Sehr geehrter Herr Pangl!

Ist das ihre „beste Bundesliga aller Zeiten“? Eine Liga, deren Meister schon aus dem Europacup ausgeschieden ist, bevor die eigentliche Qualifikation überhaupt begonnen hat – und sich danach auf mangelndes Glück ausredet? Eine Liga, deren Europacup-Vertreter Mannschaften aus Kasachstan zu Topmannschaften hochreden möchte, um die eigene Nicht-Leistung zu entschuldigen? Eine Liga, in der nicht wenige Akteure urzeitliches Spiel, nicht vorhandene taktische Ausbildung und steinzeitliches Umfeld nicht nur beinhaltet, sondern sogar kultiviert? Eine Liga, bei dessen Tempo man immer wieder sagen möchte, „jetzt aber genug von der Zeitlupe“? Eine Liga, in der jede Mannschaft vier Mal im Jahr gegen jede andere spielt? Eine Liga, deren Vereine in beiden Spielklassen eine inzestiöse Einstellung gegenüber sämtlichen Neuerungen an den Tag legen – und nicht einmal zwei neue Mannschaften pro Jahr zulassen möchte? Eine Liga, in deren Unterbau gleich zwei „Reserven“ spielen, die von ihren Vereinen kaum Ernst genommen werden – den Spielbetrieb aber dennoch verzerren? Eine Liga, deren Vereine glauben, eigene Interessen um jeden Preis gegenüber dem Gemeinwohl des österreichischen Fußballs stellen zu müssen? Eine Liga, die Anfang Juli beginnt – zu einer Zeit, als alle anderen noch anderthalb bis zwei Monate Zeit haben, ein ordentliches Mannschaftsgefüge zu finden, ohne permanent Punktspieldruck ausgesetzt zu sein? Eine Liga, in der in den vergangenen Jahren mehr als ein Verein pro Jahr krachen gegangen ist? Herr Pangl, ganz ehrlich – ist das ihre „beste Bundesliga aller Zeiten“?

Zugegeben, das mit der Lizensierung ist in den letzten Jahren besser geworden. Und natürlich ist es verständlich, wenn sie das Produkt, das sie verkaufen wollen, nicht in Grund und Boden reden wollen. Aber es müsste doch auch in ihrem Interesse sein, dass diese Liga auf ein höheres Niveau kommt, als das Bescheidene der Gegenwart. Es müsste auch in ihrem Interesse sein, wenn die Vereine viele Spieler, möglichst natürlich Österreicher, ans Ausland verkaufen kann – um dort den österreichischen Fußball einerseits durch ihre Leistungen bei den dortigen Vereinen, andererseits durch ihre (dann vermutlich wesentlich besseren) Leistungen im Nationalteam Österreich wieder vermehrt im positiven Sinne auf die Fußball-Landkarte zu bringen.

Es ist – realistisch betrachtet – nicht zu begreifen, warum die österreichischen Vereine auch im Jahr 2008 noch glauben, eine international bedeutende Rolle spielen zu müssen. Die Geschichte hat es schon bemerkenswert oft vorgemacht, dass das in einem Land wie Österreich schlicht nicht möglich ist. Fragen Sie Herrn Kartnig aus Graz, Herrn Quehenberger aus Salzburg oder den Herrn Kerscher aus Innsbruck. So etwas ist selbst mit viel (privatem) Geld schwierig bis unmöglich, das wissen nun auch Frank Stronach und Dietrich Mateschitz. Es gibt in Österreich tatsächlich nur einen Verein, der wirklich vormacht, wie es gehen muss – und das ist der SK Sturm Graz. Ein Trainer, der etwas von seinem Fach versteht, viele junge Spieler, die ehrgeizig sind und mehr erreichen wollen, als ein gemütliches Fußball-Dasein in Österreich, und der Lohn dafür sind schöne Einnahmen aus den Verkäufen von Spielern wie Sebastian Prödl. Dank einer vorbildlichen Akademie, wie sie auch in anderen Städten in ähnlicher Form arbeiten, kann das funktionieren: Schlechter als in der vergangenen Saison ist Sturm kaum geworden.

Ich fordere daher:
1.) Eine komlpette Neustrukturierung der Ligenstruktur: Eine 16er-Bundesliga, eine zweigleisige 2. Liga und eine viergleisige Regionalliga wäre mein Vorschlag. Und, ganz wichtig: Der Meister jeder Klasse muss aufsteigen dürfen – das heißt auch: Nie, nie, nie wieder Play-Offs. Dafür gibt es den ÖFB-Cup.

2.) Den weiteren Ausbau der Jugendzentren und -akademien, mit den richtigen Trainern. Also: Ausreichende taktische Schulung schon im Teenager-Alter.

3.) Die Vereine sollen endlich sehen, dass man nicht 6 bis 15 Millionen braucht, um in einer Saison über die Runden zu kommen – 4 bis 7 sollten vollkommen ausreichen (vor allem, wenn man eine 16er-Liga hat). Dann würde es auch nicht mehr so viele Vereine zerreißen.

4.) Eine unbedingte Beibehaltung der Jugendspielerregelung zumindest in der zweiten Spielklassen und ein weiteres Ausweiten der Gelder aus dem Österreicher-Topf.

5.) Die Medien-Partner haben ihre Kontrollfunktion vermehrt einzunehmen. Das heißt auch: Knallhart ansprechen, wenn Missstände und Fehler auftauchen, und nicht dem populärsten Klub des Landes auch nach einem Ausscheiden gegen eine Mannschaft aus Zypern noch in den Hintern zu kriechen.

Denn bevor man so weiter macht wie bisher, kann man auch eine komplette Revolution versuchen. Schlechter kann es gar nicht mehr werden.

Im Interesse des österreichischen Fußballs. Nur eines, Herr Pangl und Herr Pucher, soll bitte nicht passieren: Dass man sich weiterhin mit Aussagen wie „das ist die beste Bundesliga aller Zeiten“ selbst belügt, und dass weitergewurschtelt wird, wie bisher. Wir haben eine tolle Europameisterschaft gesehen, die im Land durchaus eine schöne Euphorie ausgelöst hat. Mit einem andauernden Nachhinken hinter internationalen Standards ist diese Euphorie aber schneller dahin, als man es für möglich hält. Und nicht ist schwerer zurückzugewinnen, wie Fans, die nach einer Phase des Hochgefühls bitterlich enttäuscht werden.

Mit sportlichen Grüßen,

Ihr Philipp Eitzinger

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.