Salzburg – Jerevan (7:0) – Taktikbesprechung

Es kommt einem so vor, als wäre alles, was in zwei Jahren Trapattoni in mühsamer Kleinarbeit einstudiert wurde, auf einen Haufen geworfen und entsorgt worden wäre – Co Adriaanse hat mit den Bullen nicht nur einen Reboot gemacht, er hat den Rechner völlig neu aufgesetzt. Und wie es meistens ist: Plötzlich funktioniert alles viel besser. Das möchte ich anhand des 7:0-Sieges im besseren Trainigsspielchen gegen Banants Jerevan – bei dem Georg und ich vor Ort waren – einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Wie schon bekannt, stellt der neue Trainer ein 4-3-3 holländischer Prägung auf. In der Viererkette hinten Gercaliu links, Boussaidi rechts und in der Mitte Sekagya und Aufhauser, im zentralen Mittelfeld Kovac, links und rechts von ihm Öbster und Tchoyi; Zickler und Mahop als Winger und Nelisse (diesmal als Janko-Ersatz) als Center-Forward. Soweit die nackten Daten.

In der Praxis fällt einem recht schnell auf, dass die Abstimmung zwischen Aufhauser und Sekagya in der IV noch nicht wirklich vorhanden ist. Da wird die (einzige) gegnerische Sturmspitze schon mal nicht beachtet und darf zentral vorm Tor völlig freistehen. War in diesem Spiel egal – der arme Kerl sah sowieso keinen Ball. Aber Aufhausers angstvolle Blicke, wann immer er einem weiten Ball nachlief, verbreiten nicht gerade große Sicherheit.

Was auffiel: Die linke und die rechte Seite der Salzburger arbeitet nicht symmetrisch. Auf der linken Seite, der deutschsprachigen, läuft Gercaliu, wann immer es ihm möglich ist, mit nach vorne. Gegen die Armenier turnte er nicht selten jenseits der Mittellinie umher, um vorne immer wieder auch direkt den Zug zu Zickler zu suchen. Öbster spielt hier etwas eingerückt im linken Halbfeld – zum einen als gern gesehener Partner im Doppelpass, zum anderen als wachsames Auge was die Defensive betrifft. Die linke Seite aber, die fremdsprachige, funktioniert anders: Hier klebt Boussaidi hinten, um mit seinem Stellungsspiel – im Zweikampf hat er mitunter leichte Probleme – den linken offensiven Mittelfeldmann der Armenier aus dem Spiel zu nehmen (was vorzüglich gelang), macht nach vorne aber so gut wir gar nichts. Dafür ist Tchoyi (also die theoretische Entsprechung von Öbster) oft direkt an der Außenlinie zu finden und sucht entweder Mahop für Kurzpassspiel, oder die Flanke auf Nelisse. Beides gelang gegen Banants aber nicht wie gewünscht, weil Tchoyi den Ball zu oft vertendelte, bzw. sich ihn von den Armeniern abnehmen ließ (weshalb es logisch war, dass er nur aus einem Weitschuss ein Tor schießen konnte). Das veranlasste Mahop hingegen dazu, gerne auch hin und wieder in die Zentrale zu ziehen, um dort den Einfädler zu spielen. Zickler ging in diesen Situationen von links mehr in die Spitze. Was Tchoyi betrifft, so wurden seine Aktionen nach der Pause effizienter: Das 5:0 und das 6:0 bereitete er mit beherztem Einsatz vor.

Das konstruktive Spiel der Salzburger fand in der ersten Stunde fast ausschließlich über die Flanken statt. Das Mittelfeld versuchte Banants mit einem massierten Auftritt (also ein dicht gestaffeltes Fünfer-Mittelfeld) dicht zu machen: Das einzige, was den Gästen über längere Zeit gut gelang. Das Spiel über Kovac (also das zentrale Mittelfeld) war nach dem Trial-and-Error-Prinzip aufgebaut, hier kam bis zum Dreierwechsel nichts Gewinnbringendes heraus.

In der Anfangsphase ließen es die Salzburger noch ruhiger angehen. Das Spiel wurde hinten oft breit gemacht, bis einer den Ball nach vorne drosch. Banants hatte kaum Probleme, das zu verteidigen. Auch das 1:0 der Salzburger (Kopfball nach Ecke) änderte daran wenig. Erst das 2:0 zeigte den Salzburgern, wie es geht: Tempobolzerei über die Außen, schnelle Pässe, überfallsartig nach vorne – schon kommen die Gäste nicht mehr mit. Das 2:0 war die Initialzündung, denn jetzt wussten die Bullen, wie Banants beizukommen war. Und diese Schwäche nützten sie eiskalt aus: Die Armenier standen dem hohen Tempo nun völlig hilflos gegenüber. Waren sie anfangs noch bemüht, Ordnung zu bewahren, so regierte mit Fortdauer des Spiels nur noch das blanke Chaos.

Nach etwa einer Stunde wechselte Adriaanse dreifach: Er brachte Bodnar (für Boussaidi), Jezek (für Öbster) und Vonlanthen (für Mahop). Folge: Die Bullen standen nun 4-2-3-1 mit Nelisse vorne, dahinter Zickler zentral, Jezek links und Vonlanthen rechts. Offiziell. Denn de facto war das nun ein 2-4-4: Jezek und Vonlanthen als Außen, Zickler mehr als (mindestens) hängende Spitze als zentral hinter Nelisse. Dazu marschierte vor allem Bodnar nur über die zuvor eher tote rechte Seite viel nach vorne. Nun schlug auch die Stunde des zuvor unauffälligen Kovac: Er hatte zwar weiterhin nur den Aktionsradius des Mittelkreises, aber nun hatte er vier potentiellen Anspielstationen. Das Spiel als Quarterback machte Kovac sichtlich Laune, denn mindestens einer (zumeist Jezek) war immer frei.

Es gibt aber auch leichte Kritikpunkte am Salzburger Spiel zu finden. Das Zurücklaufen bei Konterangriffen wirkte unkoordiniert und wirr. Eine bessere Mannschaft hätte das (wie auch die Unsicherheiten Aufhauser/Sekagya) besser ausgenützt – wie Rapid am Wochenende. Dazu ist es erstaunlich, dass es eine halbe Stunde dauert, bis man begreift, dass man mit Tempo den Gegner leicht knacken kann. Weiters: Die Chancenauswertung bis zum 6:0 war top, danach nur noch schludrig. Vor allem Zickler wollte es oft allzu schön machen, was so gut wie nie gelang. Aber bei einem derart eindeutigen Spielstand kann man das schon mal machen.

Was man nicht vergessen sollte: Den Armeniern fehlten vier Spieler, die kein Visum bekamen. Um wie viel besser sie mit diesen Spielern agiert hätten, vermag man nicht zu sagen. Verloren hätten sie aber auch so.

(Text phe, Fotos und Grafiken Georg)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.