Bundesliga-Bilanz 2024/25, Teil 2: Die Teams aus der Qualirunde

Und am Ende ist es Klagenfurt: Die Kärntner zogen in einem Abstiegskampf mit drei ziemlich ähnlich schlechten Teams den Kürzeren. Und es bleibt dabei: Wer in der Qualirunde nicht mindestens acht Punkte macht, steigt ab – das war seit Einführung des aktuellen Bundesliga-Modus immer der Fall. Klagenfurt holte sechs, gewann keines der letzten neun Saison-Spiele.

Was aber nicht heißt, dass die Konkurrenz in der Qualirunde wesentlich erquicklicher unterwegs gewesen wäre. Altach hat einmal mehr heftig um den Abstieg gebettelt, der GAK quälte sich und die Zuseher mit drei Trainerwechseln und einem haarsträubend schlechten Offensivspiel. Wattens wurde von drei Leuten getragen, behielt aber immerhin die Ruhe. Hartberg, durchaus interessant under Markus Schopp, wurde zum biederen Mitläufer und der LASK, naja, der LASK.

Individual-qualitiativ deutlich zu gut für die Bottom-6, cruisten die Linzer mit Halbgas zu sieben Siegen in den ersten sieben Spielen und lieferten dennoch zweischendurch den zweiten Trainer der Saison ans Messer und man zelebrierte den Konflikt zwischen organisierter Fan-Szene und dem Klub-Boss.

LASK

Die Zeit unter Peter-Michael Reichel wird in Linz als bleiernes Zugrunde-Wirtschaften in Erinnerung bleiben, mit dem Ego des Klub-Chefs als bestimmendem Faktor. Was unter Siegmund Gruber passiert, hat zunehmend ähnliche Züge – nur mit mehr Geld und einem schöneren Stadion. Langfristige Planung? Eine stabile Entwicklung? Stimmige Transfers? Nein – alles hängt an den Launen des fußball-affinen, aber impulsiven Klub-Chefs, der sich wohl recht gerne mit devoten Ja-Sagern umgibt, nicht aber mit starken Charakteren, die auch Widerworte geben.

Dass es ein Fehler war, den letztjährigen Interimstrainer Thomas Darazs auch mit der neuen Saison zu betrauen, räumte man rasch ein und die Verpflichtung von Markus Schopp machte Sinn: Schon Dominik Thalhammer war 2020 geholt worden, um das Spiel mit Ball zu stärken. Doch Schopp fand einen verheerend wirr zusammengestellten Kader vor, mit dem man weder Pressen noch Aufbauen kann.

Ziereis und Smolčić in der Abwehr sind Zweikampf-Kanten, die Spieleröffnung gehört auf diesem Niveau nicht zu ihrem Portfolio – und Andrés Andrade, der das kann, fiel praktisch die ganze Saison verletzt aus. Bello links kann schnell laufen, sein Passspiel ist oft Stückwerk. Der kleine Horvath auf der Acht ist wuselig und sehr gut am Ball, aber er braucht einen Abräumer neben ihm – einen, der dann auch noch Spielen kann, gibt es in der LASK-Preisklasse nicht. Valon Berisha ist ohne das Tempo früherer Jahre seiner größten Stärke beraubt, Robert Zulj bringt Ideen und Struktur, aber kein Tempo. Und die linke Seite blieb immer eine Baustelle mit Notlösungen.

Diesen Kader aufzuräumen und eine Mannschaft zusammen zu stellen, die eine stringente Spielidee umsetzen kann, ist keine Angelegenheit von einem Winter-Transferfenster, sondern eher von zwei Jahren. Schopps Rauswurf nach kaum mehr als einem halben Jahr erinnert an einen schönen Vergleich, den Jonathan Wilson kürzlich anstellte: Das war, als würde man Herkules nach zehn Minuten in den Augias-Ställen anmaulen, dass da ja beim Ausmisten aber noch nicht viel weitergegagen ist – obwohl er einen ganzen Tag dafür Zeit hat.

Natürlich machte der LASK unter Schopp selten Spaß, aber man hatte doch den Eindruck, dass er die Saison mit diesem Kader mal unfallfrei moderieren wollen würde, um nach und nach die nötigen Umbau-Schritte zu setzen. In den 17 Grunddurchgangs-Spieltagen unter Schopp hatte der LASK die drittbeste Bilanz der Liga hinter der Austria und Sturm. So folgt der x-te Neustart in der neuen Saison.

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Hartberg

Er habe nicht erwartet, gab Aleksandar Dragovic nach seinem Austria-Debüt gegen Hartberg zu Protokoll, in Österreich schon wieder gegen Manchester City spielen zu müssen. Trainer Markus Schopp hatte in Hartberg das vermutlich beste Team der Liga gebastelt, wenn es um kontrollierten Ballbesitz aus der Abwehr heraus und um Stressresistenz bei Gegnerdruck geht. Der Treffer in eben jenem Spiel gegen die Austria im August war in all seiner kontrollierten, geradlinig-spielerischen Chuzpe eines der Tore der Saison.

Doch Schopp wurde eben vom LASK abgeworben und Manfred Schmid kam. Aus der Vierer- wurde eine Fünferkette in der Abwehr, aus „Avdijaj und Prokop“ wurde damit ein „Avdijaj oder Prokop“, aus 53 Prozent Ballbesitz 2023/24 unter Schopp wurden 49 unter Schmid, aus 78 Prozent angekommener Pässe wurden 74 Prozent. Aus einer der spannendsten Truppen der Bundesliga wurde eine biedere Mittelklassetruppe ohne jegliches Alleinstellungsmerkmal. Aus 34 Punkten im Grunddurchgang unter Schopp wurden 26 unter Schmid.

Hartberg hatte nie etwas mit dem Abstieg zu tun, man hielt den Vierkampf um den Klassenerhalt am Ende recht deutlich und souverän hinter sich und düpierte im Cup-Halbfinale die Austria – nachdem man dorthin gekommen war, ohne einen Bundesligisten eliminieren zu müssen. Was resultatsmäßig aus dieser Saison herausgekommen ist, entspricht absolut den Möglichkeiten von Hartberg und ist in sich stimmig.

Aber so gerne wie noch letztes Jahr hat man sich Hartberg-Spiele heuer nicht mehr angesehen.

Wattens

Gäbe es einen Award für den unbesungenen Helden der Saison, dürfte Matthäus Taferner eigentlich keine Konkurrenz dafür haben. Der Alles-Macher im Mittelfeld der Wattener Sportgemeinschaft aus Tirol grätschte ab, gewann Bälle, verteilte sie, diktierte die Angriffe, war stets anspielbar und hatte einen extrem großen Aktionsradius. Er bildete gemeinsam mit Sechser Valentino Müller und Abwehr-Chef Jamie Lawrence das qualitativ herausstechende Rückgrat einer ansonsten recht un-bemerkenswerten Truppe.

Ein nennenswerter eigener Spielaufbau ging sich bei den Tirolern nicht aus, aber als großer Pluspunkt muss gelten, dass man stets die Ruhe bewahrte – im Umfeld, das an Silberberger-Nachfolger Philipp Semlic nicht rüttelte, aber auch in der Mannschaft, auch als sich Lukas Sulzbacher verletzte. Die rechte Seite war danach zwar eher nur behelfsmäßig besetzt – zunächst mit Cem Üstündag, in der Folge rückte Quincy Butler auf die rechte Wing-Back-Position – aber das Spiel und das Team brach keineswegs in sich zusammen.

Wattens war im ganzen Saisonverlauf kein einziges Mal Letzter und kam, als es darauf ankam, auch zu den nötigen Siegen – 5:3 gegen Klagenfurt, 1:0 gegen Altach und, was den letzten Schritt bedeutete, das 4:1 in Klagenfurt. Dass die Kulisse bei den Heimspielen am Tivoli aussieht wie zur Corona-Zeit, ist hinlänglich diskutiert, und dass die Tiroler keinen Fußball für’s Herz spielen, ist auch nicht verwunderlich. Aber es erfüllt den Zweck im Abstiegskampf und die WSG hat sich damit ein siebentes Bundesliga-Jahr redlich verdient.

GAK

Waren die Tiroler gefühlt immer einen halben Schritt vor der ganz heißen Zone im Tabellenkeller, verbrachte der Aufsteiger die ganze Saison dort. Man kann argumentieren, dass der GAK über die komplette Saison gesehen das schlechteste Team der Liga war. Der Spielaufbau ist ein Clusterfuck, bei allem Bemühen ist da einfach überhaupt nichts da. Man ist darauf angewiesen, dass man aus Halbchancen und Verlegenheits-Abschlüssen irgendwie einen Ball über die Linie bringt und es hinten irgendwie zumindest nicht öfter einschlägt. Aber!

Aber der GAK verstand es, sich mit viel Einsatz und Kampfgeist in die Spiele festzukrallen. Man hat nur viermal mit mehr als zwei Toren Differenz verloren (je einmal gegen Sturm und Rapid und interessanterweise zweimal gegen Hartberg), aber sich mit dem ständigen Dranbleiben Punkte ergattert, die dem Team nach dem Spielverlauf eigentlich nicht zugestanden wären. Gernot Messner musste nach zehn sieglosen Spielen zu Saisonbeginn gehen, unter René Poms gab es ein Zwischenhoch, das dann aber auch in sich zusammen brach.

Erst in der Qualirunde unter Ferdinand Feldhofer wurde aus dem GAK – bei all seinen Defiziten nach zwei Trainerwechseln, sich damit ändernden Herangehensweisen und dem generell ein wenig im Chaos versunkenen Saison – zumindest eine ungut zu bespielende und schwer zu besiegende Mannschaft. Punkt um Punkt robbte sich der Aufsteiger dem rettenden Ufer entgegen.

Das erste Jahr hat der GAK nun irgendwie überlebt, jetzt muss das Spiel auf solidere Füße gestellt werden und mittelfristig die Überhitztheit der nervlichen Dauer-Anspannung mehr Ruhe weichen – wie bei der WSG oder bei Blau-Weiß. Von dort bringt der seit einigen Monaten agierende Technische Direktor des GAK ja einschlägige Erfahrung mit: Tino Wawra war maßgeblicher Architekt des Linzer Zweitliga-Meisterteams von 2021 und des Aufstiegsteams von 2023.

Altach

Schon nach dem ersten Saisonspiel (einem 1:2 daheim gegen Wattens) forderten die Altach-Fans den Rauswurf von Joachim Standfest. Vier Tore von Gustavo Santos für sechs Punkte in den beiden folgenden Spielen verschafften dem Coach eine Galgenfrist, die Ende September dann doch abgelaufen war. Der brasilianische Stürmer, der einst unter dem Namen „Balotelli“ für den FC Dornbirn genetzt hatte, legte nur noch ein Tor nach, war dann auch suspendiert und im Winter weg.

Von Mitte August bis Mitte Februar gab es keinen einzigen Sieg, der Kader wirkte eher wie ein Restposten-Patchwork, nicht wie eine strategisch durchdachte Einheit. Ein wuseliger Salzburg-Leihspieler (Kameri), ein robuster Mittelfeld-Allrounder (Demaku), zwei junge heimische Innenverteidiger (Estrada und Koller), ein routinierter aber sichlich in die Jahre gekommener Zehner kam im Winter aus Polen zurück (Gorgon). Kein Stürmer – nicht der aus Lustenau gekommene Fridrikas, nicht Rapid-Leihgabe Strunz im Herbst und auch nicht der im Winter aus Deutschland heimgekehrte Mustapha (dem Altach sogar seine Sache mit der verweigerten Bundesheer-Einberufung regelte) strahle Torgefahr aus.

Fabio Ingolitsch, zuvor Liefering-Trainer, wird wohl eine Variante von Red-Bull-Fußball spielen lassen wollen, aber sichtbar konnte er das mit diesem Kader nicht machen. Zum vierten Mal in Folge kam Altach mit weniger als 30 Toren in den 32 Spielen ins Ziel. Zum dritten Mal in vier Jahren schloss man den Grunddurchgang als Letzter ab, und wieder fand man einen Weg, irgendwie doch drin zu bleiben.

Sportdirektor Roland Kirchler hat wegen „fehlender Rückendeckung des Vereins“ nach dem im letzten Spiel fixierten Klassenerhalt seinen Abgang verkündet. Philipp Netzer kommt als dritter Kaderplaner innerhalb weniger Jahre im Ländle. In der Saison 2022/23, bevor Kirchler kam, waren genau drei Spieler aus dem erweiterten aktuellen Stamm-Kader schon da. Altach wurde zum unübersichtlichen Durchhaus, da wird es natürlich schwer mit einer eingespielten Mannschaft.

Klagenfurt

Niemand außerhalb des Vereins wisse, so Peter Pacult im Gelb-Rot-Podcast, mit welchen Themen sich er und die Mannschaft von Austria Klagenfurt im Frühjahr alles herumschlagen musste. Stück für Stück tritt zutage, wie die Lage in Kärnten war. Auf den April-Gehälter heißt es etwa noch Ende Mai „bitte warten“. Die Finanzspritze von Goldhändler Helmut Kaltenegger, welche am letzten Abdruck noch die Bundesliga-Lizenz für die kommende Saison gesichert hatte, wird nach dem Abstieg von ebendiesem zurückgefordert – ein möglicher Ausweg wäre, ihm den Verein praktisch zu überlassen.

Nach dem Aus den FC Kärnten im Winter 2008/09, dem Aus des SK Austria Kärnten im Sommer 2010 und dem finanziell bedingten Lizenz-Entzug im Sommer 2016 flackern die Lichter im Klagenfurter Fußball zum vierten Mal binnen weniger als zwei Jahrzehnten bedrohlich.

Was nüchtern betrachtet passiert ist: Von der starken Truppe des Vorjahres verlor Klagenfurt zahlreiche Spieler, für gleichwertigen Ersatz war schlicht kein Geld da. Pacult ging mit einem Team in die Saison, das nichts mehr von der Spielkultur des 2023/24er-Kaders hatte, die Offensive war kastriert, die Defensive hielt nicht mehr so gut stand. Im Winter kam Martin Hinteregger, ein Upgrade war er aber nicht – er wirkte wie ein Ex-Profi, der zweieinhalb Jahre nur auf Hobby-Ebene gekickt hatte, nicht wie ein langjähriger Nationalteam-Leistungsträger und Europacup-Sieger.

Nach der Winterpause hat kein Team der Liga seltener gewonnen (2x), keines hat mehr Gegentore kassiert (35), keines der Qualigruppen-Teams hat öfter verloren (8x). Eine nicht besonders gute Mannschaft ist, sicher auch aufgrund der Umstände, völlig in sich zusammengefallen. Die Flugkurve war schon so dramatisch negativ, als Peter Pacult gegangen wurde – der Wechsel zu Carsten Jancker ließ sich sportlich argumentieren, viel gebracht hat er mit zwei Punkten aus den verbleibenden vier Spielen nicht, schlechter als vorher war’s aber auch nicht.

Es war sehr wohl ein Aufbäumen erkennbar, beim GAK war ein Sieg greifbar, in Altach lag der Sieg am Silbertablett, der Klassenerhalt war absolut nicht alternativlos. Mindestens zwei Teams waren nicht schlechter als Klagenfurt, den Klassenerhalt verdient haben sich die Kärntner mit *diesem* Frühjahr aber auch nicht. Und jetzt? Wie erwähnt, die Lichter flackern. Aber bei der Sonntags-Matinée in LigaZwa braucht man keine Lichter, immerhin. Sie müssen’s noch noch hinbekommen, die nächste Saison auch wirklich zu spielen.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.