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Koller-Nachfolge: Die Fürsten rüsten zur Gegenreformation

Drei Jahrzehnte, nachdem Luther seine Thesen an die Kirche von Wittenberg genagelt hatte, rüsteten die katholischen Kirchenfürsten zur Gegenreformation – vor allem mit Hilfe der in Wien regierenden Habsburger wollten sie ihre alte Macht wieder zurück erobern.

Und sechs Jahre, nachdem ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner mit der Inthronisierung von Marcel Koller klar gestellt hat, dass Fachkenntnis wichtiger ist als Seilschaften, rüsten auch in Österreich vor dem bevorstehenden Ende der Ära Koller die damals Entmachteten zur Gegenreformation.

Das ist brandgefährlich.

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Team-Testspiel 2016
Ernst-Happel-Stadion, 4.6.2016
Österreich - Niederlande
0:2
Tore: Keiner bzw. 9' Janssen, 66' Wijnaldum

Was uns beim wurschtigen Österreich – Niederlande auffiel

In etwa einer Woche beginnt die EURO 2016. Österreich ist bekanntlich dabei und alle, die Fußball nicht nur jeden zweiten Sommer interessant finden, wissen, was die Mannschaft kann. Deshalb war das letzte Testspiel vor dem Ernstfall gegen die Niederlande am Samstag so spannungsentladen, wie kein anderes Spiel der österreichischen Fußballgeschichte, an das ich mich bisher erinnern konnte.

Die 0:2-Niederlage muss mangels konsequenter Ernsthaftigkeit des Spiels auch niemanden nervös machen. Ja: Es war zum ersten Mal seit dem 0:3 gegen Deutschland im September 2013, dass Österreich kein Tor erzielt hat. Aber die Spieler haben sich sichtbar vor engen Situationen zurückgenommen, um sich nur ja nicht zu verletzen und sich vor allem in der fast komplett wertlosen zweiten Hälfte gelegentlich den ein oder anderen Meter erspart, den sie im Bewerb laufen würden. Wenn man aus dem Spiel etwas lernen will, muss man sich deshalb schon ein bisserl anstrengen. Wir haben uns ein paar Erkenntnisse abgerungen. Continue reading

EM-Quali für 2016
Ernst-Happel-Stadion, Wien, 15. November 2014
Österreich - Russland
1-0
Tore: 73' Okotie

Capello mit dem Rezept, aber Österreich mit dem Sieg – 1:0!

Der Sieg an sich war schon etwas glücklich. Dass das goldene 1:0 durch Okotie aus Abseitsposition fiel, kommt noch dazu. Dennoch: Österreich steht nach dem Erfolg über Russland, eingefahren ohne Alaba und ohne Baumgartlinger, blendend da. Obwohl Fabio Capello eigentlich ein gutes Rezept gegen das ÖFB-Team gefunden hatte.

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Mehr oder weniger englische Engländer

Das Mutterland des Fußballs ist nicht so erfolgreich, wie es sein möchte – Daran entzünden sich auch Fragen der Nationalität Englands Fußball-Nationalteam sieht seit geraumer Zeit alt aus. Kleinere Länder – etwa Österreich – mögen sich immer noch neidvoll nach den Problemen einer Nation sehnen, die bei den letzten vier Weltmeisterschaften und der letzten Europameisterschaft immer die Gruppenphase überstand. Aber England hat die Ambitionen einer Fußballnation, die gerade den 150. Geburtstag ihres Verbandes feiert. Während zwei Amateurteams vor dem Buckingham Palace am Montag das Spiel ihres Lebens feierten, stellt sich dem Rest des Landes eine Identitätsfrage: Wer ist eigentlich englisch genug, um für England zu spielen?

Die Erfolglosigkeit der letzten Jahre wurde im Sommer mit einer gewissen Perspektivlosigkeit verschärft, als das U21-Team bei der EM und das U20-Team bei der WM klanglos in der Vorrunde ausschieden. Der Optimismus, der sich vor wenigen Jahren aus zwei Vizeeuropameistertiteln (2009: U19, U21) und einem Europameistertitel (U17 2010) speiste, scheint verflogen, und eine gewisse Resignation köchelt – vielleicht zu Recht, vielleicht zu Unrecht – immer wieder hoch. Immer wieder in der allgemeinen Kritik steht, dass so wenige junge Engländer in der Premier League zum Durchbruch kommen – trotz Jungspieler-fördender Maßnahmen. Die FA gründet nun eine Arbeitsgruppe dazu.

Ein Januzaj hat die Wahl

Jüngst trieb die Debatte auch etwas skurrile Blüten, als sie sich an Manchester Uniteds Youngster Adnan Januzaj entzündete. Der hat sein Team bei seinem ersten Einsatz über 90 Minuten mit zwei Toren zum Sieg in Sunderland geschossen. Spekulationen über eine Zukunft im englischen Team entstanden. Teamtrainer Roy Hodgson beobachtet Spieler und Situation, obwohl die Wahrscheinlichkeit nicht groß ist, dass der junge Überflieger jemals für England spielen darf.

Januzaj ist seit zwei Jahren in Manchester am Werken. Er ist 18 Jahre alt und wurde in Brüssel geboren, seine Eltern sind Kosovo-Albaner, seine Mutter hat angeblich auch einen türkischen Pass. Theoretisch könnte er für Belgien, Albanien, den Kosovo, Serbien oder die Türkei spielen. Und würde der junge Mann noch fünf Jahre in England spielen, ohne vorher für ein anderes Land aufzulaufen, wäre eben auch England ein Thema.

Dass er so lange auf seine internationale Karriere wartet, ist nicht nur angesichts der Fülle an Möglichkeiten zu bezweifeln, aber Einberufungen ins aufregende belgische Teams hat Januzaj bislang immerhin abgelehnt. Gleichzeitig steht noch nicht fest, ob er überhaupt bis über den nächsten Sommer hinaus in England bleiben wird. Mit Interessenbekundungen von unter anderen Bayern München, Juventus Turin und Real Madrid in der Hinterhand pokert Januzaij derzeit um den bestmöglichen Vertrag.

Ein Wilshere will sie nicht

Womit wir von einer fernen Hoffnung für das englische Team zu einer sehr konkreten, aktuellen kommen: Jack Wilshere. Arsenals Mittelfeldspieler kämpft sich gerade von seiner Verletzungsgeschichte zurück ins vielversprechende Fußballerleben und rettete seinem Team jüngst einen Punkt bei West Bromwich Albion. Er lief zwar kürzlich spätabends mit einer Tschick in der Pappalatur einem Paparazzo in die Arme, ansonsten gilt der nun vom Laster geläuterte 21-Jährige aber als große Hoffnung für England. Er ist einer, der von seinem Trainer Arsene Wenger als Spieler mit „spanischer Technik, aber englischem Herzen“ quasi zum multikulturellen Fußballer geadelt wurde.

Von der Aufweichung des Englischen hält Wilshere aber ganz konservativ und nationalitätsbewusst wenig. Der „Guardian“ zitiert ihn folgendermaßen: „Fünf Jahre hier zu spielen macht dich nicht zu einem Engländer. Wenn ich fünf Jahre in Spanien spiele, spiele ich auch nicht für Spanien. Wenn du Engländer bist, bist du Engländer und solltest für England spielen.“ Es ist eher ein sehr einfaches als ein sehr ausgeklügeltes Argument. Wilshere ist in einem Londoner Vorort geboren, hat nie woanders gelebt und bereits für England gespielt. Es ist eine Frage, die sich ihm persönlich nie gestellt hat und nie stellen wird.

England hofft auf die Zuwanderer

Das gilt eigentlich auch für Gareth Southgate, und doch sieht der neue U21-Teamtrainer die Sache nuancierter – zwangsläufig, denn vier seiner Spieler wurden nicht in England geboren: Wilfried Zaha (Elfenbeinküste), Raheem Sterling (Jamaika), Saido Berahino (Burundi) und Nathaniel Chalobah (Sierra Leone) gelten trotzdem als englische Hoffnungsträger. Southgate: „Die Welt verändert sich, viele Familien ziehen immer wieder um. Wir haben viele Jungs in unserem Team, die nicht in England geboren wurden. Aber ihre Familien sind hierher geflohen, und sie sind unglaublich stolz, für England zu spielen.“ Solange ein Spieler sich für kein anderes Land entschieden habe, solle man sich vor allem ansehen, ob er die richtige Motivation mitbringt.

Es mag die progressivere Position im Vergleich zu Wilshere sein, aber es ist im Prinzip einfach nur der Modus, den die FIFA seit 2004 vorgegeben hat. Und früher wurde das auch durchaus liberaler gehandhabt. Der große Real-Madrid-Star der 50er- und 60er-Jahre, Alfredo di Stefano, spielte für Argentinien, Kolumbien und Spanien. UEFA-Chef Michel Platini wurde nicht nur Europameister mit Frankreich, sondern spielte nach seiner Teamkarriere auch ein Match für Kuwait. Unser Zeitalter mag Globalisierung heißen, doch während Waren und Transaktionen um den Erdball fließen, werden für Menschen manche Grenzen heute schwerer überwindbar.

Der Nationalismus prallt gegen die Welt

Die Frage nach der nationalen Zugehörigkeit ist wahrlich keine Neue. Aber wenn sie dem Fußball in England gestellt wird, wirkt die nationale Einkastelei noch ein wenig seltsamer und antiquierter als sonst.

Ausgerechnet in diesem ehemaligen Weltreich und multikulturellen Einwandererland, das sich noch vergangenen Sommer stolz als olympischer Schmelzkübel der Kulturen präsentierte.

Ausgerechnet in diesem Sport, dem größten der Welt, der von England aus ein global geliebtes Spektakel und globalisiertes Geschäft geworden ist.

Ausgerechnet dort, wo sich das zur erfolgreichsten, populärsten und internationalisiertesten Liga vermengt hat.

Ja, ausgerechnet dort prallen die nationale Idee des 18. Jahrhunderts, die Realität des 21. Jahrhunderts und der größte Sport des 20. Jahrhunderts aufeinander.

Wenn aber das langfristige Leben in einem Land und das Bekenntnis zu dessen Nationalteam nicht genügen, um als Spieler akzeptiert zu werden, was bleibt jungen Menschen mit vielfältigeren Wurzeln dann? Welche einzig wahre nationale Identität hat ein Adnan Januzaj? Und wer soll sie festlegen, wenn nicht er selbst?

Österreichs Stellenwert im Fußball heute und 2014 – und die Gründe dafür

Wir sind das Witzland. Wirklich. Das sollte im Moment jeder anerkennen. Unsere Liga ist in Europa viertklassig. Ihr Niveau ist bestenfalls mit den zweiten Ligen der Topp-Nationen vergleichbar. Keine Mannschaft könnte sich in den besten Ligen (England, Spanien, Italien, Deutschland) sicher halten. An ihren besten Tagen sind heimische Topp-Teams dort Abstiegskandidaten. (Nein ich erkläre jetzt nicht genau warum. Wer es nicht weiß, schaut sich am Wochenende zwei Abstiegsduelle dieser Ligen an, achtet mal auf Tempo, Taktikdynamik und Ballbehandlung und macht sich klar, dass das im Gegensatz zu Sturm – Rapid kein Ausnahmeereignis ist. Co Adriaansen hat absolut recht damit, dass Mark Janko es wie jeder andere heimische „Topp-Kicker“ im Ausland sauschwer hätte.). Continue reading

Falsches Spiel

Falsches Spiel VON Roland Linz – oder falsches Spiel MIT Roland Linz? Diese Frage durfte einen schon beschäftigen, als unser Teamverweser H. den Portugal-Legionär auf drigendes Geheiß unseres ÖFB-Verwesers S. aus dem Team eliminierte, weil der einzige ersthafte Goalgetter aus Österreich so spielt, wie ein Goalgetter nun mal zu spielen hat – auf Chancen lauern und dann abdrücken. Wer sich nun nicht das (vorhersehbare) Unspiel der Austria in Schweden angetan, sondern sich das UEFA-Cup-Spiel Braga-Bayern bei den Kollegen des ZDF gegeben hat, der wurde in dieser Frage schlauer.
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Vaduz, wir kommen nicht!

Kommenden Sonntag ist es soweit: Die WM 2010 nimmt auch für Europa konkrete Formen an, indem die neun Qualifikationsgruppen ausgelost werden. Der ORF wird, so wie es derzeit aussieht, dieses Ereignis nicht live übertragen, weil zeitgleich das mit Sicherheit hochkarätige Wiener Derby läuft. Das mag man bedauern oder auch nicht – aber bevor ich mir dieses Ereignis (die Auslosung, nicht das Derby) mit den mehr oder weniger kompetenten Worten von Thomas König oder Oliver Polzer anschaue, hätte ich ohnehin eher auf den Kollegen Reif (Premiere) umgeschaltet. Aber das ist ein anderes Thema.

Auf was ich hinauswill, ist etwas ganz anderes. Da die Auswahlmannschaft des ÖFB in der Weltrangliste (auch von der mag man halten, was man will) mittlerweile auf dem 88. Platz angekommen ist, landet das Team im fünften Topf. Von Sechs. So, wie sich das derzeit darstellt (also vorbehaltlich der letzten Ergebnisse aus der Euro-Quali) befinden wir uns in diesem Topf in der Gesellschaft von Slowenien und Lettland (immerhin Euro-Teilnehmer 2000 bzw. 2004), mit Island, Litauen, Armenien. Auch mit Aserbaidschan (gegen die wir 05/06 immerhin vier Punkte geholt haben) und Weißrussland (gegen die wir 02/03 sogar zwei Mal klar gewonnen haben). Und mit Liechtenstein.
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