Relegation 2013 | Rückspiel
Gugl, 6. Juni 2013
LASK Linz - FC Liefering
0-3
Tore: 4' Ramalho, 27' Savic, 47' Konrad

Liefering zerzaust den LASK: Die rein inhaltliche Analyse einer sportlich hochinteressanten Mannschaft

Es ist ein Jammer: Je unbeliebter ein Klub bei Fans ist, desto aufregender scheint der gezeigte Fußball zu sein. Das war etwa bei Hoffenheim so, als der Verein unter Rangnick die Bundesliga aufmischte und nun wieder, seit Markus Gisdol übernommen hat. Und das ist auch in Österreich beim FC Liefering so. Das Umgehungs-Kontrukt von Red Bull zerlegte den LASK nach dem 2:0 im Hinspiel auch beim 3:0 im Rückspiel in seine Einzelteile – und zwar mit dem wohl modernsten, forschesten und attraktivsten Fußball, den es in Österreich derzeit zu sehen gibt. Alle Grundsatz-Diskussionen jetzt mal außen vor lassend: Hier die inhaltliche Abhandlung, warum der Gesamtscore von 5:0 nicht mal schmeichelhaft für Liefering ist.

LASK Linz - FC Liefering 0:3 (0:2)
LASK Linz – FC Liefering 0:3 (0:2)

Vier alte Hasen, dafür sechs Spieler unter 22 Jahren: Das ist der FC Liefering auf dem Rasen. Der deutsche Trainer Peter Zeidler (hier ein Interview mit ihm vom Kollegen @antisymmetic von der Sportzeitung) lässt das Team in jenem 4-1-4-1 spielen, das auch das Bundesliga-Team unter Roger Schmidt einsetzt. Bei Liefering greift ein Zahnrad ideal ins andere.

Das hohe Pressing

Die erste Maßnahme, einen Spielaufbau beim Gegner zu unterbinden, stellt das zielgenaue und gut ausgeführte Pressing in der gegnerischen Hälfte dar. Mario Konrad, als Mittelstürmer aufgestellt, läuft die Innenverteidiger an, die dadurch gezwungen sind, schnell entweder Sechser Harding oder die Außenverteidiger Takougnadi (entgegen seiner Stammposition diesmal links) und Stadlbauer anzuspielen – oder den Ball blind nach vorne zu dreschen.

Kommt der Ball zu Harding, orientiert sich Konrad sofort nach hinten und rennt auf Harding zu, während Völkl dasselbe von der anderen Richtung macht. Derart unter Druck gesetzt war zumeist spätestens da der Ball im Besitz der Salzburger, allenfalls brachte Harding noch einen Verlegenheitspass an. Doch egal, wohin der LASK die Kugel auch spielte: Blitzschnell hatte Liefering eine Überzahl in Ballnähe hergestellt.

Überzahl im Zentrum

Der LASK spielte im Zentrum mit Harding auf der defensiveren Position und mit dem Ex-Leverkusener Marko Babic auf der offensiveren. Beide glänzen nicht gerade durch absolute Grundschnelligkeit. Dadurch waren die Linzer in ihrem klassischen 4-4-2 in der Zentrale nicht nur personell in Unterzahl, sondern dabei auch noch deutlich weniger agil als Völkl und Djuric, die die Hilfe von Sechser Ramalho zumeist gar nicht brauchten.

Der Brasilianer konnte sich darauf verlegen, defensive Löcher zu stopfen und geschickt quer zu verschieben, sodass auch dann keine Gefahr auf den Außenbahnen entstand, wenn die AV Lainer und Adjei nach vorne gingen. Ramalho kann grundsätzlich sehr wohl den ersten Pass spielen, grundsätzlich geht es bei ihm aber eher darum, den Ballbesitz zu sichern und kluge, kurze Pässe mit wenig Risiko zu spielen.

Blitzartiges Umschaltspiel

Natürlich war mit dem frühen 1:0 für Liefering nach nur vier Minuten der erste Schwung der Linzer jäh gestoppt. Es war danach aber auffällig, wie gigantisch die Linzer das ohnehin kaum vorhandene Mittelfeld-Zentrum aufrissen. Oftmals war zwischen Abwehrkette und den Offensiv-Spielern ein 40-Meter-Loch, in dem sich genüsslich sechs Lieferinger gegen zwei Linzer ausbreiten konnten. War der Ball einmal vorne, trauten sich die Linzer aber nicht aufrücken – wohl auch, weil sie vor dem blitzschnellen Umschaltspiel der Gäste einen Heidenrespekt hatten.

Hier hatte Liefering ebenso einen massiven Vorteil gegenüber dem LASK. Wenn der Ball erobert war, wurde in einem Höllentempo umgeschaltet und die zwangsläufige Unordnung bei den Linzern zu nützen versucht. Weil der LASK immer wieder früh in der Vorwärtsbewegung den Ball verlor, gab es zumeist nur noch Kobleder und Hieblinger als Absicherung. Ein Spiel mit dem Feuer.

Außenverteidiger und Laufwege

Ebenfalls unübersehbar war auch der Unterschied bei den einstudierten Laufwegen vor allem bei den Außenverteidigern. Takougnadi und Stadlbauer gingen sehr wohl nach vorne, oft warteten sie dabei aber eher statisch auf Zuspiele und brachten kein Tempo ins Spiel, während die Mittelfeld-Außen Kogler und (vor allem) Freudenthaler ihre hinterlaufenden Mitspieler kaum beachteten. Alles wirkte ein wenig zufällig und auf individuelle Ideen aufgebaut, beim LASK.

Während bei Liefering vor allem auf den Flügeln mächtig Zug im Spiel war. Das Bemühen immer mindestens zwei Anspielstationen zu haben (das oft zitierte „Dreiecke bilden“) wurde durch schnelle und konsequent zu Ende gebrachte Laufwege erreicht, etwa durch gezieltes und schnelles Hinterlaufen (Lainer und Mair taten sich besonders dabei hervor). Zudem erlaubt die technische Überlegenheit den Salzburgern auch, alleine mal gegen Zwei zu gehen und dennoch den Ball zu behaupten.

Konsequenz vorm Tor und im Spielverlauf

Was bei Liefering noch hinzu kommt: Man braucht sehr wenige Chancen. Das 1:0, ein Weitschuss nach vier Minuten, war noch nicht mal wirklich eine Chance. Beim 2:0 hatte die LASK-Verteidigung Savic andächtig zugesehen, beim 3:0 kurz nach der Pause konnte eine simple Flanke auf Konrad nicht geklärt werden. Auf der anderen Seite gab es aus genannten Gründen vor der Halbzeitpause sehr wenige Chancen und nach dem Seitenwechsel nicht eine einzige. Noch dazu verbreiteten die Standard-Situationen des LASK sehr wenig Gefahr.

Bei Liefering wurde dafür auch bei 3:0 im Spiel, also bei 5:0 gesamt, immer noch weitergepresst wie zu Spielbeginn. Wenn Harding doch einmal einen Ball im Zentrum erkämpft hatte, rannte ihm zumindest ein Lieferinger immer so lange hinterher, bis er mit der Kugel nur noch den eigenen Goalie vor sich hatte – an Ballbesitz sichern war nicht zu denken. Daxbacher wechselte beide Flügelspieler aus (Kogler war schwach, Freudenthaler inexistent), danach auch Harding (alle Wechsel innerhalb des 4-4-2). Ohne Effekt, weil das Grundproblem – zu wenig Tempo und zu wenig Zusammenspiel, zu wenig überraschende Aktionen, zu viel auf Ideen einzelner basierend – natürlich damit nicht behoben werden kann.

Fazit: Sportlich ist der Aufstieg hochverdient

Keine Frage, als Verein hat Liefeing keine Fans, ist als Klub uninteressant und man wird in der Ersten Liga das Hass-Objekt Nummer eins sein. Tatsache ist aber auch: Auf dem Feld ist dieses Team extrem interessant, bärenstark und wird, wenn in dieser Form auch nächstes Jahr gespielt wird, mit dem Abstieg überhaupt nichts zu tun haben – im Gegenteil, man kann eines der absoluten Spitzenteams der Liga werden.

Das ist für den „normalen“ Fan und für den LASK traurig, aber rein das Geschehen auf dem Feld betrachtet, ist der Aufstieg hochverdient. Die Linzer, die in einer spannenden RLM-Saison immerhin Cupsieger Pasching hinter sich ließen, sahen verglichen mit der perfekt eingestellten, agilen und technisch beschlagenen Horde aus dem Bullen-Stall aus wie eine alte, langsame, ideenlose, biedere, hilf- und ratlose Truppe von Vorgestern.

Wohlgemerkt: Nach der mit 2,43 Punkten pro Spiel besten Saison, die jemals eine Mannschaft in der Regionalliga Mitte gespielt hat.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.