Women's Champions League 2011/12 | Achtelfinal-Hinspiel
Wienerwaldstadion, 2. November 2011
SV Neulengbach - FC Malmö
1-3
Tore: 63' Gstöttner bzw. 6' und 77' Gunnarsdóttir, 17' Melis

Schnell entscheiden, dann verwalten – Malmö schlägt Neulengbach 3:1

Die enorme Klasse, die der schwedische Frauen-Meister FC Malmö besitzt, wurde beim Champions-League-Spiel beim rot-weiß-roten Meister Neulengbach 20 Minuten lang sehr deutlich – ehe die Schwedinnen nach der schnellen 2:0-Führung die Zügel deutlich schleifen ließen.

SV Neulengbach – FC Malmö 1:3

Frischgebackener schwedischer Meister, vier Spielerinnen aus dem Kader des WM-Dritten vom Sommer in der Start-Elf, dazu starke Legionärinnen – keine Frage, Malmö war gegen den österreichischen Abonnement-Champion Neulengbach der klare Favorit. Martin Sjögren, Trainer der Schwedinnen, stellte seine Mannschaft in einem 4-4-2 auf – das strotzte aber nur so vor Flexibilität und Zug nach vorne.

Das Chef-Duo in der Zentrale

Die absoluten Chefs auf dem Platz waren dabei die beiden zentralen Mittelfeldspielerinnen von Malmö, Caroline Seger und Nilla Fischer. Die beiden verstehen sich auf dem Feld blind und jede weiß immer genau, was sie selbst machen soll und was die andere macht. In der Regel geht eine aktiv nach vorne, während die andere absichert. So unterstützten sie die Flügelspielerinnen und auch die durchaus nach vorne kommenden Außenverteidigerinnen.

Auf den Außenpositionen im Mittelfeld waren Therese Sjögran und Katine Veje in der ersten Halbzeit auf ihren jeweils „falschen“ Seiten aufgestellt – also Linksfuß Veje rechts und Rechtsfuß Sjögran links. Sie hielten, gemeinsam mit Fischer und Seger, das Tempo hoch und nagelten die Gastgeberinnen sofort hinten fest, schon in der zweiten Minute testete Fischer dabei das Torgestänge. Vorne war die Holländerin Manon Melis die Speerspitze, während ihre isländische Sturmpartnerin Sara-Björk Gunnarsdóttir eher aus der Etappe kam und einen etwas größeren Aktionsradius hatte.

Gastgeber bis zum 0:2 nur hinten drin

Sara-Björk Gunnarsdóttir (Mitte) war gegen Monica (links) klare Punktsiegerin – Foto: fanreport.at

Dieser Druck blieb nicht ohne Folgen: In der 6. Minute segelte eine Flanke von Veje an den zweiten Pfosten zu Gunnarsdóttir, die per Kopf zum frühen 1:0 traf. In dieser Tonart ging es weiter, bis nach einer Viertelstunde Kapitänin Kathrin Entner einen Rückpass direkt in die beide von Manon Melis spielte, diese zog alleine Richtung Tor und blieb eiskalt. Das 2:0, die Vorentscheidung schon in der 17. Minute.

Bei Neulengbach war vor allem in der Anfangsphase sehr viel auf Absicherung eingestellt: Die Außenverteidigerinnen Bíróová und Celouch blieben hinten und im Spiel nach vorne gab es praktisch kein Nachrücken aus dem Mittelfeld, sodass vorne Gstöttner (hängende Spitze) und Burger (ganz vorne) in der Luft hingen. Entner und Liese im zentralen Mittelfeld hatten mit dem aktiven Duo in der Malmö-Zentrale und mit der sich immer wieder fallen lassenden Gunnarsdóttir alle Hände voll zu tun.

Malmö geht vom Gas

Realistisch betrachtet war das Achtelfinale schon nach 20 Minuten entschieden, weswegen die Schwedinnen erst ansetzten, mit ihrer überlegenen Technik das Team aus Neulengbach etwas lächerlich zu machen, und dann das Tempo drosselten und zwei Gänge zurück schalteten. Verwalten war angesagt.

Das nützte vor allem Giovana auf dem rechten Flügel bei Neulengbach, um vor den rund 1000 Zuschauern aufzutauen. Sie traute sich, nachdem der Druck von Sjögran weg war, deutlich mehr zu und bereitete mit ihrem Tempo Malmö-LV Nordin durchaus Probleme. So konnte man das Spiel weiter vom eigenen Tor weg halten, das Mittelfeld rückte auf, zudem spielten Gstöttner und Burger etwas tiefer.

Neulengbach hatte deutlich Schlagseite nach rechts, was dadurch noch zusätzlich gefördert wurde, dass Celouch und Tasch von der linken Seite mitunter weit quer Richtung rechter Seite zogen. So konnte ein wenig die spielerische Unterlegenheit im Zentrum mit etwas Überzahl ausgeglichen werden. Der Lohn für den nun etwas mutigeren Ansatz gegen die zahm gewordenen Schwedinnen war ein Schuss von Bíróová, der die Latte streifte.

Tempo-Doppelpässe als Achillesferse von Neulengbach

Malmö-Coach Sjögren reagierte für die zweite Halbzeit, indem er Sjögran und Veje die Seiten tauschen ließ. So spielte nun die blitzschnelle Veje gegen Giovana, die mit ihrem Tempo das Spiel von Neulengbach in die Hand genommen hatte. Ansonsten änderte sich am Beamten-Fußball von Malmö aber sehr wenig. Das sah üblicherweise so aus, dass Fischer und Seger sich nun beide zurückhielten und Gunnarsdóttir weiter nach hinten kam, sodass ein 4-4-1-1 entstand.

Die größte Schwachstelle in der Defensive der Österreicherinnen hatte Malmö aber schon in der Anfangsphase ausgemacht. Mit dem immer gleichen Spielzug regelmäßig für gravierende Löcher in der Abwehrkette von Neulengbach gesorgt: Schnelle Läufe über das Halbfeld (ohne den Vorwärtsdrang aus dem Zentrum hauptsächlich über die Mittelfeld-Außen), an der Strafraumgrenze ein flinker Doppelpass mit einer der Stürmerinnen, und immer wieder stand eine Schwedin vor der 16-jährigen Manuela Zinsberger im Neulengbach-Tor.

Malmö für Beamten-Fußball bestraft…

Au einem ebenso klaren wie unnötigen Handspiel von Innenverteidigerin Monica an der Strafraumgrenze, das in der 54. Minute einen Elfmeter für Malmö zur Folge hatte, Zinsberger parierte den alles andere als schwachen Schuss von Melis ins rechte Torwart-Eck aber sensationell. Ein wenig bezeichnend für das auf Zeit-Management ausgelegte Spiel der Schwedinnen.

Die für ihre zunehmende Schlampigkeit nach einer Stunde dann noch bestraft wurden: Emma Wilhelmsson spielte einen Ball viel zu kurz nach vorne direkt in die Beine von Gstöttner, die eine Woche nach ihrem Tor beim 3:0 im Länderspiel gegen Armenien mit ihrem Heber im Fallen aus etwa 20 Metern auf 1:2 verkürzen konnte.

…aber aus dem Spiel heraus geht nichts

Die rund 1000 Fans im Stadion sahen 70 Minuten lang eher Bürokraten-Fußball von Malmö – Foto: fanreport.at

Was aber nicht darüber hinweg täuschen kann, dass man gegen die unterkühlt ihre Spiel spielenden Schwedinnen nicht in der Lage war, selbst Torchancen zu kreieren. Giovana und Tasch mühten sich redlich, das Spiel nach vorne zu tragen, aber spätestens beim Pass ins Zentrum (oder dessen Versuch) versandeten diese Versuche.

Nur eines hatte Malmö in diesem Spiel noch nicht erreicht: Ein Tor aus ihrer ganz offensichtlich einstudierten Lieblingsaktion zu erzielen, dem schnellen Doppelpass aus einem Tempo-Lauf vom Halbfeld aus. Das wurde in der 77. Minute nachgeholt – nach der einleitenden Aktion wurde auf Gunnarsdóttir quergelegt, und diese konnte souverän zum 3:1 einschieben. Dem Endstand.

Fazit: Auf die Weltspitze fehlt ein schönes Stück

Die heimische Liga zerschießt Neulengbach zwar einigermaßen nach Belieben, aber wenn ein echtes Weltklasse-Team kommt – und ein solches ist Malmö ohne Zweifel – merkt man doch, dass dorthin ein ordentliches Stück fehlt. Selbst im Verwalten-Modus, den die Schwedinnen über weite Strecken der Partie abspulten, gelang es ohne größere Mühe, vom österreichischen Klassen-Primus nie wirklich in Gefahr gebracht zu werden.

Wie gut diese Mannschaft aus Südschweden wirklich ist, demostrierten sie in den ersten 20 Minuten auf eindrucksvolle Art und Weise. Hohes Tempo, tolle Technik, extrem gut aufeinander eingespielt und ein taktsiches Konzept, dass jede Spielerin blind wahrnimmt. Wie weit Malmö im Turnierverlauf allerdings kommen wird, steht auf einem anderen Blatt Papier – denn Fischer (Linköping), Seger (Tyresö) und Sjögran (USA) werden den Verein im Winter verlassen.

Natürlich ist es für Neulengbach frustrierend, wenn man die Grenzen so deutlich aufgezeigt bekommt. Aber die Niederösterreicherinnen können sich vorm Rückspiel in einer Woche damit trösten, dass es keine Schande ist, gegen eines der besten Teams der Welt nicht zum Zug gekommen zu sein.

Stimmen zum Spiel:

Maria Gstöttner, Neulengbach: „Man kann aus dieser Partie mitnehemen, dass man wieder viel gelernt hat. Gerade gegen solche extrem starken Mannschaften rächt es sich natürlich, dass wir in der Liga nicht so gefordert werden. So gesehen müssen wir um starke Teams, wie jetzt Spratzern, durchaus froh sein. Jetzt müssen wir uns auf die kommenden Aufgaben im Cup und in der Liga konzentrieren, das wird nach so einem Spiel nicht ganz leicht.“

Caroline Seger, Malmö: „Nach dem 2:0 haben wir uns zurückgelehnt, das stimmt. Nilla [Fischer] und ich haben uns dann darauf verlegt, das Zentrum zuzumachen, nachdem wir davor sehr ins Spiel nach vorne eingebunden waren und auch viel für die Flanken gemacht haben. Ich bin mit dem Resultat zufrieden, nächste Woche wollen wir dann noch das Rückspiel souverän hinter uns bringen – und dann geht’s ab in die Winterpause!“

(phe)

Schönen Dank an fanreport.at für die Bilder!

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.