Krisengipfel

Schalke schlägt Benfica Lissabon in einer über weite Strecken nicht allzu attraktiven Partie mit 2:0, weil Felix Magath richtig auf den Spielverlauf reagierte und der Rückstand eine Viertelstunde vor Schluss den Portugiesen endgültig das Genick brach.

FC Schalke 04 - Benfica Lissabon 2:0

Beeindruckend ist bei Schalke in der laufenden Saison höchstens die Kulisse – das Spiel der Magath-Truppe ist es beileibe nicht. Wie auch im Heimspiel gegen Benfica, und da vor allem in der ersten Hälfte. Sechs Neuzugänge in der Startformation einer letztes Jahr erstaunlich erfolgreichen Mannschaft, dazu die gestiegene Erwartungshaltung, all das trägt zum miserablen Saisonstart des deutschen Vizemeisters bei.

Da lässt sich nicht mal eine einzelne Problemposition ausmachen. Abwehrchef Christoph Metzelder ist meilenweit von seiner Bestform entfernt. Rechtsverteidiger Atsuto Uchida war lange verletzt, und spielt nun haarsträubend. José Manuel Jurado fand auf der Zehner-Position überhaupt nicht ins Spiel. Und so weiter, und so weiter. Aber auch bei Benfica läuft es alles andere als rund – der Saisonstart in Portugal ging schrecklich daneben, vorne fehlt es an Durchschlagskraft. Zuletzt gab es zwar drei Siege, aber dieses Spiel war wieder ein ziemlicher Schritt nach hinten.

Schalke trat in einem 4-4-2 an, mit Außenstürmer Jefferson Farfán rechts im Mittelfeld, Joel Matip als Sechser, daneben Jurado als Spielgestalter und mit Ivan Rakitić auf der linken Seite; mit Raúl als Dauerläufer und Huntelaar als Strafraumstürmer vorne. Auffällig vor allem in der ersten halben Stunde: Jurado fand überhaupt nicht statt, somit war die Zentrale tot; Farfán fühlte sich im Mittelfeld sichtlich unwohl und bekam von Uchida keine Unterstützung – der junge Japaner war ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, und damit noch überfordert. Somit gab’s bei Schalke auch keine rechte Seite.

Nur über links, mit Rakitić und Schmitz, ging etwas. Allerdings nicht torgefährlich; alles ging über Standards. Erstaunlicherweise sah das bei Benfica nicht anders aus: In der ersten Hälfte ging fast alles über die rechte Seite mit Maxi Pereira (den Uru kennen wir noch von der WM) und Gaitán, mit Hilfe von Carlos Martins aus der Mittelfeldzentrale. Benfica trat mit einem 4-1-3-1-1 an: Javi García als Sechser, Gaitán rechts, Coentrão links im Mittelfeld, Martins eher rechtslastig, Saviola als hängende Spitze und Cardozo ganz vorne.

Benfica agierte in der ersten Hälfte deutlich zielgerichteter, schneller, eingespielter und technisch besser. Doch auch die Portugiesen kamen fast nur aus Standardsituationen (zumeist Ecken) zu Torchancen. So ging es mit einem wenig spektakulären 0:0 in die Pause. In der Benfica-Coach Jorge Jesus Gaitán draußen ließ und Salvio brachte. Ein Fehler: Somit beschnitt er seine rechte Seite völlig, Salvio hatte kaum eine gelungene Aktion. So war Fabio Coentrão gezwungen, das Benfica-Spiel auf der anderen Seite in die Hand zu nehmen. Was er hervorragend machte: Er trieb den heillos überforderten Uchida dermaßen in den Wahnsinn, dass Magath gezwungen war, den Japaner auszuwechseln.

Die beste Entscheidung des Tages vom Schalke-Trainer: Denn Routinier Hans Sarpei bekam Coentrão sofort unter Kontrolle, was seiner Mannschaft sichtlich Sicherheit verlieh; Schalke wusste nun, dass von Benfica kaum noch etwas zu befürchten war. Dass allerdings ausgerechnet Jefferson Farfán, der ein (vorsichtig ausgedrückt) sehr dezentes Spiel absolviert hatte, dann das 1:0 besorgen konnte – geschenkt. Er profitierte davon, dass Benfica-LV Peixoto eine hohe Flanke von Schmitz völlig falsch berechnet hatte. Die Führung lag nicht unbedingt in der Luft, zu groß waren die spielerischen Probleme von Schalke, sie war aber aufgrund der Wirkung der Auswechslungen beider Trainer auch keine Überraschung.

Denn bei Benfica war mittlerweile Pablo Aimar für den schwachen Saviola gekommen, um den nach der Pause völlig abgetauchten Carlos Martins in der Zentrale zu unterstützen – was überhaupt nicht gelang, Aimar blieb wirkungslos. Und weil auch der für den verletzten Cardozo eingetauschte Alen Kardec in der Sturmspitze gefühlt keine einzigen Ballkontakt hatte, konnte Benfica auch nicht mehr ausgleichen. Im Gegenteil: Wenige Minuten vor Schluss ließen die Portugiesen Raúl viel zu viel Platz, der (nun statt Rakitić spielende) Jones flankt in die Mitte, und Huntelaar macht, was er am besten kann: Vorlagen verwerten. Hier zum 2:0-Endstand.

Fazit: Vor allem vor der Pause war beiden Mannschaften die Verunsicherung nach den jeweiligen schwachen Saisonstarts deutlich anzumerken. Vieles blieb Stückwerk, wenig Zielstrebiges, Torchancen nur aus Standardsituationen. Im Endeffekt gewinnt Schalke verdient, weil Magath wesentlich besser auf die gezeigten Schwächen seiner Mannschaft reagiert hat und Benfica immer schwächer wurde.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.