Kurzsicht.

Vor dem demnächst beginnenden letzten Saisondrittel (das seltsamerweise schon am dritten Frühjahrsspieltag beginnt), ist klar: Der sportliche Absteiger wird sich im Trio Mattersburg/Kapfenberg/Altach finden. Das hat sich schon geraume Zeit angedeutet und ist an sich keine bahnbrechend neue Erkenntnis. Es gibt jedoch gewisse Faktoren, die symptomatisch sind.

Da wären vorrangig einmal die Verträge. Bei Altach laufen im Sommer 16 Verträge aus, in Kapfenberg gar 21 – die Falken stünden im Extremfall mit 3 Abwehrspielern, 5 Mittelfeld-Akteuren und zwei Stürmern da (von denen einer 37 Jahre alt und nebenbei noch Sportdirektor ist). Und ob alle verbleibenden Spieler auch gültige Verträge für die Erste Liga hätten? Bei einem dezidierten Abstiegskandidaten wie Kapfenberg wäre dies zwar logisch, aber das heißt in Österreich ja bekanntlich nichts.

Natürlich: Bleibt Kapfenberg in der Liga, wird die Verlängerung der meisten Verträge wohl nur Formsache sein. Aber im Abstiegsfall droht eine wahre Implosion. So gut wie keiner der dann ablösefreien Spieler würde wohl beim Klub bleiben, kaum einer der Leistungsträger würde Kapfenberg die Treue halten, sollte auch nur ein halbwegs brauchbares Angebot kommen. Kapitän und Abwehrchef Taboga, der als einer der wenigen beständiges Bundesligapotential hätte, ist ziemlich sicher ebenso weg wie Mittelfeld-Motor Liendl. Kapfenberg müsste eine komplett neue Mannschaft aus dem Boden stampfen, und bei regionaler Konkurrenz wie dem GAK, Gratkorn und Sturm werden wohl nur Restposten für diese Mannschaft mit begrenzter Zukunftsprognose übrig bleiben. Da hatte es beispielsweise Wacker Innsbruck viel leichter, sie konnten de facto ungehindert ganz Tirol abgrasen. Kapfenberg wäre sportlich ruiniert.

Ähnlich die Situation in Altach. Freilich, so wie sich die meisten Spieler im Herbst präsentiert haben, würde sich der Verein ohnehin nicht noch länger von ihnen quälen lassen. Aber gerade die Altacher zeigen in ihren Unzulänglichkeiten auch die sportliche Führung betreffend fast beneidenswerte Konsequenz. Erfolgstrainer Streiter wollte man die Aufstellung diktieren, der bayerische Grantler Bender war ein hervorragender Sprücheklopfer, aber ein erstaunlich schlechter Trainer, Heinz Fuchsbichler ließ man den Trainer machen, obwohl er sowohl bei FC Lustenau als auch bei Austria Lustenau in selber Funktion schon grandios gescheitert war, und den ungemütlichen Schönenberger entließ man, weil er es gewagt hatte, schon im Herbst in Blickrichtung Frühjahr zu trainieren und sich die Spieler dadurch gegängelt fühlten – wohlgemerkt, einen Monat nach dem letzten Spiel im Herbst. Dass mit Georg Zellhofer ein Trainer geholt wurde, der in den letzten Jahren genau gar nichts erreicht hat, offenkundig nicht mit jungen Spielern kann, und er sich vor einem halben Jahr zu gut war, sich mit Ried in den drohenden Abstiegskampf zu stürzen, passt ins Bild.

Zumindest am Vertragssektor steht Mattersburg am Besten aus dem Trio da. Nur fünf Verträge enden im Sommer, kaum einer davon von echten Leistungsträgern. Wenn man schon nach 15 sieglosen Spielen am vorsintflutlichen Trainer festhält, so hat man wenigstens dafür gesorgt, dass die Spieler bei einem Klassenerhalt einen sicheren Job haben. Bei dem Kader der Burgenländer – wohl der beste der drei Kandidaten – kann das durchaus ein entscheidender Faktor sein.

Aber nicht nur zwei der drei Vereine im Abstiegskampf müssen die Sünden der Vergangenheit jetzt ausbaden. Frenkie Schinkels beschwerte sich zuletzt lautstark darüber, dass bei der Geburt des Retortenklubs fast ausschließlich Zwei-Jahres-Verträge vergeben wurden. Die natürlich allesamt jetzt auslaufen. Das doppelte Glück der Kärntner: Zum einen die komfortable Tabellenposition zur Winterpause, und zum anderen ein Trainer bzw. Sportdirektor, der die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich den jetzt schon feststehenden Klassenerhalt zunutze macht, rechtzeitig den drohenden Schaden zu begrenzen. Sprich: Mit Leistungsträgern verlängern (wie Schranz und Junuzovic, evtl. auch Ortlechner); Spieler, die im Winter Geld in die Kassen spülen, jetzt schon verscherbeln (wie Adi und Wolf); und sich hauptsächlich darauf konzentriert, Spieler für die kommende Saison zu scouten. Also, derb gesagt, auf die Ergebnisse im Frühjahr zu scheißen, weil eh nix mehr passieren kann, aber dafür nicht im Sommer in Panik ausbrechen müssen, weil plötzlich keine Spieler mehr da sind. Er macht also überspitzt formuliert genau das, wofür Schönenberger in Altach entlassen wurde.

Einen ähnlichen Weg geht auch der LASK – mit dem Unterschied, dass die Linzer jetzt schon auf ein Reservoir aus hervorragenden Jungkickern zurückgreifen können. Spieler wie U20-Held Zaglmair, der junge Hamdemir, der grandios veranlagte Höltschl, der schon jetzt im Bundesliga-Kader etablierte Piermayr und Außenverteidiger Hart werden im Frühjahr, wie sich schon in den letzten Herbst-Spielen angedeutet hat, vermehrt zum Einsatz kommen. Talent Emanuel Schreiner wurde zu Austria Lustenau verliehen, um sich die Spielpraxis dort zu holen. Dazu bestehen bei einigen der auslaufenden Verträgen schon jetzt klare Tendenzen: Baur hört auf, Klein und Hoheneder werden wohl gehen, ebenso wie der dauerverletzte Wendel und der zum Zweiergoalie degradierte Cavlina. Schließlich weiß auch Klaus Lindenberger, dass 30 Punkte sicher zum Klassenerhalt reichen werden, womöglich schon die 25, die derzeit auf dem Linzer Konto sind. Was Schinkels und Lindenberger eint: Das Wissen, dass es komplett wurscht ist, ob man am Saisonende Fünfter oder Siebenter ist.

Ein Luxus, den die Abstiegskandidaten natürlich nicht haben. Aber ein Zeichen, dass es manche Vereine in Österreich begriffen haben – und andere nicht.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.