Asiencup, Tag 9: Rückfall

Im direkten Duell boten der Iran und der Irak ein wunderbares Spiel. In ihrer jeweils zweiten Partie aber… Die Iraner würgten sich zu einem glücklichen 1:0 gegen Nordkorea und beim Irak wackelte in einem schrecklichen Spiel gegen die VAE fünfmal das Aluminium, ehe in der Nachspielzeit ein Eigentor fiel.

Iran – Nordkorea 1:0 (0:0)

Iran - Nordkorea 1:0

Bei der eher bedrückenden Leistung gegen die Verinigten Arabischen Emirate hatten es die Nordkoreaner nur angedeutet. Gegen die Iraner haben sie dann wirklich gezeigt, dass sie tatsächlich auch offensiven Fußball spielen können! Es kam ihnen allerdings auch ziemlich entgegen, dass die Iraner mit ihrer neuen Formation nicht so richtig zu Rande kamen.

Denn hatte Afshin Ghotbi seine Iraner beim 2:1 gegen den Irak noch in einem 4-4-2 aufgestellt, versuchte er es gegen Nordkorea mit einem etwas schrägen 4-1-4-1, dass etwas hinkte. Denn Mohammedreza Khalatbari, der die linke Offensivbahn einnahm, stand oftmals viel zu weit vorne, um eine Bindung zum Spiel bekommen zu können. Wenn man schon, wie bei es bei der WM einige Mannschaften mit Erfolg gemacht haben, eine schiefe Formation spielt, sollte man auch schauen, dass der vorgerückte Außenstürmer daran auch tatsächlich teilnehmen kann.

Die Koreaner attackierten früh, standen hoch und schoben in ihrem 4-4-1-1 die Mittelfeldkette oftmals zusammen, sodass Platz für die Außenverteidiger entstand. Außerdem ließ sich Hong mitunter ganz in die Mittelfeldreihe zurückfallen, wodurch dort eine koreanische Überzahl entstand und das Trio in der iranischen Zentrale nicht zur Geltung kam. Die Folge: Der Iran war auf lange Bälle in die Spitze angewiesen, um das blockierte Mittelfeld zu überbrücken. Und hierbei kam nichts heraus, was das koransiche Gehäuse nachhaltig gefährden hätte können.

Anders Nordkorea: Nachdem sich der anfängliche Staub etwas gelegt hatte – in den extrem zerfahrenen ersten zehn Minuten hatte der Referee aus Bahrain schon elf Fouls (!) gepfiffen – spielten sie sich immer wieder munter in Richtung iranischen Strafraum, vor allem der körperlich starke und dennoch schnelle Jong Tae-Se sorgte immer wieder für Unruhe. Was den Spielverlauf angeht, mussten die Iraner mussten froh sein, mit einem 0:0 in die Pause zu kommen. Andererseits durften sie sich auch über eine Situation nach einer halben Stunde ärgern, als das vermeintlichte 1:0 (das alles, aber nicht verdient gewesen wäre) von Karim Ansari-Fard aus unerfindlichen Gründen nicht gegeben wurde – denn weder war es Abseits, noch Handspiel…

Für den zweiten Abschnitt nahm Ghotbi dann Iman Mobali aus dem Spiel – gegen den Irak hatte er auf der linken Seite noch eine gute Partie gemacht, hier war er in der Mittelfeldzentrale aber nicht gut aufgehoben. Für ihn kam Mohamed Nouri in die Partie, und er beruhigte das Zentrum sehr schnell. Er zeigte wesentlich mehr Präsenz als Mobali, stand defensiv deutlich sicherer und hatte auch den Blick für den Mitspieler. Einziges Manko: Auch mit Nori wurde das Tempo bei den Iranern nicht höher. Waren die Koreaner immer noch bemüht, das Spiel schnell zu halten, wich bei iranischem Ballbesitz jeder Schwung sofort.

Aber immerhin war durch das verstärkte Mittelfeld die Gefahr deutlich geringer geworden, dass die Iraner in Rückstand geraten könnten. Nach einer Stunde kam dann ein vorentscheidender Wechsel bei den Nordkoreanern: Mun In-Guk, der Mann am linken Flügel, verließ das Spielfeld und für ihn kam mit Ryang Yong-Gi ein gelernter Sechser, der sich nicht sofort für die linke Seite verantwortlich fühlte. Prompt ging kaum eine Minute nach dem Wechsel der Iraner Nouri nach einem Einwurf von Ryang andächtig betrachtet auf dieser Seite durch, flankte zur Mitte und Ansari-Fard verwertete zum durchaus glücklichen 1:0 für den Iran.

Auch Ghotbi hatte gewechselt, und damit auch sein Sytem adaptiert: Mit Gholami Rezaei kam ein neue Offensiver für die rechte Seite statt Rechsverteidiger Nosrati, dessen Position der zuvor als RM agierende Heidari einnahm. Das hieß, dass die Iraner nun mit einem astreinen 4-3-3 auf dem Feld standen. Einziges Manko dabei: Die drei Stürmer Khalatbari, Ansari-Fard und Rezaei standen sehr weit vor dem Rest der Mannschaft, bewegten sich nicht allzu viel und kümmerten sich kaum um die Defensive.

Die ja nun gefragt war, denn die Nordkoreaner mussten ob den Rückstands natürlich vermehrt Risiko gehen. Das Match, das vor dem 1:0 nur vor sich hingeplätschert war, hatte nun merklich an Schwung gewonnen, weil zumindest die sieben restlichen Iraner das erhöhte Tempo mitgingen. Doch obwohl es zur einen oder anderen Chance für Nordkorea kam, ein echter Druck auf das Tor der Iraner konnte nicht entwickelt werden. Dennoch sah Ghotbi das Treiben wohl mit wachsender Sorge, sodass es in der 85. Minute ein Signal an Rezaei und Khalatbari gegeben haben muss – denn schlagartig standen die beiden Außenstürmer nun wieder brav in der Mittelfeldreihe.

Für Nordkorea ergab sich erst in der Nachspielzeit die größte Chance auf einen Ausgleich, der hochverdient gewesen wäre – aber weil Hong aus zehn Metern nur die Latte traf, blieb es beim 1:0 für den Iran.

Fazit: Eine überzeugende Leistung war das von den Iranern beileibe nicht. Langsam, ohne echte Zielstrebigkeit, ja, mitunter gar behäbig traten sie auf. Torchancen wurde über die gesamte Spielzeit sehr wenige herausgespielt, das Tor entstand aus einer Schlafmützigkeit auf Seiten der Nordkoreaner. Diese ließen mit diesem Spiel die drögen Erinnerungen an die destruktive WM vergessen und zeigten, dass sie duchaus auch Offensivblut in ihren Adern fließen haben. Letztlich fehlte es an der Cleverness, die offensichtlichen Schwächen bei den Iranern – die schon fix im Viertelfinale sind – auszunützen.

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Irak – Vereinigte Arabische Emirate 1:0 (0:0)

Irak - Vereinigte Arabische Emirate 1:0

Wolfgang Sidka, deutscher Teamchef der Iraker, wusste: Gegen die VAE ist seine Mannschaft, der Titelverteidiger, gefragt. Gegen die konnte er nicht erwarten, die Bürde des Spielgestaltens – wie im offenen Spiel gegen den Iran – zumindest zu gleichen Teilen zu splitten. Darum zog er auch Alaa Abdul-Zehra aus dem defensiven ins offensive Mittelfeld und ließ mit einem 4-1-4-1 spielen. Vor allem in der Anfangsphase ging Linksfuß Hawar auch immer mal wieder auf die rechte Seite, um nach innen zu ziehen; viel Gelegenheit dazu bekam er aber nicht. Denn es passierte – nichts.

Das Team aus den Emiraten fühlte sich ganz offensichtlich sehr wohl damit, den Irakern das Spiel zu überlassen und selbst nur abzuwarten und auf Konter zu lauern. Und dem Team aus dem Irak fiel absolut nichts ein, die zwar tief stehenden, aber nicht einmal besonders aggressiven Gegner aus dem Konzept zu bringen. Ohne jedes Tempo wurde der Ball nur hin- und hergeschoben, ohne dass viele Pässe in die Tiefe gewagt wurden. Und so konnten auch keine ankommen.

Das VAE-Team des Slownenen Katanec brauchte über 20 Minuten, um sich das erste Mal aus dem Kokon zu wagen, aus dem Spiel heraus klappte aber auch bei ihnen kein gewinnbringender Vorstoß. Dafür waren die Standards umso gefährlicher: Der köpfte Al-Kamali nach einem Eckball an den Pfosten (23.), dann setzte Khater einen Freistoß an die Latte. Dazwischen und danach: Wenig Tempo, einigeln, die Iraker machen lassen. Die wurden dann auch mal gefährlich, wenn auch nicht aus dem Spiel heraus. Samal Said traf nach einer Ecke ebenso nur die Latte (39.), und kurz vor der Pause drosch Qusay einen 30-Meter-Verzweiflungsschluss an den Pfosten (42.).

Das Bild änderte sich auch unmittelbar nach der Pause nicht, aber nach einer Stunde merkte das Team aus den Emiraten dann doch, dass dem Irak absolut beizukommen wäre. So zogen sie als erstes an der Temposchraube und intensivierten ihre eigenen Bemühungen nach vorne nun merklich, Ismail Al-Hammadi sorgte für den dritten Aluminium-Treffer seiner Mannschaft (63.), den fünften insgesamt. Da den Irakern nun die Bürde genommen wurde, alleine das Spiel zu schultern, tauten sie nun auch ein wenig auf. Damit wurde das Match nun durchaus flotter. Besser wurde es aber nicht.

Denn wie schon gegen die Nordkoreaner verstanden es die VAE nicht, sich vor das gegnerische Tor zu spielen – wieder stellten sie zwar das sicher nicht schlechtere Team, aber die Iraker mussten in Wahrheit noch weniger Angst vor einem Gegentor haben als die Nordkoreaner vor vier Tagen. So plätscherte das uninteressante Spiel einem vermeintlich logischen 0:0 entgegen – ehe in der 94. Minute der irakische Stürmer Yunes Mahmud eine Flanke zur Mitte schlug, die VAE-Verteidiger Walid Abbas am Fuß traf – und von dort ins Tor kullerte.

Fazit: Der 1:0-Sieg des Irak ist mehr als glücklich, denn der Titelverteidiger hat rein gar nichts dafür getan, sich die drei Punkte zu verdienen. Mit ideenlosem Standfußball quälte man sich eine Stunde lang, mit hektischem und wenig durchdachtem Panik-Fußball die restlichen 30 Minuten. Besonders bitter ist das Ende natürlich für das Team aus den Emiraten: Einmal mehr das wachere Team, aber einmal mehr krankt es einfach an den Ideen nach vorne. So hat der Irak im letzten Spiel gegen Nordkorea das Schicksal in eigener Hand: Nur bei einer Niederlage wird das Viertelfinale noch verpasst. Dann allerdings fix.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.