Day 13 / C – Voller Einsatz wird belohnt

Südafrika 2010 – Tag 12 – Gruppe C | Mit unbändigem Willen erkämpfen sich die US-Boys in der Nachspielzeit doch noch den Einzug ins Semifinale. Damit fliegen die Slowenen raus – diese hatten gegen England zwar kaum eine Chance, aber die Three Lions machten sich selbst mal wieder das Leben schwer.

England – Slowenien 1:0 (1:0)

Slowenien - England 0:1

Drittes Spiel, dritter Versuch – das galt bei England für die Position neben Terry in der IV (King verletzt, Carragher gesperrt), in der nun No-Name Upson spielte (und wenig geprüft wurde), und für jene im RV (Wright-Phillips schwach, Lennon schwach), wo der zu Turnierbeginn wegen Krankheit geschwächte Milner zurück kehrte. Und das war eine gute Maßnahme von Fabio Capello: Denn Milner machte auf seiner Seite, unterstützt von Glen Johnson den meisten Betrieb.

Die Slowenen versuchten, hoch zu verteidigen und die die Räume durch die Mittelfeldreihe schon eng zu machen, weswegen im englischen Spiel durch die Mitte nicht allzuviel ging. Umso mehr waren die Flanken gefordert, die zu Beginn jedoch von den Slowenen ganz gut zugemacht wurden. Zudem konnte Rooney, der im 4-4-2 neben dem eher statischen Defoe die Arbeitsbiene machte, unter Kontrolle gehalten werden. Bis zum 1:0 für Defoe: Milner flankte, die slowenische Innenverteidigung war nicht geordnet, sodass das Tor nicht verhindert werden konnte.

Das gab den Engländern sichtlich Auftrieb. Hinten waren sie in der ganzen Hälfte nur einmal gefortert (bei einem Eckball), aber nach vorne war nun die Schwäche der Slowenen vor dem Tor erkannt, und natürlich wurde diese weiter auszunützen versucht. So hätten Defoe und Gerrard innerhalb von kürzester Zeit schon auf 3:0 stellen können und das Spiel entscheiden können. Das Spiel der Engländer war durch die Stärke von Milner und die gleichzeitig eher maue Performance von Gerrard ziemlich rechtslastig.

Was die Slowenen, personell unverändert in einem 4-4-1-1 mit Novakovič als hängendem Stürmer angetreten, nicht wirklich ausnützen konnten. Zwar war RV Brečko der Slowene mit den deutlich meisten Ballkontakten, seine Hauptanspielstationen Novakovič und Birsa konnten aber nicht allzu viel damit anfangen. Immerhin, die Slowenen sind keine Griechen und so versuchten sie zu Beginn der ersten Hälfte zumindest, sich nicht auf ein passendes Ergebnis in der Parallelpartie zu verlassen und etwas mehr nach vorne zu machen – speziell über Birsa – aber mehr als ein paar Freistöße schauten nicht heraus.

Anders die Engländer, die ihre mit Abstand beste Turnierleistung bis dato ablieferten. Nun versuchte auch Gerrard auf der linken Seite, sich besser in Szene zu setzen, aber die wirklich gefährlichen Aktionen und Flanken kamen zunächst hauptsächlich weiterhin von Milners rechten Seite – erst im Laufe der zweifen Hälfte drehte sich dieses Kräfteverhaltnis. Die Slowenen waren nun vor allem mit dem gesteigerten Tempo, das die Three Lions nun, wo sie führten und das Spiel sicher im Griff hatten, gingen, überfordert. Bis zur 60. Minute hätte es schon mindestens 4:0 stehen müssen, abervor allem dem enorm fleißigen Rooney wollte im Abschluss nichts gelingen.

Die Dominanz, welche das englische Team nun ausübte, schien die Slowenen nun endgültig einzuschüchtern, das Umschalten auf Angriff klappte nun nicht mehr. Daran änderte auch die Hereinnahme der Sturmspitze Dedič für Sturmspitze Ljubijankič genau nichts. Dennoch müssen sich die Engländer den Vorwurf gefallen lassen, nicht für die überfällige Entscheidung gesorgt zu haben – hätten die Slowenen ihre Dreifach-Chance (68.) genützt, die ganze schöne Dominanz wäre für die Katz‘ gewesen. Der Effekt dieser Szene: Die Engländer zogen sich nun mit etwas mehr Leuten zurück, um nicht wieder solche Lücken preiszugeben. Zudem kam in einem eher seltsamen Wechsel Joe Cole für Rooney.

Womit die vorher durchaus ansehnlichen Offensivbemühungen der Engländer ein Ende hatten. Joe Cole nahm zwar nominell die Postion von Rooney ein, aber ihm fehlt es schlicht an der Präsenz von Rooney. So kamen die Slowenen wieder etwas besser in die Partie und hielten den Gegner besser vom eigenen Tor weg, ohne allerdings selbst wirklich zu Chancen zu kommen, und wenn, waren’s wieder hauptsächlich Standards von Birsa. Dennoch unnötig, überhaupt noch ins Zittern zu kommen. Zu überlegen waren die Engländer, dass die Slowenen überhaupt noch im Spiel hätten sein dürfen. Die seltsamen Wechsel von Capello haben den Flow im Team komplett zerstört – und im Endeffekt den Engländern den Gruppensieg gekostet. Ein weiteres Tor hätte dafür gereicht…

Fazit: Die Engländer, vor allem dank Milner, zeigen endlich eine ansprechende Leistung – zumindest bis zum seltsamen Austausch von Rooney, der das englische Spiel komplett zerstörte. Slowenien kämpften recht brav, aber die Qualität war schlussendlich auf Seiten der Engländer. Dass das Achtelfinale erst mit dem Abpfiff verloren war, ist für unseren Nachbarn aber natürlich bitter.

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USA – Algerien 1:0 (0:0)

USA - Algerien 1:0

Sie hatten selbst noch kein Tor erzielt – aber da die Algerier (den schrecklichen Torwart-Fehler aus der ersten Partie einmal ausgenommen) auch noch keines bekommen haben, wussten die Amerikaner schon, was zu tun war. Alleine: Sie wurden von den erstaunlich forschen Wüstenfüchsen zu Beginn diverse Male am falschen Fuß erwischt. Vor allem bei langen Bällen aus dem Halbfeld auf Djebbour in der Spitze machte gerade IV DeMerit keine allzu glückliche Figur. Auch die Formation der Algerier war mit dem 3-4-1-2 eine Spur offensiver als in den letzten Spielen – kein Wunder, auch die Nordafrikaner benötigten ja einen Sieg, um noch ans Achtelfinale denken zu können.

Vor allem über die Flanken hatten die Algerier, wie gewohnt mit Belhadj links und Kadir rechts, ihre Hausaufgaben gemacht und gewusst, dass die US-Außen im Mittelfeld Donovan und Dempsey mit der Abwehrarbeit nicht allzu genau nehmen. Hinzu kam Ziani als hängende Spitze, der gemeinsam mit Lacen und Yebda eine Überzahl im zentralen Mittelfeld schaffen konnte. So sahen sich die Amerikaner mit diversen Weitschüssen konfrontiert, denn vor dem Tor gibt es, das ist eine Erkenntnis dieses Turniers, keinen Algerier mit WM-Format.

Die Amerikaner versuchten vor allem, durch die Mitte vor das algerische Tor zu kommen. Dazu zogen Donovan und Dempsey recht früh nach innen, wo sie immer wieder Löcher in den Schnittstellen der Dreierkette fanden, und so ebenfalls zur einen oder anderen guten Einschussmöglichkeit kamen. Allen voran natürlich jene Chance, in der erst Gomez vergab und dann Dempsey wegen Abseits zurückgepfiffen wurde.

Im Wissen um die Siegpflicht stellte US-Teamchef Bob Bradley in der Halbzeit um, brachte mit Feilhaber (für Edu) einen Mann für’s linke Mittelfeld, dafür rückte Dempsey in die Spitze; genauso wie de facto Donovan auf der anderen Seite – was für ein 4-3-3 sorgte, aber in der Praxis nicht wirklich etwas brachte. Denn dadurch, dass sich nun Bradley und er schwache Edu praktisch alleine einem algerischen Fünfer-Mittelfeld gegenüber sahen, kam wenig in die Spitze. Darum reagierte der US-Teamchef erneut, brachte mit Buddle (für Edu) einen bulligen Zentrumsstürmer, dafür ging Dempsey wieder auf die linke Seite zurück. Was nominell ein 4-4-2 war, stellte sich in der Praxis aber eher als 4-2-4 oder war 2-4-4 dar, mit konsequenterem Spiel über die Außen.

Prompt kamen die Amerikaner vermehrt zu Chancen, die Algerier kamen nur noch über Konter – und diese waren, wir kennen die Nordafrikaner ja schon, nicht allzu gefährlich. Zudem ging Nadir Belhadj nach zweieinhalb Spielen Dauerlauf auf der linken Seite merklich die Luft aus. Darum kam bei Algerien mit Ghedioura ein etwas defensiverer Spieler für Spielmacher Ziani, dessen Position zumindest ansatzweise von Yebda eingenommen wurde; Saâdane wollte die verloren gegangene Kontrolle im defensiven Mittelfeld wieder zurück erlangen – was nacht gelang, die US-Boys drückten nun vehement auf den Treffer.

Dann kam noch Beasley für LV Bornstein, womit aus dem US-Spiel ein 3-4-3 wurde – Beasley links im Mittelfeld, Dempsey mit Buddle und Altidore wieder in der Spitze. Die Algerier, die wohl wussten, dass ihre Chancen auf das Achtelfinale auch durch das Parallelspiel dahin war, hatten der Schlussoffensive der Amerikaner nicht mehr entgegen zu setzen. Alleine, diese gingen vor allem mit ihren Standardsituationen (von denen sie sich gegen die platten Algerier nun einige holten) ziemlich schludrig um. Es brauchte einen Kraftakt in der Nachspielzeit und ein Missverständnis zwischen dem algerischen Torhüter Mbolhi und Abwehrspieler Bougherra, um den Ball zum späten 1:0 über die Linie zu hämmern.

Fazit: Die Amerikaner verdienen sich den späten Sieg schon alleine aufgrund des unermüdlichen Einsatzen und des unbedingten Willens. Die Nordafrikaner haben zumindest eine Stunde absolut mitgehalten, letztlich fehlte aber die Luft und auch die Qualität.

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Das war die Gruppe C: Wirklich überzeugen konnte von diesem Quartett eigentlich keiner. Favorit England krampfte sich zu zwei Remis, zeigten erst im entscheidenden dritten Spiel zumindest Teile der fraglos vorhandenen Qualität. Dennoch ist das Team von Capello (und wohl auch der Italiener selber) ob der vielen vergebenen Chancen gegen Slowenien vollkommen selbst Schuld daran, dass man den Gruppensieg um ein Tor verpasste und es nun im schwierigeren Ast der K.o.-Runde weitergeht.

Das Team aus den USA erkämpfte sich den Platz im Achtelfinale und ist mit ihrer Never-Give-Up-Einstellung nicht nur mit dem Last-Minute-Einzug in die Runde der letzten 16, sondern sogar noch mit dem Gruppensieg belohnt worden. Auch mit dem Fehlpfiff aus dem Slowenien-Spiel sollten die US-Boys damit versöhnt sein. Das bitterste Ende gab es fraglos für Slowenien, denn just in dem Moment, als das Spiel gegen England abgepfiffen wurde, fiel im Parallelspiel das entscheidende Tor zu Ungusten der Slowenen. Sie haben sich als unangenehmer Gegner erwiesen, dem es allerdings letztlich doch an der Qualität fehlte. Der Punkt gegen die Amerikaner war trotz der 2:0-Führung schon geschenkt, und der Sieg gegen Algerien war pures Glück.

Ja, Algerien. Die Nordafrikaner waren defensiv fraglos eines der besten Teams in diesem Turnier – nur zwei Gegentore, davon beide unglücklich. Aber in der Offensive fehlt einfach ein auch nur halbwegs gefährlicher Stürmer. Dennoch haben sich die Wüstenfüchse im Rahmen ihrer Möglichkeiten ordentlich präsentiert und müssen nicht allzu enttäuscht sein.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.