ÖFB-Frauen: Viele Systeme und Spielanlagen gut getestet

Zwei Remis, ein Sieg, eine Niederlage gab es für Österreich, und das durchwegs mit Gegnern auf Augenhöhe. Auch, wenn in diesem Test-Turnier vor der EM-Premiere im Sommer am Ende nur der achte Platz zu Buche steht und die ÖFB-Frauen damit deutlich unter Wert geschlagen wurden: Man kann dennoch viele positive Eindrücke und Erkenntnisse aus dem Cyprus Cup mitnehmen.


Gut: Systemflexibilität & defensive Anlage

„Von den Resultaten her ist es schon so, dass mehr drin gewesen wäre“, bilanziert Teamchef Dominik Thalhammer, „aber ich finde, insgesamt waren wir inhaltlich besser als letztes Jahr, als wir das Turnier gewonnen haben.“ Dass es nicht so gekommen ist, ist zwar ärgerlich, aber nicht schlimm. Lieber jetzt Fehler aufgezeigt bekommen, als bei der EM im Juli.

Äußerst positiv bewertet Thalhammer die mittlerweile extrem hohe System-Flexibilität: „Wir können problemlos aus vier, fünf Systemen wählen, auch innerhalb eines Spiels umstellen. Genauso wie wir die ganze Spielanlage von einer Minute auf die andere problemlos umstellen können.“ Hohes Pressing oder tief im Block verteidigen: Dieses Wechselspiel wurde bei den Spielen der ÖFB-Frauen beim Cyprus Cup verstärkt getestet.

Und dieses tiefe Verteidigen im Block – erstmals wurde hier ein 5-3-2 verwendet, zumeist mit Sarah Puntigam, die von der Sechs abkippt – hat sehr gut funktioniert. Thalhammer: „Wenn wir diese Anlage in diesem System gespielt haben, hat kein einziger Gegner auch nur eine ernsthafte Torchance erarbeiten können.“

Nicht so gut: Defensives Umschalten

Das Verhalten im Umschalten nach Ballverlusten hat Thalhammer hingegen gar nicht gefallen – vor allem im Spiel gegen Schottland, das wegen zwei genau solcher Situationen verloren wurde. „Hier müssen wir ganz eindeutig darauf schauen, dass wir da nicht mehr phasenweise eher naiv agieren“, so der Trainer. Billige Gegentore in Phasen, in denen man am Drücker ist: Das wäre bei der EM ganz besonders bitter.

Auch im Platzierungsspiel gegen Belgien war eigentlich nie eine Gefahr, bis die Belgierinnen auf einmal in Führung waren. Wir haben ein paar Fehler gemacht, waren – gerade gegen Schottland – in der einen oder anderen Situation nicht ganz auf der Höhe“, so der Teamchef, „und das wurde bestraft. Aber es ist ja der Sinn und Zweck eines solchen Turniers, dass solche Schwachstellen aufgezeigt werden.“

Anders gesagt: Aus einem gut geführten, aber verlorenen Match gegen Schottland kann man auch in Blickrichtung EM mehr mitnehmen als aus einem lockeren Sieg gegen ein unterlegenes Team.

0:0 gegen Südkorea – Adaptierungen greifen

Die Variante mit der nach hinten rückenden Puntigam kam im Auftakt-Spiel gegen WM-Achtelfinalist Südkorea schon zur Anwendung. Die Koreanerinnen dominierten die erste Hälfte – kamen aber in der Phase zwischen 15. und 30. Minute, wo Österreich mit Fünferkette verteidigt hat, nicht durch. Davor und danach schon, kurz vor der Pause verzeichnete Korea durch Kwon Eun-Som einen Stangentreffer.

„Wir verwenden jetzt auch Video-Analysen schon in der Halbzeit“, so Thalhammer – und bei dieser wurde unter anderem thematisiert, dass die Außenverteidigerinnen näher am Gegner sein müssen. Das wurde in der zweiten Halbzeit adaptiert, dazu wurde wieder auf das Hochpressingspiel umgestellt. Die Folge: Südkorea wurde hinten reingedrückt. Die ÖFB-Frauen dominierten, hatten drei Top-Chancen (Burger 2x, Aschauer), aber Koreas Goalie Kang Ga-Ae parierte jeweils.

„Wir haben viel Druck ausgeübt und hätten das Spiel gewinnen müssen“, so Thalhammer. So blieb es beim 0:0, dem Comeback der fast zwei Jahre verletzten Lisa Makas und dem Debüt von Stürmerin Viktoria Pinther.

Wechsel: Dunst für Prohaska (54.), Naschenweng für Maierhofer (67.), Makas für Aschauer (75.), Eder für Zadrazil (81.), Pinther für Billa (85.).

3:0 gegen Neuseeland – dominant und eiskalt

Der nächste Gegner, WM- und Olympia-Stammgast, Neuseeland, experimentierte mit einer 3-4-3-Formation (sonst lässt Ferns-Teamchef Tony Readings immer mit einem 4-3-3). Viel Plan im Vorwärtsgang war aber nicht zu erkennen.

„Neuseeland hat mit einer relativ hohen Abwehr gespielt und wir haben uns bewusst in einem tiefen Block postiert. Wir können nicht immer nur hohes Pressing spielen, das hält man nicht 90 Minuten durch“, erklärt Thalhammer. So hatte Neuseeland viel Ballbesitz, aber wenig Ideen. „Sie fanden keine Lösungsmöglichkeit gegen unser 5-3-2, haben im ganzen Spiel keine einzige echte Torchance kreiert“, so der Teamchef. Österreich nützte die eigenen Chancen dafür eiskalt. Erst verwertete Billa nach Schiechtl-Einwurf und Kopfballverlängerung von Burger, dann verdaddelte Kiwi-Keeperin Nayler den Ball gegen Aschauer und die sagt „Danke“. Und schließlich erzielte Jasmin Eder per Kopf ihr erstes Länderspieltor für die ÖFB-Frauen.

Tore: 1:0 (19.) Billa, 2:0 (53.) Aschauer, 3:0 (77.) Eder. Wechsel: Prohaska für Dunst (57.), Maierhofer für Naschenweng (57.), Eder für Zadrazil (71.), Pinther für Billa (71.), Makas für Aschauer (78.), Enzinger für Burger (78.).

1:3 gegen Schottland – Finaleinzug billig vertan

Ein Match mit viel Experimental-Charakter: Schottlands Teamchefin Anna Signeul verzichtete fast komplett auf ihre besten Spielerinnen (Kim Little, Rachel Corsie, Emma Mitchell, Joanne Love, Jennifer Beattie).

Und Dominik Thalhammer packte jenes System mit Dreierkette aus, das zwischen 3-5-2 und WM-System ist und schon gegen schwächere Gegner angetestet wurde und nun erstmal einem Härtetest gegen einen Kontrahenten auf Augenhöhe unterzogen wurde: „Aber das erste Mal, dass wir es mit drei echten Verteidigern und zwei echten Sechsern von Beginn an gespielt haben. Der Vorteil an diesem System ist, dass wir schnell in Überzahl in Ballnähe sind, egal wo auf dem Feld der Ball gewonnen wird.“

Dass das Spiel nicht gewonnen wurde, lag an einigen falschen Entscheidungen – wie vor dem Gegentor zum 1:2. Anstatt vor dem gegnerischen Strafraum vor das Tor zu spielen, wurde ein Doppelpass versucht, der Ball verloren und der Konter gefangen. Ganz ähnlich entstand auch das 1:3 durch einen sehenswerten Weitschuss von Bayern-Legionärin Lisa Evans. Trotzdem sagt der Teamchef: „Wir haben gegen Schottland besser gespielt als beim 3:0 gegen Neuseeland, finde ich.“

Tore: 0:1 (58.) J. Ross, 1:1 (65.) Billa, 1:2 (78.) L. Ross, 1:3 (90.) Evans. Wechsel: Naschenweng für Puntigam (53.), Eder für Prohaska (60.), Makas für Aschauer (76.), Pinther für Billa (80.).

1:1 gegen Belgien – Nicht hängen lassen

Vor allem die schwedischen Ligaklubs monierten relativ laut und merkbar indigniert den heftigen Zeitplan von vier Spielen in acht Tagen, denen ihre Spielerinnen beim Algarve Cup unterzogen waren. Beim Cyprus Cup wurde der selbe enge Zeitplan eingehalten. Kein Wunder also, dass beim Platzierungsspiel gegen Belgien beiden Teams die intensive Woche deutlich anzumerken war.

In diesem Spiel – Marina Georgieva gab ihr Team-Debüt – kehrte man zum aus der Qualifikation gewohnten 4-3-3 zurück, dafür erhielten Kirchberger, Zadrazil, Schiechtl und Billa erst einmal einen erholsamen Platz auf der Bank. „Belgien hat gegenüber der Vergangenheit das Spiel auch etwas geändert, agiert jetzt mehr mit langen Bällen als früher“, vergleicht Thalhammer mit den beiden Testspielen gegen die Red Flames (einem 0:2 in Gent und einem 2:1 in Stegersbach im Jahr 2013).

Das Spiel verlief insgesamt ausgeglichen, ohne dass man sich aus österreichischer Sicht sorgen hätte machen müssen. Nach der Pause wurde auf 4-4-2 gestellt, mit Dunst als zweiter Stürmerin – aber Belgien erzielte so ein wenig aus dem Nichts dir Führung. Die ÖFB-Frauen blieben aber dran und wurden durch die von Billa freigespielte Aschauer noch mit dem Ausgleich belohnt. Dass das Elferschießen verloren wurde, hatte nur statistischen Wert.

Tore: 0:1 (63.) Wullaert, 1:1 (78.) Aschauer. Wechsel: Kirchberger für Georgieva (Halbzeit), Zadrazil für Eder (Halbzeit), Billa für Burger (Halbzeit), Pinther für Prohaska (58.), Schiechtl für Wenninger (62.), Enzinger für Dunst (82.). Im Elferschießen treffen Kirchberger und Aschauer; Puntigam, Pinther und Billa vergeben.

Den Turniersieg holte sich übrigens die Schweiz (erster Gruppengegner von Österreich bei der EM), die – obwohl taktisch weiterhin zuweilen sehr naiv agierend – im Finale gegen Südkorea durch einen abgefälschten Freistoß 1:0 gewann. Der Auftritt von Italien mit zum Teil derben Niederlagen (wie dem 0:6 gegen die Schweiz) lässt für die EM fürchterliches erwarten.

Das nächste Spiel für die ÖFB-Frauen wird ein Test gegen England in Milton Keynes am 10. April sein.

Die andere Turniere

Der SheBelieves Cup in Amerika wurde von den Top-Nationen genützt, um zu probieren. Die USA experimentierte erstmals seit einem Jahrzehnt wieder eine Formation mit Dreier-Abwehr. Deutschland testete personell einiges aus, vor allem im Match gegen Frankreich. England war stark im hohen Pressing, aber schwach im eigenen Aufbau. Und Frankreich (zweiter EM-Gruppengegner von Österreich) hat das Turnier zwar gewonnen, aber spielerich überzeugt hat man – zumindest gegen Deutschland und England – eher nicht. Endstand: Frankreich 7 Punkte, Deutschland 4 Punkte, England 3 Punkte, USA 3 Punkte.

Den extrem stark besetzten Algarve Cup mit neun Teams aus den Top-15 der Weltrangliste gewann Spanien (im Finale 1:0 gegen Titelverteidiger Kanada). Österreichs letzter EM-Gruppengegner Island holte achtbare Remis gegen Norwegen und Spanien sowie eine Niederlage gegen Vize-Weltmeister Japan und einen Sieg gegen WM-Viertelfinalist China.

Und das schwächste März-Turnier, der Istria Cup in Kroatien, endete mit dem Turniersieg der Slowakei (im Finale 2:0 gegen Bosnien). Beeindruckend war dabei einerseits die gute Aufbereitung des Turniers auf Social-Media-Plattformen, Live-Übertragungen der meisten Spiele auf Facebook inklusive. Beeindruckend war aber auch der erbärmliche Zustand der Plätze.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.