FIFA – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 20 Apr 2021 20:13:36 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die Super League https://ballverliebt.eu/2021/04/20/die-super-league/ https://ballverliebt.eu/2021/04/20/die-super-league/#respond Tue, 20 Apr 2021 20:03:35 +0000 12 Klubs stürzen den Fußball ins Chaos und sich selbst in den Wahnsinn: Die „Super League“ ist geboren. Tom und Philipp präsentieren eine Podcastfolge voller Schimpfworte und Fassungslosigkeit.

Das offizielle Super League Logo: Ein Shit-Emoji und der Schriftzug "Super League" in der Schriftart Comic Sans
Das offizielle Super League Logo
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USA-FIFA-Kompromiss: Mammut-WM-Ausrichter wohl schon 2018 fix https://ballverliebt.eu/2017/05/10/usa-fifa-kompromiss-mammut-wm-ausrichter-2018-wohl-fix/ https://ballverliebt.eu/2017/05/10/usa-fifa-kompromiss-mammut-wm-ausrichter-2018-wohl-fix/#comments Wed, 10 May 2017 12:35:53 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=13471 USA-FIFA-Kompromiss: Mammut-WM-Ausrichter wohl schon 2018 fix weiterlesen ]]> Wo findet die erste 48-Team-Mammut-WM 2026 statt? Die im Zuge der FIFA-Korruptions-Affäre von 2017 auf 2020 verschobene Vergabe wird vermutlich de facto nun doch schon 2018 geschehen. Darauf hat sich der Weltverband mit dem derzeit einzigen ernsthafen Bewerber USA geeinigt.

FIFA-Präsident Gianni Infantino (Foto: CY BY Doha Stadium Plus Qatar)

Eigentlich, das war der Plan, hätte am 10. Mai 2017 – also quasi jetzt – die Vergabe für die WM 2026 stattfinden sollen. Dann kamen die Korruptions-Ermittlungen des FBI, die Verhaftungen von Zürich, Blatters Demission und damit einhergehend die Verschiebung der Vergabe auf 2020. Also um drei Jahre. Und sechs Jahre vor dem Turnier – also relativ knapp, verglichen mit den geplanten neun und davor üblichen sieben Jahren.

Jetzt ist doch wieder alles anders – schon 2018, als in einem Jahr, dürfte es auch offiziell fix sein, was sich jetzt schon abzeichnet: Die erste 48-Team-WM findet 2026 – wie in unserem Podcast zur Expansion schon angekündigt – in den USA, Kanada und Mexiko statt. Das haben sich US-Verbandsboss Sunil Gulati und die FIFA unter ihrem allseits beliebten Gianni Infantino an der Spitze beim derzeit laufenden Kongress in Bahrains Hauptstadt Manama ausgeschnapst.

Was die USA forderte

In der Praxis sah das so aus: Die US-Abordnung, die an der Spitze der derzeit einzigen wirklichen Bewerbung um die erste Monster-WM steht, forderte von der FIFA zwei Dinge: 1.) einen beschleunigten Vergabe-Prozess und 2.) dass sie der einzige Bewerber bleiben.

Das wäre sehr praktisch, weil es sich ohnehin abzeichnet, das man die WM 2026 bekommen wird, und, weil man jetzt schon – neun Jahre vor dem Turnier – mit der Vorbereitung auf das Mammut-Turnier starten könnte.

Halbes Zugeständnis der FIFA

Weil die FIFA mittlerweile so sauber und un-korrupt ist, dass man sich der Ethik-Kommissäre entledigen kann (zwinker, zwinker) und kein Verdacht mehr auf irgendwelche Hinterzimmer-Mauscheleien besteht (hahaha), ließ sich Infantinos Weltverband auf einen für beide Seiten gangbaren Kompromiss ein.

Der grundsätzliche Zeitplan – also mit der endgültigen offiziellen Vergabe im Jahr 2020 – bleibt unangetastet, aber mögliche Konkurrenten der Nordamerika-Bewerbung müssten bis Spätsommer Interesse bei der FIFA anmelden und bis Frühjahr 2018 ein Konzept vorlegen, um in den Status eines offiziellen Bewerbers zu kommen.

Andere Kandidaten müssen sich beeilen

Da Europa und Asien (Ausrichter 2018 und 2022) vom Bewerbungsprozess für 2026 grundsätlich ausgeschlossen sind, bleibt nicht mehr viel übrig. Südamerika hat bereits Unterstützung signalisiert – Kolumbien, eigentlich Interessent für eine 32er-WM, wird das aufgeblasene Feld organisatorisch dann doch ein wenig zu steil.

Ozeanien kam schon für eine 32er-WM nicht in Frage, für eine mit 48 Teilnehmern schon erst recht nicht. Bleibt Afrika. Aber welches afrikanische Land kann innerhalb eines Jahres realistischerweise ein glaubhaftes Konzept vorlegen? Eben.

De facto ist in einem Jahr alles entschieden

Das heißt, dass am Ende dieser Vorselektierung mit hoher Wahrscheinlichkeit nur die USA-Kanada-Mexiko-Bewerbung übrig bleiben wird. Womit zwar die Lesart der FIFA weiterhin die ist, dass die eigentliche Vergabe erst 2020 stattfinden wird…

…aber schon 2018 die Bewerbung um den US-Verband die einzige im Feld sein wird. Womit de facto in einem Jahr die USA, Mexiko und Kanada als Veranstalter der WM 2026 feststehen werden.

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Die FIFA WM-Reform: Alle auf zur Weltmeisterschaft! (Juhuu! Yay!) https://ballverliebt.eu/2017/01/10/die-fifa-wm-reform-alle-auf-zur-weltmeisterschaft-juhuu-yay/ https://ballverliebt.eu/2017/01/10/die-fifa-wm-reform-alle-auf-zur-weltmeisterschaft-juhuu-yay/#comments Tue, 10 Jan 2017 10:58:23 +0000 Die FIFA hat es also getan. Sie hat die Weltmeisterschaft ab 2026 auf 48 Teams erweitert. Warum zum Teufel? Wie soll das aussehen? Was soll man von der WM-Reform halten? Welche Teams kommen da dazu? Welche Kontinente profitieren? Und wo soll sowas eigentlich stattfinden? Tom und Philipp haben sich in einer Eilsendung damit auseinander gesetzt. Ihr ahnt es sicher schon: Sie sind begeistert.

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Der Videobeweis, Titelkämpfe und Überraschungen im EURO-Kader (Ballverliebt Podcast #2) https://ballverliebt.eu/2016/03/07/der-videobeweis-titelkaempfe-und-ueberrschungen-im-euro-kader-ballverliebt-podcast-2/ https://ballverliebt.eu/2016/03/07/der-videobeweis-titelkaempfe-und-ueberrschungen-im-euro-kader-ballverliebt-podcast-2/#respond Sun, 06 Mar 2016 23:20:51 +0000 Ihr wollt nichts verpassen in der Welt des internationalen Top-Fußballs? Dafür gibt es den Ballverliebt Podcast! Auch diese Woche haben wir wieder ein kompaktes Update über die wichtigsten Ereignisse und Ergebnisse zusammengestellt. Mit dabei sind wichtige Entscheidungen und Topspiele im deutschen und englischen Fußball aber auch eine Diskussion der neuesten Regeländerungen durch die IFAB: Die Dreifachbestrafung ändert sich, der Videobeweis kommt. Außerdem fragen wir uns, wer in letzter Sekunde noch auf den Zug Richtung EURO 2016 im Kader des ÖFB aufspringt und diskutieren zwei Kandidaten, die noch nicht lange auf der Shortlist dafür stehen. Und wir wagen eine kurze Vorschau auf die spannendsten Spiele der Europapokalwoche und merken: Die Europa League hat mehr zu bieten als die Champions League.

Fragen beantworten wir gerne in den Kommentaren und über Diskussionen, Feedback und Anregungen freuen wir uns auch immer!

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Van Gaal fällt, Pellegrinis Abschiedstitel und Blatters Erbe (Ballverliebt Podcast #1) https://ballverliebt.eu/2016/02/29/van-gaal-faellt-pellegrinis-abschiedstitel-und-blatters-erbe-ballverliebt-podcast-1/ https://ballverliebt.eu/2016/02/29/van-gaal-faellt-pellegrinis-abschiedstitel-und-blatters-erbe-ballverliebt-podcast-1/#respond Mon, 29 Feb 2016 00:52:41 +0000 Der Ballverliebt Fußball Podcast ist mit seiner zweiten Folge zurück. Die Themen: Wieso hat Salzburg sich gegen die Austria eines Titelrivalen entledigt? War das dramatische Wembley-Finale gegen Liverpool der letzte Titel für ManCity-Coach Manuel Pellegrini? Wieso fällt Louis Van Gaal einfach um? Führt Julian Baumgartlinger Mainz als Kapitän in die Champions League? Ist Neo-FIFA-boss Gianni Infantino the change we have been waiting for? Und was treibt das österreichische Frauen-Nationalteam in Zypern?

Shownotes:

00:42 – Nach dem 1:4 der Austria in Salzburg sind Rapid und die Bullen bereits 7 Punkte vor den Veilchen

01:20 – Die angesprochene Torszene könnt ihr hier in Minute 3:30 nachsehen.

05:30 – Juan Antonio Pizzi ist der Trainer von Chile.

06:10 – Louis Van Gaals Schwalbe findet ihr hier

7:37 – Tor 1 von Marco Arnautovic war ein Elfmeter, Tor 2 recht ungewöhnlich

10:58 – Thomas Kistners Infantino-Kommentar in der SZ

11:15Jens Weinreich ist ein bekannter FIFA-kritischer Journalist

13:44 – Unsere Vorschau auf den Cyprus Cup

PS: Und wenn ihr Computer- und Videospiele mögt, schaut euch auch den Gaming-Podcast unserer Geschwisterseite Rebell.at an.

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Europa hat das Ende der Blatter-FIFA in der Hand https://ballverliebt.eu/2015/02/26/europa-hat-das-ende-der-blatter-fifa-der-hand/ https://ballverliebt.eu/2015/02/26/europa-hat-das-ende-der-blatter-fifa-der-hand/#respond Thu, 26 Feb 2015 13:42:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10871 „Die UEFA kann zwar Sepp Blatters Wiederwahl zum FIFA-Präsidenten und die WM in Katar 2022 nicht verhindern, wohl aber den Weltverband selbst existenziell bedrohen“. Wie die Blatter-FIFA fallen könnte, das beschreibe ich drüben beim Standard.

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Ballverliebt Classics: Senegal 2002 – in memoriam Bruno Metsu https://ballverliebt.eu/2013/10/24/ballverliebt-classics-senegal-2002-in-memoriam-bruno-metsu/ https://ballverliebt.eu/2013/10/24/ballverliebt-classics-senegal-2002-in-memoriam-bruno-metsu/#comments Thu, 24 Oct 2013 14:21:18 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9686 Ballverliebt Classics: Senegal 2002 – in memoriam Bruno Metsu weiterlesen ]]> metsuBruno Metsu ist tot, der Franzose erlag 59-jährig einem Krebsleiden. Der Name des Trainers, dessen Markenzeichen seine wallende Haarmähne war, wird immer untrennbar mit einer der größten Leistungen verbunden bleiben, die je ein Underdog bei einem großen Turnier geschafft hat: Dem Viertelfinal-Einzug mit dem vor und auch nach seiner Ära international irrelevanten Team aus dem Senegal bei der WM-Endrunde 2002.

Zwei Jahre zuvor hatte der damals 46-Jährige, nach einigen Stationen in Frankreichs zweiter Liga, das Team übernommen. Nach einem achtbaren Afrikacup-Viertelfinale startete man noch unter Vorgänger Peter Schnittger nur mit zwei Remis in eine schwere WM-Quali-Gruppe mit Marokko, Ägypten und Algerien. Dann kam Metsu und der Aufstieg bekann.

Vor dem letzten Quali-Spieltag lag der Senegal in der Fünfergruppe auf Rang drei, aber nur der Sieger löste das WM-Ticket. Vorne lag Marokko mit 15 Zählern, war aber in der letzten Runde spielfrei. Mit je 12 Punkten folgten Ägypten und Senegal, beide aber mit einer besseren Tordifferenz als Marokko. Die Ausgangslage für Senegal war klar: Man musste drei Tore höher gewinnen als zeitgleich Ägypten bei deren Erzfeind Algerien.

Senegal gab in Namibia also Vollgas, führte zur Halbzeit schon 3:0, während es im Parallelspiel 0:0 stand. Das hätte gereicht. Nach einer Stunde ging Ägypten 1:0 in Führung – Senegal brauchte wieder ein Tor. Es gab zwei, stand zehn Minuten vor dem Ende 5:0, womit Ägypten wieder eines brauchte. Doch Algerien glich sogar aus. Dabei blieb es: Senegal sprang auf Gruppenplatz eins und war bei der WM in Südkorea und Japan dabei.

Und bekam neben Dänemark und Uruguay auch Frankreich zugelost. Sogar im Eröffnungsspiel.

Frankreich nimmt Senegal nicht ernst…

Frankreich war der amtierende Welt- und Europameister, hatte in seinem Kader die aktuellen Torschützenkönige aus der Premier League (Henry), der Serie A (Trezeguet) und der Ligue I (Cissé). Senegal gab im Eröffnungsspiel in Seoul niemand eine Chance, dam Team wurde im Vorfeld als „Frankreich B“ belächelt. Weil bis auf Leboeuf keiner aus der französischen Start-Elf in der Ligue I spielte, beim Senegal aber mit Ausnahme des zweiten und des dritten Torhüters der komplette Kader in Frankreich engagiert war. Nicht mal, dass Zinedine Zidane mit einem Muskelfaserriss fehlte, wurde als wirkliches Problem empfunden.

Senegal - Frankreich 1:0 (1:0)
Senegal – Frankreich 1:0 (1:0)

Und dann kam Senegal. Mit einer Spielanlage, die den Franzosen überhaupt nicht schmeckte: In einem 4-3-3 mit weit zurück gezogenen Außenstürmern und einer Mittelfeld-Zentrale, die ein Pressing aufzog, dass es eine Freude war. Vor allem was die körperliche Robustheit angeht, hatten Sechser Aliou Cissé und die beiden Achter Salif Diao und vor allem Papa Bouba Diop klare Vorteile gegenüber dem eher schmalen Djorkaeff und dem eleganten, aber langsamen Emmanuel Petit.

Statt Zidane spielte Djorkaeff – 34, mit seiner besten Zeit hinter sich und bei Bolton unter Vertrag – einen seltsamen Hybrid aus halbrechter Achter, aus Zehner und aus Linksaußen. Durch seine ständigen Positionswechsel entging er zwar der direkten Bewachung von Aliou Cissé, er überließ aber Petit und Vieira alleine die Arbeit gegen das extrem giftige senegalesische Mittelfeld-Trio.

Das Fehlen eines Verbindungsspielers zwischen Defensive und Offensive und die Tatsache, dass Petit und vor allem Vieira viel in Zweikämpfe verwickelt wurden, limitierte Frankreich zu langen Bällen von Petit auf die Flügelspieler Wiltord und Henry, die der starke Daf und der herausragende Coly aber in guten Händen waren.

…und wird bestraft

Die vielen Ballverluste in der Vorwärtsbewegung gegen das pressende Zentrum Senegals und die Tatsache, dass Sturmspitze Diouf links auftauchte, rechts auftauchte, ständig an der Abseitslinie lauerte (und auch 12-mal in selbigem stand) – all das beunruhigte Frankreich nicht. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass Desailly als Libero oft ins Mittelfeld aufrückte und den hüftsteifen Leboeuf alleine gegen den quirligen Diouf spielen ließ. Trezeguets Lattenschuss nach 22 Minuten schien dem Titelverteidiger zu versichern: Wir haben unsere Chancen, das wird schon.

Ehe nach einer halben Stunde Djorkaeff im Aufbau ein kurzes Anspiel von Vieira viel zu lässig annehmen wollte, von Salif Diao den Ball abgeluchst bekam, und Frankreich einmal mehr in der Vorwärtsbewegung erwischt war. Über den pfeilschnellen Diouf, der auf der linken Seite durchging, kam Senegal nach vorne, vor seiner Flanke ließ er noch Leboeuf wie einen Schlusjungen aussehen. Die Flanke selbst wurde erst von Desailly abgefälscht, Petit wollte klären und schoss dabei Barthez an, der Ball hüpfte Bouba Diop vor die Füße – und im Fallen stocherte er die Kugel über die Linie.

Zittern erst am Ende

Linksverteidiger Lizarazu schaltete sich viel in die Offensive ein, brachte aber wenig Konkretes zu Stande. Wiltord rieb sich gegen Daf völlig auf. Und Djorkaeff war eine Vorgabe, weshalb er nach einer Stunde Christophe Dugarry wich. Damit stellte Frankreichs Teamchef Lemerre auf ein schiefes 4-2-2-2 um, wie es ganz ähnlich auch sein Nachfolger Santini bei der EM zwei Jahre später spielen sollte: Mit Lizarazu hoch und Henry als Mittelding aus Linksaußen und Mittelstürmer, dazwischen mit Dugarry auf der linken Halbposition.

Mit schwindenden Kräften versuchten die Senegalese viel schneller und weniger durchdacht, Diouf zu schicken. Obwohl es noch für einen Alu-Treffer reichte, wurde es in der letzten halben Stunde ein Zittern für den Außenseiter, auch weil wenig später auch Henry am Pfosten scheiterte. Lemerre brachte Djibril Cissé für den abgemeldeten Wiltord, ließ den extravaganten, bulligen Mittelstürmer aber wie Wiltord als Rechtsaußen spielen – wo er sich sichtlich nicht wohl fühlte.

Erst fehlte Frankreich das Bewusstsein, dass diese senegalesische Mannschaft wirklich ein Problem sein könnte, dann konnte man den Schalter nicht so recht umlegen, und wenn es doch gelang, in Abschlussposition zu kommen, scheiterte man entweder am Torgestänge oder am hervorragenden Torhüter Tony Sylva – dem dritten Keeper des AS Monaco. Nach 93 Minuten und sechs Sekunden pfiff Referee Ali Bujsaim ab, Senegal hatte den haushohen Favoriten zu Fall gebracht.

Am Feld ordneten sich auch schwierige Charaktere unter

Im Vorfeld der zweiten Partie gegen Dänemark bekam Senegals Kapitän Aliou Cissé Probleme mit der Achillessehne (womit Metsu sein Sechser nicht zur Verfügung stand) und Khalilou Fadiga Probleme mit dem Gesetz. Der Mann vom AJ Auxerre ließ es sich nämlich nicht nehmen, bei einem Juwelier eine Halskette um 280 Euro mitzunehmen, ohne aber dafür zu bezahlen. Wegen des geringen Beutewerts und dank gutem Willen des Juweliers blieb Fadiga ohne Strafe.

Generell galt Metsu als ein Trainer, der es hervorragend verstand, auf die völlig unterschiedlichen Typen in seiner Mannschaft sehr individuell einzugehen. Schwierige Persönilchkeiten wie der auch im Privatleben eher exaltierte Diouf ließ er an der langen Leine, während gesetteltere Typen wie etwa Rechtsverteidiger Ferdinand Coly auch von innerhalb des Kaders dafür sorgten, dass alle an einem Strang zogen. So scherte auf dem Feld keiner aus, und das Kollektiv war besser als die Einzelteile.

Dänen frustrieren Senegal

Die Spielweise der Senegalesen war den Dänen, die in ihrem ersten Spiel Uruguay 2:1 besiegt hatten, natürlich nicht verborgen geblieben. Dänemark war, schon damals unter Morten Olsen, schon ein taktisch sehr progressives Team mit einem modernen 4-2-3-1, einem bulligen Abräumer vor der Abwehr (Tøfting), einem Spieleröffner als Achter (Gravesen) und mit robustem Forchecking im Mittelfeld. In letzterem also den Senegalesen sehr ähnlich.

Senegal - Dänemark 1:1 (0:1)
Senegal – Dänemark 1:1 (0:1)

Was in der brütenden Nachmittagshitze von Daegu dem Nervenkostüm der Beteiligten nicht gut tat. Die Dänen gingen ihrerseits im Mittelfeld sehr aggressiv auf ihre Gegenspieler, bei Senegal fehlte im Zentrum aber ganz deutlich die Ruhe, die Cissé-Ersatz Pape Sarr nicht ausstrahlen konnte. Zudem stand die Abwehrkette von Dänemark deutlich tiefer als jene von Frankreich. Das hatte mehrere für Senegal negative Folgen.

Zum einen nämlich konnte man das Pressing- und Umschaltspiel, das gegen Frankreich so gut funktioniert hatte, nicht ausspielen; und zum anderen fehlte Diouf der Platz im Rücken der Abwehr, in den er steil gehen konnte. So bewegte er sich zwar auch diesmal viel im Abseits, strahlte aber keine Gefahr aus.

Das Pärchen aber, das sich am heißesten liebte, waren Khalilou Fadiga und Thomas Helveg. Schon nach zehn Minuten hätte Fadiga schon nach einem Ellbogenschlag Rot sehen müssen, der ansonsten gute Referee Batres aus Guatemala übersah die Szene aber, gab sogar Foul gegen Helveg. Von da an war der kaum mehr zu bändigen.

Zu sagen, das Spiel wäre flapsig formuliert eine 90-minütige Massenschlägerei gewesen, wäre dann doch zu hart, aber auf dem Feld herrscht sehr wohl eine sehr vergiftete Atmosphäre. Und wie sehr Senegal von der extrem körperpetoten Gangart der Dänen beeindruckt waren, zeigte sich auch an dem völlig patscherten Rempler von Diao an Tomasson, der den fälligen Elfer nach einer Viertelstunde zum 1:0 für Dänemark verwertete.

Metsu stellt um, personell und inhaltlich

Den als Sechser gegen das dänische Körperspiel und den starken Tomasson überforderten Sarr nahm Metsu für die zweite Halbzeit ebenso vom Feld wie Rechtsaußen Moussa N’Diaye. Er brachte aber nicht nur mit Henri Camara und Souleymane Camara zwei Offensivkräfte, sonder stellte auch sein System auf ein 4-2-1-3 um. Diao und Bouba Diop spielten nun eine Doppel-Sechs gegen Tomasson, Fadiga war der Freigeist vor den beiden; während Henri (rechts) und Souleymane (links) nun Diouf flankierten.

Dazu presste Senegal die Gegenspieler nun nicht erst in der eigenen Hälfte an, sondern schon deutlich weiter vorne. Olsen reagierte auf das sich verändernde Spiel und brachte für statt Gravesen nun mit Christian Poulsen einen frischen Gegenspieler für den nun zentral agierenden Fadiga; davor hatte schon der von Coly komplett abmontierte und entsprechend frustrierte Grønkjær für Jørgensen Platz gemacht.

Die Dänen zeigten sich beeindruckt und nach einem Weltklasse-Konter zum 1:1 sogar schwer getroffen. Henri Camara hatte am eigenen Strafraum den Ball von Jørgensen erobert, 13 Sekunden und vier Stationen später schlug es am anderen Ende des Feldes ein. Salif Diao, dessen Wechsel vom damaligen französischen Erstligisten CS Sedan zu Liverpool bereits feststand, schloss den Konter mit einem Außenristschuss ab.

Auch in der Folge war Senegal klar am Drücker. Fadiga hätte gleich das zweite Tor nachlegen können (58.), Souleymane Camara vergab etwa eine Riesenchance (69.), Diatta kam danach bei einer Ecke frei zum Kopfball (72.). Die drückende Überlegenheit der Senegalesen gegen ein in sich zusammen klappendes dänisches Team endete erst mit Diaos Attentat auf Henriksens Schienbein, für das der Torschütze zu Recht die rote Karte sah. Metsu nahm Souleymane Camara wieder aus dem Spiel, brachte mit Habib Beye einen Defensiven, und ließ in einem 4-4-1 das Unentschieden über die Zeit verwalten.

Keine Missionars-Arbeit

Dass in Afrika andere Gepflogenheiten herrschen, als in Frankreichs zweiter Liga, wurde Metsu nach seinem Engagement schnell klar. Er versuchte aber nicht, dem mitunter etwas eigenwilligen Umfeld europäische Humorlosigkeit überzustülpen, Metsu begriff, dass das kontraproduktiv gewesen wäre. Die fünf Voodoo-Priester, die der Fußballverband beschäftigte, ließ er gewähren. Was ihm wohl auch deshalb nicht so schwer fiel, weil er sich im Senegal sehr wohl fühlte. Er lernte eine Senegalesin kennen und lieben, heiratete sie, und konvertierte nach der WM ihr zuliebe sogar zum Islam.

Seine totale Identifikation mit dem Land und mit der Mannschaft, verbunden mit der Erkenntnis, dass die Mannschaft unter ihm einem dramatischen Schritt nach vorne gemacht hat, verliehen Metsu in seinem Team eine Autorität, die nicht auf Angst fußte, sondern auf Kollegialität. „Man kann mit Bruno über alles reden, sogar über Sex“, grinste Elhadji Diouf während der WM.

Uruguay bereitet Probleme…

Vor dem letzten Gruppenspiel gegen Uruguay war klar, dass ein Remis auf jeden Fall für das Achtelfinale reicht. Doch die Urus, die ihrerseits einen Sieg benötigten, bereiteten schon aufgrund ihrer Formation einige Probleme. Das 3-4-3 von Victor Pua war ob der Dreierkette hinten deutlich weniger anfällig für Dioufs Tänze an der Abseitslinie, weil statt zwei hier natürlich drei Spieler da waren, die den flinken Stürmer stellen konnten. Zudem wurde durch die Wing-Backs der Urus im Notfall hinten eine Fünferkette gegen Außenstürmer aufgefädelt – was aber selten der Fall war.

Senegal - Uruguay 3:3 (3:0)
Senegal – Uruguay 3:3 (3:0)

Die Senegalesen konnten ihr auf Ballgewinn im Zentrum ausgelegtes Spiel nicht aufziehen, weil Uruguay den Ball ganz einfach nicht ins Zentrum kommen ließ. Zwar hatten García und Romero in der Theorie eine 2-gegen-3-Unterzahl im Zentrum, aber weil das Spiel der Urus ohnehin darauf ausgelegt war, mit langen Bällen die trickreichen Außenstürmer Recoba und Silva ins Spiel zu bringen, bekam Senegal im Zentrum keinen Zugriff. Und was noch dazu kam: Uruguay war ein sehr körperbetont spielendes Team voller harter Arbeiter, in der es mit Álvaro Recoba von Inter Mailand, dem damals bestbezahlten Spieler der Welt, nur einen echten Künstler.

…trotz 0:3-Rückstands

Dennoch lag Senegal zur Halbzeit 3:0 voran – ein Hohn eigentlich, wenn man sich den Spielverlauf betrachtet. Das 1:0 resultierte aus einem geschenkten Elfer, den Diouf mit einer klaren Schwalbe herausgeholt hatte; es folgten zwei sinnvoll aufgezogene Konter, die beide von Bouba Diop zu Toren abgeschlossen worden – einer davon noch dazu aus Abseits-Position.

Pua ging nach dem Seitenwechsel natürlich volles Risiko. Morales ersetzte als Sturmspitze den glücklosen Abréu, dazu kam Diego Forlán für Sechser Romero. Forlán spielte als rechter Wing-Bank, der vom nach innen gerückten späteren Schalke-Legionär Varela abgedeckt wurde. Kaum eine halbe Minute nach Wiederanpfiff stocherte Morales den Ball zum 1:3 über die Linie, und Forlán besorgte in der Folge mit einem Tausendguldenschuss das 2:3.

Metsu nahm den schwer gelb-rot-gefährdeten Coly (der schon in der 1. Minute Gelb sah, Daf keine 120 Sekunden später) für vom Feld, um ihn vor dem schwer überforderten holländischen Referee Jan Wegereef zu schützen, dazu kam Amdy Faye als defensivere Alternative für N’Dour (der für den gesperrten Diao in die Start-Elf gerückt war) und Moussa N’Diaye, der seinen Startplatz an Henri Camara verloren hatte, für eben diesen. Und obwohl Uruguay drückte, sah es so aus, als sollte Senegal das 3:2 über die Zeit zittern.

Am Ende war’s auch Glück

Bis der für Coly gekommene Beye in der 87. Minute im Strafraum den Ball erreichen wollte, und Morales zu Boden sackte – ohne aber auch nur annähernd von Beye getackelt zu werden. Wegereef war einmal mehr auf eine Schwalbe hereingefallen, Recoba verwandelte sicher und die Urus hatten zwei Minuten später sogar noch die Riesen-Chance auf den Sieg. Rodríguez kam aus 20 Metern zum Schuss, Diatta klärte für den schon geschlagenen Sylva per Kopf. Der steil nach oben prallende Ball fiel genau zu Uru-Stürmer Morales, der einen Meter vor dem leeren Tor zum Kopfball kam – und rechts am Gehäuse vorbei zielte…

Senegal hatte das 3:3 und damit den Achtelfinal-Einzug gerettet, das aber wegen des holländischen Kartenspielers auch teuer bezahlt. Khalilou Fadiga würde das anstehende Spiel gegen Schweden gesperrt verpassen. Was allerdings mit Tunesien, Kamerun, Nigeria und Südafrika auch die anderen vier afrikanischen Teams zutraf, ebenso wie für die von Senegal im Eröffnungsspiel besiegten Franzosen und mit Argentinien auch er zweite Top-Favorit. Schon im Achtelfinale waren nur noch Außenseiter übrig, ein Feld, in das Senegal so gesehen gut passte.

„Le sorcier blanc“

Senegal, so sagte Mestu später einmal, habe ihm die Lust am Fußball wiedergegeben. Er selbst sah sich weniger als Taktikfuchs, sondern eher als eine Art „Chef de Mission“, einen, der es versteht, eine Gruppe als Mannschaft zum Funktionieren zu bringen. Weshalb er auch den Spitznamen des „Weißen Zauberers“, der ihm verpasst wurde, nie mochte. Wenn man nicht an seine Spieler glaube und seine Spieler vor allem auch gern habe, so sein Credo, kann man auch keine guten Resultate mit ihnen einfahren.

So wusste er etwa vor dem Eröffnungsspiel um alle die Stärken, die Frankreich zu dieser Zeit hatte. Er entschied sich aber dafür, seiner Mannschaft im Vorfeld ein Video zu zeigen, wo man die Schwächen der einzelnen Spieler beim Welt- und Europameister erkennen konnte. Um nicht in Ehrfurcht zu erstarren, sondern im Gegenteil den Glauben zu vermitteln, dass tatsächlich etwas möglich ist.

Experiment im Achtelfinale: Diouf am Flügel

Daran glaubte man natürlich auch im Achtelfinale, obwohl man gegen Schweden wiederum leichter Außenseiter war. Henke Larsson und Co. hatten die im Vorfeld als „Todesgruppe“ bezeichnete Staffel mit Argentinien, England und Nigeria sogar gewonnen und sie gingen auch gegen den Senegal nach elf Minuten durch einem Larsson-Kopfball nach einer Ecke in Führung. Der Senegal war nun das erste Mal wirklich gezwungen, das Spiel selbst zu machen, und das machten sie gar nicht schlecht.

Senegal - Schweden 2:1 n.V. (1:1, 1:1)
Senegal – Schweden 2:1 n.V. (1:1, 1:1)

Statt des nach seinem Brutalo-Foul gegen Dänemark immer noch gesperrten Salif Diao kam diesmal Amdy Faye ins halblinke Mittelfeld, die entscheidendere Änderung betraf aber Elhadji Diouf. Weil Linksaußen Fadiga fehlte, stellte Metsu seinen schnellen und trickreichen Mittelstürmer an die linke Außenbahn, dafür kam Pape Thiaw zu seinem allerersten Turnier-Einsatz, der 21-Jährige spielte im Sturmzentrum.

Einerseits zog sich Schweden nach dem Tor natürlich zurück, andererseits aber schnürte der Senegal die Skandinavier vor allem durch starkes Flügelspiel auch ziemlich hinten hinein. Auf der rechten Seite war es der einmal mehr bärenstarke Ferdinand Coly, der gemeinsam mit dem recht früh nach innen rückenden un zuweilen als zweite Sturmspitze spielenden Henri Camara für die Breite sorgte, auf der anderen Diouf.

Ihn auf den Flügel zu stellen, erwies sich als Goldgriff von Metsu. Diouf war sehr aktiv, immer anspielbar, verwickelte Mellberg und Jakobsson konsequent in 1-gegen-1-Duelle und wurde defensiv von Daf und Faye adäquat abgesichert. Als Camara nach 37 Minuten den hochverdienten Ausgleich erzielte, war das der neunte Torschuss vom Senegal. Schweden hatte bis dorthin genau einen – und das was das frühe Tor.

Gebremster Schwung

In der zweiten Hälfte stellte Metsu Diouf dann doch wieder ins Zentrum, Thiaw agierte dafür nun rechts und Camara wechselte auf die linke Seite. Er wollte wohl etwas mehr auch das dicht gestaffelte schwedische Zentrum anbohren, um für die Flügelspieler noch mehr Räume zu schaffen. Eine Maßnahme, die aber nicht ganz aufging – denn immer mehr präsentierte sich der Senegal in der zweiten Hälfte als One-Man-Team, in dem praktisch jede gefährliche Aktion nach vorne nur über Diouf ging.

Umso mehr, nachdem sich Innenverteidiger Malick Diop am Sprunggelenk verletzte, nach 66 Minuten raus musste. Weil Metsu keine gleichwertigen Innenverteidiger mehr auf der Bank hatte, musste Habib Beye kommen, dieser ist aber ein reiner Rechtsverteidiger. Somit übernahm Coly den rechten Innenverteidiger-Posten. Was defensiv keinen merkbaren Bruch verursachte, offensiv aber sehr wohl, denn obwohl Coly aus der Innenverteidiger-Position heraus weiterhin seine offensiven Pflichten als RV nachzugehen versuchte, fehlte nun natürlich der Punch aus der Tiefe.

Das Trainer-Duo der Schweden, Tommy Söderberg und Lars Lagerbäck, brachten in dieser Phase mit Andreas Andersson (für die rechte Seite) und dem 20-jährigen Stürmer-Talent Zlatan Ibrahimovic (für die Spitze neben Larsson) zwei neue Offensiv-Kräfte und vor allem Ibrahimovic sorgte zuweilen für mehr als nur Entlastung. Dennoch: Mit einem 1:1 ging’s in die Verlängerung.

Vollgas in der Verlängerung

Anstatt, wie bei Spielen mit Golden-Goal-Regel so oft der Fall, aber nun mehr Vorsicht an den Tag zu legen, gingen beide Teams voll auf den Sieg los. So traf für Schweden gleich mal Anders Svensson, nachdem er Diatta sehenswert aussteigen hat lassen, den Pfosten; im Gegenzug zielte Diouf nur knapp rechts am Tor vorbei. Das Offensiv-Trio des Senegal rochierte nun ziemlich wild: Diouf wich nun wieder viel auf die linke Seite aus; Camara agierte mal links, mal rechts; und Thiaw sorgte für Überzahl-Situationen in Ballnähe.

Und Thiaw war es letztlich auch, der das senegalisische Siegtor vorbereitete: Mit einem schnellen Horizontal-Lauf fünf Meter vor dem Strafraum zog er drei Schweden auf sich, legte mit der Ferse für den vertikal in den entstehenden Raum stoßenden Henri Camara ab. Dieser ging noch an Mjällby vorbei und zog ab: Das Tor, das 2:1, der Einzug ins Viertelfinale. Als erst zweites afrikanisches Team nach dem Kamerun zwölf Jahre zuvor.

Seltsames Turnier

„Der ganze afrikanische Kontinent drückt jetzt uns die Daumen“, hatte Metsu nach der Vorrunde, die seine Mannschaft ja als einzige des Kontinents überstanden hatte, selbstbewusst gesagt. Und in diesem Turnier war in der Tat auch für durchschnittliche Teams sehr viel möglich. Was mehrere Gründe hatte. Zum einen natürlich die übervolle Saison in Europa – zu dieser Zeit bestand die Champions League aus zwei Gruppenphasen, ehe die K.o.-Runde folgte. Dann natürlich die Hitze und gemeinsam mit der Hitze und vor allem der Luftfeuchtigkeit gerade bei den Spielen in Südkorea.

Und auch die im Vergleich zu Turnieren davor und danach zwei Wochen kürzere Vorbereitungszeit (das Turnier startete schon am 31. Mai) trug dazu bei, dass Top-Teams strauchelten und Außenseiter, ohne groß über ihre Verhältnisse zu spielen, weit kommen konnten. Frankreich, Argentinien und Portugal blieben schon in der Vorrunde auf der Strecke. England musste schon in der Gruppenphase an die Grenzen gehen und war im Viertelfinale gegen Brasilien dann schlicht und einfach körperlich leer. Spanien konnte den Schalter nach einer leichter Vorrunde, in der man unterfordert war, nicht auf mehr Ernsthaftigkeit umlegen und scheiterte gegen Südkorea auch am Referee.

Italien quälte sich schon in der Vorrunde und blieb dann im Achtelfinale ebenso an Südkorea hängen – wobei die Entscheidungen von Schiedsrichter Byron Moreno gar nicht sooo falsch waren, wie sie in Erinnerung blieben. Andererseits aber schaffte es ein wirklich nicht besonders gutes US-Team ins Viertelfinale, kam ein wirklich nicht besonders gutes deutsches Team nur dank der überragenden Kahn und Ballack ins Finale. Dazu trumpfte Brasilien, in den vier Jahren davor die reinste Chaos-Truppe, angeführt von Ronaldo, Ronaldinho und Rivaldo auf.

Ungewöhnlich uninspriert gegen tolle Türken

Und die Türkei kam zur ihrer Sternstunde. In einer Gruppe mit Costa Rica und den heillos überforderten Chinesen belegte man hinter Brasilien Platz zwei, unbekümmert eliminierten die Türken dann im Achtelfinale des Co-Gastgeber aus Japan, der von seltsamen Umstellungen des eigenwilligen Teamchefs Philippe Troussier verunsichert und von der Chance, daheim ins Viertelfinale zu kommen, mental überwältigt war. Man darf aber nicht den Fehler machen, zu glauben, die Türken wären nur durch glückliche Umstände so weit gekommen. Nein, Teamchef Senol Günes hatte einerseits einen sehr guten Kader zur Verfügung, verpasste diesem ein hochinteressantes taktisches Konzept, mit dem man eine der aufregendsten Teams einer sonst nicht so aufregenden WM wurde. Dazu stieg das Selbstvertrauen der Mannschaft von Spiel zu Spiel.

Anders als beim Senegal, wo eher die Selbstverliebtheit gestiegen war. Metsu machte diese Beobachtungen im Vorfeld des Viertelfinales, und er artikulierte dieses Gefühl später dann auch. Die Spieler hätten begonnen, den entstehenden Hype um sie selbst zu glauben. Die lockere Stimmung breitete sich auch auf das Spielfeld aus, dort, wo bei allem Laissez-faire noch immer große Disziplin geherrscht hatte. Was sich dann auch im Spiel gegen die Türken zeigen sollte. Vor allem Khalilou Fadiga, der nach seiner Gelbsperre wieder spielberechtigt war, tauchte völlig ab. Aber auch das zentrale Mittelfeld, das sich bis dahin als stark im Ballgewinn und schnellen Umschalten präsentiert hatte, agierte nicht nur ungewöhnlich zahm, sondern vor allem ausgesprochen zögerlich und vorsichtig.

Senegal - Türkei 0:1 n.V.
Senegal – Türkei 0:1 n.V.

Ferdinand Coly, der so brilliante Rechtsverteidiger, wirkte müde und von zahlreichen Wehwehchen geplagt, konnte den an sich gigantischen Platz vor ihm nicht nützen. So hingen Henri Camara und Elhadji Diouf, die sich wirklich bemühten, ziemlich in der Luft. Anders die türkischen Offensiv-Kräfte. Beim Team von Senol Günes gab es vor der Viererkette einen Sechser, Tugay half dort gegen Diouf und bediente die Achter. Das war halblinks Emre, der eher die Pässe schlug als selbst nach vorne zu gehen, und rechts Ümit Davala, der Achter, offensiver Außenverteidiger und Rechtsaußen in Personalunion war. Dazu gab es mit Bastürk und dem Glatzkopf Hasan Sas, der ein unglaubliches Turnier zeigte, zwei Spielmacher mit allen erdenklichen Freiheiten. Und vorne mit Hakan Sükür eine Strafraum-Kobra, die das Spiel schon früh entscheiden hätte können, wenn er nicht so eine unglaubliche Un-Form gehabt hätte und größte Chancen versemmelt hätte.

Keine Wechsel von Metsu

Die einzige echte Chance für den Senegal hatte Henri Camara kurz vor der Halbzeit, aber ein Tor für die Türken schien an diesem Abend in Osaka immer näher zu sein als eines für die Afrikaner. Umso mehr, als Günes halb durch die zweite Halbzeit den indisponierten Sükür vom Platz nahm und Joker İlhan Mansız brachte. Der in Schwaben geborene und aufgewachsene Stürmer, der sich später auch als Mode-Designer und Eiskunstläufer (!) versuchen sollte, prüfte gleich nach seiner Einwechslung Tony Sylva, konnte ihn weder da noch in der folge überwinden, womit es mit einem 0:0 nach 90 Minuten in die Verlängerung ging.

Metsu war während des ganzen Turniers tendenziell eher sparsam mit seinen Wechseln umgegangen. Gegen Frankreich gab es keinen einzigen, gegen Schweden einen und auch gegen Uruguay wechselte er nur verletztungsbedingt, bzw. um Coly vorm Ausschluss zu bewahren. Nur gegen Dänemark drehte er das komplette Team während des Spiels um. Dennoch ist es erstaunlich, dass er gerade im Viertelfinale, als zumindest fünf Spieler deutlich unter Form agierten, alle elf Akteure aus der Startformation durchspielen ließ, keinerlei Impulse setzte, keine neuen und vor allem frischen Kräfte brachte. Auch in der Verlängerung nicht. In der nach drei Minuten Ümit Davala einen seiner vielen Sprints auf der rechten Seite anzog und seine Flanke den vor dem Tor postierten İlhan fand. Für den fühlten sich weder Malick Diop noch Lamine Diatta verantwortlich, sodass der Türke unbedrängt zu einem sehenswerten Volley-Drehschuss ansetzen konnte, gegen den Sylva machtlos war. Die Türkei war damit im Halbfinale, die Reise des Senegal bei dieser WM-Endrunde war vorbei.

One Hit Wonder

Der Niederlage zum Trotz: Der Senegal hatte ein großartiges Turnier gespielt und die Trauer über den verpassten Halbfinal-Einzug wich schnell dem Stolz über das Erreichte. Als erst zweites afrikanisches Team war man ins WM-Viertelfinale vorgestoßen, was für die bis dahin international völlig unbekannten Spieler das Tor zur großen Fußball-Welt öffente und auch die Möglichkeit brachte, den in Südkorea und Japan erzielten Erfolg zu versilbern. Doch wer glaubte, das senegalesische Team würde sich als neue Nummer eins Afrikas etablieren können, sah sich schnell eines Besseren belehrt. 2004 und 2006 ging es noch ins Viertel- bzw. Halbfinale des Afrikacups, bei dem man seither nie mehr auch nur die Vorrunde überstanden hat. Weder bei der WM in Deutschland noch bei der in Südafrika war der Senegal dabei. Metsu hat das womöglich geahnt, legte nach der WM sein Amt zurück.

Wie durchschnittlich der Kader eigentlich besetzt war, wird deutlich, wenn man sich den weiteren Karriere-Verlauf der Spieler ansieht. Diouf fiel bei Liverpool komplett durch, war bei Bolton noch ganz okay, findet aber seither nirgendwo mehr wirklichen Anschluss. Diatta versuchte sich ohne Glück bei Lyon, Diao setzte sich bei Liverpool nicht durch, Fadiga weder bei Inter noch bei Bolton. Respektable Premier-League-Karrieren können Bouba Diop (Fulham und Portsmouth), Cissé (Birmingham und Portsmouth) und Camara (Wigan) vorweisen; Tony Sylva wurde vom dritten Monaco-Torhüter zum Lille-Stammgoalie. Wirkliche Welt-Stars wurden sie aber allesamt nicht.

Metsu, der in seinen 20 Monaten im Senegal zum Islam konvertiert war, ging in den arabischen Raum, wo er große Erfolge feierte. Champions-League-Sieger mit dem FC Al-Ain, dazu drei nationale Meistertitel in Katar und den Emiraten. Außerdem erreichte er 2011 als Teamchef von Gastgeber Katar das Viertelfinale im Asien-Cup, wo man knapp am späteren Sieger Japan scheiterte. Trotzdem: Für alle Beteiligten bleibt als größte Leistung ihrer Karriere das WM-Viertelfinale mit dem Senegal hängen. Obwohl – oder gerade weil – es ein klassisches One-Hit-Wonder war.

Metsu war 2004 im Gespräch als französischer Teamchef, nach der verkorksten EM in Portugal bekam aber Raymond Domenech den Vorzug. Vor anderhalb Jahren, nach einem peinlichen Vorrunden-Aus beim Afrika-Cup, war er in der engeren Auswahl für eine Rückkehr als Nationaltrainer des Senegal. Daraus wurde auch nichts. Wenig später wurde bei Metsu Darmkrebs diagnostiziert.

Diesen Kampf gewann er nicht.

(phe)

Foto: www.dohastadiumplusqatar.com via fr.wikipedia.org

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Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 2: Verweigerer, Irreregulär und Alaba https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-2-verweigerer-irreregular-und-alaba/ https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-2-verweigerer-irreregular-und-alaba/#respond Wed, 09 Oct 2013 02:33:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9607 Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 2: Verweigerer, Irreregulär und Alaba weiterlesen ]]> Am Freitag kommt es zum Showdown: Österreich gastiert in der Friends-Arena von Stockholm, dann geht’s auf die Färöer-Inseln. Die entscheidenden Spiele, ob sich das ÖFB-Team erstmals seit 16 Jahren auf sportlichem Wege für ein Großereignis qualifizieren kann oder nicht. Aus diesem Anlass unser großer Zweiteiler: Österreich im Quali-Endspurt, ein Rückblick auf die letzten 24 Jahre: So lief es für Österreich in den Qualifikationen und so sah es kurz vor Ultimo aus.

Hier nach Teil 1 (1988-1999) nun hier Teil 2: Herzogs Tor in Israel, Krankls Ausraster in Belfast, und die Wiederauferstehung unter Koller.

2001: Ohne neun

Für die Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea kam es zum großen Déjà-vu – schon wieder ging’s gegen Spanien und Israel. Nach einigen mäßigen Testspielen (1:4 in Griechenland, 1:1 gegen Schweden, 1:2 gegen Kroatien) und einem erstaunlichen 5:1 bei Toni Polsters Abschiesspiel gegen den Iran lief die Quali mit einem ziemlich mühsamen 1:0-Sieg in Liechtenstein an. Ehe die Nation im Oktober 2000 mal für zwei Stunden von „Taxi Orange“ zu Österreich gegen Spanien umschaltete und das nicht bereute – das Spiel endete 1:1 und so lange der junge Martin Stranzl bis zu einer Verletzung auf dem Feld war, war Österreich sogar die bessere Mannschaft.

Dennoch: Das ÖFB-Team zu dieser Zeit war im Grunde nichts anderes als Andreas Herzog, Elferkiller Wohlfahrt und noch neun recht beliebig aufstellbare andere. Beim 1:1 gegen Spanien bereitete Herzog ebenso das österreichische Tor per Ecke vor wie beim 1:1 in Bosnien. Beim hart erkämpften 2:1 über Israel schoss Herzog das Siegtor und Wohlfahrt hielt einen Elfmeter, und beim nicht wirklich beeindruckenden 2:0 gegen Liechtenstein bereitete der alternde Spielmacher beide Treffer vor. Das 0:4 in Spanien sieht schlimmer aus als es war: drei Tore fielen erst in der Schlussphase.

Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea
Quali zur WM 2002 in Japan und Südkorea

Vor den letzten beiden Spieltagen lag Österreich punktgleich mit Israel und hatte neben dem Heimspiel gegen Bosnien noch die Reise nach Tel-Aviv am Spielplan stehen. Dabei war es ohne Relevanz, ob das ÖFB-Team gegen Bosnien gewann oder nur Remis spielte, in Israel dürfte so oder so auf keinen Fall verloren werden. Und selbst bei einer Pleite gegen Bosnien hätte man mit einem Sieg in Israel noch alles selbst in der Hand.

Gegen Bosnien war es einmal mehr Herzog, der ein ziemlich schwaches ÖFB-Team rettete, sein Doppelpack sicherte den 2:0-Sieg. Doch das eigentlich am 6. Oktober angesetzte Spiel in Israel wurde zwei Tage vor diesem Termin nach einem ungeklärten Absturz eines russischen Flugzeugs über Israel – Fehlgeleitete Rakete? Terroranschlag? – abgesagt; drei Tage, nach dem neun Spieler von Haus aus die Dienstreise nach Tel-Aviv wegen Sicherheitsbedenken verweigert hatten: Walter Kogler, Roland Kirchler, Robert Ibertsberger, Alfred Hörtnagl, Edi Glieder (alle Tirol), Christian Mayrleb, Martin Hiden (beide Austria), Günther Neukirchner (Sturm) und Didi Kühbauer (Wolfsburg).

Ohne diese neun aber mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe aus Replacements, darunter dem 39-jährigen Teamdebütanten Zeljko Vukovic, ging es mit dreiwöchiger Verspätung nach Israel, wo die Israeli nach einer Stunde durch einen Elfer in Führung gingen, Österreich sich aber nicht hängen ließ und Herzog in der Nachspielzeit einen Freistoß durch eine furchtbar gestellte israelischen Mauer hindurch zum 1:1 versenkte, woraufhin ORF-Kommentator Hans Huber mit Steinen und Orangen beworfen wurde.

Österreich war Gruppenzweiter – bis heute zum letzten Mal – und durfte (oder musste?) im Play-Off gegen die Türkei ran. Kogler, Ibertsberger, Hörtnagl und Neukirchner hatten sich mit der Verweigerungs-Aktion für alle Zeit selbst aus dem ÖFB-Kader eliminiert, alle anderen Israel-Boykottierer zumindest noch für die Türkei-Spiele. Gegen den späteren WM-Dritten standen Herzog und die noch beliebiger als zuvor schon aufgestellten zehn anderen auf verlorenem Posten – 0:1 und 0:5.

2003: Mörderische Gegner, mörderisches Loch

Nach der Demission von Otto Baric war erneut Ivica Osim – der bei Sturm nicht mehr ganz so glücklich war – einer der gehandelten Kandiaten, aber ÖFB-Präsident Mauhart hievte in einer seiner letzten Amtshandlungen Hans Krankl auf die Teamchef-Position. Nach dem Chaos um die Verweigerer, dem unweigerlich näher rückenden Ende von Herzogs Team-Karriere und mit der Qualifikation für die EM 2004 in Portugal vor der Brust versuchte es Krankl vor allem mit Händeauflegen und unübersichtlich vielen verschiedenen Spielern – in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit trugen 48 verschiedene Spieler das ÖFB-Trikot.

Nach durchwachsenen Testspielen (2:0 gegen die Slowakei, 0:0 gegen Kamerun, 2:6 in Deutschland und 2:3 in der Schweiz) und der Ankündigung, dass Österreich in naher Zukunft von ganz Europa um das Sturmduo Roman Wallner/Roland Linz beneidet werden würde, ging’s mit einem von zwei Herzog-Elfmetern gesicherten 2:0 gegen Moldawien los, gefolgt von einem erfreulichen 2:0 in Weißrussland.

So gut der Start war, so mörderisch waren aber die anderen beiden Gegner. Tschechien war gerade auf dem besten Weg dazu, Europas womöglich beste und mit Sicherheit aufregendste Mannschaft zu werden; und Holland hatte nach dem peinlichen Verpassen der WM 2002 auch einiges gutzumachen. Wenig überraschend war Österreich beim 0:3 gegen die Niederlande vor der Winterpause ebenso völlig chancenlos wie beim 0:4 in Prag nach der Winterpause. Der wahre Tiefpunkt sollte aber erst noch kommen, und zwar in Form des Trauerspiels von Tiraspol, der 0:1-Pleite in Moldawien. Chancen auf eine EM-Teilnahme hatte Österreich sowieso nie wirklich, und nun hatte man es auch geschafft, sich standesgemäß zu blamieren. Das 5:0 gegen Weißrussland vier Tage später war da nur ein kleiner Trost. Zumal man beim 1:3 in Rotterdam brav kämpfte, aber außer dem ersten Länderspieltor von Emanuel Pogatetz nichts zu holen war.

Quali für die EM 2004 in Portugal
Quali für die EM 2004 in Portugal

Das Loch, in das Österreich nach dem Ende der „Generation Frankreich“ gefallen war, war ein ganz schön enormes. Dennoch: Selbst wenn der ÖFB zu dieser Zeit ein besseres Team gehabt hätte, gegen die beiden kommenden EM-Halbfinalisten wäre kein Kraut gewachsen gewesen. Auch, wenn man am letzten Spieltag gegen die Tschechen, die schon als Gruppensieger feststanden und daher mit einer B-Elf daherkamen, fast eine Überraschung gegeben hätte. Erst zwei späte tschechische Tore sorgten für das 2:3 aus österreichischer Sicht.

2005: Irre-regulär

Für die Qualifikation zur WM in Deutschland durfte Krankl bleiben, aber für die Heim-EM zwei Jahre später, für die Österreich in der Zwischenzeit den Zuschlag bekommen hatte, verlängerte sich Krankls Vertrag nur, sollte er bei der WM-Endrunde das Achtelfinale erreichen. Eine pure Illusion, Utopie – wiewohl der Weg dorthin zumindest gut anfing.

Nämlich mit einem 2:2 im Heimspiel gegen England, für das man sich vor allem bei David James zu bedanken hatte, und einem 2:0-Pflichtsieg gegen Aserbaischan. Und auch gegen Polen machte man keine schlechte Figur, kassierte aber recht einfache Tore und verlor daheim mit 1:3 – der erste Rückschlag, dem vier Tage später ein weiterer folgen sollte. Und zwar das 3:3 in Nordirland, nach dem Krankl seine legendäre emotionsgeladene Rede im ORF-Studio hielt. Stichwort: „Irre-regulär“.

In jener Rede kündigte Krankl auch an, Wales zweimal zu schlagen. Hierbei hielt er Wort: Einem verdienten 2:0-Sieg in Cardiff folgte ein ziemlich glücklicher 1:0-Sieg über die Waliser in Wien. Damit hatte man die drei Nachzügler klar distanziert, und nach vorne war zumindest noch nicht aller Tage Abend. Der Stand in der Gruppe: England 16, Polen 15, Österreich 11. Hieß: Ein Sieg in Polen, und es ist noch was möglich. In Chorzów machte sich Krankls ultra-defensive Aufstellung mit drei defensiven Mittelfeld-Spielern, ohne Zehner und mit einer Spitze nicht bezahlt: Österreich verlor mit 2:3, die Sache war erledigt und die Luft draußen. Einen beängstigend blutleeren Auftritt beim 0:0 in Aserbaidschan später war Krankl Geschichte.

Quali für die WM 2006 in Deutschland
Quali für die WM 2006 in Deutschland

Für die letzten beiden Spiele, die eigentlich schon die ersten Tests für die zweieinhalb Jahre später anstehende Heim-EM waren, übernahm Willi Ruttensteiner das Team und mit ihm gab es einen erstaunlich strukturierten Auftritt in England. Die Three Lions brauchten den Sieg unbedingt, um Polen noch abzufangen, und sie bekamen ihn – wenn auch nur mühsam und durch ein Elfmeter-Tor mit 1:0. Vier Tage später verabschiedete sich das ÖFB-Team mit einem 2:0 gegen Nordirland von der Gruppe und Emanuel Pogatetz mit einer roten Karte von der Heim-EM, ehe er ein Jahr später von der UEFA pardoniert wurde.

2007: Keine Quali, aber erstaunlich schlechter Fußball

Vor der Europameisterschaft im eigenen Land lief die Qualifikation natürlich ohne Österreich ab. Josef Hickersberger, der 15 Jahre nach Landskrona auf den Teamchef-Posten zurückkehrte, experimentierte viel und nahm dabei sowohl grässliche Leistungen als auch maue Resultate in Kauf. Wie gleich mal ein 0:2 daheim gegen Kanada zum Start, oder ein 2:1 gegen Liechtenstein – bei dem die Liechtensteiner das um eine Klasse bessere Team waren. Auf Malta sorgte ein abgefälschter Freistoß von Ivanschitz mit dem einzigen halbweg ernst zu nehmenden österreichischen Torschuss im ganzen Spiel für ein glückliches 1:1.

Der spielerische Tiefpunkt war im September 2007 erreicht, mit erbärmlichen Darbietungen bei einem Mini-Turnier gegen Japan und Chile, ein maues 1:3 bei EM-Co-Gastgeber Schweiz folgte. Einige Witzbolde in Tirol initiierten sogar eine Petition, dass Österreich bitte nicht teilnehmen muss, um sich die drohende Blamage zu ersparen. Es flackerte lange nur vereinzelt ein wenig Hoffnung durch, wie etwa bei einem anständigen 1:1 gegen Ghana oder einem richtig guten 3:2 gegen die Côte d’Ivoire. Zudem erreichte die U-20 bei der WM in Kanada sensationell das Halbfinale, mit Harnik, Hoffer und Prödl sprangen sogar noch drei aus dieser Truppe auf den EM-Zug. auf.

Erst unmittelbar vor der EM und mit der Umstellung auf eine Dreierkette besserte sich Österreich merklich. Beim 0:3 gegen Deutschland spielte man das DFB-Team trotz der letztlich klaren Niederlage lange her, ebenso die Holländer beim 3:4 – als Österreich zwischenzeitlich aber 3:0 geführt hatte. Bei der EM selbst gab’s ein 0:1 gegen Kroatien (bei dem mehr möglich war), ein 1:1 gegen Polen (bei dem mehr möglich war) und ein 0:1 gegen die Deutschen (die dabei wiederum nicht zu überzeugen wussten). Es war weder ein wirklicher Erfolg, noch eine echte Blamage.

2009: Kurz-Tripp mit dem Weißen Vater

Nach der EM und Hickersbergers Abgang konnte ÖFB-Präsident Stickler den scheidenden tschechischen Teamchef Karel Brückner überreden, Österreich zu übernehmen. Mit dem „Weißen Vater“ gab es gleich mal ein erfreuliches 2:2 in einem Test gegen Italien und zum Start in die Quali für die WM in Südafrika ein wundervolles 3:1 gegen Frankreich. Alle waren happy. Oder, naja, viele.

Erste Verfallserscheinungen gab’s schon vier Tage später in Litauen. In einer an sich klassischen 0:0-Partie trafen die Litauer zweimal, gewannen 2:0. Ein Spiel, das auch durch die erstaunliche Performance von Stefan Maierhofer berühmt wurde. Das de-facto-Aus kam dann schon beim dritten Spiel, bei dem Österreich auf den Färöern trotz heftigen Winds konsequent auf hohe Bälle setzte und nur 1:1 spielte. Vier Tage später gab’s ein 1:3 daheim gegen Serbien und die Quali war schon wieder gelaufen, bevor es überhaupt Winter geworden war.

In diesen Chaos-Herbst 2008 hinein trat dann auch noch Stickler zurück. Sein Nachfolger Leo Windtner legte Brückner alsbald die Pension nahe und Didi Constantini sollte retten, was noch zu retten war – also in erster Linie Gruppenplatz drei. Constantini eliminierte in einer ersten Amtshandlung Kapitän Ivanschitz und ließ ihn demonstrativ bis zum Ende seiner Amtszeit draußen, dafür gab er Jungspunden wie Dragovic und Pehlivan die Chance. Es gab trotz furchtbarer Leistung ein 2:1 gegen Rumänien und trotz einer sehr guten Leistung ein 0:1 in Serbien. Nach der Sommerpause wurden die Färöer locker 3:1 geschlagen und in Rumänien gab es ein 1:1, mit dem der dritte Platz schon recht sicher schien.

Quali für die WM 2010 in Südafrika
Quali für die WM 2010 in Südafrika

Da Frankreich noch ein Heimspiel gegen die Färöer offen hatte (und das dann auch 5:0 gewann), war Platz zwei schon vor den letzten beiden Spielen außer Reichweite. Gegen Litauen wollte Constantini seine Mannschaft partout nicht als Favorit sehen, und so spielte sie letztlich auch – erst ein Elfer-Geschenk brachte den 2:1-Sieg und damit auch rechnerisch Platz drei. Das weitgehend sinnbefreite letzte Spiel in Frankreich nützte Constantini dazu, noch einmal eine ganz besonders abstruse Aufstellungs-Variante an den Start zu bringen und dazu, David Alaba sein Debüt im Nationalteam zu ermöglichen. Frankreich gewann 3:1, aber das Ergebnis war nicht mal zweitrangig.

2011: Lähmend bis zum Ende

Deutschland in der Gruppe, dazu die aufstrebenden Belgier und die immer ganz guten Türken: Österreich hatte keine leichte Gruppe für die Quali zur EM in Polen und der Ukraine bekommen. Dass man aber schon im ersten Spiel daheim gegen Kasachstan bis zur 91. und 93. Minute braucht, um einen nicht wirklich verdienten 2:0-Sieg einzufahren, hatte dann doch keiner geglaubt. Es war aber ein Omen, wie lähmend die Quali verlaufen sollte und wie offensichtlich die Rückschritte waren, die das Team unter dem grummeligen Constantini machte. Gegen Aserbaidschan ging man früh in Front, kam so zu einem unspektakulären 3:0.

Das folgende Spiel in Belgien sollte zum Sinnbild werden: Eine Mannschaft, in der richtig Talent steckt, und ein Teamchef, der damit nicht wirklich schritthalten kann. Am Ende stand ein 4:4, dem eine große Euphorie folgte, und der Euphorie folgte nach dem Jahreswechsel ein 0:2 zuhause gegen die Belgier. Die Konsequenz war, dass sich das ÖFB-Team auch in Istanbul nichts zutraute und mit einer ähnlich mutlosen Performance ebenso 0:2 verlor, was eigentlich schon dem Ende gleichkam. Das letzte Aufbäumen gab’s daheim gegen Deutschland, wo Österreich die sicherlich beste Leistung unter Constantini zeigte, aber in der Nachspielzeit mit 1:2 verlor.

Spätestens da war klar, dass die Quali-Chancen endgültig dahin waren, aber dennoch konnte sich beim ÖFB niemand zu einer Entscheiung pro oder contra Constantini durchringen. Erst nach dem 2:6 in Deutschland und dem 0:0 gegen die Türkei im September machte man dann doch Nägel mit Köpfen: Constantini war weg.

Quali für die EM 2012 in Polen und der Ukraine
Quali für die EM 2012 in Polen und der Ukraine

Wie schon 2005 übernahm auch diesmal Willi Ruttensteiner für die beiden bedeutungslosen letzten Spielen, und beim 4:1 in Aserbaidschan wirkte die Mannschaft wie von einer schweren Last befreit. Damit war Österreich fix auf Rang vier einzementiert und beim 0:0 in Kasachstan ging’s nur noch darum, sich nicht mehr zu verletzen.

2013: Zurück im Bereich der Quali-Chancen

Mit Marcel Koller übernahm danach ein Trainer das Teamchef-Amt, den keiner auf der Rechnung hatte, der sich aber als Goldgriff erwies. Nach einigen verlorenen Jahren verpasste er der talentierten Truppe nach und nach ein zumeist funktionierendes taktisches Grundkonzept. Außerdem hat der Schweizer das Glück, dass erstmals seit Andreas Herzog ein Spieler dem ÖFB-Team wirklich alleine helfen kann und der zur absoluten Weltklasse aufgestiegen ist: David Alaba.

Beim ersten Pflichtspiel unter Koller, dem Auftakt zur Quali für die WM in Brasilien, zeigte Österreich eine der besten Leistungen überhaupt jemals und brachte ein zuweilen ziemlich hilfloses Deutschland zur Verzweiflung. Das typisch österreichische daran: Deutschland gewann dennoch mit 2:1. Das einzige, wenn man so will, Bogey der Qualifikation passierte danach beim 0:0 in Kasachstan, Punkte, die auch beim 4:0 über die Kasachen vier Tage danach nicht auf das Konto zurückzuholen waren, genausowenig wie durch das 6:0-Schützenfest gegen die Färöer nach dem Jahreswechsel.

Alaba hatte schon gegen Kasachstan und die Färöer getroffen, wirklich wichtig war aber erst sein später Ausgleich zum 2:2-Endstand beim Spiel in Irland. Damit blieb Österreich halbwegs im Fahrplan, und beim wichtigen 2:1-Heimsieg gegen Schweden war Alaba natürlich auch wieder voll dabei – er verwandelte den Elfer zur Führung. Beim 0:3 in Deutschland war Österreich chancenlos, umso wichtiger war danach das Heimspiel gegen Irland. Ein Krampfspiel, nicht schön anzusehen, keine gute Leistung von beiden Teams. Und wer sorgte kurz vor Schluss für die Entscheidung? Eh klar, Alaba. Österreich gewann 1:0.

Quali für die WM 2014 in Brasilien
Quali für die WM 2014 in Brasilien

Und hier sind wir nun. Gewinnt Schweden am vorletzten Spieltag gegen Österreich, ist das Trekronor-Team fix zumindest Zweiter. Geht es Remis aus, reicht den Schweden ein Punkt gegen Deutschland am letzten Spieltag. Und gewinnt Österreich, hat das ÖFB-Team alle Trümpfe in der Hand – einen Sieg zum Abschluss auf den Färöer-Inseln bräuchte es dann noch, um sicher zu sein.

Unabhängig davon, ob es klappt oder nicht: Österreich ist erstmals seit zwölf Jahren vor den letzten beiden Spielen wieder voll dabei im Kampf um die Endrunden-Tickets. Das alleine ist schon aller Ehren wert.

(phe)

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Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 1: Toni, Andi, Kegelabend https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-1-toni-andi-kegelabend/ https://ballverliebt.eu/2013/10/09/osterreich-kurz-vor-toreschluss-teil-1-toni-andi-kegelabend/#comments Wed, 09 Oct 2013 02:33:07 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9596 Österreich kurz vor Toreschluss, Teil 1: Toni, Andi, Kegelabend weiterlesen ]]> Am Freitag kommt es zum Showdown: Österreich gastiert in der Friends-Arena von Stockholm, dann geht’s auf die Färöer-Inseln. Die entscheidenden Spiele, ob sich das ÖFB-Team erstmals seit 16 Jahren auf sportlichem Wege für ein Großereignis qualifizieren kann oder nicht. Aus diesem Anlass unser großer Zweiteiler: Österreich im Quali-Endspurt, ein Rückblick auf die letzten 24 Jahre: So lief es für Österreich in den Qualifikationen und so sah es kurz vor Ultimo aus.

Hier Teil 1: Von Polsters Gala gegen die DDR über die Regenschlacht von Belfast bis zu jenem Jahr, in dem die Vorwahl des ÖFB auf „0905“ geändert wurde.

1989: Mit Tonis Hattrick nach Italien

In die erste Quali unter Josef Hickersberger, jene für die WM 1990 in Italien, ging Österreich mit recht anständigen Test-Resultaten im Rücken: Siege über Ungarn und Dänemark, dazu ein 2:4 in Prag und ein 0:2 gegen Brasilien. Im Auftaktspiel in Kiew gegen die UdSSR gab’s ein 0:2, ehe man in Wien ein zwischenzeitliches 3:0 über die Türkei fast noch verschenkt hätte – 3:2 hieß es am Ende.

Nach dem Jahreswechsel gab’s den ersten echten Dämpfer: Im erschreckend leeren Leipziger Zentralstadion führte man nach einem frühen Polster-Tor lange mit 1:0 und hatte das Spiel fest im Griff, ehe ein Glücksschuss von Kirsten drei Minuten vor Schluss das 1:1 bedeutete. Fast noch schlimmer war das folgende 0:0 in Island, dem ein äußerst mühevoller 2:1-Heimsieg über die Skandinavier folgte. Wirklicher Glaube, es schaffen zu können, kam erst mit dem starken 0:0 daheim im rappelvollen Praterstadion gegen Vize-Europameister UdSSR auf.

Quali für die WM 1990 in Italien
Quali für die WM 1990 in Italien

So war zwei Spieltage vor Schluss Island schon fertig und auch schon raus, Österreich musste noch in die Türkei und hatte dann die DDR zur Gast – beide direkten Gegner. Die Euphorie nach dem tollen Punkt gegen die Sowjets wurde aber mit einem bitteren 0:3 in Istanbul ordentlich zusammen gefaltet. Nun brauchte es neben einem eigenen Sieg auch Schützenhilfe der Sowjets – weil diese völlig unerwartet in der DDR verloren hatten, daher gegen die Türkei zumindest noch einen Punkt brauchten.

Stand vorm letzten Spieltag: UdSSR 9, Türkei 7, DDR 7, Österreich 7. Die Stimmung in Österreich war alles andere als positiv. Vor allem Toni Polster hatten sich Fans und Medien als Sündenbock Nummer eins herausgepickt: Für Sevilla traf er in Spanien nach Belieben, im Nationalteam wirkte er oft lustlos. Was sich am 15. November 1989 ändern sollte: Weil Polster einen absoluten Gala-Tag erwischte, die Spieler aus Ostdeutschland mit den Köpfen aber eher bei der sechs Tage zuvor gefallenen Berliner Mauer waren und auch noch einen Elfmeter verschossen.

Toni Polsters Hattrick beim 3:0-Sieg  – einem geschenkten Elfer zum 2:0 inklusive – bedeutete auch wegen des gleichzeitigen 2:0 der Sowjets gegen die Türkei Gruppenplatz zwei, damit das WM-Ticket. In Italien gab es jeweils 0:1-Niederlagen gegen den Gastgeber und gegen die Tschechoslowakei, der abschließende 2:1-Erfolg gegen die USA reichte nicht mehr für das Achtelfinale.

1991: Nach Landskrona war alles aus

In der Qualifikation für die Euro 92 erwischte Österreich eine mörderisch starke Gruppe: Neben WM-Viertelfinalist Jugoslawien auch die Dänen, die nach einem Generationswechsel auf dem Weg nach oben waren. Dass das de-facto-Ende für Österreich in Schweden kam, hieß aber nicht, dass man sich für die Endrunde dort qualifiziert hatte – im Gegenteil, weil Pflichtspiel-Debütant Färöer nicht über ein eigenes Stadion verfügte, musste man für das allererste Spiel in das südschwedische Städtchen Landskrona ausweichen und besiegte dort prompt das rot-weiß-rote Team mit 1:0. Ein Spiel, über das im Grunde eh schon längst alles erzählt wurde.

Die Endrunde war abgeschrieben, Teamchef Hickersberger seinen Job los, und Österreich mit einem Schlag in ein dramatisches Loch gefallen. Unter dem neuen Trainer Alfred Riedl taumelte das zum Gespött Europas gewordene Team trotz früher Führung in ein 1:4 bei Ivica Osims Jugoslawen, holte nur ein 0:0 gegen Nordirland, und das 3:0 im Rückspiel gegen die Färöer war der einzige Sieg in der ganzen Quali – dazwischen gab’s in einem Test noch ein 0:6 gegen Schweden, danach ein 1:2 in Dänemark und nach dem 0:3 im Rückspiel gegen die Dänen war die Amtszeit von Riedl auch schon wieder vorbei.

Quali für die EM 1992 in Schweden
Quali für die EM 1992 in Schweden

Interimistisch war für die zwei letzten Spiele Didi Constantini der Verantwortliche, aber natürlich hatte weder das 1:2 in Belfast noch das abschließende 0:2 gegen Jugoslawien für das ÖFB-Team eine nennenswerte Relevanz. Für die Jugoslawen schon, weil sie sich erstens damit sportlich für die EM qualifizierten, es zweitens aber das letzte Pflichtspiel als kompletter Staatenbund sein sollte.

Die Geschichte ist hinlänglich bekannt: Nach dem Ausbruch des Krieges wurde das Team wenige Wochen vor der Endrunde ausgeschlsosen, der Gruppenzweite Dänemark rückte nach und wurde prompt Europameister.

1993: Gruppe war viel zu stark

Nach dem totalen Absturz sollte der schon von seiner Krebkskrankheit gezeichnete Ernst Happel die Zukunft auf den Weg bringen, letztlich ohne den unmittelbaren Siegdruck. Schließlich bekam man es in der Quali für die 1994er-WM in den USA mit gleich drei Weltklasse-Teams zu tun: Den amtierenden EM- und späteren WM-Semifinalisten Schweden, dazu Frankreich und auch noch jenen Bulgaren, die in den Staaten in ins Halbfinale kommen sollen.

Die Gruppe war für das umformierte ÖFB-Team natürlich viel zu stark. Dem 0:2 zum Start in Frankreich (mit einem großartigen Tor von Papin nach feiner Vorlage von Cantona) folgte ein 5:2-Sieg gegen Israel im letzten Spiel, das Happel erleben sollte – vier Wochen später starb er. Für das anstehende Freundschaftsspiel in Deutschland übernahm wieder Didi Constantini, dann wurde der U-21-Teamchef zum A-Teamchef befördert: Herbert Prohaska.

Nach dem 0:1 daheim gegen Frankreich (wieder Papin nach Cantona-Assist) folgte mit dem starken 3:1-Heimerfolg gegen Bulgarien ein Spiel, dass die Hoffnung auf eine WM-Teilnahme durchaus nährte. Man wähnte sich in einem Dreikampf mit den Bulgaren und den Schweden um den zweiten Gruppenplatz hinter den schon enteilt scheinenden Franzosen, ehe ein peinliches 1:3 in Finnland und dann das 0:1 in Schweden mit einem reichlich patscherten Gegentor dieses zarte Pflänzchen schnell zum verwelken brachte, daran änderte auch das 3:0 gegen Finnland nichts mehr.

Quali für die WM 1994 in den USA
Quali für die WM 1994 in den USA

So galt schon vor dem folgenden 1:4 gegen Bulgarien der Fokus schon der kommenden EM-Quali und das das 1:1 in Tel-Aviv und auch das 1:1 daheim gegen Schweden waren kaum noch mehr als Testspiele unter Wettkampf-Bedingungen. Österreich beendete die vermutlich schweste Gruppe, in der man jemals war, als Vierter, während Bulgarien mit einem der unglaublichsten Finishes der Fußball-Geschichte mit einem Kontertor in der 90. Minute des letzten Spiels beim direkten Gegner Frankreich noch 2:1 gewann und damit in allerletzter Minute das WM-Ticket buchte.

1995: Vom Winde verweht (und vom Regen auch)

Österreich sah sich mit WM-Achtelfinalist Irland und den chronischen Under-Achievern Portugal in einer grundsätzich nicht unmachbaren Gruppe für die Euro-96-Quali, allerdings waren die Testspiele davor der pure Horror. 1:2 gegen Schottland, 4:3 mit Emmentaler-Abwehr gegen die irrelevanten Polen, eine 1:5-Ohrfeige daheim von Deutschland, und nach einer ganz besonders erbärmlichen Darbietung beim 0:3 im letzten Test, Walter Schachners Abschiedsspiel gegen Russland, wollte Prohaska schon hinschmeißen – nur ein ihn zum Bleiben anflehender ÖFB-Präsident Mauhart konnten Prohaska umstimmen.

Immerhin: Zum Auftakt gab es dann den ersten Pflichtspiel-Auswärtssieg seit einem 1:0 in Albanien über sechs Jahre (!!!!!) davor – ein 4:0 bei Fußball-Weltmacht Liechtenstein. Danach ging aber erst einmal alles den nach der Vorbereitung erwarteten Gang: Von Nordirland im Happel-Stadion beim 1:2 klar ausgespielt (einem herrlichen Gillespie-Tor inklusive), dann 0:1 in Portugal verloren – trotz einigermaßen okayer Leistung. Dann passierte aber etwas, womit man nicht rechnen konnte: Salzburg schwang sich zu einem unglaublichen Lauf bis ins Uefa-Cup-Finale auf, ein Schwung, von dem auch das ÖFB-Team getragen wurde.

Denn es folgte ein Frühling mit starken Leistungen, einem 5:0-Kantersieg gegen Lettland und einem 7:0-Erfolg gegen Lichtenstein – beide im alten Lehener Stadion von Salzburg; gekrönt vom 3:1-Auswärtssieg in Irland. Plötzlich war Österreich wieder voll im Geschäft, bis… Ja, bis die Schmach von Riga kam. Ein völlig unnötiger 2:3-Umfaller auswärts in Lettland schien die Chancen zu begraben, doch ein reichlich glücklicher 3:1-Heimerfolg gegen Irland, der neben Dreifach-Torschütze Stöger vor allem einem Konsel in Gala-Form zu verdanken war, und alles war wieder drin.

Quali für die EM 1996 in England
Quali für die EM 1996 in England

Österreich hatte noch ein Heimspiel gegen Portugal auf dem Programm und musste nach Nordirland; die Iren hatten ein Heimspiel gegen Lettland und die Reise nach Lissabon noch vor sich. Irland gewann erwartungsgemäß gegen die Letten, aber auch Österreich zeigte beim 1:1 gegen Portugal eine ansprechende Leistung, bei der auch ein Sieg absolut nicht unverdient gewesen wäre.

Vorm letzten Spieltag stand es also: Portugal 20, Irland 17, Österreich 16, Nordirland 14. Die Nordiren hatten wegen den gegen Irland verlorenen Direktvergleichs keine Chance mehr, Österreich wäre also bei einem eigenen Sieg und gleichzeitigem Punktverlust von Irland bei den Portugiesen (die ihrerseits noch einen Punkt brauchten, um sicher zu sein) fix bei der EM gewesen und hätte nicht einmal ins Play-Off der beiden schlechteren Gruppenzweiten gemusst.

Und Portugal gewann auch gegen die Iren, mit 3:0 sogar. Aber Österreich… Im böigen Wind, der eisigen Kälte und dem sintflutartigen Regenfall von Belfast zeigte sich das ÖFB-Team von seiner allerschlechtesten Seite und verlor sang- und klanglos 3:5, wobei das Resultat noch deutlich besser aussieht als die Leistung war. So beendete Österreich die Quali sogar nur auf Platz vier.

1997: Frankreich, wir kommen!

Die Stimmung hellte sich bei der Auslosung für die Gruppen der WM-Quali für Frankreich merklich auf. Mit EM-Teilnehmer Schottland und den Schweden, die die EM sogar verpasst hatten, blieb man von wirklichen Kalibern verschont. In den Testspielen würgte man sich mit teils äußerst unansehnlichen Leistungen zu Siegen gegen die Schweiz, Ungarn und Tschechien, im Auftakt-Spiel wollte man wie Gegner Schottland möglichst keinen Fehler machen, was in einem eher trostlosten 0:0 mündete.

Was folgte, war die Initialzündung für einen denkwürdigen Durchmarsch. Andi Herzog brachte Österreich in Schweden früh in Führung, daraufhin wurde man vom Trekronor-Team eigentlich nach allen Regeln der Kunst zerlegt, war komplett chancenlos – aber rettete ein hochgradig unverdientes, aber immens wichtiges 1:0 über die Zeit. Das folgende 2:1 gegen Lettland war zwar nicht besonders schön, erfüllte aber den Zweck und brachte Toni Polster das 45. Länderspieltor, das ihm zum Rekordhalter machte.

Das 0:2 in Schottland nach Jahreswechsel war der letzte Ausrutscher. Es folgte ein 2:0 gegen Estland (mit Ivica Vastic‘ erstem Länderspieltor), ein 3:1 in Lettland und ein 3:0 mit Polster-Hattrick in Estland. Im September kam es dann in Wien zum großen Showdown gegen Schweden. Ein Spiel, dass diese Spieler-Generation definieren sollte, ein enges Spiel, mit drei Ausschlüssen von einem fehlerfreien Referee, wenig gutem Fußball, aber höchster Spannung von An- bis Abpfiff. Andi Herzogs Weitschusstor eine Viertelstunde vor Schluss bescherte Österreich den 1:0-Erfolg und damit die Pole-Position in der Gruppe.

Quali für die WM 1998 in Frankreich
Quali für die WM 1998 in Frankreich

Mit dem WM-Ticket vor Augen verkrampfte das ÖFB-Team beim Auswärtsspiel in Weißrussland aber völlig. Das goldene Tor von Heimo Pfeifenberger brachte einen äußerst glücklichen 1:0-Sieg und damit auch schon fix die WM-Teilnahme, weil man selbst bei einer Pleite im letzten Spiel gegen die Weißrussen bester Gruppenzweiter gewesen wäre. Ein Rechenspielchen, das nicht in der Praxis angewandt werden musste: Österreich fuhr bei der großen Party im Happel-Stadion lockerleicht 4:0 über die Weißrussen drüber und war Gruppensieger.

Nach acht Jahren war das ÖFB-Team wieder bei einer Endrunde dabei, in Frankreich gab es durch Last-Minute-Tore jeweils 1:1-Remis gegen Kamerun und Chile und ein 1:2 gegen Italien zum Abschluss. Wie 1990 Gruppendritter, wie 1990 nicht genug für das Achtelfinale.

1999: Der Kegelabend von Valencia

Die Mannschaft hatte ein Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren, war also eigentlich bei der WM schon über den Zenit hinaus. Dennoch glaubte man für die EM 2000 in Holland und Belgien gute Karten zu haben, schließlich hatte man eine wirklich nicht allzu schwere Gruppe erwischt. Außerdem gab’s vorm Auftakt noch ein starkes 2:2 gegen den frischgebackenen Weltmeister Frankreich.

Auch, wenn das 1:1 zum Start in der Regenschlacht gegen Israel nicht ganz das war, was man sich erwartete, man auch beim 3:0 in Zypern und ganz speziell beim 4:1 in San Marino nicht direkt glänzte: Der Fahrplan stimmte, und wegen des Fehlstarts von Spanien (Niederlage in Zypern) überwinterte Österreich sogar als Tabellenführer.

Und dann kam der Kegelabend von Valencia. Doch anders als die letzte Blamage diesen Ausmaßes, der von Landskrona, beendete das 0:9 in Spanien zwar die Amtszeit des Teamchefs, nicht aber die Chancen auf die EM. Denn am Ende war es letztlich auch nur eine Niederlage und die Tordifferenz war ja im Kampf um Platz zwei völlig irrelevant, es zählte schließlich der Direktvergleich.

Weil Ivica Osim, um den ÖFB-Präsident Mauhart heftig buhlte, nicht seinen guten Posten bei Sturm Graz aufgeben wollte und Roy Hodgson am Veto von Fans, Medien („kein Externer!“) und Experten („keiner, der Viererkette spielt, das macht in Österreich keiner!“) scheiterte, wurde Otto Baric als Teamchef installiert und er führte sich gleich mit einem 7:0 über San Marino ein. Ehe er sich in Tel-Aviv sein persönliches Valencia abholte. Das 0:5 in Israel beendete dann auch die letzten Hoffnungen auf eine EM-Teilnahme und vor dem Heimspiel gegen Spanien beschränkten sich die Hoffnungen darauf, bitte vielleicht nicht wieder wie ein kranker Vogel abgeschossen zu werden. Die Iberer waren gnädig, gewannen „nur“ mit 3:1.

Quali für die EM 2000 in Belgien und Holland
Quali für die EM 2000 in Belgien und Holland

Da Israel am vorletzten Spieltag gegen San Marino spielte und Österreich da spielfrei war, war die Quali auch rechnerisch nicht mehr möglich. Zum Abschluss gab es ein 3:1 gegen Zypern, das angesichts des gerade ansetzenden Champions-League-Wunders von Sturm Graz genau gar keinen interessierte. Österreich wurde Dritter und die Israeli gingen im Play-Off gegen Dänemark mit 0:5 und 0:3 ein wie die Primeln.

In Teil 2: Von einer schlecht postierten israelischen Mauer über ein irre-reguläres Spiel bis zu David Alaba.

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Die Formation einer Mannschaft aus FIFA Weltfußballern

Jährlich seit 1991 wird von der FIFA ein Weltfußballer geehrt. In 19 Anläufen ist ein Stürmer oder offensiver Mittelfeldspieler als Sieger aus dieser Abstimmung hervorgegangen. Nur ein Verteidiger (Fabio Cannavaro) und ein zentraler Mittelfeldspieler (Lothar Matthäus) haben es in die erlauchte Liste der FIFA Weltfußballer geschafft. Diese Positionen würden runtergerechnet auf eine Mannschaft mit elf Spielern also je etwa ein halbes Mal besetzt. Das ergibt einen Wasserträger, der ganz schön viel Laufarbeit erledigen muss.

Man bedenke: Nicht ein Haufen begeisterter Fans bestimmt, wem die Ehre zuteil wird. Nationaltrainer und ihre Kapitäne wählen für den Weltverband den besten Fußballer. Auch dass seit 2010 Journalisten mitstimmen dürfen, änderte nichts daran, dass man vor allem ein torgefährlicher Dribblanski sein muss, um ausgezeichnet zu werden – spektakulär eintönig. Klar: Man will ja keinen Zerstörerkick würdigen und fördern. Aber auch Angriffsfußball beginnt schließlich nicht erst am gegnerischen Sechzehner. Und kann nicht ein öffnender 40-Meter-Pass genauso zum Zungenschnalzen veranlassen wie ein Tor?

Doch selbst wenn sich die Spielgestaltung im modernen Fußball noch so sehr ins defensive Zentrum verlagert und die dort sitzenden Genies noch so viele Titel sammeln und ermöglichen. Auch für ein Fachpublikum gilt in neun von zehn Fällen: Fußball mag ein Mannschaftssport sein, aber Weltfußballer müssen glitzern. (tsc)

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