Aus 12 mach 10 – Zum Saisonstart der Ersten Liga

Wie viel ist über diese Liga in den letzten Wochen und Monaten diskutiert worden! Zwar war das Rennen um die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg in der abgelaufenen Saison zwischen Magna Wiener Neustadt und der Admira lange spannend und durchaus Aufmerksamkeit wert, zwar stellte die ADEG-Liga drei der vier Halbfinalisten im ÖFB-Cup, aber im Fokus der Öffentlichkeit stand vor allem die Frage, was wann wie mit dieser Liga geschieht. Aufstockung? Reduzierung? Abschaffung? Zu wessen Gunsten und zu wessen Ungunsten? Muss man die Regionalligen streichen, wenn man die zweite Spielklasse auf 16 Teams vergrößert? Darf diese Diskussion überhaupt von einem Verein (Gratkorn war es in diesem Fall) angestoßen werden? Und wozu sollte man die Regionalliga-Vereine überhaupt fragen, ob die Liga oder nur der Direktaufstieg gestrichen wird? Denn darauf lief es am Ende hinaus. Dass diese Entscheidung von den Bundesliga-Vereinen (und damit von jemandem, den das überhaupt nicht betriffe) getroffen wurde, passt nur ins dilettantische österreichische Gesamtbild.

Nun geht es aber, nachdem die Strukturfrage zumindest für ein Jahr geklärt wurde, endlich wieder auf dem Rasen zur Sache. Ein letztes Mal mit 12 Vereinen. Mit drei Titelkandidaten, zwei klaren Abstiegskämpfern und zwei Mannschaften, die jetzt schon wissen, dass sie absteigen müssen. Aber eines nach dem anderen.

Sie wollen rauf
Bundesliga-Absteiger haben es schwer. Das letzte Mal, dass der direkte Wiederaufstieg gelang, war 1996 (der alte FC Linz, Gott hab ihn selig, war das damals). Seither: Immer mindestens ein Jahr dazwischen. So gesehen ist Altach auch nicht der heißeste Favorit, wenn es um die Aufstiegsfrage geht. Und in der Tat haben einige gute Leute (Jun, Vorisek, Schoppitsch, Radonjic, Kling) den Verein verlassen. Aber: Sonst ging nur Ballast. Mit Andi Bammer (25), Jürgen Pichorner (31), einer ganzen Stange aus dem Sturm-Graz-Nachwuchs und dem Spanier Tomi (24) wurden recht gezielt neue Kräfte geholt. Dem neuen Trainer Adi Hütter (39, von den Jungbullen gekommen) steht auch davon abgesehen ein Bundesliga-Mittelfeld (Koch, Pamminger, Guem und Vishaj) zur Verfügung und auch die Abwehr (Pichorner, Pircher, M. Sereinig, Pfister, Suppan) steht auf gutem Zweitliga-Niveau. Vorne wird die Sache etwas dünn – denn bis auf Andi Bammer, der sich schon in Schwanenstadt als tauglicher Stürmer beweisen konnte, känn Hütter (noch?) nur noch der unbekannte Tomi und der jugen Ademi als Stürmer zurückgreifen.  Im Tor wird Martin Kobras (23) stehen, der bei Sturm aber weit davon entfernt war, Stammtorwart zu werden. Altach muss man auf der Rechnung haben, aber Topfavorit ist der Absteiger sicher nicht.

Ebenfalls große Ambitionen hegt Cupfinalist Admira. Nachdem in der letzten Saison gegen Ende die Luft deutlich entwich und sogar noch der zweite Platz hergegeben wurde, heißt das Ziel in diesem Jahr ganz eindeutig „Aufstieg“. Von der Mannschaft, die letztes Jahr nach der Übernahme von Trainer Walter Schachner (52) die Tabelle nach oben stürmte, sind noch fast alle da, dazu sicherten sich die Südstädter die Dienste von Altmeister Vladimir Janocko (32) und Griechenland-Heimkehrer Gernot Plassnegger (31). Mögliches Manko: Das Alter! Acht potentielle Stammspieler haben den 30. Geburtstag schon hinter sich. Da drohen mit Fortdauer der Saison Abnutzungserscheinungen.

Der dritte heiße Kandidat, wenn es um das Titelrennen geht, ist natürlich Vizemeister Innsbruck. Nach einem guten Jahr der Konsolidierung scheint die Mannschaft jetzt schon – ein Jahr vor dem Plan – reif, wieder in die Bundesliga zu kommen. Letztes Jahr gab es einen starken Beginn und ein starkes Finish, Trainer Walter Kogler (41) hat sein Team recht schnell gefunden. Zudem kam im Sommer niemand abhanden, den die Tiroler unbedingt halten hätten wollen. Der Tscheche Svejnoha (31) soll die Abwehr stabiliseren, Georg Harding von Rapid (27) das defensive Mittelfeld. Im Angriff gilt es den verletzungsbedingten Ausfall von Mossoró zu kompensieren, aber Perstaller und Unterrainer haben schon letztes Jahr zeigen können, dass sie für einige Tore gut sind.

Sie wollen nicht wieder runter
Es war DER Aufreger im letzten Saisonfinish: Der Aufstieg von Hartberg nach dem recht seltsamen letzten Spieltag in der Regionalliga Mitte, als die Oststeirer einen Kantersieg feiern mussten, und dies beim 6:0 über SAK Klagenfurt tatsächlich schafften. Sehr zum Leidwesen des GAK, der dadurch auf der Strecke blieb. Ob diese Partie nun astrein ablief oder nicht – Hartberg ist wieder oben und das mit einer blutjungen Mannschaft. Das Durchschnittsalter von letztes Jahr 21,8 Jahren wird zwar von den Neuzugängen Hierzer (27, Angriff), Somorjai (29) und Rückkehrer Michael Gruber (26, jeweils Mittelfeld) etwas nach oben getrieben, aber dennoch kann das Ziel für das Team von Coach Bruno Friesenbichler (41) nur sein, den Abstieg zu vermeiden.

Hauptkonkurrent dabei dürfte der Meister der Regionalliga West, Dornbirn werden. Auch bei den Vorarlbergern verfügen die Allerwenigsten über Erfahrung im Profi-Fußball. Tatsächlich kann Trainer Armand Benneker (40) fast nur auf unbeschriebene Blätter zurückgreifen. Andreas Morscher (29, A. Lustenau) und Albin Kajtezovic (23, Walsall, davor Parndorf) streiten sich um den Platz im Tor, Oliver Mattle (30, Altach) wurde für den Angriff geholt, aber ansonsten waren nur drei weitere Spieler überhaupt jemals in einem Profi-Kader. Zudem gilt der Grundsatz, „wer im Westen nicht souverän aufsteigt, hat keine Chance“ – und Dornbirn wurde erst im Endspurt Meister. Zudem hat die leidige Diskussion um die Lizenz sicher nicht geholfen. Außerdem: Weil die Birkenwiese noch nicht ligatauglich ist, muss Dornbirn vorerst ins Altacher Schnabelholz ausweichen…

Nur der Letzte steigt direkt ab, der Vorletzte spielt noch Relegation – daher bleibt mindestens einer der drei Aufstegier sicher in der Liga. Da hat sehr wahrscheinlich die Vienna die größten Chancen. Denn der älteste Fußballklub Österreichs, nach acht Jahren Regionalliga endlich wieder oben dabei, setzt auf das gleiche Erfolgsrezept, dass vor einem Jahr St. Pölten in die obere Tabellenhälfte katapultiert hat: Auf eine eingespielte Mannschaft setzen, Leistungsträger halten, nur gezielt verstärken. So wird Trainer Peter Stöger (43) mit der gleichen Mannschaft ins Rennen gehen, die sich den Titel in der Regionalliga Ost holen konnte – bis dato steht lediglich Rapid-Junior Mehmet Sütcü (19) als Neuzugang fest. Keine Frage, die eingespielte Mannschaft und das altehrwürdige Stadion auf der Hohen Warte werden die Liga bereichern – und eine starke Saison, wie sie St. Pölten letztes Jahr vorzeigte, ist keine Utopie.

Sie müssen wieder runter
Die Liga wird wieder auf zehn Teams verkleinert – Hauptopfer sind dabei die beiden Bundesliga-Reserven. Bei den Jungbullen wird es zu einem Trainerdebut kommen: Nachdem er in der Bundesliga-Mannschaft aussortiert wurde und daraufhin seine Karriere beendet hatte, wird Niko Kovac (39) nun Coach bei den Salzburg Juniors. Die Mannschaft, die in der Tat zu zwei Dritteln aus Talenten der eigenen Akademie besteht, kann ob des jetzt schon feststehenden Abstiegs ohne jeden sportlichen Druck agieren. Die vielen Talente werden aber dennoch alles geben, schließlich gilt es, sich für die Bundesligamannschaft oder – viel eher – für andere Teams interessant zu machen. Nach dem Karrierende von Oldboy Richard Kitzbichler wird wohl Abwehrchef Nenad Jovanovic die Rolle des Erfahrenen einnehmen. Bei den Austria Amatueren in Wien nach dem Abgang von György Krosos und Alex Schriebl diese Frage geklärt – Hans Dihanich (50) kann die „Alters-Planstellen“ mit Verteidiger Bernhard Muhr (32) und Stürmer Rade Djokic (26) besetzen. Sie sollen die Horde von 16- bis 19-Jährigen führen. Auch wenn sie am Ende der Saison runter müssen, sportlich sind beide Teams sicher stark genug, wieder Mittelfeldplätze zu belegen. Und wahrscheinlich werden dann einige von den Spielern bei anderen Vereinen in guter Position auftauchen.

…und der Rest
Dann gibt es noch vier weitere Teams – doch die dürften weder oben noch unten ein wirklich entscheidendes Wort mitzureden haben. Austria Lustenau und St. Pölten nicht über die Saison gesehen wohl nicht stark genug, um in den Titelkampf einzugreifen; Gratkorn und FC Lustenau werden von der deutlichen Entschärfung des Abstiegskampfes profitieren. Austria Lustenau steckte letzte Saison lange im tiefsten Abstiegskampf, bis Edi Stöhr (52) wieder das Trainer-Amt übernahm. Der Deutsche, mit dem der Verein vor mittlerweile zwölf Jahren gar in die Bundesliga aufgestiegen war, führte die Vorarlberger sogar noch auf den lange Zeit utopisch scheinenden vierten Tabellenplatz – so sieht die Saison wesentlich besser aus, als die tatsächlich war. Um aber wirklich oben mitspielen zu können, müsste die Lustenauer Austria, die im Sommer gar die Trikotwerbung verloste, über die ganze Saison so spielen wie beim Kraftakt im letzten Saisondrittel. Der Kader ist gut genug für die obere Tabellenhälfte, aber für den Titel wird es nicht reichen.

Auch Lokalrivale FC Lustenau kam noch einmal mit einem blauen Auge davon. Erfolgstrainer Nenad Bjelica (37) bestätigte im Ländle die starke Arbeit, die er beim im Winter endgültig eingegangen No-Budget-Klub FC Kärnten machte und rettete den FCL vor dem schon sal sicher geltenden Abstieg. Und das, obwohl vor allem in der Offensive der Schuh mächtig drückte. Chancentod Sabiá ging, und neben Harald Unverdorben (der einzige Offensivgeist mit anständiger Formkurve) sollen nun der „Büffel aus Kottingbrunn“ Mario Mijatovic (28, vom LASK) und Rapid-Talent Thomas Fröschl (20, ließ schon bei Leoben sein Talent aufblitzen) für die nötigen Tore sorgen. Generell schaffte es Bjelica in Rekordzeit, den verunsicherten Haufen zu stabiliseren, weswegen dieses Jahr deutlich weniger Sorgen zu erwarten sind.

Was von St. Pölten zu erwarten ist, vermag vor dem Saisonstart jedoch niemand so richtig zu sagen. Letztes Jahr als Aufsteiger lange voll dabei in der Spitzengruppe, folgte ein äußerst durchwachsener Frühling. Doch die als sehr vernünftig bekannte sportliche Führung der Niederösterreicher um Trainer Martin Scherb (40) kaufte gezielt ein: Lukas Mössner (25, Austria), sowie Martin Dorner (23, A. Lustenau) und Jiri Lenko (24, früher Rapid) für die in der Offensive abgewanderten Sadovic und Frank; in der Defensive soll Thomas Friess (24) aus der Sturm-Kaderschmiede das durch den Rücktritt von Thomas Nentwich entstandene Loch stopfen. Dazu sollen wieder jede Menge Spieler aus der eigenen Akademie an die ersten Mansnchafte herangeführt werden – schon jetzt besteht der halbe Kader aus Eigenbauspielern. Wenn in zwei, drei Jahren das neue Stadion fertig ist, soll die Jugendarbeit Früchte tragen – einstweilen zählt es, sich in der Liga weiter zu etablieren. Und da sieht es gut aus.

Bleibt schließlich Gratkorn. Vor den Toren von Graz musste die graue Maus lange zittern, ehe das Minimalziel Klassenerhalt doch noch erreicht werden konnte. Die mit Abstand älteste Mannschaft der Liga (daran wird sich wohl auch dieses Jahr nichts ändern) könnte unter Umständen der größte Profiteur der Liga-Reduzierung werden. Ironie des Schicksals: Aus dem Lager der Gratkorner kam die Initiative, genau diese Reduzierung zu verhindern. Trainer Michael Fuchs (37), der in sein mittlerweile achtes Jahr als Gratkorn-Trainer geht und im vergangenen Frühling erstmals wirklich angezählt wurde, verlor in Strafner und Ehrenreich zwei Stammspieler. Mit dem Ex-Kapfenberger Bernsteiner (28, er fand sich in der Bundesliga nicht zurecht), Leoben-Talent Gründler (22), Wandervogel Mario Steiner (26, zuletzt Vöcklabruck) und Abwehrspieler Thorsten Schick (19, war Kapitän der starken Sturm-Graz-Amateure) soll eine Zittersaison wie die letzte vermieden werden.

Nach 33 Spieltagen wissen wir, wer in die Bundesliga aufsteigt, wer den Jungbullen und den Jung-Veilchen in die Regionalliga folgen muss, und ob es nicht vielleicht doch wieder einen Verein zerreißt (Bundesligist Kärnten fällt einem da spontan ein), der sogar den Tabellenletzten noch retten könnte. Wir werden sehen.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.