Bären, Falken und Pharaonen – Gemeinsam im Urlaub

WM-SERIE: “LEIDER NEIN”, Teil 2 | Russland, der EM-Semifinalist? Nicht dabei. Schweden, Dauergast seit vielen Jahren? Auch nicht dabei. Ägypten, zuletzt dreimal in Serie Afrikacup-Sieger? Auch nicht! Nicht alle Favoriten haben’s nach Südafrika geschafft…

Es war eine vermeintlich leichte Aufgabe. Slowenien. In einer leichten Gruppe an die zweite Stelle gespült worden. Für einen amtierenden EM-Semifinalisten doch kein Problem! Und genauso traten die Russen im Playoff-Hinspiel in Moskau auch auf: Drückend überlegen, dem Gegner in allen Belangen überlegen. Nur das mit dem Torabschluss, das wollte nicht so richtig klappen – so stand es kurz vor Schluss nur 2:0 für den schon zu dem Zeitpunkt als WM-Mitfavoriten gehandelten russischen Bären. Es hätte mindestens 5:0 stehen müssen! Doch so kam wie aus dem nichts Nejc Pečnik und erzielte das Auswärtstor für die Slowenen. So gewannen die Russen ein hochüberlegen geführtes Match nur mit 2:1. Immer noch kein Problem, beim Rückspiel in Maribor ist auch ein knapper Vorsprung eigentlich nur da, um über die Zeit gebracht zu werden. Aber dann…

Aber dann spielten die Slowenen, die plötzliche WM-Chance vor Augen, groß auf und gingen vor der Halbzeit durch Bochum-Legionär Zlatko Dedič in Führung. Und die Russen warfen die Nerven weg! Alexander Kershakov flog nach 65 Minuten vom Platz, der Ausgleich wollte nicht gelingen. Und spätenstens, als in der Nachspielzeit auch noch Juri Shirkov vorzeitig vom Platz musste, war klar: Russland ist raus! Ein hoch gehandelter Mitfavorit, mit Trainerfuchs Guus Hiddink, mit so vielen Klassespielern in den eigenen Reihen – gescheitert an der eigenen Überheblichkeit. Das Desater kostete Hiddink den Job, vielen Spielern ihr gutes Image in Russland. Und einem wie Andrej Arshavin verhagelte es die komplette Saison bei Arsenal, er wirkte daskomplette restliche Jahr deutlich gehemmt.

Die Russen bauen nun schon vor, in Richtung Euro2012. Dick Advocaat ist neuer Teamchef, eine logische Wahl, schließlich holte der Holländer schon mit Zenit St. Petersburg 2008 zum ersten Mal einen Europacup nach Russland. Er vollzog einen fliegenden Wechsel von Belgien nach Russland, um es besser zu machen als sein Landsmann.

Nicht nur die Russen sind es allerdings, die die Qualifikation als zumindest sicherer Tipp für die Endrude verpasst haben. Auch die Schweden haben es nicht geschafft. Erstmals seit der WM 1998 sind die Skandinavier damit nicht dabei, Teamchef Lars Lagerbäck nahm seinen Hut selbst, Zlatan Ibrahimovic zumindest bis zum nächsten Turnier ebenso. Bei den Schweden muss allerdings angemerkt werden, dass sich ihr Scheitern schon bei ihrer äußerst matten EM in Österreich angedeutet hat. Das überalterte Team wirkte langsam und hölzern, wurde so vor allem von den Russen regelrecht vorgeführt. In der Gruppe zogen die Schweden gegen Dänemark und Portugal den Kürzeren, immerhin konnten die Ungarn noch eingeholt werden.

Auf ein Neues nach der WM heißt es auch bei den Tschechen, bei dene nach dem unnötigen Vorrudenaus in der Schweiz das pure Chaos folgte. Neuer Teamchef, neue Verbandsspitze, und eine Horror-Qualifikation. Als Verbandsboss Hašek für die letzten Spiele selbst den Teamchef-Posten übernahm, war es schon zu spät und die Tschechen in einer wirklich leichten Gruppe an der Slowakei und Slowenien gescheitert. Michal Bilek ist der neue sportliche Verantwortliche. Für die nächste Europameisterschaft soll der Generationswechsel, wie bei den Schweden, vollzogen sein.

Und um den Haken zu den Russen zu schlagen: Auch der zweite unterlegene Semifinalist der letzten Europameisterschaft hat den Sprung nach Südafrika verpasst. Die Türken! Sie standen gegen die überragenden Spanier und die dank ihrer Weltklasse-Offensive tatsächlich bärenstarken Bosnien von Anfang an auf verlorenem Posten. Der Nachfolger von Fatih Terim auf der Kommandobrücke? Ausgerechnet der mit den Russen gescheiterte Guus Hiddink… Die Türken eliminierten im Viertelfinale von Wien die Kroaten, welche ebenso fehlen. Zweimal gegen England verloren, zweimal gegen die Ukraine nicht gewonnen – das war zu viel. Und von den beiden Gastgebern der nächsten Europameisterschaft schaffte es kein einziger zur WM-Endrunde. Die Ukrainer blieben im Playoff gegen die Griechen hängen. Und die Polen waren in der leichten Tschechien-Gruppe sogar noch schlechter als der Nachbar…

Verlassen wir aber nun Europa – denn auch anderswo blieben namhafte Mannschaften auf der Strecke. Wie etwa in Afrika! Die „Pharaonen“ aus Ägypten sind zweifelsfrei die beste Mannschaft ihres Kontinents, gewannen die Afrikacups von 2006, 2008 und 2010. Und scheiterten dennoch auch dieses Mal! Ausgerechnet gegen Erzfeind Algerien, im Entscheidugsspiel – weil am Ende der Gruppenphase die beiden Teams exakt punkt- und torgleich waren. Zuzuschreiben haben sich die Ägypter das Aus vor allem selbst, denn hätten sie im Heimspiel gegen Sambia nicht Punkte gelassen, alles wäre im Lot gewesen. Auch Tunesien scheiterte vornehmlich an sich selbst: Der WM-Teilnehmer von 98, 02 und 06 hatte Nigeria im Griff und hätte in Mosambik wohl nur ein Remis gebraucht. Die Tunesier verloren aber mit 0:1, so schnappten ihnen die Nigerianer im letzten Moment doch noch das WM-Ticket weg!

Meilenweit von einer Teilnahme entfernt waren indes die Marokkaner – sieglos, mit nur drei Toren in den sechs Finalrundenspielen müssen sie daheimbleiben. Wie auch der Senegal, der Viertelfinalist von 2002! Die neue Generation der Senegalesen überstand nicht einmal die Vorrunde, wie auch Angola. Der Gastgeber des Afrikacups hielt sich zwar dort mit dem erneuten Viertelfinal-Einzug schadlos, aber die WM geht ohne die „Schwarzen Antilopen“ in Szene.

Ordentlich gerupft wurde in der Qualifikation vor allem der arabische Raum. Neben den Ägyptern verpassen schließlich auch Stammgäste wie der Iran (trotz nur einer Niederlage, aber mit zu vielen Remis) und die „Falken“ aus Saudi-Arabien (im Playoff gegen Bahrain) das WM-Ticket. Und Bahrain zog ja dann auch noch gegen Neuseeland den Kürzeren! Auch der amtierende Asien-Meister Irak fehlt. Und die Chinesen standen völlig auf verlorenem Posten.

Vor alle diese Teams gilt nun die Hoffnung auf die Endrunde in Brasilien 2014. Dort wollen sie alle wieder dabei sein. Aber sicher nicht alle werden es auch schaffen!

Ballverliebt-WM-Serie | Leider Nein!
Teil 1 – Zwerge / Teil 2 – Favoriten / Teil 3 – Stars

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.