System-Experiment zum Abschied – 1:0 bei Kollers letztem Spiel

Das Ende einer Ära: Nach 54 Spielen in sechs Jahren endet die über weite Strecken sehr erfolgreiche und erfreuliche Amtszeit von Marcel Koller als ÖFB-Teamchef. Das mit vielen jungen Spielern bestückte ÖFB-Team verabschiedet den Schweizer mit einem 1:0-Arbeitssieg in Moldawien.

Moldawien – Österreich 0:1 (0:0)

Tatsächlich startete Österreich nicht mit dem angegebenen 4-2-3-1, sondern viel eher mit einem 3-4-3. Zentralverteidiger Danso wurde flankiert von Lienhart rechts und Wöber links, die jeweils für die Spieleröffnung zuständig waren und immer wieder auch etwas weiter aufrückten.

Die Dreierkette und das Mittelfeld-Zentrum

Davor war Julian Baumgartlinger als etwas tieferer der beiden zentralen Mittelfeldspieler positioniert. Er war der zentrale Richtungsbestimmer und Passgeber, während Grillitsch – wie schon gegen Serbien – eher selbst den Zwischenlinienraum suchte und der vielbeinigen moldawischen Defensive etwas zum Überlegen geben wollte.

Abgesehen von einer kurzen Phase gleich zu Spielbeginn, in der Moldawien hoch presste, wurde die Dreier-Abwehr mit Baumgartlinger davor defensiv kaum getestet. Die Hausherren versuchten zwar, dem ballführenden Österreicher die Zeit am Ball zu nehmen, aber es war für Baumgartlinger und auch für Grillitsch kein Problem, mit diesen Situationen umzugehen.

Die Wings-Backs Bauer und Kainz

Als Wing-Backs sorgten Moritz Bauer rechts und Flo Kainz links für die Breite. Diese Maßnahme entfachte allerdings nicht die erhoffte Wirkung, weil bei Moldawien – das Team agierte grundsätzlich aus einem 5-4-1 heraus – der rechte Mittelfeldmann Ivanov oft weit mit nach hinten rückte, womit sich eine moldawische Sechserkette ergab.

Auf der anderen Seite hatte Kainz damit zu kämpfen, dass Platica stets extrem weit außen blieb, selbst wenn seine Kollegen aus der Dreierkette sich im Strafraum massierten – womöglich hatte ihn Teamchef Dobrovolski beauftragt, den sonst dort spielenden Arnautovic zu bewachen, so lief Platica aber eben Kainz nach.

Die Offensive

Die Offensivreihe des ÖFB-Teams gestaltete sich asymmetrisch. Während Arnautovic und Burgstaller beide (wie schon gegen Serbien) vorne agierten, kam Louis Schaub aus der Etappe – aber nicht als Zehner, sondern aus dem rechten Halbfeld.

Österreich sammelte in der ersten Halbzeit viel Ballbesitz (über 70 Prozent) und kam nach den frühen Schecksekunden nie mehr in Gefahr, ein Gegentor zu kassieren. Der Ball lief gut und sicher, die Formation wirkte kompakt, es war immer jemand anspielbar. Aber: Man fand keine Löcher im moldawischen Defensivverbund.

Umstellung für die zweite Hälfte

Nach dem Seitenwechsel kam Marc Janko für Guido Burgstaller. Der Routinier von Sparta Prag ist ein besserer Zielspieler als der direktere Burgstaller, darum war dieser Wechsel angesichts der Probleme, im Strafraum Fuß zu fassen, nicht unlogisch. Gleichzeitig aber switchte Koller zurück auf das gewohnte 4-2-3-1. Arnautovic war nun wie gewohnt links, Schaub zentral, Kainz rechts und Wöber gab einen echten Linksverteidiger.

Es gab sofort eine Einschussmöglichkeit für Janko, aber im Ganzen wurde das österreichische Spiel dadurch nicht besser – eher im Gegenteil. Die Kompaktheit war nicht mehr da, die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen wurden nun merklich größer – daran änderte sich auch nach dem Ausschluss für den Moldawier Ionita nichts.

Die Passgenauigkeit nahm am, weil die Passwege länger wurden und Moldawien agierte mit einem Mann weniger und in Rückstand – Louis Schaub hatte nach einem Eckball zum 1:0 für Österreich getroffen – etwas risikofreudiger.

Die so strikte Defensive mit Fünfer- und zuweilen gar Sechserkette war nach dem Ausschluss von Ionita Makulatur, Dobrovolski stellte auf ein 4-4-1 um und sein Team bewegte sich durchaus geschickt in den Räumen, die das ÖFB-Team nun offen ließ. Es war zwar nicht so, dass Moldawien viele Torchancen erarbeitet hat. Aber Österreich fand – von einem Querpass-Geschenk, das Lazaro nicht verwerten konnte – kaum noch wirklich vor das Tor.

Und einen Treffer kann man sich immer mal fangen. Das war in diesem letzten Spiel von Marcel Koller nicht so – und damit steht ein 1:0-Arbeitssieg zu Buche.

Fazit: Versöhnlicher Abschluss und angstvoller Ausblick

Es ist ungemein schade, dass Marcel Koller erst jetzt, in den letzten zwei Spielen, wo sein Abgang schon feststand, die Experimentierkiste ausgepackt hat. Das etwas schräge 4-4-2 gegen Serbien, nun das kompakte 3-4-3 in Moldawien; mit einem großartigen Grillitsch und zwei großen Versprechen für die Zukunft in Wöber und Lienhart.

Es war kein glanzvoller Sieg, es fehlte einmal mehr am Zugriff auf den Strafraum und die wenigen Top-Chancen wurden leichtfertig vergeben. Es gab den Sieg, das ist schön und für künftige Setzlisten nicht völlig unerheblich. Man war in zehn Quali-Spielen nie komplett chancenlos, es fehlten immer nur Nuancen. Aber: Dreimal das selbe Gegentor in Belgrad, keine Adaptionen daheim gegen Irland, ein Tausendguldenschuss in Cardiff – das summiert sich halt.

Ist der vierte Gruppenplatz mit 15 Punkten eine Enttäuschung? Natürlich. Aber hätte sich Österreich dennoch für die WM qualifizieren können? Absolut – kein Gegner war außer Reichweite. Es ist müßig zu überlegen, ob uns diese Schmierenkomödie im ÖFB-Präsidium erspart geblieben wäre, wenn es diese Weiterentwicklung schon vor 12 Monaten gegeben hätte. Es ist nun mal so wie es ist.

Dass Andreas Herzog nun Teamchef wird, obwohl ein für diesen Job gänzlich ungeeignet ist, darf angenommen werden. Dann wird richtig deutlich werden, was Österreich an Marcel Koller hatte – obwohl die letzten anderthalb Jahre nicht den Erwartungen entsprachen. Aber: Alles, was auch in dieser Zeit passierte, war Lichtjahre besser als alles, was unter Constantini war.

Und vermutlich auch als alles, was unter Herzog sein wird.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.