches System

Was die Benennung des Systems der Bayern so schwierig macht, ist ihre Asymmetrie. Rechts agierte Robben hoch, wurde dabei von Lahm (der im Zentrum neben Xabi Alonso aufgestellt war) abgesichtert und zur Not stand hinten auch noch Benatia aus der Dreier-Abwehr. Links aber ging Benatias Pendant Alaba so konsequent nach vorne mit, wie das ein Linksverteidiger macht – er wurde dabei abgesichert von Xabi Alonso.

Die Bayern nahmen so alles aus dem Spiel, was die Roma potenziell gefährlich machen könnte. Die aufrückenden Außenverteidiger waren brutal hinten gebunden (Cole durch Robben; Torosidis durch Bernat). Das Pressing, das die Römer gerne aus dem Mittelfeld-Zentrum heraus anbieten, konnte gar nicht erst angesetzt werden, weil die Bayern vier zentrale Mittelfelspieler hatten, also in Überzahl waren.

Dazu sah Totti, der oft alleine im Viereck von Alonso, Lahm, Götze und Müller war, praktisch keinen Ball. Wenn die Roma nach vorne kam, dann über die Außenbahn hinter Alaba und Bernat, also zumeist durch Gervinho.

Fünf Angreifer plus Alaba

Aber hinten herrschte gegen die de facto fünf Bayern-Angreifer plus Alaba, bei denen noch dazu die drei mittleren (also Götze, Müller und Lewandowski) permanent rochierten, die totale Überforderung. Sei es Robben mit einem simplen Doppelpass (wie beim 1:0 und beim 4:0), schnelles Kreuzen von Götze und Müller (wie beim 2:0), Verwirrung durch die Doppelbesetzung auf der linken Angriffsseite (wie beim 3:0 und beim Elfer zum 5:0): An keiner Ecke der Abwehr fanden die Römer einen Ausweg.

Egal, was sie auch versuchten, sie liefen mit jedem Laufweg, jedem Zweikampf, jeder Aktion nur in ein neues offenes Messer. Wenn die Roma hinten blieb, rückten die Bayern mit fast allen Mann auf. Wenn die Roma aufrückte, ließen sich fünf Angreifer nicht kontrollieren. Verschob man in Richtung Cole, um ihm gegen Alaba zu helfen, war auf der anderen Seite alles frei. Achtete man darauf, das Zentrum zu schließen, überrannte Robben seinen Gegenspieler.

Garcia stellt um, Bayern stellt ab

Als es mit dem Stand von 0:5 in die zweite Hälfte ging, hatte Roma-Coach Rudi Garcia nicht nur Cole erlöst und durch Holebas ersetzt, sondern mit der Auswechslung des unsichtbaren Totti auch sein System auf ein klaren 4-1-4-1 umgestellt: Florenzi kam nun über rechts, Iturbe sollte links an der Linie bleiben. Die Absicht dahinter war klar: Die zuvor im 4-3-3 de facto nur je einfach besetzten Flügel nun doppelt besetzen.

Ab der 60. Minute
Ab der 60. Minute

Was auch funktionierte, weil die Bayern deutlich ihren Fuß vom Gas nahmen. So kam vor allem Gervinho durch die weniger konsequent abgesichterte linke Bayern-Abwehrseite immer wieder durch, zweimal rettete nur ein ausgezeichneter Manuel Neuer vor dem Ehrentreffer, der dann in der 66. Minute doch noch gelang.

Nach einer Stunde änderte Guardiola sein wildes Etwas von einem System mit der Einwechlsung von Rafinha (für Müller) in ein recht konventionelles 4-3-3. So waren die Außenbahnen gegen die trotz des schlimmen Spielstandes weiter couragierten Römer besser abgesichert; und mit Ribéry und Shaqiri kamen dann noch neue Offensiv-Kräfte. Diese belebten das im Schongang eingeschlafene Bayern-Spiel und sorgten mit ihrem Schwung für noch zwei weitere Tore zum 7:1-Endstand.

Fazit: Extrem faszinierend

Die erste Hälfte war eine der faszinierendsten der jüngeren bis mittleren Vergangenheit. Die Roma, eigentlich eine gutklassige Mannschaft mit einem sehr modernen Spiel und einem versierten Trainer sah aus wie eine Wirtshaus-Truppe. Was immer versucht wurde, das Unheil abzuwenden, machte dieses nur noch schlimmer.

Die psychologischen Effekte auf die Roma muss man erst abwarten, aber auf dem Papier hat man immer noch beste Karten auf das Achtelfinale. Deutlich spannender aber ist, dass Guardiola Sachen probiert und Systeme auspackt, die er bei Barcelona nicht im Programm hatte. Er wird es einem wohl nicht öffentlich wahrheitsgetreu sagen, aber die Frage wäre schon interessant ob er sich bei Barcelona solche ganz wilden Experimente nicht getraut hat oder ob er der Meinung war, nicht das Spielermaterial dafür zu haben.

Sicher ist nur: Jetzt traut er sich. Und er hat auch die Spieler dafür.

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Heynckes stellt Robben in die Zentrale, Dortmund fehlt die Kraft: Bayern gewinnt die Champions League! https://ballverliebt.eu/2013/05/27/heynckes-stellt-robben-in-die-zentrale-dortmund-fehlt-die-kraft-bayern-gewinnt-die-champions-league/ https://ballverliebt.eu/2013/05/27/heynckes-stellt-robben-in-die-zentrale-dortmund-fehlt-die-kraft-bayern-gewinnt-die-champions-league/#comments Mon, 27 May 2013 11:54:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8776 Heynckes stellt Robben in die Zentrale, Dortmund fehlt die Kraft: Bayern gewinnt die Champions League! weiterlesen ]]> In der Bundesliga haben die Bayern in dieser Saison praktisch jeden existierenden Rekord gebrochen, international wurde Juventus klar 4:0 besiegt und Barcelona mit 7:0 zu Kleinholz zersägt – aber alles wäre nur halb so viel Wert gewesen, wenn es dennoch nicht zum Titel in der Champions League gereicht hätte. Und Dortmund tat alles, um es in einem hochklassigen und spannenden Finale genau dazu kommen zu lassen. Letztlich fehlte dem BVB trotz eines vor allem zu Beginn perfekten Matchplans aber die Effizienz – und auch die Kraft.

Bayern München - Borussia Dortmund 2:1 (0:0)
Bayern München – Borussia Dortmund 2:1 (0:0)

Wüstes Pressing, das ganz hoch startet, den Gegner so einschüchtern und diese Dominanz letztlich in Siege ummünzen – so wurde Dortmund 2011 und 2012 deutscher Meister. So schied Dortmund in der letzten Saison aber auch sang- und klanglos in einer schwachen Gruppe als Letzter aus. Nicht nur, weil man teils derbe Abwehr-Schnitzer einbaute. Sondern auch, weil hintenraus die Kraft fehlte. Beim 0:3 in Marseille gab’s zwei Tore nach der 60. Minute, beim 1:3 bei Olympiakos die endgültige Entscheidung in Minute 78, den K.o.-Schlag beim 1:2 bei Arsenal in der 86. Minute und beim 2:3 daheim gegen Marseille führte man bis zur 85. Minute noch mit 2:1.

Vintage Dortmund

In dieser Saison hat BVB-Coach Jürgen Klopp das Pressing deutlich zurücknehmen lassen. Üblicherweise legt Dortmund nun die Pressing-Linie in den Bereich direkt vor der Mittellinie. Nicht aber so in diesem Finale. Da ließ Klopp wieder, wie früher, in den ersten 20, 25 Minuten extrem hoch und extrem heftig pressen. So neutralisierte der das Ballbesitz-Spiel der Bayern und seine Mannschaft war die klar gefährlichere.

Dafür rückte mit Reus der nominelle Zehner so weit auf, dass Dortmund in einem 4-4-1-1 bzw. gar in einem 4-4-2 auf dem Platz standen – ganz ähnlich wie das in der letzten Saison mit Kagawa in dieser Rolle so hervorragend funktioniert hatte. Wie generell die Marschroute der Borussia jener beim 5:2 im Pokalfinale vor einem Jahr ziemlich exakt entsprach. Reus und Lewandowski pressten vor allem auf die Innenverteidiger der Bayern, während die Außenspieler Blaszczykowski und Großkreutz die AV der Bayern, Lahm und Alaba, bearbeiteten – hier aber fast nie alleine, sondern mit Unterstützung entweder der ballnahen Stürmer oder der aufrückenden eigenen Außenverteidiger.

Bayern mit Problemen

Den Münchnern behagte das überhaupt nicht. Schweinsteiger, der sich beim Aufwärmen eine Oberschenkelzerrung zugezogen hatte und damit längst nicht die gewohnte Präsenz im Mittelfeld verbreiten konnte, kippte oft zwischen die Innenverteidiger ab, um etwas von dem massiven Druck abzufedern, den Dortmund ausübte. Das änderte aber nichts daran, dass die Bayern ihr Spiel nicht eröffnet bekamen, sich auf lange Bälle verlegen mussten und damit das offensive Mittelfeld nicht wie gewünscht einbinden konnte.

Andererseits schaltete Dortmund überfallsartig um, wenn man den Ball eroberte – ein Verdienst vor allem des sehr umsichtigen Ilkay Gündogan und von Jakub Blaszczykowski, der nicht nur selbst das Umschaltspiel ankurbelte, sondern auch einige gute Chancen hatte, die Neuer aber hervorragend parierte. Wie überhaupt Dortmund in diesen ersten 20 bis 25 Minuten mindestens ein Tor aus der Überlegenheit schießen hätten müssen, wenn nicht zwei.

Würgegriff wird gelöst

Wie früher, löste Dortmund nach rund 25 Minuten den Würgegriff etwas. Dante und Boateng hatten nun etwas mehr Luft zum Armen, Lahm und Alaba – die beide nicht die gewohnte Abenteuerlust ausstrahlten – konnten sich nun etwas mehr um den Aufbau kümmern. Das erlaubte vor allem Ribéry, etwas einzurücken, ohne die Außenbahn zu verwaisen. So konnte das Mittelfeld-Zentrum, das Dortmund bis dahin komplett im Griff hatte, etwas angebohrt werden.

Ein Problem blieb aber bestehen: Von einer ziemlich massiven Unachtsamkeit abgesehen, hatte Schmelzer Robben ganz gut unter Kontrolle, auch dank der Hilfe des sehr fleißigen Kevin Großkreutz. Und Thomas Müller, der (wie Reus) eher als hängende Spitze agierte, weniger als Zehner, konnte nicht dauerhaft sein gefürchtetes Spiel zwischen den Linien aufziehen. Er hatte gegen Ende der ersten Halbzeit zwar einige gute Aktionen, eine konstante Gefahr, wie etwa gegen Barcelona, war er aber nicht.

Robben ins Zentrum, Müller nach rechts

Zweite Halbzeit
Zweite Halbzeit

Schon in der ersten Halbzeit hatten Müller, Robben und Ribéry immer wieder rochiert, nach dem Seitenwechsel kam es aber zu einer entscheidenden und auch dauerhaften Umstellung: Arjen Robben nahm nun halblinks zentral die Position der hängenden Spitze ein, während Thomas Müller auf die rechte Seite wechselte.

So musste sich Schmelzer auf einen neuen und vom Typ her völlig anderen Gegenspieler einstellen, während Robben im Zentrum nicht Müllers Arbeit zwischen den Linien zu verrichten versuchte, sondern vertikal ging und die Eins-gegen-Eins-Situationen suchte. Hieß: Die Bayern trachteten nun nach jener Direktheit im Zug zum Tor, die in der ersten Hälfte vor allem Dortmund gezeigt hatte.

Bayern erobern auch Zentrale

Bei der Borussia agierte Reus nun etwas tiefer, wodurch sich nun tatsächlich ein 4-2-3-1 ergab – wohl auch, weil Schweinsteiger mehr Vertrauen in seinen Oberschenkel fand und zunehmend aktiver wurde. Damit hatte auch Martínez eine Rückversicherung, wodurch er mit mehr Risiko in die Zweikämpfe gehen konnte – die Bayern eroberten immer mehr auch die Zentrale.

Der Clou an der Maßnahme, Robben ins Zentrum zu stellen, war zudem, dass er damit auch direkt mit Ribéry zusammen spielen konnte. Erstaunlich, dass das nicht schon viel öfter so praktiziert wurde, es funktionierte nämlich hervorragend – und ein Vertikal-Lauf von Robben leitete auch das mittlerweile nicht mehr unverdiente 1:0 für die Bayern durch Mandzukic ein.

Dortmund gleicht aus, kann aber nicht nachsetzen

In der direkten Folge verlor Dortmund ein wenig die Kompaktheit. Bender und Gündogan rückten auf, um das Spiel in die Hand zu nehmen, Subotic und Hummels rückten aber nicht entsprechend mit auf. In diese Lücke hinein versuchten die Bayern vor allem mit hohen Bällen zu kommen – also eher ein direktes Nützen entstehender Unordnung, als der Bayern-typische kontrollierte Aufbau. Ehe Dantes ungeschicktes Elfer-Foul den Ausgleich für Dortmund ermöglichte.

Nachsetzen konnte die Borussia aber nicht. Das extrem laufintensive Spiel der ersten Hälfte im Allgemeinen und das extreme Pressing in der Anfangsphase im Speziellen forderten ihren Tribut – Dortmund schien langsam, aber sicher K.o. zu gehen. Die Räume wurden auch nach dem 1:1 nicht mehr konsequent genug zugestellt, die Kompaktheit in der Zentrale ging zuweilen völlig flöten – die Abwehrlinie wurde aber dennoch relativ hoch zu stellen versucht. Ein Traum für Robben und seine neue Positionierung.

Mit Steilpässen in den Rücken der Abwehr oder mit Läufen in eben jenen und von dort geschlagenen Flanken (wie von Müller) hatten die Bayern genug Möglichkeiten, schon früher wieder die Führung herzustellen, aber ein exzellenter Roman Weidenfeller hielt die Borussia noch im Spiel. Bis zur 89. Minute, als bei einem weiteren hohen Ball in die Spitze die BVB-Abwehr nicht mit Robben UND Ribéry zu Rande kam und der Holländer zum 2:1 verwertete. Die Entscheidung.

Fazit: Dortmund geht zum alten Erfolgsrezept und scheitert

Für dieses eine Spiel ging Klopp zum alten Rezept zurück, das gegen die Bayern einst so großen Erfolg gebracht hat – und letztlich scheiterte man nicht daran, dass dieses Vorhaben falsch gewesen wäre. Im Gegenteil: Die Bayern fühlten sich sichtlich unwohl, und so lange Dortmund das hohe Pressing aufrecht erhalten konnte, waren die Münchner im Grunde chancenlos. Die Borussia ist letztlich daran gescheitert, dass man die frühe Überlegenheit nicht in Tore ummünzen konnte und dass in der Schlussphase die Kraft fehlte.

Die Bayern behielten nach der auch mit Glück ohne Schaden überstandenen Anfangsphase die Ruhe und nützten jeden kleinen Teilrückzug von Dortmund gnadenlos aus, um sich selbst immer mehr Kontrolle zu krallen. Die Maßnahme von Jupp Heynckes, Robben ins Zentrum zu stellen und damit statt der Kampfkraft Müllers auf die vertikalen Laufwege des Holländers gegen eine eher hoch stehende Abwehr zu setzen, machte sich voll bezahlt – beide Bayern-Tore waren dieser Umstellung geschuldet.

Dass die Bayern über die ganze Saison gesehen die klar beste Mannschaft Europas waren, darüber kein ohnehin kein Zweifel bestehen. Jetzt haben sie es mit dem letztlich nicht unverdienten Finalsieg in der Champions League auch Schwarz auf Weiß.

(phe)

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Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/ https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/#comments Tue, 23 Apr 2013 23:28:17 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8700 Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! weiterlesen ]]> Na bumm! Die Bayern schlagen den FC Barcelona im Halbfinal-Hinspiel der Champions League mit 4:0 – und das Resultat ist kein Zufall. Im Spiel von Peps zukünftiger Mannschaft gegen Peps ehemaligem Team setzten die Münchner den Katalanen vor allem mit dem Mut zu, selbst hoch zu pressen und sich nicht hinten einzuigeln. Barça hatte letztlich keine Chance und wurde in der zweiten Hälfte sogar regelrecht zerlegt.

Bayern München - FC Barcelona 4:0 (1:0)
Bayern München – FC Barcelona 4:0 (1:0)

So sehr Bayern München schon Barcelona ähnelt, bevor Pep Guardiola im Sommer übernehmen wird – bei Ballbesitz und Passgenauigkeit ist europaweit nur der FC Bayern halbwegs in der Nähe der Katalanen – war doch klar, dass sich eher die Bayern auf die Gäste einstellen würden als andersrum. So gab es einige sehr zentrale Faktoren in diesem Spiel.

Das Pressing der Bayern

Was das Pressing angeht, sind das ohne Zweifel die beiden weltbesten Mannschaften. Die Bayern hatten wiederum einen recht genauen und differenzierten Plan (wie das schon im Viertelfinale gegen Juventus der Fall war): Diesmal befand sich die Pressing-Linie etwa auf Höhe der Mittellinie, bzw. leicht in der gegnerischen Hälfte. Gomez stand recht tief und ging auf Busquets bzw. die Innenverteidiger, dazu rückten Schweinsteiger und Martínez oft rasch auf und stellten die Wege zu.

So taten sich die Gäste trotz 62 % Ballbesitz in der ersten halben Stunde – was für Barcelona-Verhältnisse eh relativ wenig ist – extrem schwer, wirklich in das Angriffsdrittel zu kommen und es wurden ungewöhnlich viele lange Bälle versucht. Ohne den wirklich durchschlagenden Erfolg, es dauerte bis zur 42. Minute, ehe die Gäste den Gastgeber erstmals mit spielerischen Mitteln wirklich am Strafraum herumhetzen konnte.

Hinzu kam, dass die Bayern, wenn sie den Ball halbwegs sicher hatten (Barcelona presst unter Vilanova auch nicht mehr ganz so exzessiv wie unter Guardiola), die Abwehrkette extrem weit nach vorne zu schieben traute. Das ist gegen Barcelona aufgrund ihrer Stärke im Bälle in den Rücken der Abwehr spielen extrem gefährlich, weil aber das Barça-Zentrum gut angegangen wurde, funktionierte das.

Der Kampf im Mittelkreis

Busquets, Xavi und Iniesta standen im Zentrum Schweinsteiger, Martínez und Müller gegenüber. Die Bayern agierten in diesem Bereich relativ strikt Mann gegen Mann – so übernahm Schweinsteiger die Bewachung von Xavi, sobald dieser die Mittellinie überquerte, und zwar auch horizontal. Ähnliches galt für Javi Martínez und Iniesta, während Müller in höherer Position zumeist gegen Busquets am Werk war.

Dieses theoretische 3-gegen-3 versuchten die Bayern zu ihren Gunsten zu drehen, indem sich Gomez oft recht tief fallen ließ und/oder Robben von der rechten Seite weit in die Mitte zog, um in diesem Bereich eine Überzahl herzustellen. Genau dieses zentrale Vorhaben sprach Müller nach dem Spiel auch im TV-Interview mit Sky an. Das Pressing (weiter hinten) setzte vor allem Xavi und Busquets zu, während Iniesta mit dem robusten Spiel von Martínez extreme Probleme hatte, zwar oft am Ball war, aber praktisch nichts Konkretes zu Stande brachte.

Die Herangehensweise auf den Flügeln

Mit den Flügel-Achsen Lahm/Robben und Alaba/Ribéry hatten die Bayern nominell einen haushohen Vorteil, was das Bespielen der Außenbahnen angeht, weil Barcelona üblicherweise die Flügel nur jeweils nur mit einem Spieler besetzt, mit Dani Alves rechts und Jordi Alba links. Wie massiv der Respekt von Vilanova gegenüber der Bayern-Flügelzange ist, zeigte die Art und Weise, wie er seine Außenstürmer Pedro und Sánchez spielen ließ. Diese agierten nämlich extrem zurückgezogen und testeten Lahm und Alaba kaum, sondern erwarteten die Vorwärtsläufe dieser beiden recht tief, während Dani Alves und Jordi Alba die vertikale Arbeit verrichteten.

Auf der linken Seite arbeitete Ribéry extrem viel nach hinten mit und half Alaba gegen Dani Alves, sodass dieser kaum einmal wirklich ein offensiver Faktor war. Erstaunlich, dass sich Pedro dennoch nie wirklich dazu durchringen konnte, konstruktiv in dieser Zone des Feldes mitzuarbeiten. Auf der anderen Seite rückte Robben wie erwähnt recht hoch ein und überließ Lahm die Seite, und weil auch hier Alba die Hilfe von Sánchez fehlte – und Lahm eine ausgezeichnete Partie ablieferte – brannte nichts an.

Die Vertikal-Läufe von Schweinsteiger und Martínez, die als Nebeneffekt Platz für die aufrückenden Außen der Bayern schafften, wurden hingegen nicht konsequent genützt.

Messi und die Bayern-Innenverteidigung

Keine Frage – von „wirklich fit“ oder „annähernd 100 %“ war Messi drei Wochen nach seiner im Hinspiel gegen PSG erlittenen Verletztung meilenweit entfernt. Ihm fehlte die gewohnte Spitzigkeit, die Mobilität und die Fähigkeit, unerwartete Haken zu schlagen. Ihm fehlte aber auch die Unterstützung der in diesem Spiel massiv gebundenen Xavi und Iniesta. Das erlaubte es den Bayern, eine relativ unkomplizierte Taktik im Verteidigen von Messi zu spielen.

Diese stützte sich in erster Linie auf Dante. Der brasilianische Wuschelkopf spielt ganz generell eine herausragende Saison, zudem hat er die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen, ist sehr passsicher und auch ziemlich resistent gegen Pressing. Gegen den oft Richtung Pedro bzw. Xavi driftenden Messi geriet Dante nie in Panik, im Gegenteil, er rückte wenn nötig geschickt heraus und wurde von Boateng bzw. Alaba abgedeckt. Was auch möglich war, weil aus dem Barcelona-Mittelfeld zu wenig nachgerückt wurde und Pedro überhaupt keine Bedrohung darstellte.

Das logische Manöver, um die Bayern an der Spieleröffnung zu hindern, wäre ein konsequentes Anpressen von Boateng gewesen. Der ist ein solider Innenverteidiger, aber kein Künstler und auch keiner von der vor allem mentalen Statur eines Dante. Alleine – es passierte nicht.

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Dante war der Chef in der Bayern-IV, Boateng das brave Helferlein.

Obwohl Boatengs Rolle hauptsächlich in der von Dantes treuem Helferlein bestand. Drei von vier Bällen, die Boateng spielte, lieferte er bei Dante selbst oder bei Neuer ab; wenig überraschend passierten ihm dabei auch keine Fehler. War der Pass für jemand anderen gedacht (also für Lahm und Robben, in erster Linie), kamen fast die Hälfte der Bälle nicht an. Anspiele auf Javi Martínez gab’s praktisch keine.

Ganz anders bei Dante: Dieser gab den Ball oftmals kurz zum zurückgerückten Schweinsteiger, sehr oft rückte er auch hinaus auf die linke Seite und eröffnete von dort für die dann aufgerückten Alaba und Ribéry, während Schweinsteiger abkippte und im Zentrum absicherte.

Die Tore

Dass sich der Gegentor-Schnitt von Barcelona von 0,55 pro Spiel (2010/11) auf mittlerweile über eines pro Spiel verdoppelt hat, liegt sicher zu einem großen Teil auch an der zunehmenden Verletzungsanfälligkeit von Puyol, dazu fehlte auch Mascherano; Adriano Correia (der im Viertelfinale gegen PSG innen spielte) ist eher Außenverteidiger, Busquets wurde im Mittelfeld gebraucht – so musste Marc Bartra ran. Der ist zwar grundsätzlich auch kein Schlechter, aber es ist sicherlich kein Zufall, dass drei der vier Tore aus knapp der Grundlinie entlang gespielten Querpässen resultierten (das erste, das zweite und das vierte).

Hinzu kommt, dass sich Barcelona vor allem bei Kopfbällen oft erstaunlich billig ausmanövrieren ließ – dabei wäre Gerárd Piqué 1,92 Meter groß. Dass das zweite Tor Abseits war und das dritte wegen den Blocks von Müller an Alba auch nicht zählen hätte dürfen, soll nicht verschwiegen werden – allerdings hätten auch die Bayern einen Hand-Elfmeter zugesprochen bekommen müssen und dass kurz vor dem Ende Alba nicht die rote Karte sah, als er Robben den Ball ins Gesicht warf, ist ebenfalls kaum nachvollziehbar. Viktor Kassai – der schon ein CL-Finale (das von Barcelona gegen Man Utd 2011), ein WM-Halbfinale (jenes zwischen Deutschland und Spanien 2010) und ein Olympia-Finale (das 1:0 von Argentinien gegen Nigeria 2008) leitete – hatte einen ganz schlechten Tag, benachteiligte aber beide Teams.

Barcelona lässt Raum und wird bestraft

Nach dem 2:0 kurz nach dem Seitenwechsel rückte das Mittelfeld von Barcelona auf, um für mehr Druck zu sorgen – was letztlich dazu führte, dass Heynckes mit Luiz Gustavo (statt Gomez) mehr Stamina ins Zentrum brachte. Dabei vernachlässigte die Innenvertigung mit Piqué und Bartra aber das Nachrücken, wodurch zwischen diesem Duo und Busquets ein ziemlich massives Loch entstand.

Die Bayern zermürbten Barcelona schon vor dem Seitenwechsel mit ihrem blitzschnellen Umschalten von Defensive auf Offensive und sorgten in der Barça-Abwehr damit für einige Verwirrung, mit dem Platz zwischen den Reihen in der zweiten Halbzeit hatten sie folglich ihre helle Freude. Der Konter über Ribéry, der via Schweinsteiger zu Robben flink auf die andere Seite verlagert wurde, wo die Abwehr aus der Position gezogen war (und Alba, nachdem er von Robben überwunden war, von Müller weggecheckt wurde), war dafür ein Paradebeispiel. Genauso wie der Konter über Alaba, der zum 4:0 führte.

Fazit: Bayern von A bis Z besser

Ein bärenstarker Müller, der das Barcelona-Mittelfeld zur Verzweiflung trieb. Ein gewohnt laufstarker Schweinsteiger, der jener Regisseur war, der Xavi hätte sein sollen. Ein extrem cooler Dante, der sich um (einen zugegebenermaßen waidwunden) Messi kümmerte und das Spiel von hinten eröffnete: Die Bayern waren von Abwehr bis Angriff dem FC Barcelona klar überlegen. Den Katalanen gelang es gegen das geschickte Pressing der Bayern, die gerade im Mittelfeld ihre Physis extrem intelligent ausspielten, nie, ihren Ballbesitz wirklich dauerhaft in die Nähe des Bayern-Strafraums zu verlegen.

Dazu fehlte es auch an den Impulsen von der Bank. Es ist seit Jahren der wohl größte Kritikpunkt an Barcelona, dass es keinen Plan B gibt. Das galt aber in der Regel für Spiele gegen Teams, die sich mit neun Feldspielern hinten einigeln – nicht, wenn man selbst im Mittelfeld angepresst wird und der Gegner sich traut, selbst aktiv zu werden. Damit hatte etwa Spanien im EM-Semifinale gegen Portugal schon ganz große Probleme, und die Bayern setzten diese Taktik gnadenlos um. Nicht, indem sie versuchten, Barcelona jetzt zwingend den Ballbesitz zu nehmen. Sondern ohne den Ball die Kreise des Gegners einzuengen und mit dem Ball schnell umzuschalten und die defensiven Fragezeichen von Barça zu nützen.

Letztlich ist der Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch, aber dennoch ist dies das erste Mal, dass Barcelona von einem Gegner nicht nur kontrolliert wird, sondern die Schwächen gnadenlos aufgedeckt werden und das Team komplett zerlegt wird. Inwieweit das ein Wendepunkt der Geschichte ist, um mal das ganz große Ganze anzusprechen, wird sich zeigen, schließlich hat derzeit bis auf die Bayern praktisch keiner die Qualität, dieses Spiel gegen Barcelona so durchzuziehen (wie ernst man die Clásico-Niederlagen zuletzt in Cup und vor allem der längst entschiedenen Meisterschaft nehmen kann, ist eine Streitfrage).

Aber auf jeden Fall haben die Bayern gezeigt: Barcelona ist zu schlagen, auch, wenn man sich nicht hinten einigelt.

(phe)

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Conte über Italiens Fußball: „In anderen Ländern verfolgt man Projekte, hier diskutieren wir über Schiedsrichter!“ https://ballverliebt.eu/2013/04/11/in-anderen-landern-verfolgt-man-projekte-hier-diskutieren-wir-uber-schiedsrichter/ https://ballverliebt.eu/2013/04/11/in-anderen-landern-verfolgt-man-projekte-hier-diskutieren-wir-uber-schiedsrichter/#comments Wed, 10 Apr 2013 23:05:49 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8671 Conte über Italiens Fußball: „In anderen Ländern verfolgt man Projekte, hier diskutieren wir über Schiedsrichter!“ weiterlesen ]]> Juventus Turin ist gegen Bayern München im Viertelfinale der Champions League ausgeschieden. Nach dem 0:2 im Hinspiel in München machte der italienische Meister im Rückspiel viel Druck, aber mit dem 0:1 nach einer Stunde war die Aufstiegsfrage endgültig geklärt und das 0:2 in der Nachspielzeit war nur noch Kostmetik.

Zu diesem Rückspiel gibt’s von unserer Seite keine taktische Analyse, sondern die Worte von Juventus-Coach Antonio Conte in der Pressekonferenz. Wo er mit einer nüchternen Brutalität offene Worte zum Zustand des italienischen Fußballs fand, wie sie in anderen Ländern auch nicht schaden würden.

„Leider ist die Situation folgende: Ich sehe keine Möglichkeit für irgendeine italienische Mannschaft, in den nächsten Jahren die Champions League zu gewinnen. Es hat sich ein ganz enormes Loch aufgetan.

Ich muss lachen, wenn ich höre, dass man mit zwei, drei Verstärkungen die Champions League gewinnen könnte. Der italienische Fußball ist stehen geblieben und das muss allen klar werden. In anderen Ländern investiert man und verfolgt Projekte, hier diskutieren wir über Schiedsrichter und über die Frauen, mit denen die Spieler ausgehen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir alle gemeinsam den italienischen Fußball ändern müssen. Und wenn ich sage ‚alle gemeinsam‘, dann meine ich uns, die Klubs, die Tifosi, die Medien, die verschiedensten Institutionen. Ansonsten bewegen wir uns nicht vom Fleck. So ist die Lage, und es ist besser, der Wahrheit ins Auge zu blicken als uns in die Tasche zu lügen.

Wir sind an dem Punkt angelangt, den ich mir erwartet habe. Ich hatte nicht mehr und nicht weniger gehofft. Wir müssen uns eingestehen können, wenn wir distanziert wurden. Es ist sicherlich noch viel Arbeit zu tun. Wenn man Geld hat, kann man kaufen und gewinnen. Wenn nicht, braucht man Geduld. Es braucht Zeit, um sich in Europa entwickeln zu können, aber das wussten wir vorher.

Ich habe den Burschen gratuliert, weil sie etwas wichtiges vollbracht haben: Sie haben es geschafft, unter die letzten Acht in der Champions League zu kommen, zwei Jahre, nachdem wir nicht einmal in der Europa League waren, das ist außergewöhnlich. Man muss erkennen können, wenn man auf eine Mannschaft trifft, die einfach besser ist.“

– Antonio Conte, 10. April 2013

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Bayerns Umstellung nach Kroos‘ Ausfall überfordert Juventus – 2:0! https://ballverliebt.eu/2013/04/03/bayerns-umstellung-nach-kroos-ausfall-uberfordert-juventus-20/ https://ballverliebt.eu/2013/04/03/bayerns-umstellung-nach-kroos-ausfall-uberfordert-juventus-20/#comments Tue, 02 Apr 2013 23:02:55 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8552 Bayerns Umstellung nach Kroos‘ Ausfall überfordert Juventus – 2:0! weiterlesen ]]> Alabas 1:0 nach 23 Sekunden brachte die Bayern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Juventus auf die Siegerstraße – mindestens ebenso wichtig war aber die intelligente Umstellung von Heynckes, als Kroos nach einer Viertelstunde verletzt raus musste. Mit der veränderten Zuteilung kam Juventus überhaupt nicht zurecht und so gab es letztlich ein 0:2, mit dem die Italiener gar nicht so schlecht bedient sind.

Bayern München - Juventus Turin 2:0 (1:0)
Bayern München – Juventus Turin 2:0 (1:0)  |  ab Minute 16

Ein Fehler von Pirlo im Spiel nach vorne, ein Querpass von Schweinsteiger, ein Gewaltschuss von David Alaba – es dauerte nicht einmal eine halbe Minute, ehe die Bayern mit 1:0 in Führung lagen. Die Hauptaufgabe der Münchner war es natürlich, möglichst Andrea Pirlo aus der Partie zu nehmen – mit der frühen Führung taten sich die Bayern damit leichter, weil die Italiener dadurch gezwungen waren, selbst aufzurücken und das Zentrum nicht so verdichten konnten, wie sie das sonst gerne tun.

Juve schiebt nach vorne

Anfangsphase
Anfangsphase

Wie schon letzten Juni beim deutschen 1:2 im EM-Halbfinale gegen Italien war Toni Kroos auch diesmal dafür zuständig, die Kreise von Pirlo einzuengen. Unterschied zu damals: Bei den Bayern blieb die rechte Seite besetzt. So konnte sich Kroos an Pirlo dranhängen, ohne Angst haben zu müssen, dass die Balance im Team verloren geht.

In den Minuten nach dem 0:1 rückte Juventus tatsächlich recht hoch auf, vor allem die Wing-Backs pushten konsequent nach vorne. Der agile Lichtsteiner und die beiden Läufer im Mittelfeld, Vidal und Marchisio, versuchten Druck aufzubauen und schnell nach vorne zu kommen; dazu war Peluso links bereit, Müller zu ignorieren und ebenso nach vorne zu gehen. Der Druck auf Pirlo allerdings – hauptsächlich eben von Kroos, aber auch Schweinsteiger und der für den gesperrten Javi Martínez in die Start-Elf gerückte Luiz Gustavo – setzten dem Taktgeber zu. So sammelte Juventus in dieser Phase zwar 60 Prozent Ballbesitz, kam aber zu keinen echten Torchancen.

Kroos‘ Verletzung schadet Juve

Nach zwölf Minuten riss sich allerdings Toni Kroos ohne Fremdeinwirkung ein Muskelbündel im Adduktoren-Bereich – für den so spielintelligenten Zehner war das Spiel natürlich vorbei, für ihn kam Robben in die Partie. Dieser ging auf seine angestammte rechte Seite, während Müller ins Zentrum wechselte und die Kroos-Rolle als Pirlo-Bewacher Nummer eins übernahm. So paradox es aber klingt: Die Verletzung eines der besten Bayern-Spielers dieser so dominanten Saison schadete den Bayern deutlich weniger als Juventus.

Dank Robben kam nun nämlich sehr viel mehr Zug zur gegnerischen Grundlinie auf die rechte Bayern-Seite. Hatte Müller zuvor seine Rolle auf der Außenbahn noch kämpferischer und und auch etwas zentraler interpretiert, ging Robben gezielt in den Rücken von Peluso und blieb nahe der Seitenlinie. Oftmals nahm er auch Lahm mit, wodurch eine 2-gegen-1-Überzahl für die Bayern entstand. Das zwang wiederum Chiellini, aus der Dreierkette nach außen zu rücken.

Adjustierung auf der Robben-entfernten Seite

Genau das nützten die Münchner durch einen geschickten Schachzug auf der anderen Spielfeldseite aus. Ribéry stand nun nicht nur sehr hoch, sondern auch sehr weit innen – zuweilen beinahe als zweiter Stürmer oder als hängender Stürmer schräg hinter Mandžukić. Das bedeutete, dass sich weniger Juve-Wingback Lichtsteiner um den Franzosen zu kümmern hatte, als viel mehr mit Barzagli der rechte Mann in der Dreierkette der Turnier. Weil aber eben Chiellini auf der Robben-Seite gebraucht wurde, stand der Rest der Dreierkette nun jeweils Mann gegen Mann ohne überzähligen Spieler. Was ziemlich massive Wirkung zeigte.

Weil die linke Seite der Bianconeri unter Vollbeschäftigung litt und auf der rechten Seite Lichtsteiner oft nicht so recht wusste, ob er Ribéry nachrennen sollte oder doch lieber auf Alaba aufpasste, war nun plötzlich enorm viel Breite im Spiel der Bayern. Instinktiv wanderten dadurch auch Vidal und Marchisio zurück, womit der ungewohnt abenteuerlustige Luiz Gustavo und der wie immer sehr umsichtige Schweinsteiger viel Platz und wenig Druck hatten. Die vor allem auf die Außenspieler des Juve-Abwehrtrios gut pressenden Hausherren (Ribéry! Mandžukić!) hatten das Spiel nun komplett unter Kontrolle, verpassten es aber, die durchaus möglichen Tore zu machen.

Pirlo neutralisiert, Stürmer eher sinnlos

Hinzu kam, dass die Spezial-Aufgabe gegen Pirlo nicht das extrem präzise Gefühl für Auf- und Zurückrücken sowie für das Bespielen der Räume erfordert, wie die Kroos hat und der mehr über Kampfkraft als über Instinkt kommende Müller weniger. Im Gegenteil: Die Wadlbeißer-Qualitäten von Müller kamen in diesem Spiel im Zentrum gegen Pirlo perfekt zu Geltung, was zur Folge hatte, dass Pirlo so gut wie gar nicht zur Geltung kam.

Was Juventus ausgleichen hätte können, wenn die beiden Stürmer sich nicht gar so passiv angestellt hätten. Matri und Quagliarella waren ihrer Mannschaft nämlich überhaupt keine Hilfe. Weder pressten sie die Bayern-Innenverteidiger Dante und Van Buyten wirkungsvoll an, um ihnen die Luft in der Spieleröffnung zu nehmen. Noch ließen sie sich weit genug zurückfallen, um Schweinsteiger und Luiz Gustavo an der Gestaltung zu hindern. Die Juve-Stürmer trabten nur sinnlos zwischen den Reihen herum, bis sie nach etwa einer Stunde völlig zu Recht per Doppelwechsel vom Spielfeld mussten.

Kurz, nachdem der einmal mehr beeindruckend fleißige Mandžukić einen nur mäßig von Buffon parierten Schuss von Luiz Gustavo zu Müller querlegte und dieser aus zwei Metern mühelos das 2:0 markierte. Zwar stand Mandžukić zuvor womöglich knapp im Abseits, was aber nichts daran ändert, dass das zweite Bayern-Tor überfällig war und der Spielstand danach Juve immer noch ein wenig schmeichelte.

Umstellungen von Conte

Mit Mirko Vučinić und Sebastian Giovinco kamen nun zwei Spieler, die es gewohnt sind, als hängende Spitze zu agieren. Vor allem Vučinić stellte sich nun Luiz Gustavo deutlich williger in den Weg als Matri zuvor; zudem brachte der Montenegriner lange vermisste Direktheit und Zug zum Tor ins Spiel des italienischen Meisters. Das erforderte auch, dass Lahm wieder aufmerksamer nach hinten zu arbeiten hatte.

Schlussphase
Schlussphase

Eine weitere Umstellung nahm Juve-Coach Conte eine Viertelstunde vor Schluss vor, indem er Pogba statt Peluso brachte und auf ein nicht ganz ausgewogen wirkendes 4-4-2 umstellte. Das bedeutete eine diametrale Änderung von allem, wofür das 3-5-2 in Turiner Interpretation steht: Nun gab es jeweils zwei Flügelspieler, statt nur einen – in der Theorie, denn während Chiellini die Umstellung sichtlich schwer fiel und er sich nicht so recht nach vorne traute, ließ Lichtsteiner die Schnittstelle zu Barzagli durch seine hohe Positionierung weit offen.

Zudem gab es im Zentrum nun nicht mehr einen Taktgeber und zwei Laufwunder, sondern zwei Passspieler und gar keine Läufer mehr. Damit aber konnten die Bayern ihre Überzahl im Zentrum so ausspielen, dass von Pirlo und Pogba keine wirklich gewinnbringenden Pässe kamen.

Diese letzte Umstellung von Conte wirkte schon ein wenig verzweifelt und die Mannschaft wusste auch nicht so wirklich damit umzugehen. Womit sich auch am 0:2 nichts mehr änderte.

Fazit: Juve kam mit Bayern-Adjustierungen nicht klar

Juventus war drauf und dran, das Spiel in die Hand zu nehmen, als die Bayern durch Kroos‘ Verletzung zur entscheidenden Umstellung gezwungen wurden – mit der Juventus sichtlich überfordert war. Vidal und Marchisio hingen zwischen „Hinten helfen“ und „Bayern-Mittelfeld unter Druck setzen“ und machten letztlich beides nicht gut genug. Der einzige Vorwurf, den sich die Bayern gefallen lassen müssen: Nicht den durchaus möglichen und auch durchaus verdienten noch höheren Sieg geschafft zu haben.

Das Zwei-Tore-Defizit lässt gerade noch zu, dass Juventus kleine Hoffnungen haben darf. Dafür muss sich Conte aber mit Sicherheit etwas ziemlich Schräges einfallen lassen, denn mit dem gewohnten 3-5-2 kamen die Bayern gut zurecht. Zudem werden die Münchner von der untypisch italienischen Top-Stimmung in der modernen Juventus-Arena nicht so eingeschüchtert sein wie die meisten Serie-A-Teams.

Es ist also noch nicht der Deckel drauf – frag nach bei Arsenal – aber so gut wie.

(phe)

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Hummels fehlt BVB mehr als Ribéry den Bayern – Münchner siegen 1:0 https://ballverliebt.eu/2013/02/28/hummels-fehlt-bvb-mehr-als-ribery-den-bayern-munchner-siegen-10/ https://ballverliebt.eu/2013/02/28/hummels-fehlt-bvb-mehr-als-ribery-den-bayern-munchner-siegen-10/#comments Wed, 27 Feb 2013 23:16:41 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8411 Hummels fehlt BVB mehr als Ribéry den Bayern – Münchner siegen 1:0 weiterlesen ]]> Extreme Intensität, hohes Tempo, dabei aber fast immer fair und respektvoll geführt: Genau so soll ein echtes Spitzenspiel sein. Im Pokal-Viertelfinale behielten die Bayern mit 1:0 die Überhand, weil man das fehlen eines eigenen Schlüsselspielers besser kaschieren konnte als es Dortmund mit dem Fehlen einer eigenen Stütze konnte. Ohne Hummels fehlte dem BVB das schnelle Umschalten aus dem Rückraum. Und letztlich auch die Mittel, um gegen das proaktive Verteidigen des Bayern-Mittelfelds anzukommen.

Bayern München - Borussia Dortmund 1:0 (1:0)
Bayern München – Borussia Dortmund 1:0 (1:0)

Wie schon beim 1:1 in der Bundesliga im Herbst stellte Jürgen Klopp ein 4-3-3 auf das Feld; im Mittelfeld-Zentrum wurde Sechser Sven Bender von Kevin Großkreutz (halblinks) und Ilkay Gündogan (halbrechts) flankiert. Aus diesem Trio rückte immer einer auf, wenn die Bayern von hinten das Spiel eröffnen wollten – zumiest war das Gündogan – während die anderen zwei absicherten. Ansonsten verschoben die drei im Verbund, aber sie ließen in ihrem Rücken etwas zu viel Raum.

Damit ergab sich bei den Bayern immer wieder die Gelegenheit, mit längeren Pässen zur Seitenverlagerung in die freien Räume im Rücken des Mittelfeld-Trios zu gelangen. Diese Pässe kamen mit schöner Regelmäßigkeit auch an, jedoch fehlte es dann am Tempo-Aufbau gegen die Dortmunder Viererkette. Außerdem schafften es die drei auch nicht, Toni Kroos wie gewünscht aus dem Spiel zu nehmen. Die extreme Flexibilität und die hohe Spielintelligenz von Kroos ermöglichte es dem Bayern-Zehner, immer wieder anspielbar zu sein.

Die Bayern ohne Ribéry

Die größte Änderung zum gewohnten Spiel der Bayern war das Fehlen des gesperrten Franck Ribéry. Statt dem Franzosen rückte Arjen Robben auf die linke Seite vor David Alaba. Es wurde aber sehr schnell sehr deutlich, dass dem Österreicher mit Robben jenes blinde Verständnis fehlt, dass er mit Ribéry hat. Alaba schien nie so recht zu wissen, was Robben vorhat, und so traute er sich auch nicht, konsequent nach vorne zu gehen – obwohl ihm das wiederholt von Schweinsteiger aufgetragen wurde und dieser sich auch oft als De-facto-Linksverteidiger positionierte, um Alaba zum Aufrücken zu ermutigen.

Andererseits aber war Robben in der ersten Hälfte von Defensiv-Aufgaben weitgehend entbunden. Da kümmerte sich Alaba natürlich um Götze und Schweinsteiger um Piszczek, wenn der ungewohnt zurückhaltende Pole doch einmal die Mittellinie überquerte. Wie überhaupt die Dortmunder Außenverteidiger vornehmlich auf Robben und Müller aufpassten, anstatt selbst nach vorne zu marschieren. Womit das Spiel der Borussia ziemlich eng wurde und es nicht gelang, selbst auf konstanter Basis sinnvolle Angriffe zu kreieren.

Dennoch: Die linke Bayern-Seite war nicht so auffällig wie sonst, weshalb mehr Verantwortung auf die Mitte zukam – die Klopp eigentlich zugestellt haben wollte. Weil Schweinsteiger diesmal den tieferen Part im Zentrum übernahm, war Javi Martínez nach vorne deutlich vitaler als etwa zuletzt beim 6:1 über Bremen. Dort hatte sich der Baske darauf beschränkt, kräfteschonend im Mittelkreis herumzutraben, weil er nach hinten nicht gefordert und nach vorne nicht gebraucht wurde. Diesmal aber war Martínez sehr aktiv nach vorne und unterstützte vor allem Müller und Lahm, wo es möglich war, und er ging auch keinem Zweikampf aus dem Weg.

Dortmund ohne Hummels

Ein extrem wichtiger Faktor, warum es den Bayern trotz des Dortmunder Mittelfeld-Trios gelang, sich durch das Zentrum zu spielen, war – neben der extremen Ballsicherheit vor allem unter dem Druck des Dortmunder Pressing und auch in personeller Unterzahl auf engem Raum – das krankheitsbedingte Fehlen von BVB-Innenverteidiger Mats Hummels. Was das Antizipieren von Spielsituationen und das perfekt getimte Herausrücken aus der Kette zum Abfangen von Pässen und dem daraus folgenden gleichzeitigen Umschalten auf Offensive angeht, gibt es weltweit kaum bessere Verteidiger als Hummels.

Diese Gabe hat sein Ersatzmann Felipe Santana nicht einmal im Ansatz. Damit fehlte den Borussen genau jene Präsenz vor der Abwehrkette, die sie normalerweise auszeichnet und so war es den Bayern auch möglich, vor der Viererkette zu agieren, ohne Angst haben zu müssen, dass Hummels einen Ball abfängt und die Münchner auf dem falschen Fuß erwischt. Letztlich war es, neben einem Fehler von Schmelzer, vor allem auch ein allzu Zögerliches Herausrücken von Santana, das Robben kurz vor der Pause das verdiente 1:0 ermöglichte.

Gastgeber im Halten-Modus

Ab ca. 60. Minute
Ab ca. 60. Minute

Was Heynckes in der zweiten Halbzeit mit der Besetzung seiner Positionen angeht, war eher ungewöhnlich. Weniger, dass zu Beginn der Hälfte Robben und Müller ihre Seiten tauschten – Robben war sehr zentral unterwegs und die Abstimmung mit Alaba klappte überhaupt nicht – und Mandzukic praktisch mit Robben die Seite wechselte, zu der er von der Spitze aus eher tendierte.

Viel mehr aber, als nach rund einer Stunde Mandzukic auf der rechten Flügel ging, währen Robben wieder nach links ging und – vor allem – Kroos und Müller die Spitzen gaben. Die aber eigentlich die vordersten Verteidiger waren, denn die Bayern schalteten nun um in den Halten-Modus. Der aber eben nicht darin bestand, sich tief zu stellen und abzuwarten, sondern einen sehr proaktiven Ansatz besaß.

Das hieß: Mandzukic und Robben relativ tief gegen die nun doch aufrückenden Schmelzer und Piszczek mit dem Versuch, die beiden mit Technik, Wendigkeit und schnellem Umschalten zu zermürben. Dazu Kroos und Müller, die es der Innenverteidigung erschwerten, den ersten Pass zu spielen. Und mit dem Duo Schweinsteiger/Martinez, das sehr hoch stand – teilweise deutlich höher als Mandzukic und Robben auf den Flügeln – und gemeinsam mit Kroos und Müller verhinderte, dass Dortmund Dreiecke aufgebaut bekam.

Klopp merkt: Spielerisch wird’s nichts

Das sah so aus, dass einer auf den Ballführenden presste, während die anderen die Passwege zustellten. Das ist, wenn es schief geht, extrem gefährlich, weil sich hinter den attackierenden Spielern Räume ergeben. Hin und wieder schaffte es Dortmund auch, vor die Viererkette der Bayern zu kommen, aber Van Buyten und vor allem Dante brachten immer ein Bein dazwischen. Zumeist aber verendeten Dortmunder Angriffsversuche schon an der Mittellinie, weil es nicht gelang, mehrere Anspiele hintereinander an den Mann zu bringen.

Weil Klopp merkte, dass seine Mannschaft mit spielerischen Mitteln nicht zu einem Torerfolg kommen würde, packte er in der unmittelbaren Schlussphase die Brechstange aus und brachte statt Reus – der die zuweilen auftretenden defensiven Unachtsamkeiten von Lahm nicht nützen konnte – Stoßstürmer Julian Schieber. Mit der Ordnung im Spiel der Dortmunder war es nun dahin, und echte Torgefahr konnten sich damit auch nicht mehr aufbauen. Weshalb die Bayern verdient 1:0 gewannen.

Fazit: Vor allem im Mittelfeld Bayern überlegen

Inwieweit man diesen 1:0-Sieg der Bayern als echte Trendwende ansehen kann, ist Ansichtssache. Dieses Spiel wurde auch dadurch charaktierisiert, welches Team mit dem Ausfall eines wichtigen Spielern besser zurecht kam, und es lässt sich konstatieren, dass den Dortmundern Hummels mehr fehlte als Ribéry den Bayern – wiewohl den Münchnern ohne die gemeinsame Achse Alaba/Ribéry doch einiges abgeht.

Außer Frage steht aber, dass die Bayern in dieser Saison deutlich konstanter spielen als die Dortmunder und in diesem Spiel das erste Mal seit längerem der Borussia auch inhaltlich überlegen waren. Zumindest national gehört diese Saison eindeutig den Bayern, vor allem, weil sie so stark in der Defensive sind. Das hat nicht nur mit einem Dante in einer Gala-Saison zu tun, sondern vor allem mit dem Mittelfeld. Der Ansatz, mit eigener Initiative den Gegner schon im Mittelfeld defensiv zu begegnen, zog Dortmund den Zahn.

Vor allem Schweinsteiger und Martínez taten sich dabei hervor. Wahrscheinlich bilden die beiden das derzeit beste Sechser/Achter-Duo Europas.

(phe)

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