Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick)

Seit der WM in Südafrika im Sommer analysiert Ballverliebt Spiele regelmäßig – und zum Jahreswechsel gibt’s noch mal die zehn besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge ist willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 10 | Champions League-Quali | Salzburg – Hapoel Tel Aviv 2:3

Salzburg - Hapoel Tel Aviv 2:3

„Zusätzlich zur taktischen Schwäche fiel eine unglaubliche Schwerfälligkeit bei den Salzburger auf. Abseits des Balles wurde herumgetrabt. Weder gab es hartes Pressing, noch eine schnelle Rückwärtsbewegung des Mittelfeld.“ – Konnte nach dem 0:1 auf den Färöern noch argumentiert werden, es wäre bei den Bullen da ja um nichts mehr gegangen, war spätestens nach diesem 2:3 im Hinspiel der letzten CL-Qualirunde gegen Hapoel Tel-Aviv klar: International hatte Salzburg in diesem Herbst nicht viel zu bestellen. Denn wer nicht rennt, krieg eine auf den Deckel.

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Platz 9 | U21-EM-Qualifikation | Österreich – Weißrussland 3:3

Österreich - Weißrussland 3:3

„Nach dem Tor zum 2:3 wussten alle im Stadion: Oje, jetzt wird’s noch einmal eng! Denn dass der Schalter nun nicht mehr umgelegt werden konnte, war schon vorher ersichtlich.“ – Das wohl am besten besetzte U21-Team der ÖFB-Geschichte hatte in Pasching gegen die starken Weißrussen alles im Griff und führte komfortabel mit 3:1, doch nach eher verwirrenden Wechseln von Teamchef Andi Herzog wurde die Partie noch hergegeben und es schaute nur ein Remis heraus. Im kommenden Sommer sind die Weißrussen bei der EM dabei. Österreich nicht. Aber nicht nur das vercoachte 3:3 war ärgerlich.

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Platz 8 | Weltmeisterschaft | Frankreich – Mexiko 0:2

Frankreich - Mexiko 0:2

„Denn die französische Mannschaft implodierte nach der Pause regelrecht. Keinerlei Laufbereitschaft war mehr erkennbar, kein Einsatz für den Mitspieler, kein Aufbäumen, nichts. Aguirre hingegen hatte ein in sich funktionierendes Team geformt.“ – Frankreich bei der WM, das war allerbeste Unterhaltung. Zumindest abseits des Platzes. Denn sportlich war das Team von Raymond Domenech ein einziges Desaster, was sich vor allem beim 0:2 gegen die starken Mexikaner zeigte. Die spielten mit der Équipe Tricolore nämlich Hollywood.

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Platz 7 | Champions League | Tottenham – Inter Mailand 3:1

Tottenham - Inter 3:1

„Schon nach einer halben Stunde zeigte sich bei Inter Ratlosigkeit. Nur einmal musste sich Modric 25 Meter vor dem Tor gegen Eto’o mit einem Foul helfen, ansonsten reichte reichte das Spiel der Schwarzblauen nicht einmal bei Kontern bis in den Strafraum.“ – Ohne Frage, Tottenham ist eine der Mannschaften des Herbstes 2010. Nicht nur die gute Verpflichtung von Rafael van der Vaart, sondern vor allem der Durchbruch von Flügelflitzer Gareth Bale ist dafür verantwortlich. Der Waliser trieb gegen Inter mit Maicon einen der besten Rechtsverteidiger der Welt an den Rande des Wahnsinns. Die Spurs waren das Team mit dem Weltklasse-Momentum.

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Platz 6 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Arentinien 4:0

Deutschland - Argentinien 4:0

„Die Argentinier waren sichtlich beeindruckt von der Power der Deutschen. Es entstand ein riesenhaftes Loch im Mittelfeld, das die Deutschen konsequent ausnützten. Symbolhaft war, wie Burdisso minutenlang seinen Kollegen deutete, sie sollen soch ein wenig weiter zurück kommen, um einen Spielaufbau zu ermöglichen.“ – Für Diego Maradona war es wohl die schlimmste Niederlage seines Fußballerlebens: Argentinien hatte im WM-Viertelfinale gegen die in diesem Spiel überragenden Deutschen nie auch nur den Funken einer Chance. Das blutjunge deutsche Team hingegen deutete an, wozu es fähig sein kann. By deconstructing Diego.

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Platz 5 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Uruguay 3:2

Deutschland - Uruguay 3:2

„Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner.“ – Und nochmal die Deutschen. Aber vor allem: Uruguay! Die Südamerikaner waren die Überraschung bei der WM, das Team des zum besten WM-Spieler gewählten Diego Forlán belegte letztlich den vierten Rang. Nach einem flammenden Plädoyer für die Beibehaltung des kleinen Finales. Denn es war eine sensationelle Partie, geführt mit offenem Visier.

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Platz 4 | EM-Qualifikation | Belgien – Österreich 4:4

Belgien - Österreich 4:4

„Kavlak war laufstark, trickreich, mit dem Blick für den Mitspieler. Er riss das Spiel an sich, war in dieser Phase der klar beste Mann am Platz. Umso unverständlicher, dass er nach 56 Minuten den Platz für Jimmy Hoffer verlassen musste – die reinste Selbstkastration.“ – Wer hätte das gedacht? Das ÖFB-Team kann mit den Secondos in der Offensive tatsächlich einen gepflegten Fußball spielen, wie das beim hochdramatischen 4:4 in Brüssel deutlich wurde. Wenn man sie denn lässt. Denn der Teamchef hatte im einzigen signifikanten Länderspiel des Jahres etwas gegen den Sieg. Denn dann kamen die Wechsel.

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Platz 3 | Deutsche Bundesliga | Mainz – Dortmund 0:2

Mainz - Dortmund 0:2

„Bei Dortmund beteiligten sich wirklich alle Spiele am ganzen Platz am Pressing. So war es in der 26. Minute Außenverteidiger Schmelzer, der durch seine aggressive Bewegung Richtung Bungert dessen Fehlpass provozierte, der zum nicht unverdienten 1:0 durch Mario Götze geführt hat.“ – Die beiden Mannschaften, die den Herbst in der deutschen Bundesliga bestimmt haben, im direkte Duell. Es war ein Festival des konsequenten Pressing, das für beide Teams richtungsweisend war. Denn für Mainz war nach diesem Spiel der Höhenflug beendet, der BVB zog weiter voll durch. Die Mainzer fanden in Dortmund ihren Meister.

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Platz 2 | Weltmeisterschaft | Chile – Spanien 1:2

Chile - Spanien 1:2

„Die Chilenen waren die erste Mannschaft seit Ewigkeiten, welche die Spanier nicht nur mit spielerischen Mitteln kontrolliert, ja beinahe knebelt – und nicht mit extrem disziplinierter Defensive entnervt.“ – Das beste Team der Endrunde in Südafrika gegen das aufregendste, und noch dazu ging es für beide noch um das Weiterkommen: Bei all den spannenden Partien in der K.o.-Phase ging dieses extrem gute und hochinteressante Match in der Erinnerung etwas unter. Letztlich setzten sich die Spanier durch, weil sie kaltschnäuziger waren, dank des Ergebnisses im Parallelspiel kamen beide weiter. Nach einem echten Kracher.

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Platz 1 | Primera Division | Barcelona – Real Madrid 5:0

Barcelona - Real Madrid 5:0

„Barcelona sammelte zwei Drittel Ballbesitz. Was auch deshalb möglich war, weil Real körperlich überhaupt nicht dagegen hielt! In den ersten 30 Minuten gab es ein einziges (!) Foul. Das mit dem Räume eng machen klappte also nicht, physisch hielt Real nicht dagegen, und so verdiente sich Barcelona das 2:0 vollauf. Real war schlicht nicht anwesend.“ – Das wohl meistgehypte Spiel des Herbstes, es war eine einzigartige Machtdemonstration des FC Barcelona. Zu keinem Zeitpunkt hatte das Starensemble aus Madrid auch nur die geringste Chance, es gab schließlich die ärgste Vernichtung seit Generationen. Und für José Mourinho seine schlimmste Demütigung.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2010 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2011 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

(phe/tsc/gpi)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.