Gastautor – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 12 Jul 2018 07:51:06 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 Analyse: Die Tormänner bei der WM 2018 https://ballverliebt.eu/2018/07/11/analyse-die-tormaenner-bei-der-wm-2018/ https://ballverliebt.eu/2018/07/11/analyse-die-tormaenner-bei-der-wm-2018/#respond Wed, 11 Jul 2018 17:43:26 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15034 Analyse: Die Tormänner bei der WM 2018 weiterlesen ]]> Zur Klärung vorweg: Ich werde hier keine klassische Einzelspieleranalyse betreiben, sondern vielmehr versuchen Strukturen sichtbar zu machen. Ich werde also die Tormannleistungen bei dem Turnier eher allgemein betrachten. Meine Versuche dies zu tun sind spekulativ, da die meisten Teams keinen Einblick in ihr Training bei der WM erlauben. Meine Analyse beruht auf meinen Erfahrungen und Eindrücken und ist daher durchaus angreifbar. Ich versuche hier keine Wahrheit darzustellen, sondern eine Diskussionsgrundlage.

Zunächst ein paar einleitende Worte zum Tormanntraining. Auch dieses Training hat in den letzten 20 Jahren eine enorme Verwissenschaftlichung erfahren und damit auch den Fokus auf messbare Ergebnisse gelegt. Der Fokus wird dann zumeist noch eingeengt und zwar auf messbare Ergebnisse, die trainierbar (steigerbar) sind. Also z.B. Kondition, Reaktionsschnelligkeit, Geschwindigkeit, Kraft, kurz gesagt: Athletik.

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Nicht messbare oder nicht steigerbare Attribute haben in der Trainingslehre an Bedeutung verloren, wie Körpergröße, Charakter, Präsenz oder kommunikative Fähigkeiten. Der Beweis steht noch aus, dass diese Verschiebung der Prioritäten bessere Torhüter hervorbringt. Die Klasse eines Schmeichel, Buffon, Kahn oder Casillas hat die derzeitige Torhütergeneration nicht. Wie sehr sich die Generationen alleine durch das unterschiedliche Training in Sachen Athletik unterscheiden, mag dieses kleine Video deutlich machen:

The difference between Keylor Navas and Casillas

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Kommen wir zur WM. Die Torhüterleistungen waren eigentlich, nun ja, bescheiden. Auffallend waren vor allem die unzähligen Schlampereien und technischen Ungenauigkeiten. Woran mache ich das fest? An diversen Patzern, dem selten vorhandenen Übergreifen, dem übermäßigen Einsatz davon, den Ball beim Fangen kurz abtropfen zu lassen, usw.

Dieses schlampige Spiel betraf nahezu alle Torhüter. Sowohl nach älteren, wie auch nach neueren Trainingsmethoden werden aber die technischen Voraussetzungen bis zum Erbrechen eingeübt. Es muss also eine andere Ursache geben.

Meiner Meinung nach ist der Grund hierfür, dass die Torhüter bei den Nationalteams keine Trainer haben, die ihrer Klasse entsprechen. Schauen wir uns einmal die Karrieren der Tormanntrainer unter den Teilnehmern an. Die Hälfte der Tormanntrainer hat noch nicht einmal bei einem Verein gearbeitet, der auch nur zur erweiterten Spitze des Fußballs gezählt werden könnte. Die besten Vereine, für die Tormanntrainer bei der WM gearbeitet haben waren Valencia, Everton, Benfica oder Besiktas. Das ist nicht die europäische Elite und es sind leider auch keine Vereine, die als Torwartschmieden bekannt sind. Grundsätzlich ist keiner der Großen des Fachs dabei, wie z.B. Luis Llopis oder Eric Steele (der ist im Moment sogar vereinslos).

Warum wird das aber nun ausgerechnet bei dieser WM schlagend? Nun, weil sich in den letzten Jahren die Intensität im Tormanntraining enorm gesteigert hat (im Spitzenbereich). Als Beispiel hier ein Training von Luis Llopis.

Und hier als Vergleich das Tormanntraining der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2018. Die Intensität ist viel geringer, das wirkt wie in Zeitlupe gegen das Training, wie es derzeit bei der Elite der europäischen Clubs stattfindet.

Die Torhüter kommen aber von den besten Clubs und müssen daher vor und während der WM ein Training erdulden, welches nicht 100% ihrer Leistungsfähigkeit abruft. Und das bekommen wir dann eben auch im Match zu spüren.

Es gibt auch noch andere Indizien, die dafür sprechen, dass sich die internationale Elite bei den Nationalteams ungenügend betreut fühlt. Courtois meinte, dass er sich selbst sehr gezielt auf Brasilien vorbereitet hat. Davor sprach er immer davon, gut vorbereitet worden zu sein (vom Trainerteam). Im Zweifelsfall sorgt die internationale Elite also selbst für die entsprechende Intensität.

Welche Trends waren noch auffällig? Die Anfälligkeit der Torhüter bei Standards und Weitschüssen. Das hat einen simplen Grund, die Körpergröße. Durch den neuen Fokus der Trainingslehre schaffen es vermehrt kleinere Torhüter in die Startaufstellungen. Jedoch: Size matters. Zumindest beim Torwart. Bestes Beispiel dafür: Courtois. Der hatte mit Flanken und Weitschüssen überhaupt kein Problem und ein Torwart sollte grundsätzlich damit auch kein Problem haben. Navas ist z.B. genau deswegen bei Real umstritten, weil jeder Eckball eigentlich von der Verteidigung geklärt werden muss.

Es gibt aber auch positive Ausnahmen: Franck Raviot z.B. (Tormanntrainer bei Frankreich). Bislang konnte Lloris sein Potential abrufen. Das Training von Raviot ist kreativ, es hat eine hohe Intensität und es setzt sehr stark auf den Faktor Kommunikation. Auch Deschamps lässt die Torhüter öfter mit der restlichen Mannschaft trainieren als die meisten anderen Trainer. Und die bislang gute Abstimmung in der Defensive spricht ganz klar für diesen Ansatz. Auch hier möchte ich ein Gegenbeispiel anführen, diesmal aus der Bundesliga: Patrick Pentz. Wenn dieser im Interview als fertig ausgebildeter Torhüter behauptet, er müsse erst lernen mit der Abwehr zu kommunizieren, dann war seine Ausbildung einfach ungenügend. Und über die Anzahl der Gegentore der Austria breiten wir jetzt mal den Mantel des Schweigens.

Aber auch Tschertschessow bzw. sein Tormanntrainer Stauce haben mit Akinfeev gute Arbeit geleistet und ihm einige seiner ewigen Fehler ausgetrieben.

Bei den Torhütern selbst konnten der ewig tapfere Navas, der stets im Team überzeugende Ochoa und der sehr fokussierte Courtois überzeugen. Torhüter des Turniers ist aber bisher Lloris, weil er auch seine Abwehr gut im Griff hat. Ich wünsche ihm alles Gute, dass auch das Finale positiv für ihn verläuft.

Die WM ist also diesmal nicht nur ein Turnier, bei dem die Torhüter ihre Form beweisen können, sondern sie hat diesmal zwei Dinge verdeutlicht. Erstens, das Torwarttraining in den Nationalteams ist derzeit nicht auf dem Niveau der Clubs und bereitet daher die Torhüter ungenügend auf das Turnier vor. Und zweitens müssen auch die Verfechter der modernen Torwartschulen bestimmte Trends deutlicher hinterfragen (z.B. die Aufhebung eines Körpergrößenlimits und vor allem das stark separierte Training, dass die Kommunikation mit der Abwehr zu selten trainiert).

Unser Leser „martidas“, der sich immer wieder mit spannendem Input in unsere Diskussionen einbringt, hat uns diese Analyse der Tormannleistungen der WM 2018 zukommen lassen. Danke.

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Der EURO 2016-Modus benachteiligt Gruppe E und bevorzugt Gruppe A https://ballverliebt.eu/2015/12/20/euro-2016-gruppe-e-wird-bei-der-benachteiligt-gruppe-a-bevorzugt/ https://ballverliebt.eu/2015/12/20/euro-2016-gruppe-e-wird-bei-der-benachteiligt-gruppe-a-bevorzugt/#comments Sun, 20 Dec 2015 17:21:51 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11976 Die Gruppe E (und auch Gruppe F mit Österreich) wird bei der EURO 2016 klar benachteiligt, die Gruppe A von Gastgeber Frankreich hingegen systematisch bevorzugt. Und das hat gar nichts mit einer unglücklichen Auslosung zu tun. Ein Report von Sebastian Wolsing zeigt die statistische Ungerechtigkeit des Turniermodus mit 24 Mannschaften, 6 Gruppen und einem Achtelfinale.

Der Gruppe E-Effekt: Gruppe E ist die schlimmste bei der Euro

1. Einleitung

Die Europameisterschaft in Frankreich beginnt am 10. Juni 2016. Falls das Konzept von Fußballturnieren neu für dich ist, musst du nicht viel wissen: Teams qualifizieren sich und werden aus vier verschiedenen Lostöpfen gemäß ihrer Stärke in Gruppen gelost. Jede der sechs Gruppen besteht aus einer Mannschaft aus jedem Topf. Frankreich wird als Gastgeber automatisch in Gruppe A gesetzt.

Töpfe der EM-Auslosung 2016

2. Der Gruppe-E-Effekt

Viele von uns denken, dass es bei der Auslosung nicht wichtig ist, in welcher Gruppe man landet. Wichtig seien nur die Gegner, die man zugelost bekommt. Aber bei dieser speziellen Europameisterschaft ist das nicht richtig. Die Playoff-Struktur nach der Gruppenphase sieht nämlich so aus:

EURO 2016: Playoffs
Erklärung: 1A bedeutet zum Beispiel Sieger der Gruppe A, 2F bedeutet Zweiter der Gruppe F. Welche Drittplatzierten weiterkommen, entscheidet sich erst im Turnier.

Wir haben also 6 Gruppen, Gruppensieger und Gruppenzweite. Das ergibt 12 Teams, die weiterkommen. Für die 16 nötigen im Playoff kommen noch die vier besten Gruppendritten weiter. Die mathematische Symmetrie in einem System mit vier oder acht Gruppen besteht also nicht mehr. Das bedeutet:

  1. Die Sieger aus Gruppe A, B, C und D treffen im Achtelfinale auf Gruppendritte. Die Sieger aus E und F treffen auf Gruppenzweite. Eine klare Benachteiligung.
  2. Die Gruppenzweiten aus A, B, C und F treffen auf andere Gruppenzweite, jene aus D und E auf einen Gruppensieger. Eine klare Benachteiligung.
  3. Die Gruppen A, B und C bekommen beide Vorteile.
  4. Die Gruppen D und F bekommen je einen Vor- und Nachteil.
  5. Die Gruppe E bekommt beide Nachteile.

Das würde theoretisch bedeuten, dass Mannschaften aus Gruppe E im Playoff bereits eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, ins Viertelfinale einzuziehen. Gruppe D und F haben eine höhere als E, aber eine niedrigere als A, B und C.

EURO 2016: Gruppenschwierigkeit
Auf wen die jeweiligen Gruppensieger und -zweiten im Viertelfinale treffen: Ein niedrigerer Wert bedeutet eine schwierigere Ausgangslage.

Das gilt für das Achtelfinale. Aber auch das Viertelfinale ist nicht symmetrisch. Der Sieger aus Spiel 1 und 8 im Achtelfinale wird auf jeden Fall ein Gruppenzweiter sein.

EURO 2016: Viertelfinale

Die Sieger aus Spiel 2 und 7 treffen also automatisch nicht auf einen Ersten. Das können die Sieger aus den Gruppen A und D, oder mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit die Drittplatzierten aus B, E, F bzw. aus C, D, E sein.

Wir erwarten hier also, dass die Gruppen A und D im Viertelfinale einen Vorteil haben werden, weil ihre Sieger bis zum Semifinale keinen anderen Gruppensieger treffen können.

Theoretisch ist also die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg eines Teams aus Gruppe A höher, als für Mannschaften aus allen anderen Gruppen.

EURO 2016: Play<off-Schwierigkeit
Diese Tabelle beschreibt den schwierigstmöglichen Weg für Mannschaften, ins Finale zu kommen (wenn immer das besser gesetzte Team gewinnt). 3 Punkte für einen drittplatzierten Gegner, 2 für einen Zweitplatzierten, 1 für einen Gruppensieger. Eine niedrigere Summe bedeutet eine schwierigere Ausgangslage.

3. Simulationen

Mit Simulationen können wir dieses Problem noch deutlicher illustrieren. Die folgenden Simulationen wurden so gewichtet, dass das beste Team eine hohe Wahrscheinlichkeit auf einen Sieg gegen das schlechteste Team hat (Anm. von ballverliebt: Sebastian hat sein SImulationsmodell in den Kommentaren etwas genauer erklärt).

Nach 100.000 Simulationen sieht das Ergebnis für den Einzug ins Viertelfinale folgendermaßen aus.

EURO 2016: Simulationen für das Viertelfinale

Man sieht: Gruppe E und F haben einen großen Nachteil gegebüber den anderen. A, B und C haben einen deutlich einfacheren Weg als die anderen Gruppen und E hat den schwierigsten.

Für das Semifinale sieht das Ergebnis in der Folge so aus:

EURO 2016: Simulationen für das Semifinale

Das zeigt, dass sich die Chancen für A und D im Viertelfinale leicht erhöhen. Kommen wir zum Gewinn des Turniers.

EURO 2016: Simulationen für den Turniersieg

Die Simulationen bestätigen, was die Tabelle 3 bereits angedeutet hat. Die Wahrscheinlichkeit das Turnier aus den unterschiedlichen Gruppen heraus zu gewinnen. Basierend auf diesen Werten ist es 28% weniger wahrscheinlich, das Turnier aus Gruppe E zu gewinnen, als aus Gruppe A. Das scheint mir außerhalb einer fairen Schwankungsbreite zu liegen.

4. Verbesserungen

Das scheint kein optimaler Weg zu sein, um eine Europameisterschaft zu organisieren. Wie könnte man das verbessern? Es ist zwar wenig hilfreich, aber man kann argumentieren, dass ein System mit 6 Gruppen mathematisch unnütz ist. Auch 16 Aufsteiger aus 24 Mannschaften könnte man für keine gute Idee halten.

Die Dinge, die UEFA berücksichtigen will sind:

  • Bedingung 1: Mannschaften aus der selben Gruppe sollen in der ersten Playoffrunde nicht aufeinander treffen.
  • Bedingung 2: Der Playoff-Baum soll symmetrisch sein.

Daraus ziehen wir für die Playoffs nach der Gruppenphase folgenden Schluss. Es gibt

  • Sechs Erstplatzierte (6 x 1 = 6)
  • Sechs Zweitplatzierte (6 x 2 = 12)
  • Vier Drittplatzierte (4 x 3 = 12)

In Summe ergibt das 30 (6 + 12 + 12), was nicht rund durch die Zahl der Spiele im Achtelfinale (8) dividiert werden kann. Bei vier Gruppen mit sechs Teams würde das anders aussehen. 4 x 1 + 4 x 2 + 4 x 3 + 4 x 4 = 40, was dividierbar durch 8 ist.

Die UEFA will das aber verzweifelt mit sechs Gruppen durchziehen, dann müssen wir aber Bedingung 1 von vorhin verwerfen. Man könnte stattdessen nach der Gruppenphase alle Aufsteiger so reihen, wie es nun mit den Gruppendritten gemacht wird und daraus das Viertelfinale gestalten.

EURO 2016: Alternativer Vorschlag für das Playoff
Vorschlag für ein alternatives Playoff. W(1) bedeutet bester Gruppensieger, R(6) bedeutet schlechtester Gruppenzweiter, T(4) bedeutet schlechtester Gruppendritter.

Nach dieserm Modell sehen Simulationen folgendermaßen aus:

EURO 2016: Alternative Simulationen

EURO 2016: Alternative Simulationen, Sieger

Das wäre sportlich und mathematisch fairer. Es muss aber gesagt werden, dass es für die Teams weniger praktikabel wäre. Sie wüssten vor dem Ende der kompletten Gruppenphase nicht, wo ihr nächstes Spiel stattfindet. Praktische Beschränkungen sprechen auch gegen das ansonsten beste System. Die vielen Spiele in einem Double-Elimination-System, würden zu viel kosten.

5. Schlussgedanken

Eine bemerkenswerte Sache ist, dass die „Regeln“ besagen, dass der Gastgeber in Gruppe A sein muss. Dort besteht eine höhere Chance auf den Turniergewinn. Da der Gastgeber außerdem unabhängig von seiner Ranglistenplatzierung immer in Topf 1 gesetzt wird, ist die Gruppe A noch einmal zusätzlich als absoluter Goldtopf zu sehen.

Ich werde den Teams in Gruppe E etwas fester die Daumen drücken. Sie werden es brauchen.

Mit freundlicher Genehmigung von Sebastian Wolsing durch ballverliebt.eu übersetzt.

Warum die Österreich-Gruppe doch kein Glücksfall war und wie die Frankreich-Gruppe bevorzugt wird. Der Turniermodus der EURO 2016 ist unfair, sagt dieser Report.

Posted by Ballverliebt on Sonntag, 20. Dezember 2015

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Red Bull Salzburg, Anif, Pasching & Co.: Der heimische Fußball verkommt zur Farce https://ballverliebt.eu/2011/12/21/red-bull-salzburg-anif-pasching-co-der-heimische-fusball-verkommt-zur-farce/ https://ballverliebt.eu/2011/12/21/red-bull-salzburg-anif-pasching-co-der-heimische-fusball-verkommt-zur-farce/#comments Wed, 21 Dec 2011 14:59:59 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6272 Red Bull Salzburg, Anif, Pasching & Co.: Der heimische Fußball verkommt zur Farce weiterlesen ]]> Gastautor Andreas Lindinger beschäftigt sich mit den jüngsten Meldungen rund um weitgehende Kooperationen zwischen Red Bull Salzburg und aktuellen Regionalligavereinen. Er befürchtet einen Attraktivitätsverlust und unlösare sportliche Interessenskonflikte und fordert ÖFB und Bundesliga auf, solchem Treiben ein Ende zu setzen.

Die Lizenzschacher zwischen Pasching und Austria Kärnten bzw. Schwanenstadt und Wiener Neustadt zählen wohl zu den dunkelsten Kapiteln des österreichischen Fußballs im vergangenen Jahrzehnt. Die Bundesliga wollte solch einer sportlichen Farce eigentlich einen Riegel vorschieben, doch nun schickt sich Red Bull an, ebendiese Bestimmungen der Bundesliga zu umgehen.

Carpe Diem Niederalm auf dem Weg in die Bundesliga

Zur Vorgeschichte: Vor einem halben Jahr gab es bereits erste Überlegungen zwischen Red Bull und dem Regionalligisten USK Anif, um die Red Bull Juniors getarnt als USK Anif (bzw. umgetauft in „Carpe Diem Niederalm“) in den Profifußball zu befördern, einzig die Sommerpause schien damals zu kurz um dieses medial leider wenig beachtete Vorhaben zu konkretisieren.

Doch nun hat sich der USK Anif, laut eigener Website übrigens ein „bodenständiger Verein, der dem allgemeinen Glamour des Fußballs nicht unterliegt“, dazu entschlossen, die Kooperation mit Red Bull weiter umzusetzen und den Steigbügelhalter für die Rückkehr der Red Bull Juniors in den Profifußball zu mimen. Ziel ist es, dass der USK Anif spätestens in der nächsten Saison als als Carpe Diem getarnte Red Bull Juniors in die Erste Liga aufsteigt, um dort wohl vor einer Handvoll Zuschauer im 30.000 Zuschauer fassenden Salzburger Stadion zu spielen.

Doppelt hält besser: Anif, Pasching, … Who’s next?

Da aber weder der Meistertitel in der Regionalliga West noch die darauffolgende Aufstiegsrelegation planbar ist, hat man bei Red Bull nachgelegt: Neben Anif wird es eine solche Kooperation auch mit dem FC Pasching geben, schließlich müssen ja alle in ganz Österreich und darüber hinaus aufgekauften Talente irgendwo geparkt werden.

Ebenso wie in Anif soll auch in Pasching, das sich momentan noch auf einem Abstiegsplatz der Regionalliga Mitte befindet, im Frühjahr die Weichen gestellt werden, um kommende Saison den Aufstieg in den Profifußball ins Visier zu nehmen. Dafür ist bereits der sofortige Wechsel des Trainerduos Baumgartner/Hiden von den Red Bull Juniors zu Pasching fixiert, mehrere Spieler sollen in der Winterpause noch folgen.

Blicken wir dieser sportlichen Farce ins Auge!

Stellen wir uns also folgende Fragen: Wollen wir diese Saison verzerrte Abstiegskämpfe und nächste Saison langweilige Titelentscheidungen in den Regionalligen? Wollen wir eine sportlich wertlose Aufstiegsrelegation Anif / Red Bull Juniors gegen Pasching / Red Bull Juniors? Oder gleich eine konzerninterne Relegation falls man in Fuschl auch bei der Suche nach einem Kooperationsverein im Osten fündig wird? Wollen wir, dass zwei von zehn Erstligavereinen Red Bull Farmteams sind, die weder Zuschauer- noch Medieninteresse aufweisen, und stattdessen sportlich und medial attraktiveren Vereinen den Weg nach oben versperren?

Und wollen wir, dass sich nach Red Bull noch weitere Vereine solche Farmteams leisten und wir bald auch noch als Parndorf verkleidete Austria Amateure oder als Horn verkleidete Rapid Amateure in der Ersten Liga haben? Wollen wir, dass sämtliche Spieler aus den mit öffentlichen Steuergeldern unterstützten Akademien nur mehr in den konzerneigenen Farmteams spielen anstatt dass im Sinne einer Breitenförderung auch andere Vereine von diesen Einrichtungen profitieren?

Und etwas weiter gedacht wird klar, dass bei einer erfolgreichen Umgehung der Nichtaufstiegsmöglichkeit der Amateuermannschaften in die Erste Liga auch ein weiterer Aufstieg in die Bundesliga wohl nur eine Frage der Zeit ist. Wollen wir also wirklich, dass die als Anif oder Pasching getarnten Red Bull Juniors beispielsweise den Kampf um den Meistertitel mit wettbewerbsverzerrenden Stallduellen gegen die erste Mannschaft des Fuschler Energydrinkimperiums zur endgültigen Farce machen?

ÖFB und Bundesliga: Handeln bevor es zu spät ist!

ÖFB und Bundesliga müssen den Tatsachen rasch ins Auge blicken: Es geht hier nicht um „normale“ Kooperationen mit (zukünftigen) Zweitligavereinen wie beispielsweise jene zwischen Rapid Wien und dem FC Lustenau sondern darum, sich Regionallisten einzuverleiben, um als diese getarnt die Nichtaufstiegsregelung für Amateurmannschaften zu umgehen. Dabei werden willige (Dorf-)Vereine in den Profifußball gehievt, die eigentlich keine sportliche und wirtschaftliche Basis für ebendiesen hätte und somit die Bedeutung und Attraktivität der Ersten Liga weiter senken.

Noch ist eine Halbsaison Zeit, damit ÖFB und Bundesliga dieser Umgehung der Regularien eine klare Absage erteilen und mögliche weitere Schlupflöcher stopfen. Daneben muss auch die Transparenz über Entscheidungs- und Eigentümerverhältnisse solcher Kooperationen erhöht werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und Klarheit für die konkurrierenden Vereine mit Aufstiegsambitionen zu schaffen.

ÖFB-Präsident Windtner und Bundesliga-Präsident Rinner, melden Sie sich zu diesen Vorgängen zu Wort und handeln Sie im Sinne des österreichischen Fußballs und der zahlreichen Fußballfans, die an einem ehrlichen, attraktiven und spannenden Fußballsport in diesem Land interessiert sind! (Andreas Lindinger)

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Carpe Diem Niederalm auf dem Weg in die Bundesliga https://ballverliebt.eu/2011/06/18/carpe-diem-niederalm-auf-dem-weg-in-die-bundesliga/ https://ballverliebt.eu/2011/06/18/carpe-diem-niederalm-auf-dem-weg-in-die-bundesliga/#comments Sat, 18 Jun 2011 12:53:29 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4995 Carpe Diem Niederalm auf dem Weg in die Bundesliga weiterlesen ]]> Carpe Diem Niederalm – Wundern Sie sich nicht wenn Sie von diesem Verein noch nichts gehört haben. Es gibt ihn noch nicht und doch will er unter diesem Namen übernächste Saison in der Ersten Liga spielen. Vielleicht auch unter einem anderen Namen, denn viel weiß man noch nicht über jene Pläne, mit denen Red Bull die Bestimmungen der Bundesliga umgehen will und die außerhalb der Salzburger Lokalpresse leider noch kein überregionales Medienecho erlangten.

Die dortigen Schlagzeile sprechen jedenfalls eine klare Sprache: „Bullen tüfteln an der ‚Verkleidung'“ (Salzburger Kronen Zeitung, 9.6.), „USK Anif in den Fängen von Red Bull“ (Salzburger Nachrichten, 10.6.), „Anif und RB Salzburg wollen miteinander gehen“ (Regionalliga.at, 15.6.) oder „Will Red Bull über Umweg in Erste Liga?“ (ORF Salzburg, 16.6.) lassen erahnen, dass Red Bull scheinbar mit allen Mitteln versuchen will, die geltenden Regularien zu umgehen, um seine Junioren wieder in die Erste Liga zu bringen.

Ausgangslage Teil 1: Die Erste Liga ist auf dem richtigen Weg

Somit verwundert die Geheimniskrämerei nicht, schließlich könnte hier vom Fuschler Getränkekonzern ein Präzedenzfall geschaffen werden, der die positive Entwicklung der Ersten Liga torpedieren könnte. Jener Ersten Liga, die sich immer mehr als Ausbildungsliga etabliert und dank des Abstiegs des LASK sowie der erfreulichen Relegationsergebnisse einer spannenden neuen Saison mit steigendem Zuschauerinteresse entgegenblickt.

Zu dieser positiven Entwicklung hat auch die Rückkehr zur Zehnerliga samt Verbannung der wettbewerbsverzerrenden und zuschauerschwachen Amateurmannschaften der Bundesligavereine beigetragen. Doch genau dies ist vielen Bundesligavereinen ein Dorn im Auge, weshalb diese in der aktuellen Diskussion des ÖFB zur Ligenreform eine Erste Liga in Form einer Zehnerliga inklusive Amateurmannschaften präferieren.

Ausgangslage Teil 2: Anif enttäuscht seinen Partner

Allen voran Red Bull Salzburg, deren Juniors als überlegener und wenig überraschender Meister der Regionalliga West nicht aufsteigen durften und die deshalb bereits im Herbst eine Kooperation mit dem Regionalligisten USK Anif eingingen, die dem einen oder anderen Junior dort Spielpraxis und vor allem mit dem dank hochkarätiger Kooperationsspieler anvisierten Aufstieg eine zukünftige Profiplattform bieten sollte.

Dieser Aufstieg wurde jedoch verpasst, nicht zuletzt da einige scheinbar kritische und perspektivenlose Spieler in der vorletzten Runde im „Stallduell“ gegen nicht in Bestbesetzung antretende und 60 Minuten in Unterzahl spielende Juniors sang- und klanglos untergingen und somit der WSG Wattens den Vortritt in die Relegation ließen.

Red Bull übernimmt das Kommando

Für Red Bull war damit klar, dass der Konzern komplett das Kommando übernehmen müsse, weshalb Heinz Hochhauser nach Anif geschickt wurde, um dem Kooperationspartner in Person von Anif-Obmann Heinz Seelenbacher die Leviten zu lesen und den neuen Kurs vorzugeben. Schnell wurde das Vorhaben einer Komplettübernahme Anifs durch Red Bull konkretisiert und angesichts der regulatorischen Brisanz Stillschweigen vereinbart. Einige Details der Pläne gelangten dennoch bereits in die Medien.

Demnach wurde laut den Salzburger Nachrichten neben dem USK Anif ein weiterer Verein FC Anif beim Salzburger Fußballverband gemeldet. Von den RB Juniors sollen die Spieler innerhalb der Regionalliga zum übernommenen USK Anif wechseln, der in Zukunft Carpe Diem Niederalm heißen könnte. Der neue FC Anif bildet gleichzeitig eine Spielgemeinschaft mit den Red Bull Juniors, sodass es weiterhin einen Regionalligaverein in Anif gibt, um die Gemüter vom Bürgermeister bis zu den Eltern der Nachwuchsfußballer zu beruhigen.

Der USK Anif alias Carpe Diem Niederalm (oder wie auch immer der Verein schlussendlich tatsächlich heißen wird), de facto jedenfalls die laut Kronen Zeitung „verkleideten“ Red Bull Juniors, kann somit unter Federführung von Red Bull in die Erste Liga aufsteigen. Soviel zu den bislang bekannten Plänen der Bullen.

Wehret den Anfängen

Wenngleich Red Bull wohl der erste Bundesligaverein ist, der sich zur Umgehung der Nichtaufstiegsmöglichkeit der Amateurmannschaften einen ganzen Verein einverleibt, so wäre es angesichts eines solchen Präzedenzfalls umso wichtiger, von Seiten des ÖFB rechtzeitig einen Riegel vorzuschieben. Denn weder eine unattraktive Erste Liga mit Carpe Diem Niederalm und mehreren Nachahmern, noch ein wettbewerbsverzerrendes „Stallduell“ Red Bull Salzburg gegen Carpe Diem Niederalm in der Bundesliga sind im Sinne des heimischen Fußballs.

Und auch wenn die Zeit bis zu Saisonnbeginn knapp ist, so ist sie noch nicht abgelaufen. Die bisherigen Informationen stützen sich angesichts des von Red Bull und Anif verenbarten Stillschweigens auf Insiderinformationen, lediglich der neue FC Anif wurde diese Woche bereits beim Salzburger Fußballverband gemeldet und die Form der Spielgemeinschaft muss am Montag gemeldet werden.

Danach müssen ÖFB und SFV dieser Umgehung der Regularien rasch eine Absage erteilen und mögliche weitere Schlupflöcher stopfen. Insbesondere muss die Transparenz über Macht- und Eigentümerverhältnisse solcher Kooperationsformen erhöht werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und auch Klarheit für die konkurrierenden Vereine mit Aufstiegsambitionen zu schaffen.

Zu guter Letzt

Was passiert eigentlich mit dem USK/FC Anif wenn die Amateurmannschaften der Bundesligavereine wieder in die Erste Liga aufsteigen dürfen? Oder wenn Red Bull seine Ambitionen wie angekündigt endgültig auf RasenBall Leipzig konzentriert und nur mehr Red Bull Salzburg als Profifußballplattform für den eigenen Nachwuchs braucht?

Dann darf man sich in Anif beim Neuanfang in der 2. Klasse damit rühmen, den Steigbügelhalter eines Getränkekonzerns gespielt zu haben, während der (Nachwuchs-)Fußball in der Gemeinde vor einem Trümmerhaufen steht … Gratulation!

(Gastkommentar von Andreas Lindinger)

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Bilder vom Sturm-Meisterabend https://ballverliebt.eu/2011/05/26/bilder-vom-sturm-meisterabend/ https://ballverliebt.eu/2011/05/26/bilder-vom-sturm-meisterabend/#respond Thu, 26 May 2011 12:51:55 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4864 Ein kleines Geschenk an die Sturm-Fans zum Genießen des Triumphes. Andreas Lindinger ließ uns freundlicherweise einige Bildeindrücke vom Sturm-Meisterabend zukommen.


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Ballverliebt kürt den Meister der Nullerjahre https://ballverliebt.eu/2009/12/30/ballverliebt-kurt-den-meister-der-nullerjahre/ https://ballverliebt.eu/2009/12/30/ballverliebt-kurt-den-meister-der-nullerjahre/#comments Tue, 29 Dec 2009 23:58:30 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1741 Ballverliebt kürt den Meister der Nullerjahre weiterlesen ]]> Unzählige Rückblicke und Statistiken begegnen uns momentan in den Medien zum in diesen Tagen auslaufenden Jahrzehnt, den Nullerjahren. Für Ballverliebt bin ich daher der Frage nachgegangen, welcher österreichische Verein sich mit dem inoffiziellen Titel „Meister der Nullerjahre“ schmücken darf.

[ad#bv_test]Dafür galt es zuerst die Frage nach dem Entscheidungskriterium für die Kür des Meisters der Nullerjahre zu klären. Wäre dieser jener Verein mit den meisten Meistertiteln, so wäre die Frage im Nachhinein betrachtet schon nach den ersten drei Jahren dieses Jahrzehnts beantwortet gewesen: Drei Mal en suite holte sich der FC Tirol Innsbruck in den Jahren 2000, 2001 und 2002 den Meistertitel und konnte damit den Meisterteller öfters als die zweifachen Meister der Nullerjahre Austria Wien (2003, 2006), Rapid Wien (2005, 2008) und Red Bull Salzburg (2007, 2009) sowie der einmalige Meister GAK (2004) in die Höhe stemmen.

Eine Kuriosität am Rande: Die Nullerjahre weisen damit mit fünf unterschiedlichen Meistern nicht nur genauso viele unterschiedliche Meister wie die vorangegangenen Neunzigerjahre auf, diese kommen sogar aus denselben Städten: Innsbruck, Austria Wien und Rapid Wien holten in beiden Jahrzehnten die Meisterteller nach Wien bzw. Innsbruck, während in den Neunzigerjahren noch die SV Austria Salzburg für die Mozartstadt und der SK Sturm Graz für die Murstadt die Titel holten. Mit Austria Wien und Austria Salzburg gab es in den Neunzigerjahren außerdem gleich zwei Dreifachmeister, während in den Nullerjahren mit dem FC Tirol nur noch einem Verein der Titelhattrick gelang.

Eben jener FC Tirol ging bekannterweise nach dem dritten Meistertitel der Nullerjahre endgültig in Konkurs und musste in die Regionalliga zwangsabsteigen. Selbiges Schicksal erfuhr auch der GAK als nach einem auf Pump finanzierten Meistertitel inklusive Europacupabenteuer wenig später ebenfalls der Gang in die dritte Leistungsstufe anstand. Während hier vier Meistertitel mit Schulden finanziert wurden, wurden anderorts vier Meistertitel von millionenschweren Mäzenen erkauft: Austria Wien und Red Bull Salzburg errangen dank Stronach und Mateschitz je zwei Mal den begehrten Teller. Würde man also die Frage nach dem Meister der Nullerjahre dahingehend stellen, wer die meisten nicht mit Schulden oder Mäzenen erkauften Titel einheimste, so blieben nur mehr die zwei Meistertitel des SK Rapid übrig.

Ich habe für die Kür des Meisters der Nullerjahre jedoch eine andere Vorgehensweise gewählt, indem ich sämtliche Spiele dieses Jahrzehnts der höchsten österreichischen Spielklasse in eine (um Lizenzschacher bereinigte) Gesamttabelle einfließen ließ. Diese begann mit der 23. Runde der Saison 1999/2000 vom 3.-5. März 2000 und endete mit der 19. Runde der aktuellen Saison 2009/10 vom 11.-13. Dezember 2009. Sie umfasst demnach 357 Runden und kürt weder den FC Tirol noch den SK Rapid sondern die Wiener Austria mit 602 Punkten zum Meister der Nullerjahre. Gratulation nach Wien-Favoriten!

Insgesamt 19 Vereine belebten in den Nullerjahren die österreichische Bundesliga, von den 602 Punkten der Wiener Austria bis hin zu den bescheidenen 2 Punkten der Lustenauer Austria reichte das Spektrum. Interessant ist ein Blick auf die Top-10: Ein Wiener Doppelpack vor einem Grazer Doppelpack unterstreicht die Vorherrschaft dieser beiden österreichischen Fußballmetropolen in den Nullerjahren. Mit je zwei Vereinen aus Wien, Steiermark, Oberösterreich und Salzburg sowie je einem Verein aus Tirol und dem Burgenland sind sechs der neun Bundesländer unter den zehn besten Teams vertreten. Die Vertreter Vorarlbergs, Kärntens und Niederösterreichs folgen erst auf den weiteren Plätzen.

Wirft man einen Blick auf die Punkte pro Spiel, so liegt der in der Saison 2005/06 mit Mateschitz-Millionen in die Bundesliga gestartete FC Red Pull Salzburg mit einem Punkteschnitt von 1,93 klar an der Spitze. Mit Respektabstand folgen Austria Wien mit 1,69, Rapid Wien mit 1,65 und der SV Pasching mit 1,57 Punkten pro Spiel. Dieser Spitzenplatz bringt den Salzburger Bullen jedoch ebensowenig wie jener ruhmlose Titel, den sich schlussendlich noch Austria Wien und Innsbruck teilen: Mit je vier unterschiedlichen offiziellen Namen teilen sie sich als FK Austria Memphis, FK Austria Memphis Magna, FK Austria Magna und FK Austria Wien bzw. FC Tirol Milch Innsbruck, FC Tirol Innsbruck, FC Wacker Tirol und FC Wacker Innsbruck den innoffiziellen Titel der Namenschamäleons der Nullerjahre. Sogar die Bundesliga selbst konnte da mit nur drei unterschiedlichen Bezeichnungen nicht mithalten, wenngleich zu hoffen wäre, dass die doppelt namensgesponserte „tipp3-Bundesliga powered by T-Mobile“ ein Relikt der Nullerjahre bleiben möge…

In diesem Sinne und mit der Hoffnung auf ein spannendes neues Bundesliga-Jahrzehnt, in dem die Meister zur Abwechslung vielleicht auch mal wieder SV Austria Salzburg, First Vienna FC, LASK oder SK Sturm Graz heißen mögen, sende ich eine nochmalige abschließende Gratulation an die Wiener Austria zum inoffiziellen Meister der Nullerjahre!

Gastartikel von Andreas Lindinger

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Über den deutschen und den österreichischen Fußball https://ballverliebt.eu/2008/08/11/uber-den-deutschen-und-den-osterreichischen-fusball/ https://ballverliebt.eu/2008/08/11/uber-den-deutschen-und-den-osterreichischen-fusball/#comments Mon, 11 Aug 2008 18:33:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=473 Über den deutschen und den österreichischen Fußball weiterlesen ]]> Das schöne an der Wochenzeitung DIE ZEIT ist, dass das darin behandelte Themenspektrum sowohl zeitgemäß aktuelle als auch zeitlose Artikel beinhaltet. So zeitlos, dass ich heute einen mit etwas Verspätung gelesenen Artikel aus der ZEIT von der letzten EM-Woche aufgreifen möchte. Dabei handelt es sich um ein mit dem fußballuntypischen Titel „Es war ein Kampf ums Überleben“ (bezogen übrigens auf das Spiel Österreich-Deutschland) versehenes Interview mit dem DFB-Nationalspieler und späteren EM-Finalisten Christoph Metzelder, aus dem man anhand einzelner Aussagen des Spanien-Legionärs interessante Erkenntnisse für den österreichischen Fußball sowie den Fußball im Allgemeinen ziehen kann.

Metzelder über das entscheidende Gruppenspiel gegen Österreich:

„Es gibt Spiele, wie das gegen Österreich, da merkt man nach ein paar Minuten, dass es schwer wird. (…) Gegen Österreich habe ich gespürt, dass wir nach der ersten vergebenen Chance und dem stärker werdenden Druck immer unsicherer geworden sind. (…) Vor dem Österreichspiel, bevor er von der Mannschaft getrennt wurde, hat Jogi Löw sehr emotional gesprochen, noch emotionaler als vor dem Kroatienspiel. Er hat uns vor Augen geführt, dass wir, wenn wir verlieren, Stichwort Cordoba, wieder 30 Jahre Hohn und Spott ertragen müssen. (…) Wir wollten das umsetzen, und obwohl wir spielerisch nicht brillant waren, hat man gemerkt, dass jeder diese Blamage unter allen Umständen verhindern wollte. Es war für alle im Team, aber auch für die Betreuer und Mitarbeiter, quasi ein Kampf ums Überleben. Es ging dabei ja, wie wir wissen, um viel mehr, bis hin zum Überleben des Systems, das wir über die letzten dreieinhalb Jahre aufgebaut haben.“

Viel wurde nach dem Ausscheiden Österreichs gegen Deutschland hierzulande analysiert, die einen machten den Faktor Pech sowie den Unterschied eines Klassespielers namens Ballack für ein unglückliches Ausscheiden trotz richtiger Warte- und Zermürbungstaktik Hickersbergers verantwortlich, die anderen kritisierten gerade ebendiese Taktik und hätten sich gegen vermeintlich angezählte Deutsche angesichts dieser Jahrhundertchance ein riskantes Angriffsfurioso gewünscht, an dessen Ende man entweder einen der größten österreichischen Fußballtriumphe gefeiert oder eine weitere Blamage gegen den historisch übermächtigen Konkurrenten eingefahren hätte – jedenfalls nicht vermeintlich knapp mit 0:1 ausgeschieden wäre.

Was diese unterschiedlichen Standpunkte eint, ist die Sichtweise der rot-weiß-roten Fußballbrille, gemäß derem ballesterischen Austrozentrismus die Analyse des Gegners fast schon verächtlich vernachlässigt wird. Aus diesem Grund liefert gerade diese Sichtweise Metzelders interessante neue Erkenntnisse, die nicht nur belegen, dass der Mythos Cordoba sehr wohl auch in den Köpfen der deutschen Spieler und Betreuer präsenter war als man dies in den öffentlichen Statements zuvor zugeben wollte, sondern die auch zeigen, dass dieses Deutschland – ganz im Gegensatz zum darauf folgenden Deutschland gegen Portugal oder die Türkei – verunsichert und angeschlagen, jedoch sich auch der über das reine Ergebnis hinausgehenden Bedeutung des Spiels bewusst war und sich erst dadurch zu einem verdienten, aber im Nachhinein deutlich härter erkämpften Sieg als bislang geglaubt stemmen konnte.

Diese Cleverness und Bewusstseinsbildung, gepaart mit der spielerischen, taktischen und psychischen Intelligenz ihrer Spieler aus den Top-Ligen Europas, hat somit in diesem entscheidenden Gruppenspiel den Ausschlag zugunsten Schwarz-Rot-Gold gegeben und muss als Mosaikstein der weiter kontinuierlich anzustrebenden Professionalisierung des österreichischen Nationalteams verstanden werden.

Metzelder über den deutschen Systemwechsel während des Turniers:

„Die Spieler, besonders die, die in großen Vereinen mit diesem System spielen, haben sich zusammengesetzt und diese Variante diskutiert. Wir haben natürlich viele Spiele beobachtet und zum Beispiel festgestellt, dass die Italiener bei der WM noch im 4-4-2-System gespielt haben – und jetzt auch auf 4-2-3-1 umgestellt haben. Parallel dazu hat sich der Trainerstab offenbar ähnliche Gedanken gemacht. Jedenfalls mussten wir die Trainer nicht überzeugen, dass diese Veränderung hilfreich wäre.“

Die Erkenntnis, dass eine Mannschaft im modernen Fußball unterschiedliche Systeme trainieren und insbesondere auch spielen sowie während eines Spiels alternieren können muss, ist ein halbes Jahr vor Beginn der EURO auch ins österreichische Nationalteam vorgedrungen. Fast wie selbstverständlich packte Hickersberger in den letzten Vorbereitungsspielen plötzlich taktische Varianten aus, darunter insbesondere die zum Sinnbild für die vermeintliche österreichische Variabilität hochstilisierte Dreierkette, und sorgte damit auf österreichischer Seite für Überraschungseffekte vor Turnierbeginn sowie hierzulande bislang medial unterbelichtete Aufstellungs- und Taktikdiskussionen während des Turniers. Gepaart mit einer im Rückspiegel der Erinnerung verbliebenen Taktiktrilogie namens Angsthase (Kroatien), Sturmlauf (Polen) und Vorsicht (Deutschland) bleibt somit der kollektive Eindruck einer Hickersberger’schen Errungenschaft, dem Nationalteam unterschiedliche taktische Varianten verpasst zu haben.

Soweit so gut, jedoch offenbart sich auch hier dank der Aussagen eines Weltklassespielers wie Metzelder aus einer Weltklassefußballnation wie Deutschland bzw. von einem Weltklasseverein wie Real Madrid der professionelle Unterschied, den es für den österreichischen Fußball erst sich mühevoll zu erarbeiten gilt. Intelligente Spieler braucht das Land, die unter fähigen Trainern mehr in Punkto taktischer Variabilität und Spielintelligenz lernen als das hierzulande praktizierte Pacult’sche Drauflosspielen oder den Lederer’schen Mortal Kombat Fußball und die insbesondere dieses Erlernte aufgrund der ständigen Herausforderungen europäischer Topligen umsetzen können, die selbstständig durch kritische Analysen gegnerischer Spielsysteme ihren eigenen taktischen Horizont erweitern und die im Sinne eines kollektiv besseren Fußballverständnisses dieses Spielverständnis auch an Fußballspieler, Zuseher und Medien weitergeben können. Und natürlich vor allem solche intelligenten Spieler, die so wie die deutschen Spieler taktische Möglichkeiten konstruktiv gemeinsam erörtern und deren Meinung von modernen Trainern respektiert, diskutiert und geschätzt wird anstatt wie hierzulande üblich als Wichtigtuerei oder gar Revolte erstickt zu werden.

Metzelder über Fußball als Kopfsache:

„Es gibt zum Beispiel ein Verfahren, Zweifel abrupt zu beenden: Es heißt Gedankenstopp. Dabei habe ich mir viele positive Gedanken aufgeschrieben, ich habe mir Bilder von Situationen, in denen ich fit war und überzeugend gespielt habe, ausgedruckt, sie immer wieder angeschaut. (…) Die Spiele, zu denen auch das gegen Portugal gehört bei denen ich weiß, es kommen starke Individualisten auf mich zu, vor solchen Spielen bekämpfe ich diese Angst oft tagelang im Voraus. Nicht selten sind das dann die besten Spiele für mich gewesen. (…) Ich bin fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, Fußball ganzheitlich zu praktizieren, den Spieler auch in seiner Persönlichkeit zu fordern und zu formen. (…) Und ich weiß, dass das in vielen Vereinen nicht praktiziert wird. (…) Dass viele sich dem verweigern, hat oft mit einer Überheblichkeit zu tun, die ich nicht nachvollziehen kann. (…) Viel zu oft werden Millionen in Ergänzungsspieler investiert, statt sich einen größeren Trainerstab zu leisten.“

Für Paul Scharner, seines Zeichens österreichischer Vorreiter im Bereich des Mentaltrainings im Fußball, war der EM-Zug längst abgefahren, als man sich beim ÖFB dazu entschied, mit externer Hilfe nach dem Konditionstraining auch das Mentaltraining auf ein halbwegs professionelles Level zu hieven. Leider wird man hierzulande den Zweifel nicht los, dass diese Maßnahme im österreichischen Nationalteam eher einer Zwangsoktroyierung als einem eigenem willentlich geäußerten Bedürfnis der Nationalspieler gleicht, dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit, mit einem höheren psychischen Niveau des Spiels und damit mit neuen Methoden der Trainingsarbeit auf Spielerebene deutlich zu wenig ausgeprägt ist und dieses ganz der österreichischen Seele entsprechende Manko leider auch nicht durch Initiativen in den Vereinen ausgeglichen wird. Alleine der unterschiedliche Umgang mit öffentlicher Kritik der Marke Scharner oder Metzelder – wenngleich der direkte Angriff auf den Fußballbund durch Scharner sicherlich von anderer Tragweite als das allgemeine Anprangern der Missstände bei vielen Vereinen durch Metzelder war – zeigt, dass auch in diesem Punkt eine rasche Professionalisierung im Umgang mit solcher Kritik durch die Betreuer/Funktionäre, die Medien und die gesamte Fußballöffentlichkeit mehr als notwendig ist.

Nur wenn sich der österreichische Fußball also weiter in allen Belangen professionalisiert und sich damit vom altmodischen Fußball des letzten Jahrzehnts mit unflexiblen Spielern, allmächtigen Trainern und starren Spielsystemen hin zu einem modernen Fußball mit universellen Spielern, offenen Trainern und konstruktiven Diskussionen hin emanzipiert, wenn Bewusstseinsbildung, Mentaltraining, Taktikverständnis und Systemvariabilität auch hierzulande verinnerlicht sind, wird man das Potenzial der verheißungsvollen aktuellen Generation ausschöpfen können. (Gastkommentar von Andreas Lindinger)

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