WM 2010 – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 31 Dec 2010 13:57:32 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/ https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/#comments Fri, 31 Dec 2010 12:33:01 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3631 Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) weiterlesen ]]> Seit der WM in Südafrika im Sommer analysiert Ballverliebt Spiele regelmäßig – und zum Jahreswechsel gibt’s noch mal die zehn besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge ist willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 10 | Champions League-Quali | Salzburg – Hapoel Tel Aviv 2:3

Salzburg - Hapoel Tel Aviv 2:3

„Zusätzlich zur taktischen Schwäche fiel eine unglaubliche Schwerfälligkeit bei den Salzburger auf. Abseits des Balles wurde herumgetrabt. Weder gab es hartes Pressing, noch eine schnelle Rückwärtsbewegung des Mittelfeld.“ – Konnte nach dem 0:1 auf den Färöern noch argumentiert werden, es wäre bei den Bullen da ja um nichts mehr gegangen, war spätestens nach diesem 2:3 im Hinspiel der letzten CL-Qualirunde gegen Hapoel Tel-Aviv klar: International hatte Salzburg in diesem Herbst nicht viel zu bestellen. Denn wer nicht rennt, krieg eine auf den Deckel.

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Platz 9 | U21-EM-Qualifikation | Österreich – Weißrussland 3:3

Österreich - Weißrussland 3:3

„Nach dem Tor zum 2:3 wussten alle im Stadion: Oje, jetzt wird’s noch einmal eng! Denn dass der Schalter nun nicht mehr umgelegt werden konnte, war schon vorher ersichtlich.“ – Das wohl am besten besetzte U21-Team der ÖFB-Geschichte hatte in Pasching gegen die starken Weißrussen alles im Griff und führte komfortabel mit 3:1, doch nach eher verwirrenden Wechseln von Teamchef Andi Herzog wurde die Partie noch hergegeben und es schaute nur ein Remis heraus. Im kommenden Sommer sind die Weißrussen bei der EM dabei. Österreich nicht. Aber nicht nur das vercoachte 3:3 war ärgerlich.

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Platz 8 | Weltmeisterschaft | Frankreich – Mexiko 0:2

Frankreich - Mexiko 0:2

„Denn die französische Mannschaft implodierte nach der Pause regelrecht. Keinerlei Laufbereitschaft war mehr erkennbar, kein Einsatz für den Mitspieler, kein Aufbäumen, nichts. Aguirre hingegen hatte ein in sich funktionierendes Team geformt.“ – Frankreich bei der WM, das war allerbeste Unterhaltung. Zumindest abseits des Platzes. Denn sportlich war das Team von Raymond Domenech ein einziges Desaster, was sich vor allem beim 0:2 gegen die starken Mexikaner zeigte. Die spielten mit der Équipe Tricolore nämlich Hollywood.

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Platz 7 | Champions League | Tottenham – Inter Mailand 3:1

Tottenham - Inter 3:1

„Schon nach einer halben Stunde zeigte sich bei Inter Ratlosigkeit. Nur einmal musste sich Modric 25 Meter vor dem Tor gegen Eto’o mit einem Foul helfen, ansonsten reichte reichte das Spiel der Schwarzblauen nicht einmal bei Kontern bis in den Strafraum.“ – Ohne Frage, Tottenham ist eine der Mannschaften des Herbstes 2010. Nicht nur die gute Verpflichtung von Rafael van der Vaart, sondern vor allem der Durchbruch von Flügelflitzer Gareth Bale ist dafür verantwortlich. Der Waliser trieb gegen Inter mit Maicon einen der besten Rechtsverteidiger der Welt an den Rande des Wahnsinns. Die Spurs waren das Team mit dem Weltklasse-Momentum.

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Platz 6 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Arentinien 4:0

Deutschland - Argentinien 4:0

„Die Argentinier waren sichtlich beeindruckt von der Power der Deutschen. Es entstand ein riesenhaftes Loch im Mittelfeld, das die Deutschen konsequent ausnützten. Symbolhaft war, wie Burdisso minutenlang seinen Kollegen deutete, sie sollen soch ein wenig weiter zurück kommen, um einen Spielaufbau zu ermöglichen.“ – Für Diego Maradona war es wohl die schlimmste Niederlage seines Fußballerlebens: Argentinien hatte im WM-Viertelfinale gegen die in diesem Spiel überragenden Deutschen nie auch nur den Funken einer Chance. Das blutjunge deutsche Team hingegen deutete an, wozu es fähig sein kann. By deconstructing Diego.

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Platz 5 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Uruguay 3:2

Deutschland - Uruguay 3:2

„Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner.“ – Und nochmal die Deutschen. Aber vor allem: Uruguay! Die Südamerikaner waren die Überraschung bei der WM, das Team des zum besten WM-Spieler gewählten Diego Forlán belegte letztlich den vierten Rang. Nach einem flammenden Plädoyer für die Beibehaltung des kleinen Finales. Denn es war eine sensationelle Partie, geführt mit offenem Visier.

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Platz 4 | EM-Qualifikation | Belgien – Österreich 4:4

Belgien - Österreich 4:4

„Kavlak war laufstark, trickreich, mit dem Blick für den Mitspieler. Er riss das Spiel an sich, war in dieser Phase der klar beste Mann am Platz. Umso unverständlicher, dass er nach 56 Minuten den Platz für Jimmy Hoffer verlassen musste – die reinste Selbstkastration.“ – Wer hätte das gedacht? Das ÖFB-Team kann mit den Secondos in der Offensive tatsächlich einen gepflegten Fußball spielen, wie das beim hochdramatischen 4:4 in Brüssel deutlich wurde. Wenn man sie denn lässt. Denn der Teamchef hatte im einzigen signifikanten Länderspiel des Jahres etwas gegen den Sieg. Denn dann kamen die Wechsel.

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Platz 3 | Deutsche Bundesliga | Mainz – Dortmund 0:2

Mainz - Dortmund 0:2

„Bei Dortmund beteiligten sich wirklich alle Spiele am ganzen Platz am Pressing. So war es in der 26. Minute Außenverteidiger Schmelzer, der durch seine aggressive Bewegung Richtung Bungert dessen Fehlpass provozierte, der zum nicht unverdienten 1:0 durch Mario Götze geführt hat.“ – Die beiden Mannschaften, die den Herbst in der deutschen Bundesliga bestimmt haben, im direkte Duell. Es war ein Festival des konsequenten Pressing, das für beide Teams richtungsweisend war. Denn für Mainz war nach diesem Spiel der Höhenflug beendet, der BVB zog weiter voll durch. Die Mainzer fanden in Dortmund ihren Meister.

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Platz 2 | Weltmeisterschaft | Chile – Spanien 1:2

Chile - Spanien 1:2

„Die Chilenen waren die erste Mannschaft seit Ewigkeiten, welche die Spanier nicht nur mit spielerischen Mitteln kontrolliert, ja beinahe knebelt – und nicht mit extrem disziplinierter Defensive entnervt.“ – Das beste Team der Endrunde in Südafrika gegen das aufregendste, und noch dazu ging es für beide noch um das Weiterkommen: Bei all den spannenden Partien in der K.o.-Phase ging dieses extrem gute und hochinteressante Match in der Erinnerung etwas unter. Letztlich setzten sich die Spanier durch, weil sie kaltschnäuziger waren, dank des Ergebnisses im Parallelspiel kamen beide weiter. Nach einem echten Kracher.

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Platz 1 | Primera Division | Barcelona – Real Madrid 5:0

Barcelona - Real Madrid 5:0

„Barcelona sammelte zwei Drittel Ballbesitz. Was auch deshalb möglich war, weil Real körperlich überhaupt nicht dagegen hielt! In den ersten 30 Minuten gab es ein einziges (!) Foul. Das mit dem Räume eng machen klappte also nicht, physisch hielt Real nicht dagegen, und so verdiente sich Barcelona das 2:0 vollauf. Real war schlicht nicht anwesend.“ – Das wohl meistgehypte Spiel des Herbstes, es war eine einzigartige Machtdemonstration des FC Barcelona. Zu keinem Zeitpunkt hatte das Starensemble aus Madrid auch nur die geringste Chance, es gab schließlich die ärgste Vernichtung seit Generationen. Und für José Mourinho seine schlimmste Demütigung.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2010 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2011 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

(phe/tsc/gpi)

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BV Re-Issue – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 https://ballverliebt.eu/2010/12/27/bv-re-issue-fusballer-vs-verlierer-10/ https://ballverliebt.eu/2010/12/27/bv-re-issue-fusballer-vs-verlierer-10/#respond Mon, 27 Dec 2010 10:36:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3520 BV Re-Issue – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 weiterlesen ]]> Danke, Iniesta: Er bewahrte die Fußballwelt vor einem Weltmeister, der über 120 Minuten nur getreten, gemotzt und zerstört hat und gar nicht erst versucht hat, Fußball zu spielen. Das späte 1:0 macht aus Spanien einen korrekten Titelträger.

Spanien – Holland 1:0 n.V.

Spanien - Holland 1:0 n.V.

ARD-Stammtischbruder Paul Breitner hatte Recht. „Weil’s nix bringt“, meinter er auf die Frage, warum das deutsche Team im Semfinale gegen Spanien nicht körperlicher gespielt habe. „Du kriegst Gelb, dem Spanier ist die Attacke aber wurscht und er wickelt dich zwei Minuten später genauso ein. Und du kannst nimmer gscheit hingehen, weilst sonst vom Platz fliegst!“ Die Holländer hatten ihn offenbar nicht gehört, denn das Hauptkonzept von Oranje im Finale war: Niedertreten, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Zu Beginn des Spiels lief alles wie erwartet: Spanien krallt sich sofort den Ballbesitz, die Holländer stehen – wie schon die Deutschen im Semifinale – zunächst zu tief. Die Folge: Schon nach zehn Minuten hatten die Spanier drei hochkarätige Tormöglichkeiten vorgefunden. Die Seleccion trat ebenso wie das Oranje-Team in der erwarteten Aufstellung an, jedoch spielte Pedro nicht so aktiv wie im Semifinale. Er war nominell auf der rechten Außenbahn aufgestellt, hielt sich aber tatsächlich sehr viel in der Mitte auf, beinahe als hängende Spitze hinter Villa.

So blieb Ramos die rechte Seite weitgehend alleine überlassen, was zu Beginn gegen den langsamen Van Bronckhorst auf ganz gut funktionierte. Ramos und Cadevila die Dribbler über die Außen, Xavi und Iniesta die schnellen Passgeber im Zentrum – alles keine Überraschung. Nach etwa einer Viertelstunde fingen die Holländer allerdings zum einen an, höher zu stehen und wesentlich früher und wesentlich konsequente zu Pressen, zudem stiegen sie nun desöfteren ziemlich rustikal ein. Nicht nur die Brutalo-Fouls von Van Bommel (der Iniesta aus vollem Lauf das Standbein umtrat) und De Jong (der Kickboxer gegen Xabi Alonso), die beide ohne Wenn und Aber mit klaren roten Karten geahndet hätten werden müssen – es gab jeweils nur Gelb – sondern viele kleine Fouls im Mittelfeld, um den Spielfluss der Spanier zu stören.

Was wunderbar funktionierte. Den Spaniern gelang es nun praktisch gar nicht mehr, wirklich konstruktiv in Richtung des holländischen Strafraums zu kommen, Kuyt drängte Ramos vermehrt nach hinten (wodurch Van Bronckhorst deutlich entlastet wurde) und Robben beschäftigte nun Capdevila, der oft von Xabi Alonso beim Doppeln von Robben unterstützt wurde. Somit erfüllten Robben und Kuyt ihre Aufgabe: Das Abstellen der spanischen Flanken. Denn wenn man den Spaniern die Seite nimmt und das Aufbauspiel ins Zentrum zwingt, lassen sich Räume gut zustellen. Das schafften Podolski/Boateng und Lahm/Trochowski im Semifinale nicht, den Holländern gelang es schon.

Allerdings hieß das, das auch das Oranje-Aufbauspiel über das Zentrum zu gehen hatte. Kuyt beschäftigte zwar Ramos, kam aber sonst nicht zur Geltung und mehr als Eckbälle konnte der auf sich alleine gestellte Robben nicht produzieren. So blieb den Holländern nur noch die Option über 50m-Pässe in Richtung Van Persie und Sneijder (letzterer agierte wie gewohnt als hängende Spitze), welche aber entweder sichere Beute von Casillas, Puyol und Piqué wurden, oder – noch viel öfter – gleich irgendwo im Nirvana endeten, ohne Chance, jemals einen Mitspieler zu erreichen. Das logische Resultat zur Pause war somit das 0:0.

Zweite Hälfte

Nach der Pause taute dann Iniesta, der von Mark van Bommel ziemlich in die Mangel genommen worden war, deutlich auf. Er wich nun vermehrt auf die linke Seite aus, wo der holländische Außenverteidiger Gregory van der Wiel keinen allzu guten Tag hatte. Wenn immer sich Iniesta nun aus der Umklammerung von Van Bommel lösen konnte, wurde es gefährlich, vor allem, nachdem auch Innenverteidiger John Heitinga nach seiner Verwarnung viel vorsichtiger in die Zweikämpfe gehen hatte müssen. Iniesta rochierte zudem mit Villa, sodass Van der Wiel, sollte Iniesta doch wieder in die Mitte ziehen, weiterhin beschäftigt war.

Nach einer Stunde brachte Del Bosque dann Jesús Navas für den diesmal eher enttäuschenden Pedro, um die Oranje-Schwachstelle Van Bronckhorst kosequenter anzubohren. Mit Erfolg: Navas brachte über seine linke Seite nun viel mehr Wirbel, als der nicht allzu positionstreue Pedro das vor ihm tat. Offensiv war Van Bronckhorst nun komplett aus dem Spiel, defensiv hatte er einige Probleme. Durch Iniesta (mit dem fleißigen Capdevila) auf der einen und dem wuseligen Navas auf der anderen Seite gelang es den Spaniern, ihre vor der Pause abgeschalteten Flügel wieder deutlich zu beleben.

Alleine, Torerfolg wollte keiner gelingen. So hätten sich die Spanier nicht wundern müssen, hätte Robben eine der beiden krassen Unachtsamkeiten in der Defensive ausnützen konnte: Die Abwehrreihe war jeweils zu weit aufgerückt, ein Pass in den Lauf des nun auch mehr durch die Mitte ziehnten Robben, und zwei Mal wäre es fast geschehen, allerdings klärte in beiden Szenen Casillas hervorragend – in der zweiten hatte Puyol zudem etwas Glück, nicht mit seiner zweiten Gelben vom Platz zu müssen. In diesen wenigen Szenen blitzte auf, dass die Holländer ja durchaus ansehnlichen Fußball spielen könnten.

Was man den Spaniern hoch anrechnen muss ist die Tatsache, dass sie sich (von Iniestas kurzem Auszucker abgesehen) von den holländischen Härteeinlagen nie wirklich aus der Ruhe bringen ließen, und auch keine dummen Fouls begingen – die meisten Verwarnungen für die Spanier nach der Pause resultierten aus notwendigen, taktischen Vergehen. Auf der anderen Seite gab es nun zwar keine wirklich böswilligen Attacken mehr auf die Gesundheit der Gegenspieler, aber durch permanentes In-den-Mann-Gehen schafften es die Holländer auch in der zweiten Hälfte, einen wirklich durchgängigen Spielfluss bei den Spaniern nie aufkommen zu lassen. Diese zogen zwar in einzelnen Szenen immer wieder das Tempo an (vor allem Navas, aber auch Iniesta), wirklich schwere Bäller musste Oranje-Keeper Stekelenburg aber nicht pararieren – so ging es also in die Verlängerung.

Verlängerung

Fàbregas, der für Xabi Alonso gekommen war, ermöglichte es Xavi, nun etwas mehr aus der Tiefe zu kommen. Die Spanier haben eingesehen, dass sie zu ihrem Kurzpass-Spiel in diesem Finale nicht mehr kommen würden, und stellten dahingehend um – Xavi als Passgeber, um die Offensivkräfte vor ihm für Sololäufe in Szene zu setzen. Navas, Iniesta und Fàbregas fanden in der ersten Hälfte der Verlängerung jeweils schon auf diese Art und Weise Möglichkeiten vor.

Van Marwijk nahm mit De Jong einen Sechser raus und brachte mit Rafael van der Vaart einen weiteren Offensiven – zumindest nominell. In der Praxis musste nämlich Van der Vaart beinahe auf einer Höhe mit Mark van Bommel ebenso im defensiven Mittelfeld auflaufen und konnte so offensiv für keinerlei Akzente sorgen. Das sollte aus Sicht der Holländer jedoch Edson Braafheid, der zwar ebenso Linksverteidiger ist wie der mit Navas leicht überforderte Giovanni van Bronckhorst, für den er gekommen war, allerdings zum einen als schneller gilt (was gegen Navas wichtig war), als auch als mutiger in der Vorwärtsbewegung.

Als dann mit John Heitinga sich dann endlich doch noch ein Holländer den wohlverdienten Ausschluss abgeholt hatte, musste Mark van Bommel in die Abwehrzentrale zurück. Der für Villa ins Spiel gekommene Torres (der einmal mehr wirkungslos blieb und nur durch seine Zerrung ohne Fremdeinwirkung auffiel) konnte dies nicht nützen, die Überzahl half aber ohne Frage beim entscheidenden Tor. Dieses fiel nämlich genau über das Loch, das der Neu-Verteidiger Van Bommel im Mittelfeld riss und welches Van der Vaart nicht gut genug abdecken konnte. Abseits war es keines, Van der Vaart stellte sich etwas ungeschickt an, und Iniesta traf völlig freistehend zum verdienten 1:0. Das war natürlich die Entscheidung: Mit einem Mann weniger und einem solchen Nackenschlag im Gepäck war es den Holländern nicht mehr möglich, nach 115 Minuten Zerstören plötzlich auf Fußball umzustellen.

Fazit

Mit Worten wie „armselig“, „erbärmlich“, „widerlich“, „ekelhaft“ und „skandalös“ warf sky-Kommentator Marcel Reif im Zusammenhang mit dem Holzhacker-Auftitt der Holländer nur so um sich – und er hatte mit jedem einzelnen damit absolut Recht. Noch schlimmer ist es allerdings, dass sich Oranje nach dem Spiel ausgerechnet auf Schiedsrichter Howard Webb ausredeten. Das einzige, was man dem Engländer vorwerfen muss ist, dass er nicht schon viel früher angefangen hat, Holländer vom Platz zu stellen.

Was das Spiel selbst angeht sind die Spanier ohne jeden Zweifel der verdiente Sieger, weil sie diejenige Mannschaft waren, die zumindest versuchten, ein Fußballspiel zu absolvieren und sie haben sich von der Brutalo-Gangart der Holländer praktisch nicht aus der Fassung bringen lassen. Mit der Ruhe, welche die Spanier schon im ganzen Turnierverlauf auszeichnete, wartete die Seleccion geduldig auf die Chancen, und letztlich wurde eine davon genützt.

(phe)

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Toter 2. Mann, besoffene Schiefe, und andere Erkenntnisse https://ballverliebt.eu/2010/07/14/toter-2-mann-besoffene-schiefe-und-andere-erkenntnisse/ https://ballverliebt.eu/2010/07/14/toter-2-mann-besoffene-schiefe-und-andere-erkenntnisse/#comments Wed, 14 Jul 2010 00:01:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2460 Toter 2. Mann, besoffene Schiefe, und andere Erkenntnisse weiterlesen ]]> Die 19. Fußball-WM ist Geschichte – wir werden uns an den verdienten Weltmeister Spanien erinnern, an ein erfrischendes Team aus Deutschland, an Diego Maradonas One-Man-Show an der Seitenlinie. Aber ein bärtiger Mann mit Anzug ist keine Erkenntnis. Solche gibt es aber sehr wohl.

1. – Der Zwei-Mann-Sturm ist tot

Es hat sich in den letzten Jahren schon angedeutet, aber das Turnier in Südafrika hat es endgültig gezeigt. Es gab kaum noch Teams, die mit einem klassischen Zwei-Mann-Sturm angetreten sind, und spätestens im Achtelfinale war es um diese wenigen auch geschehen. Die USA waren da noch am nächsten am Viertelfinale dran. Trumpf ist ein einzelner Zentrumsstürmer – man kann es sich nicht mehr erlauben, einen Mittelfeld-Mann für die Angriffszentrale zu opfern, weil Überzahl im Mittelfeld nun mal absolut essenziell geworden ist. Heißt: Solo-Spitze mit verschiedensten Variationen dahinter. Etwa mit einer hängenden Spitze.

Eine weit mehr genützte Möglichkeit war aber ein nominelles 4-2-3-1, das in Wahrheit aber mehr ein 4-3-3 ist (bzw. ein 2-5-3, AVs mitgerechnet) – weil die Außenpositionen im offensiven Mittelfeld von Stürmern besetzt sind. Die Deutschen etwa haben so gespielt – ein mobiler Zentrumsstürmer (Klose), einem Zwischending aus Zehner und hängender Spitze (Özil, bei den Holländern war das Sneijder, usw.) und zwei gelernte, schnelle Angreifer als klassische Außen (Müller, Podolski). Wenn diese beiden auch noch, was natürlich klar ist, auch von ihren Außenverteidigern unterstützt werden, entsteht dadurch ein Sieben-Mann-Mittelfeld. In der Defensivbewegung sind hier alle schnell hinten, im Ballbesitz gibt es sofort sieben offensiv denkende Spieler – die drei Stürmer, der Zehner, die Außenverteidiger und auch einer der beiden Sechser als Quarterback. Der zweite lässt sich vermehrt zurückfallen. Das heißt:

2. – Der Sechser wird Aushilfs-Libero

Christian Poulsen bei den Dänen machte das oft, auffällig auch Sergi Busquets beim Weltmeister. Auch Carlos Carmona (oder wer auch immer bei den extrem flexiblen Chilenen halt den Sechser spielte) bei den Chilenen, wenn diese gegen Solo-Spitze auf Viererkette hinten umgestellt haben. Der Sechser kehrt somit immer mehr dorthin zurück, wo er hergekommen ist – auf die Libero-Position. Der erste moderne Sechser als Ballverteiler mit dem Spiel vor und den zwei Zentralverteidigern (in seinem Fall noch Manndeckern) hinter sich war Matthias Sammer und er machte Deutschland 1996 so zum Europameister.

Bei Viererketten, und das hat sich schon seit einiger Zeit angedeutet, kommt dieses Modell mit dem Offensiv-Libero immer mehr zurück, vor allem, wenn mit einer Doppel-Sechs gespielt wird. So geht der eine eben zurück zwischen die Innenverteidiger und bildet so eine flexible Dreierkette, der andere agiert weiterhin als Ballverteiler. Bestes Beispiel bei der WM eben Busquets und Xabi Alonso. Auf diese Weise können im Ballbesitz bis auf diese drei alle Mitspieler nach vorne arbeiten, im Falle eines Konters ist aber die gesamte Breite des Platzes abgesichert. Durch geschicktes Verzögern können es diese drei dann auch dem Rest des Teams erlauben, rechtzeitig zurück zu eilen.

3. – Assymetrie

Der FM4-Experte Martin Blumenau beschrieb einen Auftritt der Kroaten bei der Euro2004 folgendermaßen: „Ihr Spiel hing schief wie Bier in der Hand eines Besoffenen.“ Dieser Satz bezog sich zwar auf ein schief bestztes Mittelfeld und in diesem Fall (Videostudium dieses Spiels legt das Nahe) hatte es auch keinen taktischen Hintergedanken (und half auch nix), aber während damals Assymetrie noch im wahrsten Sinne des Wortes schräg angeschaut wurde, ist sie Anno 2010 wieder der letzte Schrei. Spanien, Uruguay, Brasilien, Paraguay, Argentinien, Algerien, in Ansätzen auch die Slowakei – schiefes Spiel ist wieder „in“.

Erklärt am Beispiel Brasilien: Robinho spielte einen klassischen Linksaußen, beschäftigte so den Außenverteidiger und den gegnerischen RM oft gleich mit. Solo-Spitze Luís Fabiano orientierte sich dabei gerne in das Robinho nahe Halbfeld. Auf der anderen Seite beackerte RM Maicon die Seite oft alleine, unterstützt vom Zehner Kaká insofern, dass dieser gerne von der halbrechten Seite kam und so entweder einen gegnerischen DM auf sich zog, oder gar der LV – und im Idealfall beide. So hatte Maicon nicht selten Platz ohne Ende für seine gefährlichen Vorstöße.

Durch dieses geplante Ungleichgewicht verfällt natürlich auch die verteidigende Mannschaft in ein solches, oft allerdings ungewollt. Weil die Seiten völlig unterschiedlich zu verteidigen sind, können die Sechser nicht einfach mal schnell Platz tauschen, weil die Aufgaben komplett andere sind. Vor allem die Brasilianer und auch die Spanier (lange mit Villa als Linksaußen) hielten die Gegner so beschäftigt. Diesen beiden konnte so kein Team über 90 Minuten standhalten (außer die Brasilianer gegen Portugal, da haben sie’s mangels Notwendigkeit und wegen vieler Umstellungen gar nicht erst wirklich probiert).

Die ganz hohe Kunst haben diesbezüglich die Spanier im Finale gezeigt, als sie mit Navas einen Rechtsaußen brachten und das assymetrische Spiel seitenverkehrt aufgezogen haben. Der überforderte LV Van Bronckhorst wurde so komplett totgespielt.

4. – Afrikanische Disziplin

Das Team aus Ghana zeigte es am Besten vor: Extreme taktische Disziplin hat, entgegen aller Klischees, natürlich längst auch bei den Mannschaften aus Afrika Einzug gehalten. Ein flexibles, aber in sich funktionierendes Mittelfeld mit drei Offensivkräften, die alle links, rechts und in der Mitte spielen können (Ayew, Asamoah und wahlweise Tagoe oder Muntari), dazu ein klassischer Sechser (Annan) und – ich gebe zu, ich hatte es ihm nicht zugetraut – mit Kevin-Prince Boateng ein free floating „fünfter Mann“, der als zweiter Sechser, Ergänzung in jeder Position der Offensivreihe, und bei Bedarf sogar als hängende Spitze spielen konnte. Der Mann, der das starke deutsche Turnier erst ermöglicht hatte (indem er im FA-Cup-Finale Ballack umschnitt), ist zweifellos einer der ganz großen Gewinner des Turniers.

Aber auch die Algerier haben, zumindest in systematischer Hinsicht, absolut überzeugt. Das erste Spiel gegen Slowenien war ein Lehrbeispiel von Flexibilität – in einer Stunde wurde ohne Reibungsverluste vier Mal das komplette System umgestellt. Gegen England stellten sie sich hervorragend auf den Gegner ein und ließen ihn verzweifeln, ohne nur stumpf eine Wand aufzuziehen. Und gegen die Amerikaner gelang beinahe selbiges, wenn ihnen nicht am Ende die Kraft ausgegangen wäre. Einzig einen echten Stürmer brauchen die Wüstenfüchse noch.

Und auch die Südafrikaner darf man nicht vergessen, hier fehlte es weniger an taktischer Reife, sondern schlicht an der Qualität der Spieler. Dass es aber auch anders geht, wurde gezeigt: Die Nigerianer spielten erstmals seit Menschengedenken ohne Außenstürmer und haben sich erst im dritten Spiel daran gewöhnt, die Ivorer wurde (am Auffälligsten im Portugal-Spiel) von Drogba jede Variabilität genommen, und bei Kamerun muss das Verhältnis zwischen der Mannschaft und dem machtlosen Trainer ähnlich unterhaltsam wie jedes bei der französischen Delegation gewesen sein.

5. – Verteidigen alleine hilft dir nichts

Das Team aus Nordkorea hatte eine klare Marschrichtung: Hinten dichtmachen und vorne auf Neu-Bochumer Jong Tae-Se hoffen. Die Brasilianer haben sich das eine Halbzeit routiniert angesehen, kannten dann die Schwächen und schlugen eiskalt zu, die Portugiesen machten es ebenso, und die Ivorer hatten Video geschaut und machten die Nordkoreaner von Beginn an auf. Warum die Koreaner letztlich mit 1:12 Toren aus drei Spielen nach Hause fuhren? Sie hatten kein Offensiv-Konzept.

Es muss, wenn sich das Spiel schon auf die Defensive konzentriert, auch ein Plan nach vorne vorhanden sein, sonst kommt nichts dabei heraus. Die Algerier hatten das selbe Problem, Honduras genauso, die Schweizer sind exakt daran gescheitert. Andere Teams mit einer defensiven Grundausrichtung hatten auch ein Konzept, wie es nach vorne gehen sollte. Paraguay etwa, Uruguay ganz besonders, die Japaner auch.

Und den Griechen sei ins Stammbuch geschrieben: Ihr habt gegen Nigeria gezeigt, dass ihr ein schlüssiges, funktionierendes und auch schön anzusehendes Offensivkonzept habt. Weil ihr das wisst und die Welt dennoch mit eurer nicht einmal besonders durchdachten Abwehrmauer gequält habt, seid ihr die Stinktiere dieser WM. Bäh!

6. – Das Anti-Stinktier: Chile

Der Preis für das aufregendste Konzept geht natürlich an die tollen Chilenen. Das Team von Marcelo Bielsa ist in der Vorwärtsbewegung und in der Spielgestaltung dermaßen grandios, dass sich sogar die Spanier eine Halbzeit lang verwundert die Augen gerieben hätten, wenn sie dazu gekommen wären. Dass es ohne gelbgesperrte Schlüsselspieler gegen Brasilien nicht reichte – geschenkt. Diese unglaubliche Flexibilität in einem dennoch fixen System. Dieses Breitmachen des Spiels. Diese Fähigkeit, von überall her Druck zu erzeugen. Diese Spieler, die alle fast alles Spielen können. Jetzt bräuchte es nur noch einen Stürmer, der auch die Tore rein macht…

7. – Der Wunder-Semifinalist

Und, last but not least: Spanien hat es als wohl erste Mannschaft der WM-Geschichte geschafft, mit zehn Mann pro Spiel ins Semifinale einzuziehen. Schließlich hat Vicente del Bosque erst im vorletzten Spiel den völlig indisponierten Torres aus seiner Startelf genommen. Über den Liverpool-Stürmer, der nach einer Verletzung meilenweit von seiner Bestform entfernt war, gilt das Zitat von Tottenham-Coach Harry Redknapp, welches dieser über Wayne Rooney getätigt hatte, genauso: „If I’d asked you to go and watch him, say he was available and I could get him for £1.5million, you would have come back and said: ‚Nah, you can’t take him, he’s not good enough!'“

8. – All-Star-Team

Rein subjektiv natürlich.
Tor – Manuel Neuer (Ger) – Kein anderer Schlussmann ist so spielintelligent wie der Schalker.
RV – Maicon (Bra) – Nach vorne stark, nach hinten sicher. Sergio Ramos könnte man aber genauso nehmen.
IV – Arne Friedrich (Ger) und Carles Puyol (Esp) – letzterer eh klar, ersterer hat auch eine tolle WM absolviert.
LV – Fabio Coentão (Por) oder Carlos Salcído (Mex) – für mich ein Unentschieden.
6er – Bastian Schweinsteiger (Ger) und Kevin-Prince Boateng (Gha) – Übersicht in allen Lebenslagen.
10er – Wesley Sneijder (Ned) – Torgefährlich, kann den tödlichen Pass spielen. Und sogar Kopfballtore machen!
RA – Thomas Müller (Ger) – eh klar. Aber auch der Chilene Alexis Sánchez hat hier gut gefallen.
LA – David Villa (Esp) – spielte die meiste Zeit des Turniers über die linke Seite. Klappte echt gut.
CF – Diego Forlán (Uru) – kann den Center-Forward, kann Zehner, kann Flügel, und trifft auch noch.

9. That’s it

Bald geht die EM-Qualifikation los, in etwa einem Jahr bei den Pazifik-Spielen starten die Quali-Partien für die 20. Weltmeisterschaft, die am 13. Juli 2014 im Maracanã von Rio de Janeiro endet. Im Jänner 2011 ist der Asien-Cup in Katar, im Juli 2011 die Copa América in Argentinien, im Jänner 2012 (in Gabun und Äquatorialguinea) und Jänner 2013 (in Libyen) stehen Afrika-Cups auf dem Programm, ebenso 2011 und 2013 gibt’s Gold-Cups, also die Nord/Mittelamerika-Meisterschaft, und im Juni 2012 ist die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Somit sind wir die nächsten vier Jahren ja durchaus einigermaßen versorgt.

Und schließen möchte ich mit weisen Worten eines (wie sky-Zuschauer spätestens seit dieser WM wissen) nicht immer allzu weisen Mannes schließen. Franz Beckenbauer meinte am Ende „seiner“ WM vor vier Jahren folgendes:

„It’s gone. The tournament has finished and the World Cup is going the moon direction to the Mars and then maybe months leaving our sun system!“

(phe)

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Finale – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 https://ballverliebt.eu/2010/07/12/finale-fusballer-vs-zerstorer-10/ https://ballverliebt.eu/2010/07/12/finale-fusballer-vs-zerstorer-10/#comments Mon, 12 Jul 2010 15:27:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2452 Finale – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Finale | Danke, Iniesta: Er bewahrte die Fußballwelt vor einem Weltmeister, der über 120 Minuten nur getreten, gemotzt und zerstört hat und gar nicht erst versucht hat, Fußball zu spielen. Das späte 1:0 macht aus Spanien einen korrekten Titelträger.

Spanien – Holland 1:0 n.V.

Spanien - Holland 1:0 n.V.

ARD-Stammtischbruder Paul Breitner hatte Recht. „Weil’s nix bringt“, meinter er auf die Frage, warum das deutsche Team im Semfinale gegen Spanien nicht körperlicher gespielt habe. „Du kriegst Gelb, dem Spanier ist die Attacke aber wurscht und er wickelt dich zwei Minuten später genauso ein. Und du kannst nimmer gscheit hingehen, weilst sonst vom Platz fliegst!“ Die Holländer hatten ihn offenbar nicht gehört, denn das Hauptkonzept von Oranje im Finale war: Niedertreten, alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Zu Beginn des Spiels lief alles wie erwartet: Spanien krallt sich sofort den Ballbesitz, die Holländer stehen – wie schon die Deutschen im Semifinale – zunächst zu tief. Die Folge: Schon nach zehn Minuten hatten die Spanier drei hochkarätige Tormöglichkeiten vorgefunden. Die Seleccion trat ebenso wie das Oranje-Team in der erwarteten Aufstellung an, jedoch spielte Pedro nicht so aktiv wie im Semifinale. Er war nominell auf der rechten Außenbahn aufgestellt, hielt sich aber tatsächlich sehr viel in der Mitte auf, beinahe als hängende Spitze hinter Villa.

So blieb Ramos die rechte Seite weitgehend alleine überlassen, was zu Beginn gegen den langsamen Van Bronckhorst auf ganz gut funktionierte. Ramos und Cadevila die Dribbler über die Außen, Xavi und Iniesta die schnellen Passgeber im Zentrum – alles keine Überraschung. Nach etwa einer Viertelstunde fingen die Holländer allerdings zum einen an, höher zu stehen und wesentlich früher und wesentlich konsequente zu Pressen, zudem stiegen sie nun desöfteren ziemlich rustikal ein. Nicht nur die Brutalo-Fouls von Van Bommel (der Iniesta aus vollem Lauf das Standbein umtrat) und De Jong (der Kickboxer gegen Xabi Alonso), die beide ohne Wenn und Aber mit klaren roten Karten geahndet hätten werden müssen – es gab jeweils nur Gelb – sondern viele kleine Fouls im Mittelfeld, um den Spielfluss der Spanier zu stören.

Was wunderbar funktionierte. Den Spaniern gelang es nun praktisch gar nicht mehr, wirklich konstruktiv in Richtung des holländischen Strafraums zu kommen, Kuyt drängte Ramos vermehrt nach hinten (wodurch Van Bronckhorst deutlich entlastet wurde) und Robben beschäftigte nun Capdevila, der oft von Xabi Alonso beim Doppeln von Robben unterstützt wurde. Somit erfüllten Robben und Kuyt ihre Aufgabe: Das Abstellen der spanischen Flanken. Denn wenn man den Spaniern die Seite nimmt und das Aufbauspiel ins Zentrum zwingt, lassen sich Räume gut zustellen. Das schafften Podolski/Boateng und Lahm/Trochowski im Semifinale nicht, den Holländern gelang es schon.

Allerdings hieß das, das auch das Oranje-Aufbauspiel über das Zentrum zu gehen hatte. Kuyt beschäftigte zwar Ramos, kam aber sonst nicht zur Geltung und mehr als Eckbälle konnte der auf sich alleine gestellte Robben nicht produzieren. So blieb den Holländern nur noch die Option über 50m-Pässe in Richtung Van Persie und Sneijder (letzterer agierte wie gewohnt als hängende Spitze), welche aber entweder sichere Beute von Casillas, Puyol und Piqué wurden, oder – noch viel öfter – gleich irgendwo im Nirvana endeten, ohne Chance, jemals einen Mitspieler zu erreichen. Das logische Resultat zur Pause war somit das 0:0.

Nach der Pause taute dann Iniesta, der von Mark van Bommel ziemlich in die Mangel genommen worden war, deutlich auf. Er wich nun vermehrt auf die linke Seite aus, wo der holländische Außenverteidiger Gregory van der Wiel keinen allzu guten Tag hatte. Wenn immer sich Iniesta nun aus der Umklammerung von Van Bommel lösen konnte, wurde es gefährlich, vor allem, nachdem auch Innenverteidiger John Heitinga nach seiner Verwarnung viel vorsichtiger in die Zweikämpfe gehen hatte müssen. Iniesta rochierte zudem mit Villa, sodass Van der Wiel, sollte Iniesta doch wieder in die Mitte ziehen, weiterhin beschäftigt war.

Nach einer Stunde brachte Del Bosque dann Jesús Navas für den diesmal eher enttäuschenden Pedro, um die Oranje-Schwachstelle Van Bronckhorst kosequenter anzubohren. Mit Erfolg: Navas brachte über seine linke Seite nun viel mehr Wirbel, als der nicht allzu positionstreue Pedro das vor ihm tat. Offensiv war Van Bronckhorst nun komplett aus dem Spiel, defensiv hatte er einige Probleme. Durch Iniesta (mit dem fleißigen Capdevila) auf der einen und dem wuseligen Navas auf der anderen Seite gelang es den Spaniern, ihre vor der Pause abgeschalteten Flügel wieder deutlich zu beleben.

Alleine, Torerfolg wollte keiner gelingen. So hätten sich die Spanier nicht wundern müssen, hätte Robben eine der beiden krassen Unachtsamkeiten in der Defensive ausnützen konnte: Die Abwehrreihe war jeweils zu weit aufgerückt, ein Pass in den Lauf des nun auch mehr durch die Mitte ziehnten Robben, und zwei Mal wäre es fast geschehen, allerdings klärte in beiden Szenen Casillas hervorragend – in der zweiten hatte Puyol zudem etwas Glück, nicht mit seiner zweiten Gelben vom Platz zu müssen. In diesen wenigen Szenen blitzte auf, dass die Holländer ja durchaus ansehnlichen Fußball spielen könnten.

Was man den Spaniern hoch anrechnen muss ist die Tatsache, dass sie sich (von Iniestas kurzem Auszucker abgesehen) von den holländischen Härteeinlagen nie wirklich aus der Ruhe bringen ließen, und auch keine dummen Fouls begingen – die meisten Verwarnungen für die Spanier nach der Pause resultierten aus notwendigen, taktischen Vergehen. Auf der anderen Seite gab es nun zwar keine wirklich böswilligen Attacken mehr auf die Gesundheit der Gegenspieler, aber durch permanentes In-den-Mann-Gehen schafften es die Holländer auch in der zweiten Hälfte, einen wirklich durchgängigen Spielfluss bei den Spaniern nie aufkommen zu lassen. Diese zogen zwar in einzelnen Szenen immer wieder das Tempo an (vor allem Navas, aber auch Iniesta), wirklich schwere Bäller musste Oranje-Keeper Stekelenburg aber nicht pararieren – so ging es also in die Verlängerung.

Fàbregas, der für Xabi Alonso gekommen war, ermöglichte es Xavi, nun etwas mehr aus der Tiefe zu kommen. Die Spanier haben eingesehen, dass sie zu ihrem Kurzpass-Spiel in diesem Finale nicht mehr kommen würden, und stellten dahingehend um – Xavi als Passgeber, um die Offensivkräfte vor ihm für Sololäufe in Szene zu setzen. Navas, Iniesta und Fàbregas fanden in der ersten Hälfte der Verlängerung jeweils schon auf diese Art und Weise Möglichkeiten vor.

Van Marwijk nahm mit De Jong einen Sechser raus und brachte mit Rafael van der Vaart einen weiteren Offensiven – zumindest nominell. In der Praxis musste nämlich Van der Vaart beinahe auf einer Höhe mit Mark van Bommel ebenso im defensiven Mittelfeld auflaufen und konnte so offensiv für keinerlei Akzente sorgen. Das sollte aus Sicht der Holländer jedoch Edson Braafheid, der zwar ebenso Linksverteidiger ist wie der mit Navas leicht überforderte Giovanni van Bronckhorst, für den er gekommen war, allerdings zum einen als schneller gilt (was gegen Navas wichtig war), als auch als mutiger in der Vorwärtsbewegung.

Als dann mit John Heitinga sich dann endlich doch noch ein Holländer den wohlverdienten Ausschluss abgeholt hatte, musste Mark van Bommel in die Abwehrzentrale zurück. Der für Villa ins Spiel gekommene Torres (der einmal mehr wirkungslos blieb und nur durch seine Zerrung ohne Fremdeinwirkung auffiel) konnte dies nicht nützen, die Überzahl half aber ohne Frage beim entscheidenden Tor. Dieses fiel nämlich genau über das Loch, das der Neu-Verteidiger Van Bommel im Mittelfeld riss und welches Van der Vaart nicht gut genug abdecken konnte. Abseits war es keines, Van der Vaart stellte sich etwas ungeschickt an, und Iniesta traf völlig freistehend zum verdienten 1:0. Das war natürlich die Entscheidung: Mit einem Mann weniger und einem solchen Nackenschlag im Gepäck war es den Holländern nicht mehr möglich, nach 115 Minuten Zerstören plötzlich auf Fußball umzustellen.

Fazit: Mit Worten wie „armselig“, „erbärmlich“, „widerlich“, „ekelhaft“ und „skandalös“ warf sky-Kommentator Marcel Reif im Zusammenhang mit dem Holzhacker-Auftitt der Holländer nur so um sich – und er hatte mit jedem einzelnen damit absolut Recht. Noch schlimmer ist es allerdings, dass sich Oranje nach dem Spiel ausgerechnet auf Schiedsrichter Howard Webb ausredeten. Das einzige, was man dem Engländer vorwerfen muss ist, dass er nicht schon viel früher angefangen hat, Holländer vom Platz zu stellen.

Was das Spiel selbst angeht sind die Spanier ohne jeden Zweifel der verdiente Sieger, weil sie diejenige Mannschaft waren, die zumindest versuchten, ein Fußballspiel zu absolvieren und sie haben sich von der Brutalo-Gangart der Holländer praktisch nicht aus der Fassung bringen lassen. Mit der Ruhe, welche die Spanier schon im ganzen Turnierverlauf auszeichnete, wartete die Seleccion geduldig auf die Chancen, und letztlich wurde eine davon genützt.

(phe)

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P3 – Mit offenem Visier https://ballverliebt.eu/2010/07/10/p3-mit-offenem-visier/ https://ballverliebt.eu/2010/07/10/p3-mit-offenem-visier/#comments Sat, 10 Jul 2010 20:49:24 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2449 P3 – Mit offenem Visier weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Spiel um Platz 3 | Groß war der Druck nicht mehr – was das Kleine Finale zum großen Unterhaltungswert verhalf. In einer flotten Partie holte sich das DFB-Team mit dem 3:2-Erfolg über Uruguay den Bronze-Platz, zufrieden mit dem Turnier können aber sicherlich beide sein.

Deutschland – Uruguay 3:2 (1:1)

Deutschland - Uruguay 3:2

Man merkte es den Beteiligten zunächst an: So richtig der allerletzte Drive fehlte zu Beginn, es ging nicht mehr um alles. Was sich auch in der deutschen Formation manifestierte: Ja, Lahm und Klose konnten vergrippt nicht teilnehmen, aber etwa der Einsatz von Marcell Jansen (statt Podolski) und Jörg Butt (statt Manuel Neuer) zeigte, dass Löw auch Spielern aus der zweiten Reihe eine Chance geben wollte.

Nicht alle jedoch nützten diese. Dennis Aogo etwa, der als Linksverteidiger zum Einsatz kam, kassierte eine frühe Verwarnung und war in der Folge keinen Deut besser als Boateng (diesmal rechts) im Semifinale. So musste Marcell Jansen vor ihm gegen die im Laufe des Spiels immer fleißigeren Maxi Pereira und Fucile mehr Arbeit als geplant. Auf der anderen Seite hatte Thomas Müller, nach seiner Gelbsperre zurück, einen guten Start ins Spiel (unter anderem mit seinem Abstauber zum 1:0), wie Robben litt aber auch er unter der konsequenten Deckung von Martín Cáceres.

So ging im Zentrum Sami Khedira weiter nach vorne, um Özil (der wiederum oft auf die Seiten auswich) gegen den humorlosen Riegel Pérez/Arévalo im Zentrum den Uru-Mittelfelds zu unterstützen; Schweinsteiger blieb als einziger echte Sechser zurück – und die Uruguayer nützten den vermehrten Platz im Mittelfeld offensiv immer wieder zu schnellen Gegenstößen – aus einem solchen resultierte auch der Ausgleich durch Cavani.

Bei Uruguay kam Cavani, wie schon gegen Ghana, als verkappter Linksaußen im Mittelfeld zum Einsatz, wurde aber nicht so gut gestört wie von den Afrikanern im Viertelfinale. Forlán war wieder eher Spielgestalter, der zurück gekehrte Suárez (der wenig überraschend konsequent ausgebuht wurde, das war sogar durch den Vuvuzela-Sound zu hören) nominell echter Stürmer, aber auch er ließ sich oft in die große Schnittstelle zwischen deutscher Abwehr- und Mittelfeldkette fallen. So war er oft eine gute Anspielstation für Konter.

Als kurz nach der Pause Forlán mit einem wunderbaren Tor das 2:1 für Uruguay erzielte – nach Vorarbeit von Pérez über Aogo, der sich danach aber fing – war dies nicht einmal unverdient. Doch die junge deutsche Mannschaft ließ sich nicht hängen, schaltete nun einen Gang nach oben und eroberte die Kontrolle über das Mittelfeld zurück. Khedira rückte wieder etwas weiter zurück, Marcell Jansen kümmerte sich nun nicht mehr so viel um Aogo wie zuvor und über seine Seite kamen nun vermehrt gute Aktionen nach vorne. Seine linke Seite war vor allem nach der Pause die wesentlich aktivere. So gesehen etwas erstaunlich, dass der Ausgleich (natürlich von Jansen) über einen weiten Flankenball von der rechten Seite (boateng) eingeleitet wurde.

Das Spiel hatte nun seine beste Phase, beide Mannschaften agierten nun mit offenem Visier. Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner. Je mehr sich das Spiel dem Schlusspfiff näherte, desto bestimmender wurden die Deutschen, die vor allem im Mittelfeld über die größere individuelle Klasse Verfügung und auch mehr Luft zu haben schienen.

Zudem wirkte sich die Einwechslung von Kroos (für Jansen) und die damit einhergehende Umstellung auf 4-4-2 (Müller nach vorne zum sehr willigen und aktiven Kießling, der für Cacau gekommen war; Özil auf rechts, Kroos auf links) sehr positiv auf das deutsche Spiel aus. Der Druck resultierte letztlich im verdienten 3:2 durch Khedira. Damit war das Spiel zwar noch nicht ganz entschieden – Forlán holzte in der Nachspielzeit einen Freistoß an die Latte – aber der Grundstein zum Sieg war gelegt.

Fazit: Vor allem nach der Pause war die Regenschlacht von Port Elizabeth ein äußerst unterhaltsames Spiel, in dem beide Mannschaften auf Sieg spielten. Der nicht mehr allzu große Druck wirkte sich positiv auf die Partie aus, die mit dem DFB-Team einen letztlich verdienten Sieger gefunden hat. Die Uruguayer sollten aber nicht zu traurig sein, für die Celeste war es dennoch ein sehr erfreuliches Turnier.

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SF2 – Outclassed https://ballverliebt.eu/2010/07/08/sf2-outclassed/ https://ballverliebt.eu/2010/07/08/sf2-outclassed/#comments Thu, 08 Jul 2010 15:23:41 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2442 SF2 – Outclassed weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Semifinale 2 | In allen Belangen überlegen – und das Tor zum 1:0-Sieg der Spanier kam aus einem profanem Eckball. Der Europameister nähert sich der Bestform und muss nach diesem Auftritt im Finale als klarer Favorit auf den Titel gelten.

Spanien - Deutschland 1:0


Spanien – Deutschland 1:0 (0:0)

Hätte es mit Thomas Müller anders ausgesehen? Möglich, aber wohl nicht anders genug. Spanien war über praktisch die komplette Spieldauer so dermaßen viel stärker als das deutsche Team, dass das Resultat von 1:0 eigentlich kaum mehr als ein Hohn ist. Deutschland war von A bis Z völlig und komplett ohne den Funken einer Chance.

Was zum einen natürlich an schwachen Leistungen einiger Spieler lag, noch mehr allerdings wohl am Spiel der Furia Roja. Das war nicht besonders ausgeklügelt und beinhaltete nichts, was einen kühlen Analytiker wie Joachim Löw überraschen hätte können, war aber mit einer Präzision und einer Klasse gespielt, dass dagegen einfach kein Kraut gewachsen war. Die Spanier pressten ihre Außenverteidiger extrem nach vorne, zuweilien beteiligte sich soch Innenverteidiger Piqué jenseits der Mittellinie am Kurzpass-Spiel. Xavi war wie gewohnt Ballverteilier Nummer eins, und Pedro (der für Torres in die Startelf rückte) konnte hinter und neben Zentrumsstürmer Villa im Grunde machen, was er wollte.

Die Grundformation der Spanier war das gewohnte 4-2-3-1, in der Realität stellte es sich aber mehr als ein 3-3-4 dar – Busquets ließ sich im Ballbesitz zwischen die Innenverteidiger Puyol und Piqué fallen und spielte im Grunde einen Offensivlibero (ähnlich wie es etwa Christian Poulsen bei den Dänen gemacht hat – diese Entwicklung deutete sich zuletzt immer häufiger an). Die Außenverteidiger Capdevila und vor allem Ramos waren nichts anderes als Rechts- bzw. Linksaußen, die von Pedro unterstützt wurden und Villa lauerte auf Zuspiele.

Im Mittelfeld zog Xavi die Fäden, mit Iniesta als kongenaliem Partner und Xabi Alonso als Absicherung nach hinten. Mit dieser geballten Überzahl im Mittelfeld kamen die Deutschen überhaupt nicht zurecht: Schweinsteiger und Khedira waren dermaßen viel mit Defensivarbeit beschäftigt, dass sie nach vorne überhaupt keine Impulse setzen konnten, genauso wie Lahm auf der rechten und der heillos überforderte Boateng auf der linken Seite. Müller-Ersatz Trochowski spielte im rechten Mittelfeld eine anständige Partie, mangels Hilfe von Lahm und Schweinsteiger konnte er nach vorne allerdings wenig anbieten. Und ganz alleine hätte auch Müller nicht allzu viel ausgerichtet – und Klose war vorne sowieso ein armer Hund.

Die extrem offensive Rolle speziell von Ramos verursachte enorme Probleme bei LV Boateng und LM Podolski. Jerome Boateng wird, wenn er so spielt wie in diesem Semifinale, bei Manchester City wenig zu lachen haben. Sein Stellungsspiel war furchtbar, sein Zweikampfverhalten lächerlich, und nach vorne ging sowieso Null – für Boatengs Unzulänglichkeiten mussten oft Friedrich (gutes Auge) und Mertesacker (gutes Stellungsspiel) ausbügeln. Nach vorne brachten beide allerdings auch nichts. Hinzu kam, dass Boateng immer wieder als zusätzlicher Mann in die Zentrale ging, vor allem wenn Pedro dort auftauchte, sodass Podolski nicht selten einen einsamen Linksverteidiger gegen Ramos spielen musste. Ihm daraus einen Strick drehen zu wollen, ist eher unfair – Podolski sah vor allem wegen der Katastrophen-Leistung von Boateng so schlecht aus. Natürlich, er ist kein geborener Defensivspieler und abgesehen davon hatte er auch so nicht seinen besten Tag, aber der bärenstarke Ramos ließ Besseres auch schlicht nicht zu.

Auch der im Turnierverlauf oft starke Mesut Özil war überhaupt kein Faktor. Er bekam kaum Bälle von hinten, sodass er sie sich selbst von weiter hinten holen musste. Wann immer er dann aber doch einen Ball halbwegs sinnvoll am Fuß hatte, standen durch das blitzschnelle Umschalten der Spanier von Offensive auf Defensive immer schon acht Spanier hinter dem Ball. Und da gab es dann einfach kein Durchkommen mehr. Ansonsten war Özil bei Xabi Alonso (bei spanischem Ballbesitz) und Xavi (bei deutschem Ballbesitz) in sehr guten Händen und damit de facto aus dem Spiel.

Die Spanier schaltete also durch das beinharte Ausspielen der eigenen Stärken jene der Deutschen komplett aus und hatten so das Spiel bombensicher im Griff. Vor allem durch das konsequente Spiel über die Flanken – also Capdevila und Ramos – rissen die (vertikal verschiebenden) Spanier den horizontal verschiebenden und Gegner immer wieder ziemlich auf.

Das änderte sich auch nach der Pause nicht, nachdem Marcell Jansen für Boateng gekommen war. Auch Jansen stand viel im Strafraum herum, wodurch Podolski (durch das extreme horizontale Verschieben) Linksverteidiger spielen musste. Eine Position, der er nun mal nicht kann und die für mehr Gefahr hinten sorgte, als für Sicherheit – die haarige Szene im Strafraum, als Podolski gegen Ramos beinahe einen Elfmeter verursacht hätte, darf dafür als bestes Beispiel genannt werden.

Die Deutschen versuchten nach der Pause, höher zu stehen und das spanische Aufbauspiel früher zu stören, was zuweilen auch ganz gut gelang. Zudem war Jansen, wenn er nicht gerade in der Defensive ins Zentrum verschob, deutlich sicherer als Boateng. Es gelang allerdings nicht wie gewünscht, die Spanier wirklich aus dem Konzept zu bringen, sondass sich an der Partie selbst kaum etwas änderte. So brachte Löw nach etwa einer Stunde dann mit Kroos (für Trochwoski) einen frischen Mann, der mit Özil rochierte, um wenn möglich Capdevila etwas zu binden. Das resultierte in der besten Phase der deutschen, brachte aber keine Tore.

Anders als mitten in die kleine deutsche Drangphase hinein ein profaner Eckball. Da Iniesta, wie gewoht, als kurzer Anspielpartner drei Meter vor dem ausführenden Xavi stand, rechnete die deutsche Defensive wohl mit einer kurz abgespielten Ecke, bei der Xavi mittels Doppelpass Richtung Strafraumeck zog – stattdessen flankte er direkt in den Strafraum und Puyol nützte die Unsortiertheit in der deutschen Deckung zu einem sehenswerten Kopfball zum hochverdienten 1:0.

Womit die Spanier ihre einzige Schwäche in diesem Spiel – den mangelnden letzten, tödlichen Pass – auch ausgeglichen hätten und sich nun zurückzogen, um die Deutschen hinter der Mittellinie zu erwarten. Löw brachte daraufhin Gomez für Khedira und stellte auf ein 4-4-2 um, mit Klose und Gomez vorne, Özil ging endgültig nach rechts und Kroos in die Mitte. Die wenig durchdachten Angriffer der nun alles nach vorne werfenden Deutschen erzeugten allerdings wenig bis gar keine Gefahr, weil die Spanier zeigten, was hinter all dem Gerede um die Offensiv-Qualitäten der Mannschaft oft vergessen wird: Nämlich, dass sie vor allem die beste Defensive ihr Eigen nennen können.

Fazit: Einzig, dass aus der drückenden spielerischen Dominanz nicht mehr Torgefahr entstanden ist, muss man den Spaniern ankreiden – das lag aber auch an Friedrich und Mertesacker, die zumindest defensiv einen klasse Job gemacht haben. In allen anderen Belangen waren die Spanier um so viel besser als der Gegner, dass es an der Verdientheit des Finaleinzugs nicht der geringste Zweifel herrschaen kann. Dem jungen deutschen Team wurden deutlich die Grenzen aufgezeigt.

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SF1 – Wenig zielstrebig. Beide. https://ballverliebt.eu/2010/07/07/sf1-wenig-zielstrebig-beide/ https://ballverliebt.eu/2010/07/07/sf1-wenig-zielstrebig-beide/#respond Wed, 07 Jul 2010 15:01:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2439 SF1 – Wenig zielstrebig. Beide. weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Semifinale 1 | Mit Holland hat sich der Favorit durchgesetzt – aber so richtig  stark war der Auftritt gegen Uruguay nicht. Das 3:2 bedeutet den ersten holländischen Finaleinzug seit 32 Jahren, gesichert wurde er aber mehr von Einzelaktionen als von wirklich durchdachtem Spiel.

Holland - Uruguay 3:2


Holland – Uruguay 3:2 (1:1)

Ohne den verletzten Abwehr-Boss Lugano, ohne den gesperrten Linksverteidiger Fucile – und vor allem ohne Suárez! Uruguay-Teamchef Tabárez musste mit drei herben Ausfällen zurecht kommen. Was im Endeffekt bei Lugano und Fucile gut geland, aber ein Luis Suárez war von seiner Spielweise und seinem beinahe blinden Verständnis mit Forlán schlicht nicht zu ersetzen.

Dem Stürmerstar der Urus wurde in diesem Semifinale Edinson Cavani zur Seite gestellt; dieser kam im Turnierverlauf aber immer eher über die (zumeist rechte) Seite. Nicht nur einmal spielten Forlán und Cavani vorne aneinander vorbei, die Abstimmung passte nicht, und so kam selten etwas Gefährliches in Zusammenarbeit der beiden zu Stande. Der Schlüsselspieler bei Uruguay war aber Álvaro Pereira im linken Mittelfeld des 4-4-2! Denn mit Forlán in der Spitze und nicht als Hängende und einem offensiv unsichtbaren Gargano in der Mittefeldzentrale ging es, wenn es konstruktiv in die gegnerische Hälfte ging, nur über Álvaro Pereira. Was das Spiel der Uruguayer natürlich sehr leicht ausrechenbar machte.

In der Innenverteidigung spielte der genesene Godín neben Victorino für den verletzten Lugano, das passte ganz gut. Und Fucile wurde vom resoluten Martín Cáceres ersetzt – der Arjen Robben in beinharte Manndeckung nahm, ihm über den halben Platz wie ein Schatten folgte. Der Effekt: Über Robben ging recht wenig.

Die Holländer waren in ihrem gewohnten 4-2-3-1 aufgelaufen; Boulahrouz und De Zeeuw ersetzten die gesperrten Van der Wiel und De Jong. Boulahrouz machte das ganz anständig und hatte es zumeist mit Álvaro Pereira zu tun, aber Demy de Zeeuw machte von der ersten Minute an einen hibbeligen und etwas fahrigen Eindruck, mehr als Alibipässe zum (etwas weiter vorne postierten) Mark van Bommel bzw. zur Abwehrkette fielen ihm kaum ein. Darum war er auch das logische Opfer, als Bert van Marwijk in der Pause taktisch umstellte – aber dazu später mehr.

Während Álvaro Pereira im linken Mittelfeld eine ordentliche Rolle spielte, auf einer Position, die ihm liegt und mit Cáceres, der ihm den Rücken freihielt, war die rechte Seite der Uruguayer weit weniger gut besetzt. Diego Pérez, an sich eher ein defensiver Mittelfeldspieler, musste auf die Flanke ausweichen, was aber aber nur halbherzig und nicht besonders Effektiv tat. Nach vorne traute sich Pérez kaum, und weil er immer wieder weit in die Mitte zog (bzw. von Kuyt in die Mitte gezogen wurde) bot sich sogar Van Bronckhorst die Gelegenheit, immer mal wieder nach vorne zu gehen – oder Pérez wurde von Sneijder gebunden, was Kuyt mitunter Platz brachte.

Nach einer Viertelstunde wechselten Robben und Kuyt für ein paar Minuten die Seite. Robben entfloh so der Manndeckung von Cáceres und verwiffte Pérez, Maxi Pereira ging Robben nicht so konsequent an wie Cáceres – und plötzlich hatte Van Bronckhorst mörderisch viel Platz, den er zu seinem völlig unbedrängten Weitschuss zum 1:0 nützte. Die Urus reagierten darauf, indem sie eigentlich gar nicht reagierten – lediglich Forlán orientierte sich nun ein wenig mehr Richtung linke Flanke, um Álvaro Pereira ein wenig entgegen zu gehen.

Aus der Zentrale (Gargano) kam weiterhin gar nichts, das Zusammenspiel mit Cavani klappte weiterhin überhaupt nicht, und ein guter Teil des eh schon geringen Ballbesitzes der Südamerikaner wurde durch lange Bälle nach vorne recht leichtfertig wieder hergegeben. Dass Forlán ebenso einmal abzog und so zum 1:1 traf, war mehr eine Einzelaktion, aber nicht wirklich herausgespielt. Er nützte den Platz, den ihm die Holländer für einmal gewährten (weil sie sich zu viel auf Cavani konzentrierten), womit die Urus wieder im Spiel waren.

Nach der Pause brachte Van Marwijk dann mit Van der Vaart einen zusätzlichen Offensiven für den mäßigen De Zeewu, stellte somit auf ein 4-1-4-1 um. Gegen das nicht existente zentrale offensive Mittelfeld Uruguays brauchte es wahrlich keine zwei Sechser, und so erhoffte sich Van Marwijk erhöhten Druck auf die massierte Defensive der Urus. Allerdings griff diese Maßnahme überhaupt nicht: Der Celeste boten sich jetzt mehr Räume und diesen suchten sie zu nützen. Nicht selten musste einer der Innenverteiger herausrücken, was in der Zentral wiederum Cavani und Forlán etwas Platz geben hätte können – allein, wirklich nützen konnten sie diesen nicht.

Weil Tabárez sah, dass der holländische Wechsel eher seiner egienen Mansnchaft entgegen kam, stellte er zunächst auch nicht um. Uruguay war dem Führungstreffer, obwohl es kaum wirklich zwingende Aktionen gab, nun sogar näher als der Favorit in Orange. Alleine, wirklich nützen konnten die Südamerikaner diese Drangphase nicht – und mit dem Doppelschlag der Holländer, die in der 70. und 73. durch zwei Tore aus dem nichts (Sneijder von der Strafraumgrenze, Kuyt-Flanke auf Robben) auf 3:1 davon zogen, war das Spiel so gut wie entschieden.

Tabárez brachte nun mit Abréu einen weiteren Stürmer für den fleißigen Álvaro Pereira und stellte nun auf das aus der Vorrunde und dem Achtelfinale bekannte 4-3-3 um; Cavani wich auf die linke Außenbahn aus, Forlán und Abréu lauterten in der Spitze auf Anspiele, die allerding nicht kamen. Im Gegenteil, die Holländer spielten die Zeit nun souverän runter und hätten schon den Deckel endgültig auf das Spiel setzen können, wären Robben und Elia nicht so schludrig mit hervorragenden Konterchancen umgegangen.

Was bestraft wurde: Maxi Pereira zog nach einem kurz abgespielten Freistoß aus 20 Metern ab und traf in der 92. Minute zum 2:3-Anschluss. Die Holländer bekamen in den verbleibenden zwei Minuten dann noch noch zittrige Knie, brachten den Sieg aber über die Zeit.

Fazit: Ein seltsames Spiel. Holland mit viel mehr Ballbesitz, aber ohne Gefahr, Uruguay ohne nennenswerte Offensive. Die Umstellung von Von Marwijk zur Pause ging eigentlich nach hinten los, ehe zwei Tore doch noch die vermeintliche Entscheidung brachten. Mit Ruhm hat sich Oranje weder spielerisch nch taktisch bekleckert, dennoch war es letztlich der effizientere Umgang mit den Chancen von dem Team mit mehr individueller Klasse, das den letztlich nicht unverdienten Finaleinzug Hollands sicherte.

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VF4 – Verdient, ja. Überzeugend, nein. https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf4-verdient-ja-uberzeugend-nein/ https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf4-verdient-ja-uberzeugend-nein/#respond Sat, 03 Jul 2010 20:40:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2431 VF4 – Verdient, ja. Überzeugend, nein. weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Viertelfinale 4 | Wo ist der Glanz, den Spanien in den letzten Jahren verbreitet hat? Beim 1:0-Arbeitssieg gegen Paraguay tat sich die Furia Roja extrem schwer, und wieder rettete nur David Villa den Tag. Der Semifinaleinzug ist zwar verdient, wie ein Weltmeister agierte Spanien aber nicht.

Spanien – Paraguay 1:0 (0:0)

Spanien - Paraguay 1:0

Damit war nicht ganz zu rechnen: Beide Teams verzichteten zu Beginn auf ihr assymetrisches System! Bei den Spaniern spielte war David Villa sehr wohl auf einer Position, die eher einem Linksaußen entspricht, aber weil auch Fernando Torres auf der anderen Seite häufig den Weg über die Außen suchte, spielten die Spanier in den ersten 15 bis 20 Minuten de facto mit zwei Außenstürmern, aber ohne einen Mann im Zentrum. Ziel wäre es natürlich gewesen, dadurch die Innenverteidigung auseinander zu reißen, um in den Mitte etwas mehr Platz zu bekommen, weil aber vor allem Riveros da ganz gut aufgepasst hat, ging dieser Plan nicht auf.

Und natürlich, weil die Paraguayer ihrerseits sehr früh pressten, das Kurzpass-Spiel der Spanier nicht zur Entfaltung kommen lassen wollten und das in den Anfangsminuten auch sehr gut gelang. Die beiden Spitzen Valdéz und Cardózo wechselten sich oft ab, wer tendenziell eher den Weg über die linke Außenbahn suchte (und somit Ramos beschäftigen sollte). Erst war es zumeist eher Cardózo, dann eher Valdéz, und gegen Ende der ersten Hälfte gingen beide eher über die Mitte.

Somit war zu Beginn des Spiels Ramos zwar nicht aus dem Spiel, aber gut beschäftigt – in den Anfangsminuten spielte sich praktisch das komplette Spielgeschehen vor den Trainerbänken ab. Erst, als Torres wieder mehr die Zentrale übernahm und Villa, wie gewohnt, einen klassischen Linksaußen gab, aus der spanischen Formation aus einem eher durchsichtigen 4-2-2-2 (wie es etwa Real Madrid ganz gerne spielt) wieder das assymetrische 4-2-3-1 wurde, gelang es den Spanien, die Kontrolle über das Mittelfeld besser zu übernehmen.

Die Paraguayer überließen dem Europameister nun viel Ballbesitz, attackierten aber immer noch sehr früh und durchaus aggressiv, sodass ein kontrollierter Spielaufbau bei Spanien nicht mehr möglich war. Zudem stellten sie die Passwege so gut dicht, dass Xabi Alonso als Quarterback zur Wirkungslosigkeit verdammt war. Spanien kontrollierte bis zum Schluss der ersten Hälfte somit den Ball, das Spielgeschehen hatten die in ihrem heute sehr klassischen 4-4-2 angetretenen Paraguayer ohne gröbere Probleme im Griff.

Das Angriffsspiel der Südamerikaner manifestierte sich nun zwar nur noch in Kontern, weil aber die flinken Valdéz und Cardózo immer eine potentielle Bedrohung darstellten, waren sich auch Puyol und Piqué in der spanischen Innverteidigung nie ganz sicher, inwieweit sie sich in die Offensive einschalten dürften. So wagte zwar Piqué den einen oder anderen Vorstoß (vor allem über die halbrechte Seite), entscheidende Impulse vermochte er aber nicht zu setzen.

Weil sich auch zu Beginn der zweiten Hälfte nichts gravierend änderte, brachte Del Bosque nach einer Stunde dann mit Fàbgreas einen zusätzlichen Mann für das Mittelfeld, aus dem ihm zu wenig Impulse kamen, um dort mehr personelle Alternativen anzubieten. Villa ging ins Zentrum für den ausgewechselten Torres, nominell war es nun ein 4-1-4-1 (bis Busquets als Sechser), aber Ramos und vor allem Capdevila sollten nun versuchen, über die Außen vermehrt Druck zu machen.

Was allerdings erst nach dem kuriosen Doppel-Elfmeter (Cardozo verschießt in der 59., Xabi Alonso verschießt im zweiten Versuch in der 61., Schiri Batres verweigert Spanien einen klaren weiteren Strafstoß nach einem Foul an Fàbregas beim Nachschussversuch) wirklich zu greifen beginnen konnte. Aber weil die Paraguayer weiterhin auch das spanische Aufbauspiel nicht schlecht unterbinden konnte, sah sich Del Bosque eine Viertelstunde vor Schluss gezwungen, den heute recht blasse Xabi Alsono aus dem Spiel zu nehmen und mit Pedro einen echten Außenstürmer ins Spiel zu werfen. Pedro kam vermehrt über die rechte Seite, über die sich Ramos heute nicht wie gewünscht in Szene setzen konnte.

Dass das Siegtor der Spanier wenige Minute vor Schluss aus einem Abstauber resultierte, der von der Stange zurückgeprallt war und selbst nur via Stange den Weg ins Tor fand, passte zum Bild. Genauso die Tatsache, dass es David Villa erzielte – von den sechs Toren der Spanier in diesem Turnier erzielte er fünf und bereitete das sechste vor. Paraguay-Teamchef Martine setzte nach dem 0:1 dann alles auf eine Karte, brachte mit Barrios (für Sechser Cáceres) einen dritten echten Stürmer und wäre fast noch belohnt worden, hätte Santa Cruz die Unsicherheit des einmal mehr etwas flatterhaften Casillas nützen können.

Fazit: Das 1:0 kann man aus spanischer Sicht bestenfalls als „Arbeitssieg“ bezichnen. Natürlich haben es die Südamerikaner dem Europameister extrem schwer gemacht und standen zumeist ausgezeichnet nicht nur in der Abwehr, sondern auch im Mittelfeld. Am Ende ist der spanische Sieg aber dennoch nicht unverdient, weil das Team von Vicente del Bosque über die 90 Minuten einfach mehr für das Spiel getan hat. Dennoch wurde deutlich, dass der Erfolg mit David Villa deutlich mehr an einer Einzelperson hängt, wie noch vor zwei Jahren beim EM-Titel. Und das darf den Spaniern durchaus Sorge bereiten und den Deutschen nicht unberechtigte Hoffnungen machen.

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VF3 – Deconstructing Diego https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf3-deconstructing-diego/ https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf3-deconstructing-diego/#comments Sat, 03 Jul 2010 18:25:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2428 VF3 – Deconstructing Diego weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Viertelfinale 3 | Deutschland entzaubert Maradona? Vor nicht allzu langer Zeit noch unvorstellbar. Und auch, wenn das 4:0 ohne Frage etwas zu hoch ist: Das DFB-Team spielte konsequenter und nützte in der entscheidenden Phase die Chancen gegen zerfallende Gauchos eiskalt.

Deutschland – Argentinien 4:0 (1:0)

Deutschland - Argentinien 4:0

Mit Tempo – und zwar mit viel Tempo. So brachten die Deutschen das Team aus Argentinien von Anpfiff weg unter Druck: Özil schnell in der Mitte, Müller und Podolski rissen die Flanken auf, und das 1:0 in der 3. Minute war sogar schon ein Tor, das sich bis zu einem gewissen Grad abgezeichnet hatte. Vor allem, weil der argentinische RV Nicolás Otamendi zeigte, warum er schon vor dem Turnier als möglicher Schwachpunkt gehandelt worden war. Ungeschickt im Zweikampf, der zum Freistoß geführt hatte, dann komplett geschlagen beim Kopfball von Müller, und wenige Minuten später holte er sich auch noch die gelbe Karte ab.

Die Argentinier waren sichtlich beeindruckt von der Power der Deutschen. Mit Mascherano ging der Sechser im Spielaufbau nicht selten sogar hinter das IV-Duo Demichelis/Burdisso zurück, durch die aktiven Außen der Deutschen wurden auch Maxi Rodríguez und Angel di María mehr auf die Flanken gedrängt, als dies einem geordneten Spielaufbau zuträglich gewesen wäre. Die Folge: Ein riesenhaftes Loch im Mittelfeld, das die Deutschen konsequent ausnützten. Und zwar, indem Khedia oftmals deutlich nach vorne in die Zehner-Position ging, wodurch Özil noch mehr Freiheiten hatte. Schweinsteiger als einziger „echter“ Sechser zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Anspielstationen aussuchen; in dieser Phase hätte eigentlich schon das 2:0 fallen müssen. Symbolhaft war, wie Burdisso minutenlang seinen Kollegen deutete, sie sollen soch ein wenig weiter zurück kommen, um einen Spielaufbau zu ermöglichen.

Nach etwa 20 Minuten reagierten die Argentinier dann doch. Di María ging von der linken auf die rechte Seite, dazu ließen sich Higuaín und vor allem Tévez weiter ins Mittelfeld zurück fallen, um wenn möglich schon gegen die deutschen Verteidiger zu pressen. Das brachte zwar nur bedingt mehr Chancen für die Gauchos, bremste die Deutschen aber ziemlich in deren zuvor massiven Zug zum Tor. Auch, weil der schnelle Di María nun Lukas Podolski, der defensiv eine erstaunlich gute Figur machte, nun aus dem Offensivspiel nahm, weil der deutsche LM nun natürlich alle Hände (im wahrsten Sinne des Wortes) mit Di María voll hatte.

Mit der Hilfe von Di María gewann auch Otamendi an Sicherheit, generell stand die argentinische Abwehr nun wesentlich höher und konnte so den zuvor immensen Druck der deutschen Mannschaft viel besser abfedern. Was jedoch nichts daran änderte, dass der erstaunlich statische Messi einmal mehr extreme Schwierigkeiten hatte, ins Spiel zu kommen. Wie es seine Art ist, ließ er sich oft weit zurückfallen und holte sich die Bälle in der eigenen Hälfte, aber die Deutschen verstanden es gut, ihm seiner Partner zum Doppelpass zu nehmen – etwas, das auch den früheren Gegnern der Gauchos ganz gut gelungen ist. Gemeinsam mit der für ihn ungewohnten Spielposition im Zentrum (wiewohl es Messi schon immer wieder Richtung rechte Seite zog) und der Tatsache, dass er am Ball immer sofort gedoppelt wurde sorgte das dafür, dass Messi überhaupt kein Faktor war.

Dennoch drängten die Argentinier nach dem Seitenwechsel die deutsche Defensive immer weiter hinten hinein, es wurde kein Rezept gegen Di María auf der rechten Seite gefunden und auch Maxi Rodríguez auf der anderen Seite machten eigentlich vieles richtig: Denn vor allem gegen Griechenland, aber auch gegen Mexiko ging viel zu viel über die Mitte, war der Gefährlichkeit natürlich deutlich abträglich war. Doch, wie schon im Achtelfinale gegen England, ließen die Deutschen auch in der Druckphase der Argentinier (die im Übrigen wesentlich durchdachter aufgezogen waren als jene der Engländer) kaum mehr als Distanzschüsse zu Wege. Dennoch waren nun vor allem auch Khedira und Schweinsteiger ziemlich in der Defensive gebunden und Schweinsteigers Freistöße blieben nun komplett harmlos und brachten daher kaum Entlastung.

Diese kam erst wieder, als Otamendi – der sich zwischendurch gut gefangen hatte – gegen den schon am Boden sitzenden Müller viel zu früh abschaltete, den Pass in die Spitze nicht mal versuchte zu verhindern und Klose entgegen des Spielverlaufs der zweiten Halbzeit zum 2:0 traf. Ein Treffer, die die Gauchos, wie schon das erste Tor, bis ins Mark traf. Anders ist es nicht zu erklären, dass bei einem Eckball (!) komplettes Chaos herrschte und Vorbereiter Schweinsteiger mit Di María, Pastore und Higuaín auf direktem Weg zum Tor nicht gerade gelernte Verteidiger ausspielte, eher er Arne Friedrich dessen erstes Länderspieltor auflegen konnte. Spätestens das 3:0 war natürlich die Entscheidung.

Nun konnte auch Pastore (der für Otamendi gekommen war) auf der linken Seite, der zuvor durchaus noch einmal für Schwung sorgen konnte, nichts mehr bewirken, und Agüero (für Di María eingewechselt) hatte keine drei echten Szenen mehr. Dass Klose mit seinem Tor zum 4:0 sein 100. Länderspiel damit krönte, mit Gerd Müller an WM-Toren gleichgezogen zu haben (14, eines fehlt noch zu Leader Ronaldo), war letztlich nur noch die Krönung der Demütigung für nun komplett zerfallende Argentinier.

Fazit: Auch, wenn das 4:0 deutlich aussieht: Bis zum zweiten Tor in der 68. Minute stand das Spiel durchaus auf des Messers Schneide, ein Ausgleich der Argentinier war möglich. Weil aber die Deutschen zu dieser Phase wieder begannen, ihre Angriffe konsequent zu Ende zu spielen – was den Argentiniern über das ganze Spiel komplett abging – ziehen sie verdient ins Semifinale ein. Dass es so hoch wurde liegt an der Tatsache, dass diese deutsche Mannschaft auch dann noch weiterhin Vollgas gibt, wenn das Spiel längst entschieden ist.

(phe)

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VF2 – Mehr als Suárez https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf2-mehr-als-suarez/ https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf2-mehr-als-suarez/#respond Sat, 03 Jul 2010 12:31:02 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2423 VF2 – Mehr als Suárez weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Viertelfinale 2 | Es war DIE Szene dieser Weltmesiterschaft bisher: Luis Suárez rettet in der 120. Minute mit der Hand, fliegt vom Platz – aber weil Gyan den Elfer verballert, kommen die Urus doch weiter. Aber dieses dramatsiche Spiel hatte mehr zu bieten als nue Suárez.

Uruguay – Ghana 1:1 (1:1, 0:1) n.V., 4:2 i.E.

Uruguay - Ghana 1:1 n.V.

Óscar Tabárez hat überrascht – mit einerm 4-4-2, wie es klassischer kaum sein hätte können. Und auch damit, dass Edinson Cavani, der in den letzten Spielen immer als Rechtsaußen oder im Notfall als RM Dampf machte, auf die linke Seite gestellt wurde. Dort sah er sich aber immer wieder vier Gegenspielern gegenüber und konnte so nie die Wirkung entfalten, die in von rechts zuletzt so gefährlich machte. Auf der anderen Seite lief allerdings das Spiel an Álvaro Fernández, der dort aufgestellt war, komplett vorbei. Er nahm zwar Sulley Muntari, der für Ghana über die linke Flanke kommen sollte, gut aus dem Spiel. Aber nach vorne konnte er überhaupt keine Akzente setzen.

Trotz diese Maßnahmen war allerdings Uruguay von der ersten Minute an die Mannschaft, die das Spiel bestimmte. Pérez und Arévalo im defensiven Mittelfeld verhinderten jeden konstruktiven Spielaufbau der Ghanaer, und die Akteure der Celeste suchten im Bellbesitz immer wieder sofort Forlán, über den zu Beginn fast alles lief und der auch seinen Sturmpartner Suárez immer wieder gut in Szene setzte. Die Verteidigung Ghanas, vor allem Mensah und Vorsah im Zentrum klärten fast im Minutentakt Bälle zu Ecken, die ebenfalls mitunter durchaus gefährlich kamen.

Weil RV Pantsil und der defensivstarke RM Inkoom mit Cavani alle Hände voll zu tun hatten, und Muntari gegen Fernández kaum zum Zug kam, musste bei Ghana alles durch die Mitte gehen, und hier waren vor allem lange, steile Bälle das Mittel der Wahl. Asamoah Gyan machte aber gegen Lugano und Victorino kaum einen Stich. Bis sich die Urus nach etwa 20. Minuten einen Konter einfingen, der sie offenbar bis ins Mark getroffen hat! Denn fortan flatterten plötzlich die Südamerikaner. Sie zogen das Mittelfeld zurück und achteten darauf, gegen die bis dahin völlig harmlosen Ghanaer die Räume wieder enger zu machen.

Kwadwo Asamoah rückte daraufhin ins defesnvie Mittelfeld zurück, um den Sechser Anthony Annan zu unterstützen. Somit wurde aus dem 4-1-4-1 ein 4-2-3-1, die Zentrale war nun besser zu und weil allen voran Forlán nicht zurückrückte um sich weiterhin anzubieten, stand das Spiel der Urus nach vorne nun still. Und als auch der Kapitän, Innenverteidiger Lugano, verletzt weichen musste, suchten die Ghanaer die entstandene Verunsicherung natürlich erst recht zu nützen – und wirden quasi mit dem Pausenpfiff mit dem 1:0 durch Muntaris Weitschuss belohnt.

In der Pause reagierte Tabárez auf das Gesehene, nahm Fernández raus und brachte mit Lodeiro einen rechte LM, stellte dafür Cavani wieder auf dessen rechte Seite. Damit fühlten sich die Uruguay sichtlich wohler und die Südamerikaner übernahmen nun auch wieder die Kontrolle über das Spiel. Der Freistoß von Forlán sorgte, auch weil Torhüter Kingson falsch spekulierte, zum verdienten 1:1 ins lange Eck.

Dieser Treffer  gab den Urus weitere Sicherheit, vor allem Diego Pérez im defensiven Mittelfeld lief nun zu absoluter Topform auf. Er stellte sich nun viel besser auf den zentralen Offensivmann der Ghanaer – zumeist war dies Kevin-Prince Boateng – ein, zudem konnte sich Kwadwo Asamoah im DM nicht mehr so entfalten, wie er das in den letzten Spielen aus einer offensiveren Position heraus konnte. Den Black Stars waren nun also viele Optionen im Spiel nach vorne genommen, was in vielen langen Bällen resultierte – die natürlich genau gar nichts brachten. Als dann Stephan Appiah für dem RM Inkoom kam, brachte das den Afrikanern gar nichts: Appiah orientierte sich viel in die Mitte, womit allerding die rechte Seite verwaist war. Boateng besetzte diese nur halbherzig und sein Einfluss auf das Spiel ging merkbar zurück; und Pantsil traute sich nicht allzu konsequent nach vorne zu gehen, aus Angst for Gegenstößen der Urus über Lodeiro.

Der Celeste gelang nach vorne außer Standards allerdings auch nicht allzu viel, weswegen Tabárez eine Viertelstunde vor Ende der regulären Spielzeit mit Sebastián Abréu einen kopfballstarken Stoßstürmer für Rechtsaußen Cavani. Abréu war nun die einzige konstante Spitze, Suárez und Forlán wechselten sich darin ab, sich in die Zehner-Rolle zurückfallen zu lassen. Das brachte nicht allzu viel an Torgefahr, bremste aber die Ghanaer in ihren Offensivbemühungen weiter ab, um nur hinten ja keinen entscheidenden Fehler zu machen. So hing Ghana zwar in den Seilen und Uruguay war, obwohl spielerisch nicht überzeugend, obenauf – aber die Afrikaner retteten sich in die Verlängerung.

Wo sich bei Ghana die Hereinnahme von Jungstar Adiyiah (für Muntari, der auf der linke Seite nicht allzu viel brachte) bezahlt machte. Der 20-Jährige ging in die offensive Zentrale, dafür wanderte Boateng nach links und Appiah nach rechts. Zudem traute sich nun Pantsil wieder etwas mehr zu, sodass Ghana wieder besser in die Partie kam – allerdings auch nicht wirklich gefährlich wurde. Die zielstrebigere Mannschaft war weiterhin jene aus Uruguay, einen Elfmeter hätte es nach etwa 100 Minuten für die Celeste durchaus geben können.

Gerenell war die Verlängerung aber geprägt von deutlich nachlassenden körperlichen Kräften und damit deutlich nachlassender Genauigkeit im Aufbauspiel.Vor allem Kwadwo Asamoah, Hans Sarpei und Isaac Vorsah war der Verschleiß anzumerken; mehr als Stückwerk war von den beiden Mannschaften nicht mehr zu bestaunen, wiewohl gegen Ende der 120 Minuten das Team aus Ghana schon vehementer auf den Siegtreffer drängten (Gyan 116., Boateng 118.). Darum hätte sich Uruguay auch nicht beschweren dürfen, hätte Suárez nicht auf der Linie geklärt und wäre der Ball gleich (oder dann bei Gyans Elfmeter) zum 2:1 ins Tor gegangen wäre.

Aber es ist anders gekommen. Und die Art und Weise, in der Urguay ins Semifinale einzog, wird fraglos in die Geschichte eingehen.

Fazit: Über die zwei Stunden hatten beide Mannschaften ihre guten Phasen, jedoch überwogen jene von Uruguay. Die Südamerikaner dominierten die erstn 20 Minuten und die komplette zweite Hälfte, kamen zudem erst in den letzten Minuten der Verlängerung wirklich wieder in Bedrängnis. Zudem zeigten sich die Uruguayer sicherer in der Abwehr und abgeklärter im Spielaufbau. So gesehen geht der Semifinal-Einzug der Südamerikaner in Ordnung. Die Art und Weise allerdings wird umstritten bleiben – und Suárez immer nachhängen. Von dieser Aktion wird sich der 23-Jährige nie freimachen können, sie wird seiner Karriere auf Sicht wohl eher nicht helfen.

(phe)

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