Qualifizierte und Blamierte: Das große WM-Round-up ein Jahr vor der Endrunde

In einem Jahr ist WM! Und bis Mitte November stehen alle 31 Mannschaften fest, die sich sportlich für diese Endrunde in Brasilien qualifizieren werden. In Ozeanien ist die Quali längst vorbei, in Asien so gut wie – aber überall sonst geht’s jetzt in die heiße Phase. Daher hier ein detailliertes Round-up über alle Kontinente: Wer dabei ist, wer so gut wie, wer noch Chancen hat und wer sich blamierte!

ASIEN (4 Fixplätze, 1 Play-Off-Platz)

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In Asien sind die Finalgruppen bereits beendet – und keine der vier direkt für die Endrunde qualifizierten Mannschaften fährt dort überraschend hin. Asienmeister Japan, Finalist Australien und Südkorea, WM-Achtelfinalist von 2010, waren sichere Kandidaten – und nachdem einige Prominenz schon in der Vorrunde hängen geblieben war, ist der Iran der logische vierte Kandidat. Hier wird eine interessante Serie fortgesetzt: Der Iran war 1994 nicht dabei, 98 schon, fehlte 2002, qualifizierte sich 2006, verpasste das Turnier 2010 – und ist nun eben wieder mit von der Partie.

Ebenso wenig überraschend ist, dass sich mit Jordanien und Usbekistan zwei der positiven Erscheinungen des Asien-Cups vor zweieinhalb Jahren den Teilnehmer am Play-Off gegen den Südamerika-Fünften untereinander ausmachen. Schon eher erstaunlich ist, dass sich mit Saudi-Arabien (gegen Austalien und den Oman), China (gegen den Irak und Jordanien) und Nordkorea (gegen Japan und Usbekistan) drei Endrunden-Teilnehmer der jüngeren Vergangenheit schon in der Vorrunde verabschiedeten. Wobei – erinnert man sich an diese Teams beim Asien-Cup, hat sich diese Entwicklung durchaus vorhersehen lassen.

 

NORD- & MITTELAMERIKA (3 Fixplätze, 1 Play-Off-Platz)

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Im „Hexagonal“, der Finalrunde der Concacaf-Zone, ist das Team der USA trotz zumeist bemerkenswert biederem Fußball und der Auftakt-Blamage beim 1:2 in Honduras voll auf Kurs, auch für Costa Rica sieht es gut aus – die einzige Niederlage im Hex war das 0:1 im hochgradig irregulären Schneesturm von Denver. Ziemlich mühsam gestaltet sich die Sache indes für Mexiko, vor allem – wie auch beim Confed-Cup deutlich wird – wegen der unglaublichen Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor.

Realistischerweise werden sich Honduras, WM-Teilnehmer von 2010, und das Team aus Panama, das sich seit Julio Dely Valdes Teamchef ist in massivem Aufwind befindet, um den Play-Off-Platz gegen Neuseeland streiten. Jamaika hatte sich mit einer 2:1-Sensation über die USA in der Zwischenrunde gerade noch gegenüber Guatemala ins Hexagonal gerettet, ist dort aber auf verlorenem Posten. Mehr oder weniger prominente Teams, die das nicht geschafft haben sind Kanada (mit einem unglaublichen 1:8 am letzten Zweischenrunden-Spieltag in Honduras) und die SoccaWarriors aus Trinidad, die 2006 bei der WM waren, diesmal aber nicht einmal die Vorrunde (!) überstanden. Guyana erreichte stattdessen die Zwischenrunde.

 

SÜDAMERIKA (4 Fix, 1 Play-Off + Brasilien)

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Für Argentinien ist im Grunde schon alles klar, ebenso für Kolumbien um Superstar Radamel Falcao und auch Ecuador kann sich schon auf die dritte Teilnahme in den letzten vier Endrunden einstellen. Das gilt auch für  Chile, ausgestattet einmal mehr mit einem extrem aufregenden Teamchef – nämlich Jorge Sampaoli, den Archtiekten des 3-1-4-2 von La U.

Um den Play-Off-Spot gegen den Asien-Fünften prügelt sich ein Trio:Uruguay, der Semifinalist von 2010, der aber schon ein wenig über dem Zenit scheint. Das Team aus dem Baseball-Land Venezuela, über Jahrzehnte das fußballerische Liechtenstein Südamerikas. Und Peru, das dafür zeigen muss, dass Platz drei bei der Copa America 2011 kein Strohfeuer war. Bolivien hingegen ist seit vielen Jahren wertlos. Und dass Paraguay nach vier Teilnahmen in Serie dermaßen abstinkt, war in der Form nicht ganz zu erwarten.

 

OZEANIEN (1 Play-Off-Platz)

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Beim Ozeanien-Cup, der als Vorrunde hergenommen wurde, blamierte sich Neuseeland noch im Halbfinale gegen Neukaledonien, ehe Tahiti den Finalsieg abstaubte. In der WM-Quali-Finalrunde ließen die All Whites dann aber erwartungsgemäß nichts mehr anbrennen – wiewohl es manchmal eng war, das Heimspiel gegen Neukaledonien wurde etwa erst in der Nachspielzeit mit 2:1 gewonnen. Tahiti brach nach dem großen Triumph im Finale völlig in sich zusammen und holte den einen Sieg erst am vorletzen Spieltag. Sie werden’s mit Blick auf ihren Auftritt beim Confed-Cup verschmerzen können.

Die wackeren Mannen von US-Samoa übrigens überstanden die Vorqualifikation nicht, ließen mit einem 2:1 über Tonga in der Endabrechnung aber immerhin die Cook-Inseln hinter sich. Keine Rede mehr von 0:31.

 

AFRIKA (5 Fixplätze)

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Zehn Vierergruppen, die Sieger spielen sich in K.o.-Duellen die fünf WM-Teilnehmer aus – so sieht der Quali-Modus  in Afrika aus. Einige der üblichen Verdächtigen haben sich diesen Platz auch schon vor der letzten Runde im September gesichert. Côte d’Ivoire etwa, auch das beim Afrika-Cup unter Wert geschlagene Algerien und die dominierende Nation der späten Nuller-Jahre, Ägypten – nach dem Generationswechsel gestützt von Spielern aus jenem Team, das bei der U-20-WM vor zwei Jahren auch Österreich klar besiegte, und angeführt vom US-Amerikanischen Teamchef Bob Bradley. Afrikacup-Halbfinalist Mali ist ebenso schon raus wie das schon lange hinter den Möglichkeiten spielende Marokko.

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Im Moment ist mit Äthiopien ein positiver Ausreißer des Afrika-Cups schon fix in der K.o.-Runde – zumindest im Moment. Südafrika aber, eine an Spiel-Unkultur kaum zu überbietende Mannschaft, legte Protest gegen Äthiopiens Sieg in Botswana ein – ein nicht einsatzberechtiger Äthiopier soll da gespielt haben. Kebede und Co. spielen am letzten Spieltag bei der Zentralafrikanischen Republik, da sollte also so oder so nicht mehr viel schiefgehen.

Deutlich heißer würde es, sollten noch zwei weitere Spiele aus dem gleichen Grund strafbeglaubigt werden. . Kamerun, ein einstmals großes Team in bemitleidenswertem Zustand, ist der Meinung, dass beim 0:2 in Togo der Gegner auf einen Spieler zurückgegriffen hat, der nicht auflaufen hätte dürfen. Geht der Protest durch, ist Kamerun plörtlich vor Überraschungsteam Libyen, und schon würde im direkten Duell in der letzten Runde ein Remis reichen. Kap Verde indes, eine der wenigen extrem positiven Erscheinungen des sportlich über weite Strecken erbärmlich schlechten Afrika-Cups, ist nach einem schwachen Start eigentlich schon raus. Doch nach zuletzt zwei Siegen in Serie könnten noch drei weitere hinzukommen – aus dem an sich 3:4 verlorenen Spiel gegen die Äquatoguineaner. Am letzten Spieltag ginge es dann auswärts gegen Leader Tunesien um alles.

Überhaupt keine Rolle spielt Äquatorialguinea. Kein Wunder: Es werden weiterhin mehr Spieler einbürgert und wieder aus dem Kader eliminiert als bei Wolfsburg zu besten Magath-Zeiten.

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Die letzten beiden kontinentalen Meister haben es jeweils noch in eigener Hand, die Ausgangslage ist aber eine völlig andere. Während der aktuelle Titelträger Nigeria ein Heimspiel gegen Malawi hat und dabei ein Remis fix reicht, braucht Sambia, Champion von 2012, einen Sieg auswärts in Ghana. Der Schwung des Triumphes von vor anderthalb Jahren ist bei den Chipolopolo vom französischen Blondschopf-Teamchef Hervé Renard aber merklich verflogen.

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Ähnlich überraschend wie Sambias Titel 2012 war der Finaleinzug von Burkina Faso 2013 – die Burkinabé haben es am letzten Spieltag aber nicht mehr selbst in der Hand. Sie müssen hoffen, dass der Congo beim Niger was liegen lässt, und selbst unbedingt daheim gegen Gabun gewinnen. Senegal hingegen muss sich nicht auf andere verlassen: Im September daheim gegen Uganda nicht verlieren, und alles ist im grünen Bereich.

 

EUROPA (13 Fixplätze)

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Die Gruppensieger sind fix dabei, bis auf den schlechtesten ermitteln danach alle Gruppenzweiten in K.o.-Duellen die restlichen WM-Teilnehmer – und drei „Große“ können sich schon nach einem Quartier in Brasilien umsehen. EM-Finalist Italien gewohnt glanzlos, Deutschland mit nur einem Mini-Ausrutscher beim 4:4 gegen Schweden, und WM-Finalist Holland noch ohne jeden Punktverlust. Dahinter ist es dafür ziemlich eng: Das wiedererstarkte Bulgarien und das weiterhin seltsam konturlose Tschechien haben sich der Dänen nach deren Heim-0:4 gegen Armenien praktisch schon entledigt. Bitter für die Armenier, eines der interessanteren Teams des Kontinents: Wäre die 0:1-Heimblamage gegen Malta nicht gewesen, wäre man auch diesmal voll im Kampf um die Play-Offs dabei.. Ibras Schweden, Kollers Österreich und Traps Irland rittern um den Platz hinter den Deutschen. Und die unter Sandor Egervari, Coach der ungarischen U-20-Helden von 2009, aufblühenden Ungarn duellieren sich mit Rumänien. Hier sind die Türken schon so gut wie aus dem Rennen.

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Titelverteidiger Spanien hat beide Spiele gegen Verfolger Frankreich schon hinter sich und ist, einen etwaigen Umfaller vorbehalten, auf Kurs zur Endrunde. Den Franzosen ist der Playoff-Platz mangels relevanter Konkurrenz nicht mehr zu nehmen. Andere „Große“ müssen mehr zittern. EM-Halbfinalist Portugal etwa rettete in Israel erst in der Nachspielzeit ein 3:3, wodurch die Israeli immer noch zumindest theoretische Chancen haben. Russland hat erst eine Partie verloren – jene in Portugal – ist dafür sonst ausrutscherfrei und hat zudem das winterbedingt abgesagte Nachholspiel in Nordirland noch gut. Heißt: Portugal muss auf russische Patzer hoffen, sonst geht’s in die Ehrenrunde. Erstaunlich: Fußballzwerg Luxemburg holte schon drei Remis.

Durch die 0:4-Gnackwatsch’n daheim gegen die Ukraine büßte Montenegro den Fahrersitz in jener Gruppe ein, in der nun England wieder alles selbst in der Hand hat. Im Oktober müssen Jovetic, Vucinic und Co. ins Wembley, da wird wohl ein Sieg hermüssen. Gegen die ganz okayen aber nicht WM-reifen EM-Gastgeber Ukraine und Polen sieht es aber weiterhin ganz gut aus.

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Endlich die schon längst überfällige Turnier-Teilnahme steuert dafür ziemlich ungehindert Bosnien an. Das Team um Dzeko und Ibisevic ist eines der aufregendsten von ganz Europa und ist mit Sicherheit eine tolle Bereicherung für die WM-Endrunde. Ob man das auch für Griechenland sagen kann, ist eine andere Sache – Rang zwei werden sich die Hellenen aber kaum mehr nehmen lassen.

Wie die Nachbarn aus Bosnien verfügt auch Kroatien über eine supertolle Mannschaft. Das Dumme ist nur: Die hat auch Belgien. Die lange angekündigte neue Generation ist nun reif genug und selbst eine knappe Niederlage in Zagreb im Oktober muss nicht zwingend den Gruppensieg und das Direkt-Ticket kosten. Serbien befindet sich in einer kompletten Umbruchphase, Schottland am Boden. Noch vor San Marino, Andorra oder Färöer waren die Schotten die allererste europäische Mannschaft, die rechnerisch eliminiert war.

Und am Ende dürfen wir uns noch alle ein wenig am Kopf kratzen und fragen, wie genau diese Quali-Gruppe möglich war, die die Schweiz da erwischt hat. Die Eidgenossen zeigen zwar weiterhin todlangweiligen 4-4-2-Standardfußball und quält sich zu so manchem Sieg, aber gegen diese mickrige Konkurrenz reicht das voll aus. Norwegen hat eine starke U-21, aber noch eine eher irrelevante Nationalmannschaft. Albanien ein paar Legionäre in Italien und Griechenland, aber echt keine Über-Truppe. Island hat Sigudsson, aber sonst nicht viel. Durchaus möglich, dass das die schwächste Quali-Gruppe ist, die Europa jemals zu bieten hatte…

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.