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]]>Das darf man bei dem Turnier nicht vergessen.
Vier potenzielle Halbfinalisten alle in einer Gruppe – das ist fies, für die Beteiligten. Klarer Favorit in dieser Gruppe C ist Algerien. Schon bei der WM haben die Wüstenfüchse den stabilsten Eindruck hinterlassen, sowohl auf dem Feld als auch hinter den Kulissen. Christian Gourcuff, der nach der WM das Amt des Teamchefs von Vahid Halilhodzic übernommen hat, führt die hervorragende Arbeit seines Vorgängers recht nahtlos weiter und veränderte auch personell wenig.
Vor zwei Jahren spielte Algerien beim Afrikacup einen sehr gepflegten Fußball, aber schoss keine Tore. Dieses Manko wurde bei der WM behoben, und nach dem überzeugenden Sieg gegen Südkorea und dem großartigen Auftritt im Achtelfinale gegen Deutschland strotzt das Team auch nur so vor Selbstvertrauen. Zudem ist die algerische Mannschaft so ausgeglichen gut besetzt wie kaum ein anderer Teilnehmer. Mit M’Bolhi (Philadelphia) einen für afrikanische Verhältnisse sehr soliden Torhüter. Mit Ghoulam (Napoli) und Mandi (Reims) gute Außenverteidiger, mit den Routiniers Halliche und Bougherra eine sichere Innenverteidigung. Bentaleb (Tottenham) und Lacen (Getafe) bilden ein gutes zentrales Gespann, Feghouli ist bei Valencia absoluter Leistungsträger, Brahimi (Sporting) und Slimani (Porto) spielten starke Spiele in der Champions League.
Nur die Geographie spricht gegen Algerien: Zum einen wurde praktisch nie ein Maghreb-Team südlich der Sahara Champions, zum anderen fehlt es an der Publikums-Unterstützung, die es in Marokko gegeben hätte.
Ghana hätte grundsätzlich auch seit Jahren das Potenzial für den großen Wurf, scheitert aber regelmäßig mehr an sich selbst als an den Gegnern. Wer auch immer gerade Teamchef war – und von denen gab es in den letzten Jahren alarmierend viele – schaffte es nicht, eine echte Einheit zwischen sich, dem Team (das auch untereinander) und dem Verband zu schaffen. Avraam Grant ist nun auch schon der zweite Trainer seit der WM, bei der man so ziemlich alles verkehrt machte, was man verkehrt machen kann, und dennoch beinahe ins Achtelfinale eingezogen wäre – in einer echt nicht leichten Gruppe.
Die Stärken und Schwächen sind altbekannt. Die Abwehr ist solide, aber der Torhüter ist ein gigantisches Problem. Das Zusammenspiel nach vorne ist grundsätzlich gut, aber Kapitän Asamoah Gyan braucht einfach viel zu viele Chancen. Dazu gibt es seit Jahren immer wieder Kandidaten, denen im Zweifel ihr Ego vor dem Team geht – Gyan ist da oft ganz vorne dabei, auch die Ayew-Brüder sind als problematisch bekannt. Immerhin hat Grant auf notorische Unruhestifter wie Sulley Muntari und Kevin-Prince Boateng verzichtet.
Auf dem Papier sollten Algerien und Ghana durchgehen, aber auch Südafrika sollte man nicht unterschätzen. Nach dem Heim-WM 2010, bei der man überfordert war und dem erschreckenden Auftritt beim Heim-Afrikacup 2013 scheint man nun unter Ephraim „Shakes“ Mashaba – der im Sommer Ex-Admira-Kicker Gordon Igesund abgelöst hat – die Kurve bekommen zu haben. Unter Mashaba ist eine klare taktische Marschrichtung zu erkennen, die unter Igesund völlig fehlte.
Das Spiel der Bafana Bafana unter Mashaba ist ballbesitzorientiert. Die aufrückenden Außenverteidiger sorgen für die Breite im Spiel, während die Mittelfeld-Außen Manyisa (Orlando Pirates) und Masango (Kaizer Chiefs) nach innen rücken. Der bullige Tokelo Rantie (vom englischen Zweitligist Bournemouth) bearbeitet vorne den Strafraum, während sein fast zierlicher Sturmpartner Bongani Ndulula (AmaZulu) um ihn herum wuselt.
Was Südafrika aber auf den Kopf fallen könnte, ist die fehlende individuelle Klasse. Der Großteil der Mannschaft rekrutiert sich zwar weiterhin aus der selbst im afrikanischen Vergleich wertlosen südafrikanischen Liga und viele Resultate in der Qualifikation waren knappe, erkämpfte Arbeitssiege. Aber immerhin sehen die Beobachter in Südafrika nach einer langen Dürreperiode wieder so etwas wie Hoffnung.
Die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden beim Senegal ruhen zu einem beträchtlichen Teil auf Sadio Mané. Der Ex-Salzburger, der ein wesentlicher Bestandteil des Premier-League-Wunders von Southampton ist, meldete sich nun doch trotz einer Wadenverletzung fit.
Unter Teamchef Alain Giresse, der vor drei Jahren Mali auf den dritten Rang geführt hat, setzte in der Qualifikation auf ein 3-4-1-2, in dem Mané hinter den beiden Spitzen spielt. Überhaupt ist es beim Senegal schon lange so, dass es eine große Auswahl an Offensiv-Optionen gibt, aber der Rest der Mannschaft nicht so prominent besetzt ist. Die Dreierkette ist in der Regel mit Sané (Bordeaux), Mbodji (Genk) und Djilobodji (Nantes) besetzt, davor bilden Gueye (Lille) und Kouyaté (der bei West Ham eine großartige Saison spielt) die Basis im Mittelfeld. Die Außenbahnen gehören M’Bengue (Rennes) und Badji (Brann Bergen).
Wie es den individuellen Stärken der Mannschaft entspricht, legt der Senegal gerne den Vorwärtsgang ein. Ob das Team als Ganzes stark genug ist, um an die großen Erfolge vor zehn, fünfzehn Jahren anzuschließen – als man im WM-Viertelfinale und im Afrikacup-Finale stand – ist auch angesichts der harten Gruppe aber fraglich.
In der Gruppe D treffen zumindest zwei nominelle afrikanische Schwergewichte aufeinander. Gespannt darf man vor allem auf den Kamerun sein. Denn nach der unfassbar peinlichen WM, als weder intern (Grüppchenbildung, Streit um die Prämien, in Frage gestellte Autorität des Trainers) noch auf dem Feld (viel zu passiv, viel zu undiszipliniert) auch nur irgendetwas stimmte, hat Volker Finke das Team nun doch in den Griff bekommen.
Das Samuel Eto’o sein krankhaftes Ego in den Mittelpunkt stellt, dass Alex Song Gegenspielern über das halbe Feld nachrennt nur um ihnen einen Faustschlag in den Rücken zu verpassen, dass Benoit Assou-Ekotto während des Spiels Mitspieler watscht – all das gibt es nun nicht mehr, weil keiner der drei Dickköpfe mehr dabei ist. Stattdessen hat Finke, wie schon einst in Freiburg, die Pressing-Maschine angeworfen. Stéphane Mbia, Europa-League-Sieger von Sevilla, hat er dabei vom Mittelfeld in die Verteidigung zurückgezogen.
Die Abwehr, seit Längerem schon ein besonderes kamerunisches Sorgenkind, soll dank der extrem proaktiven Spielweise gar nicht erst groß gefordert werden. Dazu beteuern die Spieler, die Lektionen gelernt zu haben – zum einen aus dem eigenen, regelmäßigen An-sich-selbst-Scheitern der Ära Eto’o, zum anderen aus den Titelgewinnen von Sambia 2012 und von Nigeria 2013. Beide waren ja jeweils als geschlossene Einheit und mit Ruhe im Kader Afrikacup-Sieger geworden.
Stichwort Sambia: Dort führte ja Hervé Renard die Chupolopolo vor drei Jahren zum sensationellen Turniersieg. Der blode Franzose mit der Vorliebe für weiße Hemden wurde nun vom ivorischen Verband verpflichtet, um nach dem Team-Rücktritt von Didier Drogba den Umbruch einzuleiten und gleichzeitig möglichst jenen Titel zu holen, der in den letzten zehn Jahren mit bemerkenswerter Konsequenz stets verpasst wurde.
Nun ist Yaya Touré der unumstrittene Boss im Team. Wie schon bei der WM wird Wilfried Bony, einer der beständigsten und besten Premier-League-Stürmer des letzten Jahres (und daher von Swansea zu Man City wechseln wird), Drogbas Rolle als Sturmspitze übernehmen. Genügend Talent für ein gutes Abschneiden ist immer noch da, dazu sind die Ivorer fast schon traditionell das wohl körperlich robusteste Team des Kontinents. Aber es fehlt ein wenig an der Ausgeglichenkeit im Kader: Die Außenverteidiger Tiene (Montpellier) und Aurier (hin und wieder bei PSG im Einsatz) sind keine echten Topleute, Kolo Touré (Liverpool) wird immer langsamer und sein IV-Partner Viera (Rizespor) hat kaum Erfahrung. Die Position neben Newcastles Tioté ist nur mit Notlösungen bestückt, egal ob Diomandé (St. Etienne), Serey-Dié (bei Basel am Abstellgleis) oder Doukouré (Metz) spielt.
Schon in der Quali bekam man es mit Kamerun zu tun, verlor auswärts 1:4 und kam daheim nicht über ein 0:0 hinaus.
Dass das Viertelfinale das absolute Minimal-Ziel ist, ist klar – daran darf auch Mali nichts ändern. Mit Altstar Keita (Roma), Linksaußen Maiga (Metz) und Linksverteidiger Tamboura (Randers) gibt es einzelne Spieler von guter Qualität, für das Viertelfinale ist es aber wohl zu wenig – wiewohl man nicht außer Acht lassen darf, dass Mali zuletzt fast immer über den Erwartungen blieb. Die letzten zwei Afrikacups schloss Mali jeweils auf dem dritten Platz ab. Mit Kadern, die auf dem Papier kaum über die Gruppenphase hinauskommen hätte sollen.
Guinea, wie schon 2012 vom Franzosen Michel Dussuyer betreut, kommt mit nur einem einzigen Spieler zum Turnier, der halbwegs regelmäßig in einer guten Mannschaft einer starken Liga spielt – Ibrahima Traoré von Borussia Mönchengladbach. Auch der Salzburg-Legionär Naby Keita ist dabei und Ex-Milan-Linksverteidiger Kevin Constant (Trabzonspor). Für diese Truppe wäre jeder Punktgewinn ein schöner Erfolg. Das Viertelfinale ist Utopie.
Überraschender Finalist vor zwei Jahren war die Mannschaft aus Burkina Faso mit ihrem umstrittenen belgischen Teamchef Paul Put, der wegen eines Manipulations-Skandals aus seiner Heimat geflüchtet war. Er hatte dem Underdog eine klare, erfolgreiche, aber auch nicht besonders aufregende taktische Marschroute verpasst, die diese mit großem Erfolg umsetzte. Nach dem Finale 2013 schrammte man nur knapp an einer WM-Teilnahme vorbei, scheiterte haarscharf an Algerien.
Das Mittelfeld-Zentrum mit Djakaridja Koné (Evian) und Kaboré (Kuban Krasnodar) agiert sehr defensiv, schirmt die Abwehr mit Kapitän Bakary Koné (Lyon) und Yago (Toulouse) zusätzlich ab. Dafür gehen die Außenverteidiger Bambara (U. Cluj) und Koffi (Zamalek Kairo) konsequent mit nach vorne, wo die eher schmächtigen Pitroipa (früher Freiburg, HSV und Rennes, jetzt Al-Jazira in Abu Dhabi) und Zongo (Almería) zwei eher schmächtige Wusler von Außen gerne nach innen ziehen. Als hängende Spitze agiert Alain Traoré (Lorient), vorne streiten sich der jähzornige Schlacks Bancé (mittlerweile bei HJK Helsinki) und der Admiraner Issiaka Ouedraogo um den Startplatz.
Die Kaderqualität reicht normalerweise bestenfalls für das Viertelfinale. Aber erstens war das vor zwei Jahren auch schon so, und zweitens ist man in einer recht leichten Gruppe gelandet.
Obwohl da auch der unverhoffte Gastgeber wartet. Dass Äquatorialguinea mit den eigenen Fans im Rücken zu einigem fähig ist, hat der Viertelfinal-Einzug beim Heim-Afrikacup vor drei Jahren gezeigt. Aber, mal ehrlich: Eine Ansammlung aus Kickern von spanischen Nachwuchs- und Amateurliga-Mannschaften, aus den Ligen von Andorra, Malta, Vietnam und Indien – mit Spielmacher Javier Balboa (Estoril) und den Zweitliga-Kickern Nsue (rechte Außenbahn, Middlesbrough) und Randy (linke Außenbahn, Iraklis) gibt es nur drei halbwegs ernst zu nehmende Spieler im Kader. Dazu wurde vor zwei Wochen noch Teamchef Goikoetxea entlassen, der Argentinier Estebán Becker ist kurzfristig eingesprungen.
Deutlich höher ist der andere Co-Gastgeber von 2012, Gabun, einzuschäten. Das Team um Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang hat sich nicht nur auf sportlichem Wege qualifiziert, sondern verfügt auch über einige Spieler, die noch wissen, wie sich ein großes Turnier auf eigenem Boden anfühlt. Die Mittelfeld-Achse mit Poko (Bordeaux) und Madinda (Celta Vigo) war ebenso Teil einer aufregenden Mannschaft wie Innenverteidiger Ecuele-Manga (Cardiff) und der starke Torhüter Didier Ovono (Oostende). Um sie herum hat der portugiesische Teamchef Jorge Costa – der als Spieler beim FC Porto unter Mourinho Champions League und UEFA-Cup gewonnen hat – eine junge Truppe geformt, die ungeschlagen durch die Quali ging. Gruppengegner Burkina Faso wurden dabei vier Punkte abgeknöpft.
Der vierte im Bunde der Gruppe A ist die Mannschaft aus dem Congo. Auf dem Papier kein echter Viertelfinal-Kandidat, aber die No-Name-Truppe von Afrikacup-Veteran Claude le Roy hat in der Qualifikation Nigeria hinter sich gelassen. Die prominenteste Spieler im Kader sind Sechser Delvin N’Dinga, der 2007 bei der U-20-WM gegen Österreich spielte und später für Auxerre und Olympiakos in der Champions League aktiv war, und Thievy Biefouma von Primera-Division-Klub Almería.
Ähnlich wie bei Südafrika spielt auch der Großteil des tunesischen Kaders in der heimischen Liga. Der Unterschied zur Bafana Bafana: Die Liga der Adler von Karthago ist tatsächlich halbwegs stark. Das hat sich seit dem letzten Afrikacup, der für Tunesien mit einem verdienten Vorrunden-Aus geendet hat, nicht verändert.
Sehr wohl verändert hat der Belgier George Leekens, der den etwas überforderten Sami Trabelsi ablöste, aber den Kader. Mit Abwehrchef Aymen Abdennour (Monaco) und Flügelspieler Youssef Msakni (Lekhwiya in Katar) sind nur zwei Stammspieler von 2013 auch jetzt in der engeren Auswahl, mit Torhüter Mathlouthi (ES Sáhel) und Spielmacher Yassine Chikhaoui (FC Zürich) gibt es nur zwei weitere, die schon länger im Kreis der Nationalmannschaft sind. Aber bei allem Talent im Vorwärtsgang ist das Toreschießen selbst das wohl größte Problem Tunesiens. Das war schon vor zwei Jahren so, und auch den Viertelfinal-Einzug 2012 hatte man eher der individuellen Klasse von Msakni und Bilel Ifa (der Rechtsverteidiger ist nicht mehr dabei) zu verdanken.
Dennoch ist Tunesien ein nicht zu unterschätzender Underdog und zudem ist der Verband – als einer der wenigen in Afrika – nicht dafür berüchtigt, „poorly run“ zu sein.
Der vermutlich härteste Gegner dürfte die Mannschaft aus Kap Verde werden. Das Team von der Inselgruppe profitierte in den letzten Jahren von ausgezeichnetem Scouting nach irischem Vorbild (viele Portugiesen mit kapverdischen Wurzeln wurden eingebürgert) und von der hervorragenden Arbeit von Luis Antunes. Der ehemalige Teamchef nahm vor einem Jahr ein lukratives Angebot aus der angolanischen Liga an, sein Nachfolger Rui Aguas war klug genug, nicht alles über den Haufen zu werfen.
Bis auf den zurückgetretenen Innenverteidiger Nando Neves kommt Kap Verde mit der gleichen Besetzung an wie vor zwei Jahren, als man im Viertelfinale als klar überlegenes Team unglücklich gegen Ghana verlor. Man setzt auf ein 4-3-3 mit spielintelligenten Stürmern, die sich darin verstehen, die Spieleröffnung des Gegners zu kappen. Technisch ist man sowieso auf der Höhe und man kann auch einige Spieler aus guten Teams in guten Ligen aufbieten. So etwa Flügelstürmer Ryan Mendes (Lille), Stürmer Heldon (Sporting Lissabon), Achter Babanco (Estoril) oder Angreifer Djaniny (Santos Laguna in Mexiko). Das Viertelfinale ist absolut möglich, auch ein Halbfinal-Einzug ist absolut im Bereich des Möglichen.
Das ist es für Sambia so gut wie sicher nicht. Der Überraschungs-Titelträger von 2012 ist vor zwei Jahren mit dem Vorrunden-Aus auf dem Boden der Realität gelandet, auch Erfolgstrainer Hervé Renard ist nicht mehr mit an Bord. Der Nukleus des Meister-Kaders ist zwar immer noch dabei, aber der Überraschungs-Effekt ist längst weg. Die Gegner wissen, wie man den Sambiern beikommt – indem man ihnen den Ball gibt, nämlich. Wenn Sambia flink umschalten und kontern kann, sind die Chupolopolo gefährlich. Diesen Gefallen wird ihnen aber vor allem Kap Verde im wahrscheinlichen Schlüsselspiel um den Viertelfinal-Einzug nicht machen.
Grundsätzliche Qualität hätte auch die DR Kongo zu bieten, hier ist es aber wiederum ein heilloser Verband, der viel kaputt macht. 2013 war der damalige Teamchef Le Roy sogar drei Tage vorm Turnierstart entnervt zurückgetreten, konnte dann aber zum Bleiben überredet werden. Der aktuelle Trainer Florent Ibengé – einer von nur drei afrikanischen Trainern neben Südafrikas Mashaba und Sambias Honour Janza – kann aber eben durchaus auf Qualität zurückgreifen. Zum einen vom afrikanischen CL-Finalisten Vita Club, den Ibengé ebenfalls trainiert, zum anderen auf Europa-Legionäre wie die Stürmer Dieumerci Mbokani (Dynamo Kiew) und Yannick Bolasie (Crystal Palace), Achter Youssouf Mulumbu (West Bromwich) und dem hochtalentierten Innenverteidiger Mangulu Mbemba (Anderlecht).
Es ist dies die bereits 30. Auflage des Turniers, zum zweiten Mal nach 2012 (als mal Co-Gastgeber neben Gabun war) ist Äquatorialguinea der Austragungsort. Rekordsieger ist Ägypten mit sieben Triumphen, aber nach dem Titel-Hattick 2006, 2008 und 2010 unter dem legendären Hasan Shehata gab’s nun den Nicht-Qualifikations-Hattick – kein Ruhmesblatt.
Aber auch Titelverteidiger und WM-Achtelfinalist Nigeria hat sich nicht qualifiziert, weil man – wie nicht anders zu erwarten war – nach dem Abgang von Teamchef Stephen Keshi, der den Laden halbwegs zusammen gehalten hat, alles wieder im puren Chaos versank. Auch Angola – ein Land mit reicher Liga und unzulänglichen Strukturen – hat den Cut nach fünf Teilnahmen en suite nicht geschafft. Dabei hatte man sich selbst als aufstrebende Fußball-Macht betrachtet.
Das war aber eher starken Trainern zu verdanken, die ein funktionierendes Team formten und das Chaos im Umfeld abzuschirmen versuchten. Aber keiner generellen Trendwende.
Die rühmliche Ausnahme bildete ausgerechnet jenes Team aus dem afrikansichen Quartett, von dem man sich m Vorfeld am wenigsten erwartet hatte. Weil es sich in der Quali extrem schwer tat und es jenes Team ist, von dem einem die wenigsten Spieler geläufig sind. Aber schon in unserer Abschluss-Analyse nach dem letzten Afrika-Cup sagten wir nach dem algerischen Vorrunden-Aus
„Algerien machte schon ziemlich viel richtig. Ein gutklassiger Kader mit vielen Spielern aus europäischen Top-Ligen, mit Vahid Halilhodzic ein guter Teamchef. Dazu eine aktive Spielanlage und das Bemühen, das Spiel selbst zu gestalten. Aber halt keinen, der die Tore schießt. Bis auf die Stürmerposition hat man einen deutlich besseren Fußball gezeigt hatte als zumindest vier der Viertelfinalisten.“
Was soll man sagen: Nun fielen auch die Tore. Obwohl es nicht so gut begann, mit einer für Halilhodzic ungewöhnlich defensiven Herangehensweise gegen Belgien, die am Ende auch bestraft wurde und die ihm heftige Kritik einbrachte. Die algerische Öffentlichkeit verlangte fliegende Fahnen, der Verband entschloss sich nach diesem Spiel, nach der WM nicht mit Halilhodzic weiterzumachen. Der einzige Unruheherd bei den Wüstenfüchsen – und nichts, was es in ähnlicher Form nicht auch außerhalb Afrikas gäbe.
Zumal Algerien dann gegen Südkorea alles auspackte, was man kann. Exzellente Technik, flinke Spieler, eine aktive Spielanlage und erstaunlicherweise auch sehr guter Abschluss. Wie überhaupt es Halilhodzic exzellent verstand, seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner einzustellen. Dazu passte das Teamgefüge, keiner der vermeintlichen Stars scherte aus, jeder stellte sich immer voll und ganz in den Dienst der Mannschaft. Der erstmalige Achtelfinal-Einzug war der verdiente Lohn.
Und auch die Deutschen irritierte man völlig. Man kappte das schnelle Passspiel mit geschickten, kurzen Pressingläufen, zog das funktionierende Konzept eisenhart durch und wurde am Ende nur von einem praktisch nicht zu verteidigenden Geniestreich von André Schürrle geschlagen.
Wie sehr es im Team stimmt und wie gut die Spieler das Erreichte einordnen können, wurde nach dem Achtelfinale klar: Alle herzten ihren scheidenden Teamchef und auch im den Interviews überwog der Stolz über die großartige WM schon der Enttäuschung über das knappe Aus.
Mit Afrikameister Nigeria schaffte es noch ein weiteres CAF-Team über die Gruppenphase hinaus. Ganz ähnlich wie bei Algerien ist auch bei den Super Eagles ein überwiegend junger Kader unterwegs, in dem die Stinkstiefel aussortiert wurden (wie Taye Taiwo) oder erfolgreich ins Teamgefüge integriert (Yobo, Odemwingie). Der Grund dafür, dass das klappte, hat einen Namen: Stephen Keshi.
Denn was hinter den Kulissen passierte, spottete mal wieder jeder Beschreibung. Da boykottierten die Spieler das Training, weil sie die Achtelfinal-Prämien sofort haben wollten – aus alter Erfahrung, weil sie wussten, dass sie der Verband sonst einbehält. Am Ende zahlte der Staatspräsident und die offizielle FIFA-Prämien werden mal wieder in den Kassen der Funktionäre verschwinden. Keshi ist den Verbands-Oberen schon lange ein Dorn im Auge, weil er nicht, so wie andere einheimische Trainer in der Vergangenheit, kuschte – sondern jeden Missstand offen ansprach und anprangerte. Nur der Erfolg bewahrte dem unbequemen Keshi vor seiner Entlassung.
Dass er nun, nach einem schönen Erfolg – und das ist das Erreichen des Achtelfinals in jedem Fall – selbst den Hut nimmt, ist nur konsequent. Wie schon beim Triumph beim Afrika-Cup war die Spielanlage eher reaktiv und fußte auf schnelles Umschalten, gute Versorgung der Flügel und das Spiel aus einer guten Defensive heraus. Das geht, weil Vincent Enyeama (seinen Fehlern im Achtelfinale gegen Frankreich zum Trotz) ein Torhüter auf hohem internationalen Niveau ist und weil der alte Yobo den früh verletzten Godfrey Oboabona umsichtig ersetzte.
Nur gegen den sehr destruktiven Iran, als man gezwungen war, das Spiel selbst zu gestalten, agierte man etwas hilflos.
Aber sonst war das sehr okay. Auch das Fehlen von Stamm-Linksverteidiger Elderson Echiejile fiel nicht so sehr ins Gewicht, weil Juwon Oshaniwa einen guten Job machte. Der einzige, der wirklich abfiel, war John Obi Mikel: Der Mann von Chelsea spielte ein fürchterliches Turnier, produzierte Fehlpässe am laufenden Band, brachte nach vorne überhaupt nichts und war nach hinten zuweilen ein ziemliches Risiko.
Wie die Zukunftsprognose für Nigeria aussieht, hängt davon ab, ob es wieder einen ähnlich starken Charakter auf der Trainerbank geben wird wie Stephen Keshi. Das Talent, in den nächsten Jahren noch einiges zu erreichen, hat der ausgesprochen junge Kader allemal.
Wie man den nigerianischen Verband kennt, wird sich dieser aber davor hüten, wieder einen starken Mann zu installieren, der sich so bedingungslos vor die Mannschaft stellt. Ist schlecht fürs Geschäft.
Mit einem unglaublich dämlichen Elfmeter in der Nachspielzeit der letzten Gruppenpartie verdaddelten die Ivorer ihren sicher scheinenden Platz in der Runde der letzten 16. Was aber eigentlich wieder nur perfekt in die jüngere Geschichte der „Elefanten“ passt. Die fraglos talentierteste Ansammlung von Spielern in der Geschichte des ivorischen Fußballs hat noch immer einen Weg gefunden, grandios zu scheitern.
Statt seit dem Durchbruch von Didier Drogba, den Touré-Brüdern so um 2004 herum einen Afrika-Titel nach dem anderen einzusacken und bei einer WM mal zumindest ins Viertelfinale zu kommen, stehen nun drei Vorrunden-Ausscheiden und kein einziger Afrika-Titel zu Buche.
Dabei hatte man auch diesmal alles in der eigenen Hand, hätte die nötige Qualität dazu gehabt und auch der Verband ist einer der besonneneren am afrikanischen Kontinent – er hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als man etwa nach dem Viertelfinal-Aus im Afrikacup 2010 Vahid Halilhodzic in einer Panik-Aktion feuerte und Sven-Göran Eriksson, der das Teamgefüge nicht kannte, bei der WM ohne Chance war.
Nein, man hielt gegen die massive Kritik von Fans und Medien nach dem letzten Kontinental-Turnier an Sabri Lamouchi fest und versuchte, Ruhe und Geschlossenheit zu demonstrieren. Durchaus nicht un-erfolgreich. Lamouchi traute sich, den schon deutlich altersmüden Drogba auf die Joker-Rolle zu degradieren, sein „Ersatz“ Bony gab ihm mit zwei Toren in den drei Spielen auch durchaus recht.
Mit Serge Aurier hatte man einen der besseren Rechtsverteidiger im Turnier, mit Barry einen der bessern afrikanischen Torhüter. Auch abseits des Platzes machte man einen durchaus geschlossenen Eindruck. Und trotzdem hat es wieder nicht funktioniert.
Schön langsam gehen einem da die Erklärungen aus.
Vor vier Jahren waren die Black Stars nur eine von Luis Suárez‘ mittlerweile bedenklich vielen unsportlichen Aktionen bzw. einen verwandelten Elfmeter vom Halbfinale entfernt. Schlechter ist die Mannschaft, rein vom Potenzial her, seit dem Turnier in Südafrika nicht geworden. Aber Teamchef James Kwesi Appiah hat genau das, was sein nigerianischer Kollege Keshi geschafft hat, nicht auf die Reihe bekommen: Er verzichtete nicht auf die Stinkstiefel.
Ganz im Gegenteil: Mit der Nominierung des als äußerst schwierig bekannten Kevin-Prince Boateng – der seit der letzten WM ja nie für Ghana gespielt hat – machte sich Appiah ein Fass auf, das meilenweit gegen den Wind nach Fäulnis roch. Eine Entscheidung, die noch seltsamer wird, wenn man bedenkt, dass Appiah den gebürtigen Berliner im ersten Spiel auf die Bank setzte. Ungeschickt. Und zu allem Unglück ging die Partie gegen die USA dann auch noch verloren.
Spätestens da war das Tischtuch zerrissen. Gegen die Deutschen spielte Boateng zwar von Beginn an, wirklich zu funktionieren begann das ghanaische Konzept aber erst, als er wieder ausgewechselt worden war. Vor dem letzten Gruppen-Match gegen Portugal eskalierte der Streit, Boateng und sein Buddy Muntari wurden suspendiert. Und trotz allem Chaos fehlte bis zu zehn Minuten vor Schluss nur ein Tor, um trotz allem das Achtelfinale zu erreichen.
Weil das Konzept und die beteiligten Spieler durchaus gut und interessant waren und von der Raumaufteilung her an jene von Red Bull Salzburg erinnert. Ein Absicherer vor der Abwehr, vier extrem hoch stehende Offensiv-Kräfte und konsequent nach vorne preschende Außenverteidiger. Gegen die USA war man fast 90 Minuten das deutlich dominierende Team, Deutschland hatte man am Rande der Niederlage und gegen Portugal kosteten nur zwei haarsträubende individuelle Fehler den Sieg.
Dumm gelaufen für James Kwesi Appiah. Nicht seine taktischen Entscheidungen kosteten die nächste Runde, sondern seine personellen schon vor dem Turnier. Eine verschenkte Chance.
Er hat um seine Machtlosigkeit gewusst, das war schnell deutlich. Volker Finke wusste, dass er dem Chaos in seiner Mannschaft, in seinem Verband und im ganzen Umfeld hilflos ausgeliefert war. Seine Körpersprache zeigte während des ganzen, für Kamerun einmal mehr sehr kurzen Turniers die innere Emigration, in die sich Finke zurückgezogen hatte. Er ließ die WM über sich ergehen.
Weil Kamerun wie schon in den letzten Jahren in der Geiselhaft von Samuel Eto’o steckt. Egal, wer Trainer ist, egal, wer die Mitspieler sind: Der Rekordtorjäger bestimmt alles und ist der Hauptgrund dafür, dass die „Unzähmbaren Löwen“ tatsächlich unzähmbar sind – für ihre Trainer. Egal, ob die nun Finke heißen, Clemende, Le Guen, Pfister, Haan oder Schäfer. Niemand bekam die Macht eingeräumt, für professionelle Bedingungen zu sorgen. Das war schon vor Eto’o so und hat sich mit dem Ego-Shooter nur noch verstärkt.
Seit dem Viertelfinal-Einzug 1990 hat Kamerun bei fünf WM-Teilnahmen noch genau ein einziges Spiel gewonnen – 2002 gegen jene verunsicherten Saudis, die ein paar Tage davor 0:8 gegen Deutschland verloren hatten. Bei den letzten beiden Afrika-Meisterschaften war Kamerun nicht mal unter den 16 qualifizierten Teams. Und die WM erreichte man nur, weil Togo keine gelben Karten zusammenzählen konnte.
Und auch auf dem Feld stimmte praktisch gar nichts. Teams von Volker Finke, vor allem jene in Freiburg, waren immer bekannt für eine extrem aktive Spielanlage, für Pressing, für flinke Angriffe und einen guten Teamgeist. All das war bei Kamerun nicht erkennbar.
Gegen Mexiko stand man nur doof in der Gegend herum und übte nicht den geringsten Druck auf den ballführenden Gegner aus. Gegen Kroatien fing man mit dem giftigen Aboubakar statt des verletzten Eto’o vorne zwar vielversprechend an, dafür passte hinten nichts, Song flog mit einer Aktion vom Platz, für die selbst ein Einzeller zu intelligent wäre, und dann gerieten auch noch Benoit Assou-Ekotto und Benjamin Moukandjo aneinander. Gegen Brasilien ging’s nur noch um Schadensbegrenzung.
Kamerun vereinte bei dieser WM (wie auch schon bei der letzten, als man auch alle drei Spiele verlor) alle negativen Klischees über den afrikanischen Fußball. Anzeichen auf Besserung gibt es keine.
Erstmals haben zwei afrikanische Teams das Achtelfinale erreicht und zwei weitere hatten realistische Chancen und hätten es beinahe geschafft. Eine umso erstaunlichere Quote, wenn man bedenkt, wie unglaublich niveaulos der letzte Afrikacup von anderthalb Jahren war. Was aber auch nur zeigt: Das sportliche Potenzial für erfolgreiches Abschneidens auf der großen Bühne wäre ja absolut da, aber immer noch verhindern vor allem Unprofessionalität außerhalb des Platzes gute Resultate.
Das Traurige ist: Selbst das ausgesprochen gute Abschneiden von Algerien, das gute von Nigeria und das Potenzial der Ivorer und von Ghana reicht nicht als Versprechen dafür, dass es jetzt auch gut weitergeht. Nigeria wird vermutlich wieder im Chaos versinken, wenn Keshi nicht mehr Teamchef ist. Bei den Ivorern steht ein Generationswechsel an, bei Ghana gibt es zu viele Egomanen und wie Christian Gourcuff bei Algerien das Werk von Vahid Halilhodzic weiterführt, kann auch keiner beurteilen.
Die Gefahr besteht, dass alles wieder in der Dahinwurschtelei versinkt, auch bei jenen Teams, die eigentlich auf einem guten Weg sind. So etwas wie „benefit of the doubt“ gibt es bei den Erfahrungen, die man mit afrikanischen Teams in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, ja leider nicht.
(phe)
]]>1
Argentinien – Drei sichere Siege verdienen sich natürlich einen Einser, aber wirklich getestet wurden die Gauchos noch nicht. Die dämliche Performance gegen Griechenland könnte heilsam sein, oder ein Vorzeichen.
Chile – Das wohl aufregendste Team der Vorrunde wäre beinahe an seiner mangelhaften Chancenverwertung gescheitert, zieht aber absolut verdient ins Achtelfinale ein. Und auch wenn dort Schluss sein dürfte, es ist ein erfreulicher Auftitt.
Japan – Viel erwartet haben die Japaner selbst nicht, umso mehr haben sie sich selbst und auch die Beobachter erstaunt. Mit klarer taktischer Ausrichtung und hoher Disziplin geht’s zu Recht ins Achtelfinale.
Neuseeland – Die wahre Sensation dieses Turniers! Die All Whites wären schon zufrieden gewesen, nicht allzu sehr verprügelt zu werden. Und am Ende blieben sie sogar ungeschlagen! Das verdient sich einen Einser mit Sternchen.
Niederlande – Die Holländer haben die besten Voraussetzungen für ein ganz großes Turnier: Drei leichte Siege, ohne annähernd an die Grenzen gehen zu müssen, und absolute Ruhe im und um das Team. Heißer Tipp!
Spanien – Es macht wahre Champions aus, im Krisenfall die absolute Ruhe zu bewahren und sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Der Europameister erholte sich wunderbar vom Schweiz-Schock, kam durch und macht vor allem mental einen absolut stabilen Eindruck.
Uruguay – Zugegeben, das ist kein Party-Fußball. Aber die Urus machten in der Defensive staubtrocken ihren Job und vorne schlagen Forlán und Co. zu, wenn es nötig ist. Da ist noch einiges möglich.
2
Brasilien – Ohne Probleme die schwere Gruppe überstanden, aber noch nicht begeisternd: Die Seleção musste noch nicht ihre volles Potential ausschöpfen. Es sah bislang aber schon recht abgebrüht aus.
Deutschland – Die junge Truppe zeigte sich spielstark und behielt vor allem die Nerven, als es zum Alles-oder-Nichts-Spiel kam. Die Pleite gegen die Serben hat man sich selbst zuzuschreiben. Für den ganz großen Wurf wird es aber nicht reichen.
Mexiko – Den Franzosen haben sie eine Lehrstunde erteilt, die Mexikaner, die anderen beiden Spiele waren ebenfalls in Ordnung. Aber das letzte Stück zu einem Topteam fehlt dann doch noch.
Slowenien – Ohne Zweifel, die Ergebnisse waren besser als die Leistung tatsächlich war. Dennoch zeigten die Slowenen, dass ihre Qualifikation kein Zufall war, und fast hätte es ja sogar zum Achtelfinale gereicht.
USA – Für die Amerikaner scheint Südafrika ein guter Boden zu sein. Mit großem Kampfgeist retten sich die US-Boys ins Achtelfinale, und zwar völlig verdient. Und dort muss noch nicht Schluss sein.
3
Algerien – kaum eine Mannschaft zeigte sich in der Defensive derart sicher wie die Algerier, allerdings war auch kein eine andere vorne so derart harmlos. Für ihr Potential waren die Resultate aber in Ordnung.
Australien – Die Socceroos haben sich von Spiel zu Spiel gesteigert, und haben vom Auftaktspiel abgesehen nicht enttäuscht. Mehr war in dieser Mannschaft aber nicht mehr drin.
Ghana – Die Black Stars wurden ihrem Ruf als solidestes Team Afrikas gerecht und ziehen als einzige Mannschaft ihres Kontinents eine Runde weiter. Dennoch: Vorne war’s zu harmlos, der Aufstieg ist eher glücklich.
Honduras – Dass die Mittelamerikaner keine Chance haben würden, war klar. Dass sie sich eher unglücklich vor des Gegners Tor anstellen, war ersichtlich. Dass sie sich dennoch für ihr Potential ganz ordentlich dabei waren, kann aber auch nicht geleugnet werden.
Paraguay – Ja, am Ende steht der Gruppensieg. Aber war das bisher wirklich überzeugend? Vom starken Spiel gegen die Slowaken abgesehen, ist Paraguay bis hierhin fraglos noch unter den Möglichkeiten geblieben.
Portugal – Wirklich überzeugend waren Cristiano Ronaldo und Co. ja nur beim 7:0 gegen Nordkorea. Was das Team wirklich kann, wurde aber noch nicht klar. Das Achtelfinale gegen Spanien gibt darüber sicher Aufschluss.
Südafrika – Dem Gastgeber fehlte es schlicht an der Qualität, um die Vorrunde zu überstehen. Ich im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben sie sich ordentlich präsentiert und müssen sich nicht schämen.
4
Côte d’Ivoire – Dass sie’s drauf haben, zeigten sie gegen Nordkorea. Aber das Spiel gegen Portugal gingen die Elefanten zu zaghaft an, jenes gegen Brasilien mit allzu viel Einsatz. Da wäre sicherlich mehr möglich gewesen.
Dänemark – Dem guten Spiel gegen Kamerun zum Trotz reicht es verdient nicht. Zu bieder das Auftreten der Mannschaft, zu harmlos nach vorne, und am Ende versagten dem eigentlich routinierten Team auch noch die Nerven.
England – Ein Glück, dass die Slowenen den Ausgleich nicht mehr geschafft haben, denn über ein Ausscheiden hätte sich in England keiner beschweren dürfen. Immerhin haben die Three Lions im entscheidenden Spiel das Resultat erbracht.
Nigeria – Es war schon wesentlich besser als beim haarsträubenden Afrikacup, aber die Super Eagles müssen sich das Aus mehr dummen Fehlern (die Rote gegen Griechenland, die verpassten Chancen gegen Südkorea) als fehlendem Potential zuschreiben.
Nordkorea – die Abwehrleistung gegen die Brasilianer war durchaus beeindruckend, aber danach trat die geheimnisvolle Mannschaft nur noch als Panikorchester auf. WM-Reife? Na, in vier Jahren vielleicht. Diesmal noch nicht.
Schweiz – Trotz des überraschenden (und glücklichen) Sieges gegen Spanien fahren die Eidgenossen zu Recht nach Hause. Ohne jede Kreativität und Esprit versprühten die Schweizer eher Langeweile und Biederkeit.
Serbien – Arbeitsverweigerung im ersten Spiel, schlechte Chancenverwertung im dritten. Das reicht richtigerweise nicht für ein Weiterkommen, dem Sieg gegen die Deutschen zum Trotz.
Slowakei – Der WM-Debütant war der großen Bühne in den ersten zwei Spielen deutlich nicht gewachsen und profitierte im Dritten von der unsagbaren Schwäche des Gegners. Das Achtelfinale ist wohl doch mehr, als diesem Team zusteht.
Südkorea – Dem überzeugenden Auftritt gegen Griechenland folgte nicht mehr viel, die Asiaten schlichen sich eher ins Achtelfinale. Ein schöner Erfolg, aber ob wirklich noch mehr möglich ist?
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Frankreich – Schlimmer kann man sich nicht präsentieren. Kopflos auf dem Platz, chaotisch im Umfeld. Als ob sich der Finalist von vor vier Jahren selbst für die umstrittene Qualifikation bestrafen wollte.
Griechenland – Eigentlich ist die Schande noch größer als vor zwei Jahren. Denn die Griechen zeigten gegen Nigeria, dass sie eine starke Offensive hätten. Leider hatte Rehhagel wohl eine Allergie dagegen und Spaß daran, dass man sein Team hasst.
Italien – Es hat sich ja in den letzten Jahren schon abgezeichnet. Aber dass es so schlimm werden sollte? Dem Titelverteidiger fehlte es kurz gesagt an allem. Hinten löchrig, in der Mitte ideenlos, vorne ein Lüfterl. Mehr hat dieses Team nicht mehr drin.
Kamerun – Den Auftritt der Löwen kann man ohne Umschweife als genauso missraten bezeichnen wie den der Franzosen, denn die Ansammlung von Individuen hat sich zu hundert Prozent selbst aus dem Turnier genommen.
]]>England – Slowenien 1:0 (1:0)
Drittes Spiel, dritter Versuch – das galt bei England für die Position neben Terry in der IV (King verletzt, Carragher gesperrt), in der nun No-Name Upson spielte (und wenig geprüft wurde), und für jene im RV (Wright-Phillips schwach, Lennon schwach), wo der zu Turnierbeginn wegen Krankheit geschwächte Milner zurück kehrte. Und das war eine gute Maßnahme von Fabio Capello: Denn Milner machte auf seiner Seite, unterstützt von Glen Johnson den meisten Betrieb.
Die Slowenen versuchten, hoch zu verteidigen und die die Räume durch die Mittelfeldreihe schon eng zu machen, weswegen im englischen Spiel durch die Mitte nicht allzuviel ging. Umso mehr waren die Flanken gefordert, die zu Beginn jedoch von den Slowenen ganz gut zugemacht wurden. Zudem konnte Rooney, der im 4-4-2 neben dem eher statischen Defoe die Arbeitsbiene machte, unter Kontrolle gehalten werden. Bis zum 1:0 für Defoe: Milner flankte, die slowenische Innenverteidigung war nicht geordnet, sodass das Tor nicht verhindert werden konnte.
Das gab den Engländern sichtlich Auftrieb. Hinten waren sie in der ganzen Hälfte nur einmal gefortert (bei einem Eckball), aber nach vorne war nun die Schwäche der Slowenen vor dem Tor erkannt, und natürlich wurde diese weiter auszunützen versucht. So hätten Defoe und Gerrard innerhalb von kürzester Zeit schon auf 3:0 stellen können und das Spiel entscheiden können. Das Spiel der Engländer war durch die Stärke von Milner und die gleichzeitig eher maue Performance von Gerrard ziemlich rechtslastig.
Was die Slowenen, personell unverändert in einem 4-4-1-1 mit Novakovič als hängendem Stürmer angetreten, nicht wirklich ausnützen konnten. Zwar war RV Brečko der Slowene mit den deutlich meisten Ballkontakten, seine Hauptanspielstationen Novakovič und Birsa konnten aber nicht allzu viel damit anfangen. Immerhin, die Slowenen sind keine Griechen und so versuchten sie zu Beginn der ersten Hälfte zumindest, sich nicht auf ein passendes Ergebnis in der Parallelpartie zu verlassen und etwas mehr nach vorne zu machen – speziell über Birsa – aber mehr als ein paar Freistöße schauten nicht heraus.
Anders die Engländer, die ihre mit Abstand beste Turnierleistung bis dato ablieferten. Nun versuchte auch Gerrard auf der linken Seite, sich besser in Szene zu setzen, aber die wirklich gefährlichen Aktionen und Flanken kamen zunächst hauptsächlich weiterhin von Milners rechten Seite – erst im Laufe der zweifen Hälfte drehte sich dieses Kräfteverhaltnis. Die Slowenen waren nun vor allem mit dem gesteigerten Tempo, das die Three Lions nun, wo sie führten und das Spiel sicher im Griff hatten, gingen, überfordert. Bis zur 60. Minute hätte es schon mindestens 4:0 stehen müssen, abervor allem dem enorm fleißigen Rooney wollte im Abschluss nichts gelingen.
Die Dominanz, welche das englische Team nun ausübte, schien die Slowenen nun endgültig einzuschüchtern, das Umschalten auf Angriff klappte nun nicht mehr. Daran änderte auch die Hereinnahme der Sturmspitze Dedič für Sturmspitze Ljubijankič genau nichts. Dennoch müssen sich die Engländer den Vorwurf gefallen lassen, nicht für die überfällige Entscheidung gesorgt zu haben – hätten die Slowenen ihre Dreifach-Chance (68.) genützt, die ganze schöne Dominanz wäre für die Katz‘ gewesen. Der Effekt dieser Szene: Die Engländer zogen sich nun mit etwas mehr Leuten zurück, um nicht wieder solche Lücken preiszugeben. Zudem kam in einem eher seltsamen Wechsel Joe Cole für Rooney.
Womit die vorher durchaus ansehnlichen Offensivbemühungen der Engländer ein Ende hatten. Joe Cole nahm zwar nominell die Postion von Rooney ein, aber ihm fehlt es schlicht an der Präsenz von Rooney. So kamen die Slowenen wieder etwas besser in die Partie und hielten den Gegner besser vom eigenen Tor weg, ohne allerdings selbst wirklich zu Chancen zu kommen, und wenn, waren’s wieder hauptsächlich Standards von Birsa. Dennoch unnötig, überhaupt noch ins Zittern zu kommen. Zu überlegen waren die Engländer, dass die Slowenen überhaupt noch im Spiel hätten sein dürfen. Die seltsamen Wechsel von Capello haben den Flow im Team komplett zerstört – und im Endeffekt den Engländern den Gruppensieg gekostet. Ein weiteres Tor hätte dafür gereicht…
Fazit: Die Engländer, vor allem dank Milner, zeigen endlich eine ansprechende Leistung – zumindest bis zum seltsamen Austausch von Rooney, der das englische Spiel komplett zerstörte. Slowenien kämpften recht brav, aber die Qualität war schlussendlich auf Seiten der Engländer. Dass das Achtelfinale erst mit dem Abpfiff verloren war, ist für unseren Nachbarn aber natürlich bitter.
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USA – Algerien 1:0 (0:0)
Sie hatten selbst noch kein Tor erzielt – aber da die Algerier (den schrecklichen Torwart-Fehler aus der ersten Partie einmal ausgenommen) auch noch keines bekommen haben, wussten die Amerikaner schon, was zu tun war. Alleine: Sie wurden von den erstaunlich forschen Wüstenfüchsen zu Beginn diverse Male am falschen Fuß erwischt. Vor allem bei langen Bällen aus dem Halbfeld auf Djebbour in der Spitze machte gerade IV DeMerit keine allzu glückliche Figur. Auch die Formation der Algerier war mit dem 3-4-1-2 eine Spur offensiver als in den letzten Spielen – kein Wunder, auch die Nordafrikaner benötigten ja einen Sieg, um noch ans Achtelfinale denken zu können.
Vor allem über die Flanken hatten die Algerier, wie gewohnt mit Belhadj links und Kadir rechts, ihre Hausaufgaben gemacht und gewusst, dass die US-Außen im Mittelfeld Donovan und Dempsey mit der Abwehrarbeit nicht allzu genau nehmen. Hinzu kam Ziani als hängende Spitze, der gemeinsam mit Lacen und Yebda eine Überzahl im zentralen Mittelfeld schaffen konnte. So sahen sich die Amerikaner mit diversen Weitschüssen konfrontiert, denn vor dem Tor gibt es, das ist eine Erkenntnis dieses Turniers, keinen Algerier mit WM-Format.
Die Amerikaner versuchten vor allem, durch die Mitte vor das algerische Tor zu kommen. Dazu zogen Donovan und Dempsey recht früh nach innen, wo sie immer wieder Löcher in den Schnittstellen der Dreierkette fanden, und so ebenfalls zur einen oder anderen guten Einschussmöglichkeit kamen. Allen voran natürlich jene Chance, in der erst Gomez vergab und dann Dempsey wegen Abseits zurückgepfiffen wurde.
Im Wissen um die Siegpflicht stellte US-Teamchef Bob Bradley in der Halbzeit um, brachte mit Feilhaber (für Edu) einen Mann für’s linke Mittelfeld, dafür rückte Dempsey in die Spitze; genauso wie de facto Donovan auf der anderen Seite – was für ein 4-3-3 sorgte, aber in der Praxis nicht wirklich etwas brachte. Denn dadurch, dass sich nun Bradley und er schwache Edu praktisch alleine einem algerischen Fünfer-Mittelfeld gegenüber sahen, kam wenig in die Spitze. Darum reagierte der US-Teamchef erneut, brachte mit Buddle (für Edu) einen bulligen Zentrumsstürmer, dafür ging Dempsey wieder auf die linke Seite zurück. Was nominell ein 4-4-2 war, stellte sich in der Praxis aber eher als 4-2-4 oder war 2-4-4 dar, mit konsequenterem Spiel über die Außen.
Prompt kamen die Amerikaner vermehrt zu Chancen, die Algerier kamen nur noch über Konter – und diese waren, wir kennen die Nordafrikaner ja schon, nicht allzu gefährlich. Zudem ging Nadir Belhadj nach zweieinhalb Spielen Dauerlauf auf der linken Seite merklich die Luft aus. Darum kam bei Algerien mit Ghedioura ein etwas defensiverer Spieler für Spielmacher Ziani, dessen Position zumindest ansatzweise von Yebda eingenommen wurde; Saâdane wollte die verloren gegangene Kontrolle im defensiven Mittelfeld wieder zurück erlangen – was nacht gelang, die US-Boys drückten nun vehement auf den Treffer.
Dann kam noch Beasley für LV Bornstein, womit aus dem US-Spiel ein 3-4-3 wurde – Beasley links im Mittelfeld, Dempsey mit Buddle und Altidore wieder in der Spitze. Die Algerier, die wohl wussten, dass ihre Chancen auf das Achtelfinale auch durch das Parallelspiel dahin war, hatten der Schlussoffensive der Amerikaner nicht mehr entgegen zu setzen. Alleine, diese gingen vor allem mit ihren Standardsituationen (von denen sie sich gegen die platten Algerier nun einige holten) ziemlich schludrig um. Es brauchte einen Kraftakt in der Nachspielzeit und ein Missverständnis zwischen dem algerischen Torhüter Mbolhi und Abwehrspieler Bougherra, um den Ball zum späten 1:0 über die Linie zu hämmern.
Fazit: Die Amerikaner verdienen sich den späten Sieg schon alleine aufgrund des unermüdlichen Einsatzen und des unbedingten Willens. Die Nordafrikaner haben zumindest eine Stunde absolut mitgehalten, letztlich fehlte aber die Luft und auch die Qualität.
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Das war die Gruppe C: Wirklich überzeugen konnte von diesem Quartett eigentlich keiner. Favorit England krampfte sich zu zwei Remis, zeigten erst im entscheidenden dritten Spiel zumindest Teile der fraglos vorhandenen Qualität. Dennoch ist das Team von Capello (und wohl auch der Italiener selber) ob der vielen vergebenen Chancen gegen Slowenien vollkommen selbst Schuld daran, dass man den Gruppensieg um ein Tor verpasste und es nun im schwierigeren Ast der K.o.-Runde weitergeht.
Das Team aus den USA erkämpfte sich den Platz im Achtelfinale und ist mit ihrer Never-Give-Up-Einstellung nicht nur mit dem Last-Minute-Einzug in die Runde der letzten 16, sondern sogar noch mit dem Gruppensieg belohnt worden. Auch mit dem Fehlpfiff aus dem Slowenien-Spiel sollten die US-Boys damit versöhnt sein. Das bitterste Ende gab es fraglos für Slowenien, denn just in dem Moment, als das Spiel gegen England abgepfiffen wurde, fiel im Parallelspiel das entscheidende Tor zu Ungusten der Slowenen. Sie haben sich als unangenehmer Gegner erwiesen, dem es allerdings letztlich doch an der Qualität fehlte. Der Punkt gegen die Amerikaner war trotz der 2:0-Führung schon geschenkt, und der Sieg gegen Algerien war pures Glück.
Ja, Algerien. Die Nordafrikaner waren defensiv fraglos eines der besten Teams in diesem Turnier – nur zwei Gegentore, davon beide unglücklich. Aber in der Offensive fehlt einfach ein auch nur halbwegs gefährlicher Stürmer. Dennoch haben sich die Wüstenfüchse im Rahmen ihrer Möglichkeiten ordentlich präsentiert und müssen nicht allzu enttäuscht sein.
]]>Deutschland – Serbien 0:1 (0:1)
Die Serben reagierten auf das schlechte Spiel gegen Ghana und stellten das Mittelfeld um: Antić schickte sein Team mit einem 4-1-4-1 ins Spiel, mit Žigić als Solospitze, dahinter rückte mit Niković ein fünfter Mann ins Mittelfeld. Die Serben störten den im ersten Spiel so groß aufspielenden Gegner früh und nahmen den Deutschen somit die Luft und den Raum im Mittelfeld. So schafftes es die Serben, das deutsche Spiel aus dem spielstarken Mittelfeld gut zu kontrollieren.
Außerdem zeigte Krasić auf der rechten Seite eine wesentlich bessere Leistung als gegen Ghana und offenbarte so den jungen Linksverteidiger Holger Badstuber als Schwachstelle. Während nun also die rechte Seite über Lahm und Müller noch recht aktiv agierte, war Podolski auf links ziemlich auf sich alleine gestellt. Die Serben verteidigten gekonnt in die Mitte, machten die Flanken in der Abwehr kosequent zu. Die ins Zentrum gedrängten Angriff der Deutschen verliefen sich so in der engen Deckung. Und kam doch einmal ein Deutscher – meist Müller – zur Grundlinie durch und konnte Flanken, waren diese unbrauchbar.
Die kleinliche Regelauslegung des spanischen Spielleitern fand nach etwas mehr als einer halben Stunde in Klose ein Opfer – die Deutschen waren so ihrer Sturmspitze beraubt. Gleich konnte (natürlich) Badstuber einen serbischen Vorstoß nicht verhinden, Zwei-Meter-Mann Žigić setzte sich im Kopfballduell mit Mertesacker und Lahm durch, und Friedrich war im Zentrum gegen Jovanović nicht im Bilde. Dass dieses Duo verwundbar ist, konnten die Australier schon andeuten.
Ohne Klose vorne rückte Mesut Özil etwas weiter nach vorne, Müller und Podolski sollten vermehrt über die Seiten kommen. Das klappte vor allem nach der Pause, als sich die Deutschen etwas sammeln konnten, recht gut. Podolski über links kam zu einigen guten Aktionen, weil Gegenspieler Ivanović durch eine Verwarnung gehandicapt war. Dass Podolski den Elfmeter (nach einem weiteren lächerlichen Handspiel, diesmal von Vidić) die Riesenchance zum verdienten Ausgleich kläglich vergab, schockte das DFB-Team fast noch mehr als der Klose-Ausschluss.
Die Serben verlegten sich auch in Überzahl auf Konter, rückten aber oft eher behäbig heraus. Erstaunlich, dass es gerade der im ersten Spiel so enttäuschende Krasić war, der seine Mitspieler zu energischerem Konterspiel animieren musste. Löw brachte 20 Minuten vor Schluss Knipser Cacau und Wusler Marin für den müdegelaufenen Özil und den heute nicht ganz so starken Müller, dem Spiel tat dies aber nicht gut – genausowenig wie der Einsatz von Gomez statt Badstuber. Löw stellte somit auf eine Dreier-Abwehr um, mit Gomez und Cacau ganz vorne, Podolski und Marin auf den Flanken und Schweinsteiger (der sich bemühte, dem das Spiel aber zunehmend entglitt) und Khedira in der Speileröffnung. Da es den deutschen Angriffsbemühungen aber gegen Ende deulich an Durchschlagskraft fehlte, brachten die Serben den Sieg über die Zeit.
Fazit: Die Deutschen agierten zu zehnt deutlich zielstrebiger und mutiger als mit elf Mann gegen geschickt verteidigende Serben. Ein Punkt wäre wegen der starken Leistung zwischen Ausschluss und der Schlussphase verdient gewesen. Podolski hat diesen verschenkt.
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Slowenien – USA 2:2 (2:0)
Gegen die Algerier spielte Slowenien zwar nicht direkt eine gute Partie und fuhren einen Glückssieg ein, aber warum ändern, was zum Erfolg führt – also brachte Teamchef Kek dieselbe Aufstellung, nur Stürmer Ljubijankič spielte für Stürmer Dedič, auch die Spielanlage – die Mittelfeldzentrale im 4-4-2 unmissverständlich defensiv, Aktivität über die Außen – blieb unverändert. US-Teamchef Bob Bradley handhabte es ähnlich, brachte lediglich den nominell spielstärkeren Jose Torres im defensiven Mittelfeld neben Michael Bradley.
Alleine: Die Amerikaner rissen den Raum zwischen Defensive und den Offensiven viel zu weit auf. Dempsey über die linke Seite wurde komplett ignoriert, alles lief ausschließlich über Landon Donovan über rechts. Darauf konnten sich die Slowenen schnell einstellen, ebenso wie auf die langen Bälle, welche die US-Boys immer wieder in Richtung der Spitzen Altidore und Findley schlugen. Andererseits aber brachte Torres im zentralen Mittelfeld überhaupt nichts, war eine komplette Vorgabe. So durfte Valter Birsa das große Loch, das ihm in der US-Zentrale überlassen wurde, zum 1:0 nützen – von der Entstehung recht ähnlich dem frühen Gegentor gegen England. Auch das 0:2 kurz vor der Pause wurde über die Mitte vorbereitet.
Es gab bei den Amerikanern vor der Pause vier Totalausfälle: Eben Torres, und auch Stürmer Findley (die beide in der Halbzeit ausgetauscht wurden), dazu die rechte Seite mit Cherundolo und Dempsey. Teamchef Bradley reagierte: Er brachte mit Edu und Feilhaber Stärkung für das defensive Mittelfeld, und Donovan wechselte mit Demspey die Seiten. Zwar wurde Dempsey auch dort ignoriert, aber hinter dem starke Donovan blühte nun auch Cherundolo auf – so wurden vier Schwachstellen mit zwei Wechseln auf eine reduziert. Das schnelle Anschlusstor (natürlich durch Donovan über links) half den Amerikanern sichtlich.
Die Slowenen kamen nun durch die Mitte überhaupt nicht mehr durch, die eine Seite hatte mit Donovan alle Hände voll zu tun, die andere wurde von Bocanegra nun gut in Schach gehalten. Die Amerikaner verpassten es zwar, den Ausgleich zu erzielen, aber die Slowenen änderten ihre Spielanlage nicht grundlegend. Da sie das auch bei den diversen fließenden Systemänderungen der Algerier im ersten Spiel auch nicht taten, liegt der Verdacht nahe, dass sie sich in einer anderen Formation schlicht nicht wohl fühlen und ihre Leistung nicht abrufen könnten.
Als zehn Minuten vor Schluss die US-Boys immer noch hinten waren, stellte Bradley um: Er brachte mit Gomez einen Stürmer für Innenverteidiger Onyewu, stellte flugs auf 3-5-2 um. Mit Erfolg: Kaum war Gomez auf dem Platz zog er einen zusätzlichen slowenischen Abwehrspieler auf sich, sodass Michael Bradley freie Bahn zum verdienten Ausgleich hatte. Damit war Teamched Bob Bradley offenbar zufrieden, denn er zog nun Edu in die Abwehr zurück und spielte den Punkt mit einem 4-4-2 nach Hause. Und eigentlich hätte es ja 3:2 lauten müssen, aber da hatte das Schiedsrichtergespann etwas dagegen – warum auch immer.
Fazit: Das Spiel der Amerikaner hängt am Tropf von Landon Donovan, aber die kluge Umstellung in der Pause bescherte dem US-Team immerhin noch einen hochverdienten Punkt. Die Slowenen spielten das eine Spiel, das sie am Besten können und hätten damit beinahe das zweite Spiel gewonnen.
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England – Algerien 0:0
Die Algerier wechselten in ihrem ersten Spiel ständig das System, diesmal blieben sie ihrer eher eigentümlichen Formation weitgehend treu. Im Grunde war es ein 3-6-1, mit drei Innenverteidigern hinten (Bougherra, Halliche, Yahia), leicht vorgrückt zwei Flügelflitzer, die je nach Bedarf Außestürmer oder Außenverteidiger sind (Kadir rechts und Belhadj links), davor eine recht varbiable Viererkette im Mittelfeld (Boudebouz, Yebda, Ziani und Lacen), aus der einer – zumeist Yebda – wenn nötig als Sechser hinter diese Kette ging, und einem hängenden Stürmer in Matmour. Hier wird das ganze Dilemma der Algerier deutlich: Die absolute Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor, denn es gibt einfach keinen einzigen Stürmer, der die Klasse dazu hätte.
Ansonsten sah das bei den Wüstenfüchsen aber äußerst gut aus. Die stockbiederen Engländer (ein 4-4-2, wie es klassischer, aber auch statischer kaum geht) sahen sich immer einer zahlenmäßigen Übermacht der Algerier gegenüber. Gerrard, nominell auf links, zog immer wieder in die Mitte, weil seine Außenbahn mit Kadir und Boudebouz zu war. Das Problem: In der Zentrale war auch nicht mehr, sondern gar noch weniger Platz. Lampard konnte von hinten nichts zeigen, Lennons Schnelligkeit verpuffte auf der rechten Seite völlig. Rooney ging dann, wie er es oft macht, ins Mittelffeld zurück, sah sich dort aber den selben Problemem gegenüber. Kurz gesagt: Das Spiel der Engländer war geprägt von lähmender Ideenlosigkeit.
Nach etwa 20 Minuten wurden die Algerier dann tatsächlich mutiger, tauchten mitunter minutenlang mit sechs Spielern vor dem englischen Tor auf. Alleine, der letzte Pass… kein Algerier kann einen solchen gut spielen, und kein Algerier könnte einen solchen verwerten. Es war vom System und von der Idee her wirklich gut von den Algeriern, aber es war halt leider auch schrecklich harmlos.
Hinten indes hatten die Nordafrikaner keine Mühe. Verirrte sich doch einmal in englischer Ball Richtung Tor, wurde zumeist konsequent aufgeräumt. Das Problem bei den Engländern war aber nicht nur die inexistente Kreativität, sondern auch, dass von der Bank genau gar nichts kam. Nach einer Stunde brachte Capello dann Wright-Phillips für Lennon. Positionsumstellung: Keine. Effekt: Keiner. Erst, als in der 74. Minute der schnelle Defoe für die Immobilie Heskey kam, wurde das Angriffspiel der Engländer etwas gefährlicher, weil weniger ausrechenbar. Als dann allerdings Crouch für Barry kam, verließ Capello der Mut wieder – Rooney ging ins linke Mittelfeld.
Der algerische Teamchef Saâdane brachte mit Abdoun (für Boudebouz) und Guedioura (für Ziani) nur positionsgetreue Wechsel, die am defensiv ja wunderbar funktionierenden System nichts änderten. Erst, als für die Nachspielzeit Mesbah in die Partie kam, stellte Saâdane noch kurz auf Viererkette, um das 0:0 über die Zeit zu bringen. Der Spezialwitz bei Saâdanes eigentümlicher Taktik, die extrem laufintensiv aussieht: Die Algerier hatten am Ende kulminiert sogar fünf Kilometer weniger abgespult als die Engländer…
Fazit: Die Engländer agierten erschreckend ideenlos, unkreativ und ohne jede Leidenschaft, und hätten gegen eine offensiv zumindest halbwegs taugliche Mannschaft todsicher verloren. Die Algerier spielten mit viel Herz, was sie können und wurden mit einem hochverdienten Punkt belohnt. Mehr wäre mit tatsächlichen Stürmer aber allemal drin gewesen.
(phe)
Algerien – Slowenien 0:1 (0:0)
Der Jonás Gutiérrez dieses Tages heißt Nadir Belhadj – der nominelle Linksverteidiger übernahm im 4-3-3, in dem die Algerier begannen, auch die Agenden im linken Mittelfeld, zeigte ziemlichen Offensivdrang. Besonders effektiv war dies jedoch nicht. Wie generell aus dem Spiel heraus die Torgefahr äußerst überschaubar war und die Algerier nicht so richtig zum Zug kamen. Nach etwa 20 Minuten stellte Saâdane auf ein 4-4-1-1 um: Kadir ging ein paar Schritte zurück und übernahm das rechte Mittelfeld, Matmour wechselte von Linksaußen mehr in die Zentrale hinter der einzigen Spitze Djebbour, und Ziani war nun nominell vor Belhadj aufgeboten.
Die Folge: Algerien fühlte sich zunehmend wohler, Belhadj hatte nun die Hilfe, die er auf seiner Seite brauchte und schon bekamen die Nordafrikaner ein spielerisches Übergewicht. Zudem merkten sie, dass die Organisation der Slowenen bei Standardsituationen keine Besondere war. Bei zwei, drei Aktionen gegen Ende der ersten Halbzeit wurde das deutlich. Das fröhliche Umstellen ging dann bei den Algerien aber weiter: Nach der Pause war’s ein 4-1-4-1, kurz darauf stand eine Dreierkette (Bougherra, Yahia, Halliche). Trotz all dieser Umstellungen schafften es die recht statischen Slowenen allerdings nie, ein Rezept zu finden. Trotz dieser vielen Systemwechsel schafften es aber auch die Algerier nie, wirklichen Zug zum Tor zu entwickeln. Gar nicht mit Djebbour, ein wenig besser mit Ghezzal bis zu seinem saublöden Ausschluss, Null von Matmour, als dieser nach vorne ging.
Die slowenischen Außen im Mittelfeld (Birsa und Kirm) kamen nie wirklich zum zug, bei den beiden Zentralen (Radosavljevic und Koren) konnten keinerlei Impulse setzen, weil das ständig rochierende algerische Mittelfeld (in der zweiten Hälfte) das Zentrum recht gut kontrollierte. Die Außenverteidiger Brecko und Jokic waren ebenso keine echten Faktoren im kaum vorhandenen slowenischen Offensivspiel. Novakovic enttäuschte vorne, wie schon in der ganzen Saison in Köln, und Dedic war überhaupt nicht ins Spiel eingebunden. Das wurde mit Ljubijankic ein wenig besser, aber nicht entscheidend. So liefen die Slowenen zwar insgesamt sechs Kilometer mehr als die Algerier, waren dadurch aber weder besser, noch torgefährlicher, noch hatten sie wirklich die Spielkontrolle über.
Umso ärgerlicher ist es für Algerien, dass die Slowenen durch ein Zufallstor gewinnen konnten, für das sie programmatisch genau gar nichts dafür können. Man hatte im Gegenteil den Eindruck, dass die gelb-rote Karte für Ghezzal die Slowenen mehr verwirrte als die Algerier selbst. Aber Afrikaner und Torhüter, jaja, ein Klischee, aber leider stimmt’s so oft halt doch. Saâdanes Poker, mit Chaouchi den Quali-Helden zu bringen, statt Einsergoalie Gaouaoui, hat sich also nicht ausgezahlt.
Fazit: Die Algerier stellten permanent um und zeigten sich dabei immer recht sicher, aber mangels Zug zum Tor wäre ein Sieg nicht verdient gewesen. Noch weniger ist dieser aber für die oft etwas hilflos wirkenden Slowenen.
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Serbien – Ghana 0:1 (0:0)
Es ist eine erste Erkenntnis dieser WM: Die Teams aus Afrika haben sich taktisch in den letzten Jahren extrem verbessert. Erfolgreichstes Beispiel ist dafür Ghana! Mit einem extrem diszipliniert vorgetragenen 4-1-4-1 raubten die Ghanaer den Serben den Nerv, ließen das hoch gehandelte Team nie wirklich zur Entfaltung kommen. Dabei war es durchaus erstauntlich, wie nahtlos sich etwa ein Kevin-Prince Boateng in die Mannschaft einfügte – er spielte in der offensiven Viererkette eine wirklich ansprechende Partie. Wie die meisten Ghaner, die mit ihrer vorderen Kette schon einen sehr undurchlässigen Riegel aufbauten, den die Serben kaum einmal durchbrechen konnten.
Freilich, besonderen Zug zum Tor kann man Ghana nicht nachsagen. Wohl auch, weil sich die Außenverteidiger Paintsil (rechts) und Sarpei (links) ziemlich zurückgehalten haben und das Mittelfeld bei eventuellen Angriffen oft auf sind alleine gestellt waren. Was diese beiden unter anderem so ein wenig zu den Schwachpunkten macht. Denn Paintsil zeigte zudem vor allem nach der Pause einige Schwächen im Zweikampf, ihm fehlt die Spielpraxis. Er hat gezeigt, warum in der Vorbereitung dort U20-Weltmeister Inkoom spielte, der schon beim Afrikacup eine gute Figur machte.
Dass Sarpei links ebenso wenig mitging, mag eine Anweisung von Rajevac gewesen sein, wirklich sinnvoll war sie aber nicht. Denn Krasić, der sein Gegenspieler hätte werden sollen, erwischte auch ohne das Zutun von Sarpei einen fürchterlichen Tag. Er ließ die rechte Seite rechte Seite sein und trieb sich permanent am Mittelkreis herum, allerdings ohne an der Seitenlinie vertreten zu werden. Auch von Ivanović kam da viel zu wenig. Krasić stellte 90 Minuten seine blonden Haare zur Schau, spielte nur Alibi-Pässe ohne jeden Vorwärtsdrang und vergab seine einzige Chance kläglich, als er Kingson frontal anschoss. Abgesehen von der Schlussphase wurden die Serben fast nur aus Standards gefährlich. Hier muss man Antić allerdings zugestehen, dass er sich einiges überlegt hat und mit einigen interessanten Spezialvarianten daherkam.
Das 4-2-2-2 der Serben fand seltsamerweise erst zu so etwas wie Torgefahr, als daraus ein 4-4-1 wurde, also nach dem Ausschluss von Luković. Danach kam Subotić statt Jovanović, der auf der linken Seite Krasić ziemlich imitierte, und der zuvor bereits gebrachte Lazović ging auf die linke Seite. Plötzlich lief das Werk und die Serben kamen zu einigen Chancen. Dass das wirklich extrem dämliche, weil ebenso offensichtliche wie unnötige Handspiel von Kuzmanović letztlich den Elfmeter zur späten Entscheidung für Ghana brachte, ist in der an sich guten Schlussphase der Serben dann natürlich bitter – aber folgerichtig. Denn im serbischen Strafraum hätte Ghana noch viel größeren Schaden anrichten können, angesichts der überschaubaren Leistung von Vidić. Der segelte an diversen Kopfbällen vorbei und stellte sich zuweilen im Stellungsspiel und im Zweikämpf recht ungeschickt an. Kennt man so von ihm gar nicht.
Fazit: Ghana zeigte sich taktisch extrem diszipliniert und zog den Serben so schnell den Nerv. Der Sieg kam zwar letztlich glücklich zu Stande, ist aber nach dem Spielverlauf hochverdient.
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Deutschland – Australien 4:0 (2:0)
Ohne nominellen Stürmer – so ein bissi feig kamen die Australier doch daher. Im Endeffekt war es ein recht klassisches 4-4-2, mit Cahill und Garcia in der Spitze, die allerdings (abgesehen vom Eckball gleich zu Beginn) in dieser Funktion nicht viel zu melden hatten. Was sie mit ihren Kollegen gemeinsam hatten, die allesamt von einer bärenstarken deutschen Mannschaft doch ein wenig vorgeführt wurden.
Vor allem die linke australische Abwehrseite. Chipperfield und Culina standen den Tempoeinlagen von Lahm und dem vor Selbstvertrauen nur so strotzenden Thomas Müller völlig hilflos gegenüber und wurden mitunter beinahe im Minutentakt regelrecht verarscht. Kein Zufall, dass das 1:0 von traumhaft von Müller, das 2:0 ebenso sehenswert von Lahm aufgelegt wurde und der kaum zu stoppende Müller in seinem exakt vierten Länderspiel das 3:0 mit einer Coolness, als ob er schon 100 internationale Einsätze auf dem Buckel hätte, selbst erzielt hat. Besser geht’s kaum.
Was auch für Bastian Schweinsteiger gilt, der einen präsenteren Quaterback gibt, als das Ballack zuweilen (vor allem in wichtigen Spielen) war; Khedira neben ihm ist dafür zuständig, beim Gegner für Unruhe zu sorgen und vor allem, Özil den Rücken frei zu halten. Gegen die langsame Altherren-Combo aus Australien war das auch kein allzu großes Problem. Und das Phänomen, dass Podolski ein ganz anderer ist, wenn er das DFB-Trikot trägt, ist ohnehin keine allzu neues. Sogar Klose durfte sich (nach zwei eher kläglich vergebenen Chancen) auch mal wieder über ein Tor freuen.
Aber es wurde auch die eine oder andere deutsche Schwäche offenbart – vornehmlich, dass die Innenverteidigung mit Mertesacker und Friedrich nicht allzu beweglich ist und von kleinen, wendigen Spielern durchaus vor gröbere Probleme zu stellen ist. Das war sicherlich der Hintergedanke von Aussie-Teamchef Verbeek, als er den wuseligen Cahill in die Spitze stellte, ging aber mangels Hilfe der restlichen Mannschaft nicht auf. Im Viertelfinale gegen Argentinien wird das sicherlich ganz anders aussehen, wenn es gegen einen Messi geht. Und ja, vorher dürften weder die Argentinier noch die Deutschen ernsthaft gefordert werden, wird die Form der jeweiligen Auftaktspiele gehalten.
Die Australier zeigten gegenüber den leidenschaftlichen Auftritten vor vier Jahren die erwarteten altersbedingten Schwächen. Vor allem LV Chipperfield stand völlig neben sich; die deutsche Offensive hatte mit dem schon leicht eingerosteten IV-Duo Neill/Moore einen Heidenspaß. Zudem genoss Özil die Freiräume, die er sich durch seine Schnelligkeit gegenüber den beiden Sechsern Valeri und Grella erarbeiten konnte. Kurz gesagt: Die Deutschen waren den Australiern in allen Belangen klar überlegen.
Fazit: Das (für den ganz großen Wurf wohl noch zu junge) deutsche Team zeigte, was für ein Potential es hat. Die Australier sind nur noch ein Schatten ihrer selbst und werden in dieser Gruppe keine Chance haben.
(phe)
]]>Es war ein Mai-Abend in Wien, als Rabah Madjer mit seinem Fersentor im Meistercup-Finale gegen die Bayern für seinen FC Porto das Siegtor erzielte. Das ist nun 24 Jahre her – so lange, dass es schon fast nicht mehr wahr ist. Für den damals 27-jährigen Stürmer war dieses Jahr 1986 der Höhepunkt seiner Karriere: Erstder Sieg im höchsten Europacup-Bewerb, und einen Monat später durfte er seine zweite Weltmeisterschaft spielen. Das algerische Team war in diesen Jahren eines der absolute Spitzenteams vom afrikanischen Kontinent, auch wenn man bei beiden WM-Auftritte die Vorrunde nicht überstehen konnte. 1982 waren sie noch die Angeschmierten beim Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und Österreich in Gijon, erreichten trotz Siegen gegen die Deutschen und Chile nicht die nächste Runde. Vier Jahre später gab es nach einem 1:1 gegen Nordirland Niederlagen gegen Brasilien und Spanien.
Neben Madjer war damals auch Zinedine Zidanes Onkel Djamel dabei – und Teamchef war Rabah Saâdane. Damals, mit 40 Jahren, auch schon in seiner zweiten Amtszeit. Heute, mit 64, ist Saâdane wieder Teamchef der „Wüstenfüchse“, mittlerweile zum fünften Mal. Allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen: Waren damals Madjer und Co. noch eine spielstarke Mannschaft, besitzt das spielerische Element heute nur eine untergeordnete Rolle. Saâdane hat die Algerier, deren Fußball sich zwischendurch in einem dramatischen Loch befand, wieder auf die Weltbühne zurückgeführt. Als er sich im Herbst 2007 wieder des Nationalteams seiner Heimat annahm, hatte die Mannschaft gerade die Qualifikation für den Afrikacup vergeigt, bei der Ausscheidung für die WM ein Jahr zuvor wurde Algerien Gruppenletzter. Hinter Simbabwe und Ruanda.
Also baute Saâdane um. Von den damaligen Spielern sind heute nur noch vier mit dabei – dafür schaffte er es, eine Mannschaft zu formen, die jung genug ist, um in praktisch identer Aufstellung auch in vier Jahren noch dabei sein kann. Das Team besitzt darüber hinaus auch das Nervenkostüm, um in aufgeheizter Stimmung ein Entscheidungsspiel ausgerechnet gegen den traditionellen Erzfeind Ägypten mit 1:0 nach Hause zu schaukeln. In diesem Spiel wurde ausgerechnet ein Innenverteidiger zum Held – Anthar Yahia erzielte aus spitzem Winkel das entscheidende Tor. Damit war klar: Das beste afrikanische Team der letzten Jahre, Serien-Afrikacupsieger Ägypten, muss wieder zuschauen – und Algerien ist dabei.
Und die Tatsache, dass es genau Yahia war, der die Wüstenfüchse letztlich nach Südafrika schoss, ist exemplarisch für die Zusammensetzung dieser Mannschaft: In Frankreich als Sohn von algerischen Migranten geboren, bei Bastia und Bochum langjähriger Spieler gestählt in den Abstiegskämpfen von Frankreich und Deutschland. Unauffällig, ja, eigentlich unbekannt, wenn man sich nicht gerade eingehender mit den wenig prickelnden Mannschaften beschäftigt. Und Spieler wie Yahia gibt es in diesem Team einige – praktisch alle spielen bei Mittelständlern und Abstiegskandidaten, aber eben in starken Ligen.
Hinzu kommt, dass bis auf seinen Nebenmann in der Abwehr, Rafik Halliche, und Torhüter Gaouaoui alle Stammspieler in Frankreich das Licht der Welt erblickt und das Fußball spielen erlernt haben. Dass diese sich dann für das algerische statt für das französische Team entschieden haben, hat zwei Gründe: Zum einen natürlich das Wissen um die eigenen Wurzeln und der Heimat der Eltern. Zum anderen aber sicherlich auch das Wissen, dass es sportlich für die Equipe Tricolore ganz einfach nicht reicht. So hat Saâdane (zumindest bis auf den schwierigen Meghni) keine Künstler in seiner Mannschaft, sondern kommt eben mit einer zwar wenig spektakulären, aber wegen der mannschaftlichen Geschlossenheit, einer durchaus europäischen Arbeitseinstellung und dem recht defensiv interpretierten 4-2-3-1 als äußerst unangenehm zu spielendes Team daher.
Ein Team auch, in dem es personell keine allzu großen Überraschungen gibt, denn hinter den ersten elf Spielern gibt es kaum jemanden, der einen Ausfall adäquat ersetzen könnte. Und wie bei so vielen afrikanischen Teams ist auch bei den Algerien die Problemposition Nummer eins die der Nummer eins. Lounès Gaouauoi ist die etatmäßige Erstbesetzung, er ist aber kaum mehr als Durchschnitt – wenn überhaupt. Durch eine Verletzung verpasste er das Playoff gegen Ägypten, durch einen Blinddarmdurchbruch den Afrikacup. Sein Ersatzmann Faouzi Chaouchi machte gegen die Ägypter das Spiel seines Lebens, der ganze Kredit ist allerdings durch äußerst unsichere Auftritte im Jänner beim Afrikacup praktisch aufgebraucht. So oder so, hier drückt der Schuh.
Davor sieht die Sache aber schon sehr viel stabiler aus. Die Abwehr ist eindeutig das Punktstück der Nordafrikaner, hier kann Saâdane auf eine sichere und nervenstarke Viererkette zurückgreifen. In der Innenverteidigung ist Rafik Halliche gesetzt: Er spielt bei Nacional Funchal in Portugal, und dort in der laufenden Saison sogar Europapokal. Halliche ist vor allem bei Standardsituationen durch seine Kopfballstärke ein Spieler, auf den es aufzupassen gilt. Neben ihm spielt entweder der angesprochene Yahia oder Majid Bougherra von den Glasgow Rangers. Der 27-jährige ist zwar eigentlich gelernter Außenverteidiger, beim Afrikacup agierte aber der Schottland-Legionär – einer der wenigen, der bei einem Spitzenverein seiner Liga spielt – zentral und Yahia nahm den Platz auf der rechten Seite ein. Hier kann ohne Qualitätsverlust getauscht werden, was abhängig vom Spielverlauf durchaus auch passieren kann.
Links in der Abwehrkette spielt mit Nadir Belhadj ein Spieler, dem das Image des ewigen Talents anhaftet. Einst als große Hoffnung und um viel Geld zu Olympique Lyon gekommen, konnte sich dort aber nie durchsetzen. Darum wechselte er in die Premier League zu Portsmouth, viele Erfolgserlebnisse gab es beim finanziell gebeutelten Prügelknaben aber zuletzt nicht. Beim Afrikacup aber zeigte er sein Potential und auch seinen Offensivdrang. Direkt vor ihm ist Karim Ziani gesetzt. Er hat ein anderes Problem: Er ging von Marseille im letzten Sommer zwar zum frischgebackenen deutschen Meister Wolfsburg, spielt dort aber nicht die geringste Rolle. Er kommt nur selten zu Einsätzen, und wenn, dann kaum länger als eine Viertelstunde. Hier wird Saâdanes Problem manifest, dass er seinen Spielern auch vertrauen muss, wenn sie keine Spielpraxis haben, weil er eben über keine Alternativen verfügt.
Ähnliches gilt auch für Mourad Meghni. Der Lazio-Legionär versteht sich selbst als Freigeist, als Spielgestalter, klassischer Zehner. Kurz, als der unumstrittene Star des Teams. Damit passt er natürlich überhaupt nicht in das ansonsten sehr ausgeglichene und gut aufeinander abgestimmte Mannschaftsgefüge, was ihm schon den einen oder anderen Streit mit Teamchef Rabah Saâdane eingebracht hat. Doch auch hier gilt: Es fehlen die Alternativen. Mehdi Lacen wurde erst einmal von Beginn an ausprobiert (und prompt ging das Testspiel gegen Serbien auch 0:3 verloren), Bezzaz und Bouazza spielen nur in ihren 2. Ligen und es fehlt ihnen an Meghnis Qualität. Er wäre der einzige im algerischen Team, der auch das spielerische Potential für die Franzosen hätte, war auch in den Junioren-Nationalteams mit dem blauen Dress aktiv, ehe er sich aber doch für Algerien entschieden hat. An guten Tagen kann er gegen jedes Team ein entscheidener Vorteil sein – aber hat er keine Lust, oder nimmt ihm der Gegner diese, ist er ein unsichtbarer Totalausfall.
Was natürlich auch die Arbeitslast für die beiden Sechser deutlich erhöht. Hier sind Kapitän Yacine Mansouri von Lorient und Belhadj‘ Teamkollege aus Portsmouth, Hassan Yebda, für die Struktur im Spiel zuständig. Auch diese beiden sind in der Defensive stärker als im Aufbauspiel nach vorne, weshalb die Anlage der Algerier eher auf Konter und die Außenbahnen angelegt ist. Schlüsselspieler ist hierbei Karim Matmour auf der rechten Seite. Der M’gladbach-Legionär ist vom Selbstverständnis her eher ein Stürmer, der aber seine Stärken erst so richtig entfalten kann, wenn er aus der Etappe kommt. Darum fühlt er sich auch nicht sklavisch an seine rechte Seite gebunden, sondern geht auch immer wieder gerne in die Spitze oder in die Mittelfeld-Zentrale. Vor allem wenn er merkt, dass von Meghni keine Impulse ausgehen.
Und vorne soll dann Abdelkader Ghezzal die Zuspiele verwerten – er ist beim Serie-A-Hinterbänkler Siena seit einigen Jahren kein überragender, aber doch halbwegs regelmäßiger Torschütze und es ist unter anderem sein Verdienst, dass diese Mannschaft sich überhaupt so lange gehalten hat. In der laufenden Saison kann aber wohl auch er den Abstieg nicht mehr verhindern. Auf seiner Position hat Saâdane noch am Ehesten die Möglichkeit, etwas zu tauschen: So ist etwa der routinierte Rafik Saïfi immer noch gut genug für zwanzig, dreißig Minuten, wenn es gilt, die Brechstange auszupacken. Oder aber Rafik Djebbour, der seit vielen Jahren in Griechenland spielt und sich über Mittelständler immerhin bis zum AEK Athen hocharbeiten konnte.
Die Erfahrung des Afrikacups hat aber gerade im Falle von Algerien auch gezeigt, dass wahrlich nicht alles Gold ist, was bei den Wüstenfüchsen glänzt. Die Offensivabteilung war in fünf der sechs Spiele ein Totalausfall – vor dem schönen 3:2-Erfolg im Viertelfinale gegen die Ivorer gelang in drei Vorrunden-Spielen ein einziges Tor (dafür gab’s dort ein peinliches 0:3 gegen Malawi), danach gab es im Semifinale und im Spiel um den dritten Platz gar keines.
Was man im Hinblick auf die WM-Endrunde allerdings auch positiv auslegen kann ist, dass die Algerier ihre größte Stärke im Konter haben, wenn der Gegner das Spiel macht. Denn die Mannschaft ist auf höherem Niveau absolut unfähig, selbst in die Rolle des Gestalters zu schlüpfen und tut sich mit der Favoritenrolle sehr schwer, wie das 0:3 gegen Malawi eindrucksvoll gezeigt hat. Hier agiert das Team behäbig und einfallslos, was man durchaus in den Rollen der Spieler bei ihren Vereinen begründet sehen kann, aber auch an den Rollen der Verein in ihren Ligen. Bei diesen ist nun mal nicht die Kunst gefragt, sondern die Arbeit, vornehmlich die in der Defensive. Gegner wie Malawi gibt es bei der WM zwar nicht, aber auch hier steht mit Slowenien der vermeintlich leichteste Gegner schon zum Start auf dem Programm.
Für die Kunst sind in Südafrika wahrlich andere zuständig. Für Algerien kann es beim ersten Auftritt nach 24 Jahren nur darum gehen, zu lernen und sich auf der größten Bühne, die der Weltfußball hat, ordentlich zu präsentieren.
Wie gut dabei, dass Malawi nicht mitspielt.
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ALGERIEN
ganz in weiß, Puma – Platzierung im ELO-Ranking: 56.
Spiele in Südafrika:
Slowenien (Mittagsspiel So 13/06 in Polokwane)
England (Abendspiel Fr 18/06 in Kapstadt)
USA (Nachmittagspiel Mi 23/06 in Pretoria)
TEAM: Tor: Faouzi Chaouchi (25, Sétif), Lounés Gaouaoui (32, Chlef), Mohamed Zemmamouche (25, Algiers). Abwehr: Nadir Belhadj (27, Portsmouth), Majid Bougherra (27, Glasgow Rangers), Rafik Halliche (23, Nacional Funchal), Abdelkader Laïfaoui (28, Sétif), Slimane Raho (34, Sétif), Anthar Yahia (28, Bochum), Samir Zaoui (34, Chlef). Mittelfeld: Djamel Abdoun (24, Nantes), Yacine Bezzaz (32, Strasbourg), Hameur Bouazza (26, Blackpool), Mehdi Lacen (26, Santander), Yazid Mansouri (32, Lorient), Mourad Meghni (25, Lazio), Hassan Yebda (26, Portsmouth), Karim Ziani (27, Wolfsburg). Angriff: Rafik Djebbour (26, AEK Athen), Abdelkader Ghezzal (25, Siena), Karim Matmour (24, M’gladbach), Rafik Saïfi (35, Istres), Abdelmalek Ziaya (26, Al-Ittihad Jiddah).
Teamchef: Rabah Saâdane (64, Algerier, seit Oktober 2007)
Qualifikation: 0:1 im Senegal, 3:0 gegen Liberia, 0:1 in und 1:0 gegen Gambia, 3:2 gegen den Senegal, 0:0 in Liberia. 0:0 in Ruanda, 3:1 gegen Ägypten, 3:0 gegen Ruanda, 1:0 gegen Sambia, 3:1 gegen Ruanda, 0:2 in Ägypten. 1:0 auf neutralem Boden gegen Ägypten.
Endrundenteilnahmen: 2 (1982 und 86 Vorrunde)
>> Ballverliebt-WM-Serie
Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich
Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland
Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien
Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana
Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun
Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei
Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Elfenbeinküste, Portugal
Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile